TE OGH 1992/2/20 12Os157/91 (12Os158/91)

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Veröffentlicht am 20.02.1992
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 20.Februar 1992 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Müller als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Horak, Dr. Friedrich, Hon.Prof. Dr. Brustbauer und Dr. Rzeszut als weitere Richter in Gegenwart des Richteramtsanwärters Mag. Weixelbraun als Schriftführer in der Strafsache gegen Gerald G***** wegen des Verbrechens nach § 12 Abs. 1 SuchtgiftG und anderer strafbarer Handlungen über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichtes Salzburg als Schöffengericht vom 16. Oktober 1991, GZ 35 Vr 246/91-92, sowie über die Beschwerde gegen den zugleich gefaßten Beschluß gemäß § 494 a Abs. 1 Z 4 StPO nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den Beschluß

gefaßt:

Spruch

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufung und die Beschwerde werden die Akten dem Oberlandesgericht Linz zugemittelt.

Gemäß § 390 a StPO fallen dem Angeklagten die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Der ***** 1966 geborene Gerald G***** wurde (I.) des Verbrechens nach § 12 Abs. 1 SuchtgiftG, (II.) des Vergehens nach § 14 a SuchtgiftG, (III.) des Vergehens nach § 16 Abs. 1 und 2 Z 1 SuchtgiftG und (IV.) des Verbrechens der Verleumdung nach § 297 Abs. 1 "zweiter Deliktsfall" (gemeint: erster Deliktsfall, höherer Strafsatz - EvBl. 1982 Nr. 198; LSK. 1984/129; EvBl. 1989 Nr. 177 uva; zuletzt 15 Os 108,109/91) StGB schuldig erkannt. Darnach hat er in S***** und an anderen Orten I. von April bis Juni 1990 wiederholt (in ungefähr fünf bis sechs Einzelakten) den bestehenden Vorschriften zuwider Suchtgift, nämlich insgesamt ca. 100 Gramm Heroinzubereitung bzw. Heroin-Kokainzubereitung, von Holland nach Österreich eingeführt und den Großteil davon durch Verkauf an Wolfgang P*****, Wilhelm K***** und andere unbekannt gebliebene Personen in Verkehr gesetzt; II. am 15.Jänner 1991 im bewußten und gewollten Zusammenwirken mit der gesondert verfolgten (damals jugendlichen) Claudia T***** Suchtgift in einer großen Menge, nämlich 139,8 Gramm Heroin mit dem Vorsatz, daß es in Verkehr gesetzt werde, erworben und bis zum 17. Jänner 1991 besessen; III. außer den Fällen der §§ 12 und 14 a SuchtgiftG den bestehenden Vorschriften zuwider Suchtgift erworben, besessen und einem anderen überlassen, indem er 1. der ***** 1972 geborenen Claudia T***** von Juli bis Ende Dezember 1990 wiederholt jeweils geringe Mengen Haschisch und im Sommer 1990 in Wien eine geringe Menge Heroin zum sofortigen Konsum überließ, sohin - selbst volljährig und mehr als zwei Jahre älter - einer Minderjährigen den Gebrauch eines Suchtgiftes ermöglichte; 2. im Zusammenhang mit der zu 1. angeführten Tathandlung Suchtgift erworben und bis zur jeweiligen Weitergabe besessen; IV. am 7.Februar 1991 Wolfgang P***** dadurch der Gefahr einer behördlichen Verfolgung ausgesetzt, daß er gegenüber dem Untersuchungsrichter des Landesgerichtes Salzburg behauptete, die zu II. tatverfangene Heroinmenge von 139,8 Gramm von Wolfgang P***** übernommen zu haben, indem er das Suchtgift über dessen Ersuchen aus einem Versteck holte und für ihn verwahrte, ihn mithin einer von Amts wegen zu verfolgenden, mit einer ein Jahr übersteigenden Freiheitsstrafe bedrohten Handlung, nämlich des Vergehens nach § 14 a SuchtgiftG, falsch verdächtigte, wobei er wußte (§ 5 Abs. 3 StGB), daß die Verdächtigung falsch war.

