Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Resch als Vorsitzenden, die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Mag. Engelmaier und Dr. Ehmayr als weitere Richter sowie die fachkundigen Laienrichter Dr. Herbert Vesely (Arbeitgeber) und Gerhard Gotschy (Arbeitnehmer) in der Sozialrechtssache der klagenden Partei Gertrude F*****, Bürohilfskraft, ***** vertreten durch Dr. Ernst Rohrauer und Dr. Josef Hofer, Rechtsanwälte in Wels, wider die beklagte Partei Allgemeine Unfallversicherungsanstalt (Landesstelle Linz), 1200 Wien, Adalbert Stifter-Straße 65, vor dem Obersten Gerichtshof nicht vertreten, wegen Feststellung und Leistung, infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Linz als Berufungsgerichtes in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 14. November 1991, GZ 13 Rs 98/91-12, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Kreisgerichtes Wels als Arbeits- und Sozialgerichtes vom 30. April 1991, GZ 25 Cgs 48/91-6, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:
Spruch
Der Revision wird nicht Folge gegeben.
Die beklagte Partei ist schuldig, der Klägerin die mit S 1.811,52 bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens (darin S 301,52 Umsatzsteuer) binnen 14 Tagen bei Exekution zu ersetzen.
Text
Entscheidungsgründe:
Die rechtliche Beurteilung des Berufungsgerichtes ist zutreffend, weshalb es ausreicht, auf deren Richtigkeit hinzuweisen (§ 48 ASGG).
Ergänzend ist der Rechtsrüge der Klägerin, die das Vorliegen eines Arbeitsunfalles geltend macht, entgegenzuhalten:
Rechtliche Beurteilung
Eine analoge Anwendung des § 175 Abs 2 Z 7 ASVG kommt schon aus den in der Entscheidung SSV-NF 4/67 näher dargestellten Gründen nicht in Betracht.
Die in der Revision genannte Entscheidung des Oberlandesgerichtes Wien SSV 26/89 betrifft einen anderen Sachverhalt.
Die Klägerin verweist auf die Ausdehnung des Kataloges geschützter Arbeitsunfälle durch Art. III Z 2 der 50. ASVG-Novelle, BGBl. 1991/676. Daraus ist aber für ihren Standpunkt nichts zu gewinnen. Nach der dort dem § 175 Abs 2 ASVG angefügten Z 10 sind Arbeitsunfälle auch Unfälle, die sich auf einem Arbeitsweg zu einem Kindergarten (Kindergartenstätte, fremde Obhut) oder zu einer Schule ereignen, um das Kind oder den Schüler eines (einer) Versicherten dorthin zu bringen oder von dort abzuholen, wenn dem (der) Versicherten die gesetzliche Aufsicht obliegt. Durch diese Erweiterung des § 175 Abs 2 ASVG sollte eine Forderung des Österreichischen Arbeiterkammertages verwirklicht werden, den Weg von erwerbstätigen Aufsichtspersonen, die Kinder zum Kindergarten oder zur Schule bringen oder von dort abholen, unter Unfallversicherungsschutz zu stellen (284 BlgNR 18. GP, 32). Diese Bestimmung ist aber erst mit 1. Jänner 1992 in Kraft getreten (§ 547 Abs 1 Z 1 ASVG idF Art V Z 38 der 50. Nov.) und wäre auf Grund der Übergangsbestimmung des § 547 Abs 6 ASVG idgF auf den vor Inkrafttreten dieser Novelle eingetretenen Versicherungsfall nur anzuwenden, wenn die Klägerin am 1. Dezember 1991 auf Grund dieses Unfalles völlig erwerbsunfähig gewesen wäre, wovon keine Rede ist. Die Rückwirkung des Versicherungsschutzes in solchen Fällen ist nach dem erkennbaren Gesetzeszweck auf Härtefälle begrenzt, nämlich die völlige Erwerbsunfähigkeit und den durch einen Unfall verursachten Tod des Versicherten (§ 547 Abs 7 ASVG idgF).
Die Frage allfälliger Berücksichtigung von Zeiten der Kindererziehung als Versicherungszeiten in der Pensionsversicherung hat mit dem geschützten Bereich in der Unfallversicherung nichts zu tun, weshalb die Revision auch insoweit nicht zielführend ist.
Daß der Gesetzgeber durch detaillierte Sonderbestimmungen gewisse Unfälle Arbeitsunfällen gleichstellte, darunter auch manche Umwege auf dem Weg zum und vom Arbeitsplatz (Arbeitsweg), in allen anderen Fällen aber Umwege nicht in den Versicherungsschutz einbezog, ist entgegen der in der Revision vertretenen Ansicht auch unter dem Aspekt des Gleichheitssatzes verfassungsrechtlich unbedenklich. Im Rahmen des dem Gesetzgeber zustehenden rechtspolitischen Gestaltungsspielraumes ist nicht erkennbar, daß die Differenzierungen in den §§ 175 und 176 ASVG unsachlich wären, weil sie nicht nach objektiven Unterscheidungsmerkmalen erfolgten. Der erkennende Senat sieht sich nicht veranlaßt, beim Verfassungsgerichtshof ein Gesetzesprüfungsverfahren zu beantragen.
Der Revision war daher ein Erfolg zu versagen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 77 Abs 1 Z 2 lit b ASGG. Da die Entscheidung von der Lösung einer Rechtsfrage im Sinne des § 46 Abs 1 Z 1 ASGG abhing, entspricht es der Billigkeit, der unterlegenen Klägerin die Hälfte der Kosten ihres Vertreters zuzusprechen (SSV-NF 4/84 ua).
Anmerkung
E28447European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:1992:010OBS00035.92.0225.000Dokumentnummer
JJT_19920225_OGH0002_010OBS00035_9200000_000