TE Vwgh Erkenntnis 2006/1/25 2001/03/0383

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Veröffentlicht am 25.01.2006
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Index

E000 EU- Recht allgemein;
E3R E07204030;
20/01 Allgemeines bürgerliches Gesetzbuch (ABGB);
40/01 Verwaltungsverfahren;
50/03 Personenbeförderung Güterbeförderung;

Norm

31994R3298 idF 31996R1524 ÖkopunktesystemV Lkw Transit Österreich Art1 Abs1;
ABGB §2;
EURallg;
GütbefG 1995 §23 Abs1 Z8 idF 1998/I/017;
VStG §5 Abs2;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Sauberer und die Hofräte Dr. Riedinger und Dr. Handstanger als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Zeleny, über die Beschwerde des AB in O, Deutschland, vertreten durch Ferner, Hornung & Partner Rechtsanwälte GmbH in 5020 Salzburg, Hellbrunner Straße 11, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates des Landes Vorarlberg vom 29. August 2001, Zl. 1-0528/01/K1, betreffend Übertretung des Güterbeförderungsgesetzes 1995, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird hinsichtlich des Schuldspruches als unbegründet abgewiesen. Im Übrigen, also hinsichtlich des Ausspruches über die verhängte Strafe und die diesbezüglichen Kosten des Berufungsverfahrens, wird der angefochtene Bescheid wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.172,88 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Dornbirn vom 19. Juni 2001 wurde der Beschwerdeführer schuldig erkannt, er habe sich als Lenker eines nach dem Kennzeichen bestimmten Lastkraftwagens (zulässiges Gesamtgewicht über 7,5 t) am 13. Dezember 2000 um 12.55 Uhr beim Zollamt Lustenau nach einer näher umschriebenen Transitfahrt durch österreichisches Hoheitsgebiet zur Ausreise in die Schweiz (die Einreise von Deutschland sei über das ehemalige Autobahnzollamt Hörbranz erfolgt) gestellt, ohne die nachstehend angeführten Unterlagen mitgeführt zu haben:

"a) entweder ein ordnungsgemäß ausgefülltes Einheitsformular oder eine Ökokarte für die betreffende Fahrt,

b) oder einen Umweltdatenträger (Ecotag), der eine automatische Entwertung der Ökopunkte für die betreffende Fahrt ermöglicht,

c) oder geeignete Unterlagen zum Nachweis darüber, dass es sich um eine ökopunktbefreite Fahrt handelte,

d) oder geeignete Unterlagen, aus denen hervorgeht, dass es sich nicht um eine Transitfahrt handelte und dass im Falle einer Ausstattung des Fahrzeuges mit einem Umweltdatenträger dieser für diesen Zweck eingestellt war."

Der Beschwerdeführer habe dadurch eine Verwaltungsübertretung gemäß § 23 Abs. 1 Z. 8 Güterbeförderungsgesetz 1995 in Verbindung mit Art. 1 Abs. 1  der Verordnung (EG) Nr. 3298/94 in der Fassung der VO (EG) Nr. 1524/96 und Nr. 609/2000 begangen; über ihn wurde eine Geldstrafe von S 20.000,--, Ersatzfreiheitsstrafe 72 Stunden, verhängt.

Der dagegen gerichteten Berufung hat die belangte Behörde mit dem angefochtenen Bescheid vom 29. August 2001 gemäß § 66 Abs. 4 AVG iVm § 24 VStG keine Folge gegeben und begründend ausgeführt, dass sich der Beschwerdeführer nach der im Spruch näher bezeichneten Transitfahrt - die Einreise von Deutschland sei über das ehemalige Autobahnzollamt Hörbranz erfolgt - zur Ausreise in die Schweiz gestellt habe. Dabei sei festgestellt worden, dass der Beschwerdeführer keine der in der Tatumschreibung des Straferkenntnisses näher angeführten Unterlagen bei der gegenständlichen Transitfahrt mitgeführt habe. Mit dem in Rede stehenden Lastkraftwagen seien in Deutschland aufgeladene Büromöbel in die Schweiz transportiert worden. Im Zuge der Kontrolle habe der Beschwerdeführer dem Meldungsleger gesagt, dass er nicht gewusst habe, dass er für diese Transitfahrt durch Österreich Ökopunkte entrichten hätte müssen. Im Fahrzeug des Beschwerdeführers sei kein Ecotag installiert gewesen.