Der Angeklagte bekämpft seine Schuldsprüche I., II. und IV. mit einer auf § 281 Abs. 1 Z 4, 5, 5 a, 9 lit. a, 9 lit. b und 10 StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde, überdies den Strafausspruch mit Berufung und den gemäß § 494 a Abs. 1 Z 4 StPO gefaßten Beschluß auf Widerruf einer bedingten Strafnachsicht mit Beschwerde.

Rechtliche Beurteilung

Der Nichtigkeitsbeschwerde kommt keine Berechtigung zu. Der Verfahrensrüge (Z 4) zuwider bedeutete die Abweisung des in der Hauptverhandlung (415) zum Schuldspruch II gestellten Antrags auf Vernehmung der Zeugen Christian R*****, Michael M***** und Rene R***** keine Beeinträchtigung entscheidungswesentlicher Verteidigungsinteressen. Der mit Gesprächseinlassungen zwischen dem Angeklagten und ehemaligen Zellengenossen angestrebte Nachweis dafür, daß Gerald G***** das zu II tatverfangene Suchtgift über Ersuchen des Manfred K***** in Sicherheit bringen und bis zu dessen Haftentlassung verwahren sollte, betraf vorweg nur jene objektiven Tatkomponenten, deren Vorliegen der Angeklagte ohnedies vorbehaltslos einbekannte. Die für die subjektive Tatbestandsverwirklichung nach § 14 a SuchtgiftG entscheidende Frage aber, ob der Angeklagte dabei mit dem Vorsatz handelte, daß das Suchtgift (von dem Claudia T***** unbestrittenermaßen in Gegenwart des Angeklagten eine Überdosis konsumierte) in Verkehr gesetzt werde, blieb von dem antragsgegenständlichen Beweisthema jedoch unberührt.

Soweit die Mängelrüge (Z 5) dazu geltend macht, die tatrichterliche Bejahung der subjektiven Tatbestandsvoraussetzungen nach § 14 a SuchtgiftG erschöpfe sich in einer bloßen Vermutung zu Lasten des Angeklagten, ist ihr mit den Urteilsgründen (439, 443) entgegenzuhalten, daß sich bereits die hier aktuellen quantitativen Aspekte der - selbst nach der Täterverantwortung auf eine Weitergabe des Heroins ausgerichteten - Tathandlungen als tragfähige Grundlage der bekämpften Tatsachenfeststellungen erweisen.

Auch die Undeutlichkeit und Unvollständigkeit, die der Beschwerdeführer in der Anführung von "Circa"-Angaben zur Zahl der Auslandsreisen zwecks Suchtgiftbeschaffung und zur Konkretisierung der dabei jeweils erworbenen Suchtgiftquanten erblickt, liegt nicht vor. Ergibt sich doch aus den relevierten Urteilspassagen durchwegs unmißverständlich die tatrichterliche Annahme einer den Kriterien der "großen Menge" nach § 12 Abs. 1 SuchtgiftG fraglos entsprechenden Mindestmenge (421, 429, 431 und 437). Daß der Zeuge Wolfgang P***** in seinen Angaben zur Häufigkeit der Akquisitionsfahrten des Angeklagten ins Ausland divergierende Angaben machte, fand in den Urteilsgründen, dem Beschwerdestandpunkt zuwider, ohne Verletzung der Denkgesetze entsprechende Berücksichtigung, weshalb sich die dagegen gerichtete Mängelrüge ebenso als zur Darlegung formeller Begründungsmängel ungeeignete Bekämpfung der tatrichterlichen Beweiswürdigung erweist wie der Versuch, die Glaubwürdigkeit der (partiell) leugnenden Verantwortung des Angeklagten mit dem Hinweis auf vermeintliche oder unwesentliche Details betreffende Schwankungen in den Angaben des Hauptbelastungszeugen bzw. mit der Behauptung aufzuwerten, daß die erstgerichtliche Beurteilung der Aussage des Zeugen P***** als "durchaus glaubwürdig" solcherart aktenwidrig wäre.

Als gleichermaßen nicht stichhältig erweist sich auch die Tatsachenrüge (Z 5 a), die erhebliche Bedenken gegen die Richtigkeit der tatrichterlichen Feststellungen zum Faktenkomplex I. daraus abzuleiten sucht, daß der Zeuge P***** den Beweiswert seiner Angaben über die (vom Anklagevorwurf umfaßte) Weitergabe von Suchtgift an Norbert S***** und Fritz L***** selbst relativierte und dadurch die Grundlage für den (mit dem übrigen Urteilsinhalt denklogisch durchaus vereinbaren) Teilfreispruch schuf.

Der Schuldspruch IV wegen des Verbrechens der Verleumdung nach § 297 Abs. 1, (richtig:) erster Deliktsfall, höherer Strafsatz StGB (siehe oben) hinwieder stützt sich auf das in diesem Punkt uneingeschränkte Geständnis des Angeklagten in der Hauptverhandlung (439 iVm 400), weshalb der Vorwurf formell mangelhafter (hier: unzureichender) Begründung auch in diesem Punkt scheitert. Dazu ist vollständigkeitshalber festzuhalten, daß der Angeklagte im Rahmen der inkriminierten Angaben vor dem Untersuchungsrichter die wissentlich wahrheitswidrigen Anschuldigungen gegen Wolfgang P***** auch aus subjektiver Sicht ausdrücklich in Richtung § 14 a SuchtgiftG formulierte (49 e verso = S 12 in ON 4).

Der gegen die Beurteilung der Verleumdung nach § 297 Abs. 1, erster Deliktsfall, zweiter Strafsatz, StGB (siehe oben) gerichtete Subsumtionseinwand (sachlich nur Z 10), die dem Schuldspruch zugrunde liegende Falschbezichtigung erschöpfe sich in dem wahrheitswidrigen Vorwurf (bloß) des Vergehens nach § 16 Abs. 1 SuchtgiftG, welches nach seiner gesetzlichen Strafdrohung als Qualifikationskriterium der Verleumdung ausscheide, erweist sich mangels Orientierung an sämtlichen Tatsachengrundlagen dieses (vom Geständnis des Angeklagten getragenen) Schuldspruchs, denen auch die zum Urteilsfaktum II festgestellte subjektive Indizwirkung des tatverfangenen Suchtgiftquantums zuzuordnen ist (439), als nicht prozeßordnungsgemäß ausgeführt.

Nicht anders verhält es sich letztlich mit der weiteren Rechtsrüge (Z 9 lit. b), die zu I abgeurteilten Tathandlungen wären zum Teil bereits Gegenstand des (rechtskräftigen) Schuldspruchs des Angeklagten wegen des Vergehens nach § 16 Abs. 1 und 2 SuchtgiftG laut Urteil des Landesgerichtes Salzburg vom 15.Jänner 1991, GZ 35 E Vr 1317/90-30, gewesen. Lagen doch dieser Vorverurteilung weder der Verkauf (sondern nur die "kostenlose" Überlassung) von Heroin an Wolfgang P***** noch eine Heroinmenge zugrunde, die der Angeklagte - wie hier - in Holland (nicht in Zürich) erworben hatte (Akt 35 E Vr 1317/90 des Landesgerichtes Salzburg, 109 iVm 23 und 25, 34).

Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher teils als offenbar unbegründet (§ 285 d Abs. 1 Z 2 StPO), teils als nicht gesetzmäßig ausgeführt (§ 285 d Abs. 1 Z 1 iVm § 285 a Z 2 StPO) bereits bei einer nichtöffentlichen Beratung zurückzuweisen.

Über die Berufung und die Beschwerde gegen den Widerrufsbeschluß wird das hiefür zuständige Oberlandesgericht Linz zu entscheiden haben (§§ 285 i, 498 Abs. 3 StPO).

Anmerkung

E28220

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1992:0120OS00157.91.0220.000

Dokumentnummer

JJT_19920220_OGH0002_0120OS00157_9100000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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