Über die gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde hat der Verwaltungsgerichtshof nach Vorlage der Akten des Verwaltungsstrafverfahrens und Erstattung einer Gegenschrift durch die belangte Behörde erwogen:

Der Beschwerdeführer lässt in seiner Beschwerde unbestritten, dass er eine ökopunktepflichtige Transitfahrt durch Österreich durchgeführt hat. Er führt aber zur subjektiven Tatseite aus, er sei davon ausgegangen, dass sich sämtliche notwendigen Dokumente und Fahrzeugpapiere im LKW befunden hätten, weil er sich diesbezüglich auch ausdrücklich bei seinem Vorgesetzten erkundigt habe. Er sei erstmals in Österreich und nur auf Grund des überraschenden Ausfalles des eigentlich dafür vorgesehenen Fahrers tätig gewesen. Auf Grund des damit verbundenen Zeitdruckes habe sich der Beschwerdeführer darauf verlassen können, dass er sämtliche Vorschriften erfülle, wenn ihm dies sein Arbeitgeber ausdrücklich zugesichert habe. Es hieße, die Sorgfaltsanforderungen an den Beschwerdeführer zu überspannen, wenn man eine darüber hinaus gehende Erkundigungs- bzw. Informationspflicht annehmen würde.

Diesem Vorbringen ist entgegenzuhalten, dass es gemäß der hg. Rechtsprechung (vgl. u.a. das hg. Erkenntnis vom 6. September 2001, Zl. 2000/03/0374) Sache des Lenkers eines Lastkraftwagens ist, sich - etwa bei gesetzlich dazu berufenen Einrichtungen - über die Rechtslage hinsichtlich der Durchführung einer durch österreichisches Hoheitsgebiet führenden Fahrt zu informieren, wobei es nicht genügt, sich bloß auf Auskünfte seitens des Arbeitgebers zu verlassen. Von dieser Verpflichtung wird der Lenker eines Lastkraftwagens auch dann nicht befreit, wenn die Fahrt unter Zeitdruck angetreten wird (vgl. u.a. das hg. Erkenntnis vom 23. Mai 2002, Zl. 2001/03/0430). Der Beschwerdeführer ist der ihn treffenden Informationspflicht über die österreichische Rechtslage betreffend den Transport von Gütern durch Österreich nicht entsprechend nachgekommen. Ein unverschuldeter Rechtsirrtum liegt somit nicht vor.

Der Beschwerdeführer rügt ferner, dass entgegen dem § 44a VStG dem Spruch des angefochtenen Bescheides nicht zu entnehmen sei, wann der Beschwerdeführer die vermeintliche Verwaltungsübertretung begangen habe. Die Angabe des Kontrollzeitpunktes sei nicht ausreichend, um der Konkretisierungspflicht Genüge zu tun. Auch mit diesem Vorbringen ist der Beschwerdeführer nicht im Recht. Aus dem angeführten Spruch ergibt sich in eindeutiger Weise, dass jene Transitfahrt durch Österreich gemeint ist, während der sich der Beschwerdeführer am 13. Dezember 2000 um 12.55 Uhr beim Zollamt Lustenau nach einer näher umschriebenen Transitfahrt durch österreichisches Hoheitsgebiet zur Ausreise in die Schweiz gestellt und eine Kontrolle stattgefunden hat. Die Tatzeit der verfahrensgegenständlichen Transitfahrt ist mit der Angabe dieses Zeitpunktes der Kontrolle ausreichend konkretisiert. Es besteht weder eine Gefahr der Doppelbestrafung des Beschwerdeführers noch wird der Beschwerdeführer durch diese Umschreibung der Tatzeit in seinen Verteidigungsrechten eingeschränkt (vgl. das hg. Erkenntnis vom 12. Dezember 2001, Zl. 2000/03/0373), was im Übrigen vom Beschwerdeführer auch nicht behauptet wird.

Weiters macht der Beschwerdeführer als Begründungsmangel geltend, dass der Bescheid keine Feststellungen darüber enthalte, welche Fracht vom Beschwerdeführer wohin befördert worden sei, welche Absicht dieser Fahrt zu Grunde gelegen habe, ob der Beschwerdeführer üblicherweise als Tischler im Unternehmen seiner Dienstgeberin beschäftigt sei und ob er im vorliegenden Fall mit dem Warentransport in die Schweiz nur deshalb betraut worden sei, weil der ursprünglich vorgesehene Fahrer ausgefallen sei. Es sei auch nicht festgestellt worden, ob der Beschwerdeführer vor der verfahrensgegenständlichen Fahrt bereits eine solche Fahrt durch Österreich durchgeführt hätte, und ob er sich vor Fahrtantritt beim Geschäftsführer erkundigt habe, ob alle erforderlichen Unterlagen und Fahrzeugpapiere vorhanden seien, was dieser ausdrücklich bejaht habe. Diese Feststellungen hätten "eminente Bedeutung" für die subjektive Tatseite gehabt.

Im Lichte der bereits erwähnten Informationspflicht eines Lenkers eines Lastkraftwagens ist nicht ersichtlich und wurde dies auch nicht dargelegt, warum die angeführten Feststellungen entscheidungswesentlich gewesen wären.

Die belangte Behörde hat auch zutreffend den Beweisantrag, den Dienstgeber des Beschwerdeführers als Zeuge zu vernehmen, abgewiesen, weil es - wie bereits dargelegt - nicht genügt, sich auf Auskünfte des Arbeitgebers zu verlassen (vgl. das hg. Erkenntnis vom 18. November 1998, Zl. 98/03/0202).

Der Beschwerdeführer ist zwar auch nicht im Recht, dass im vorliegenden Fall bereits § 23 Abs. 2 GütbefG idF der Novelle BGBl. I Nr. 106/2001 hätte angewendet werden müssen, weil gemäß § 1 Abs. 2 VStG eine Änderung der die Strafe im Sinne dieser Bestimmung betreffenden Rechtslage im Zuge des Berufungsverfahrens (auf eine solche beruft sich der Beschwerdeführer) im Rahmen eines Verwaltungsstrafverfahrens nicht von Bedeutung ist (vgl. die bei Walter-Thienel, Verwaltungsverfahrensgesetze II 2. Auflage, S. 20 ff, zu E. 32 ff angeführte hg. Rechtsprechung). Der Verfassungsgerichtshof hat aber in seinem Erkenntnis vom 14. Dezember 2001, G 181/01, ausgesprochen, dass die Wortfolge "und Z 7 bis 9" im zweiten Satz des § 23 Abs. 2 des Güterbeförderungsgesetzes 1995, BGBl. Nr. 593, i.d.F. BGBl. I Nr. 17/1998, verfassungswidrig war. Im genannten Erkenntnis, kundgemacht im Bundesgesetzblatt am 8. Februar 2002 unter BGBl. I Nr. 37, hat der Verfassungsgerichtshof ferner - gestützt auf Art. 140 Abs. 7 zweiter Satz B-VG - Folgendes ausgesprochen:

"(2) Die verfassungswidrige Bestimmung ist insofern nicht mehr anzuwenden, als sie sich auf die Z 8 bezieht."

Da der zuletzt genannte Ausspruch des Verfassungsgerichtshofes die Anwendung der als verfassungswidrig festgestellten gesetzlichen Bestimmung auch im vorliegenden Beschwerdefall ausschließt (vgl. hiezu das hg. Erkenntnis eines verstärkten Senates vom 17. Dezember 1979, Slg. Nr. 9994/A), erweist sich der Ausspruch über die im Beschwerdefall gemäß § 23 Abs. 2 zweiter Satz des Güterbeförderungsgesetzes 1995 verhängte Mindeststrafe von S 20.000,-- als inhaltlich rechtswidrig.

Der angefochtene Bescheid war daher in dem im Spruch genannten Umfang gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben, im Übrigen war die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2003, BGBl. II Nr. 333.

Wien, am 25. Jänner 2006

Schlagworte

Gemeinschaftsrecht Verordnung Strafverfahren EURallg5/2

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2006:2001030383.X00

Im RIS seit

16.02.2006
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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