TE OGH 1992/2/26 2Ob7/92

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Veröffentlicht am 26.02.1992
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Kralik als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Melber, Dr. Zehetner, Dr. Niederreiter und Dr. Schinko als Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Andreas S*****, vertreten durch Dr. Klaus Gstrein und Dr. Ulrich Gstrein, Rechtsanwälte in Imst, wider die beklagte Partei Gerhard I*****, vertreten durch Dr. Günther Kolar und Dr. Andreas Kolar, Rechtsanwälte in Innsbruck, wegen 156.112,47 S s.A. und Feststellung infolge Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Innsbruck als Berufungsgerichtes vom 1. Oktober 1991, GZ 1 R 170/91-40, womit infolge Berufung beider Parteien das Urteil des Landesgerichtes Innsbruck vom 8. März 1991, GZ 40 Cg 103/89-33, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

Spruch

Der Revision wird Folge gegeben.

Die Entscheidungen der Vorinstanzen werden dahin abgeändert, daß das Klagebegehren, die beklagte Partei sei schuldig, der klagenden Partei den Betrag von 156.112,47 S s.A. zu bezahlen, und es werde festgestellt, daß die beklagte Partei dem Kläger für alle zukünftigen Schäden aus dem Unfall vom 29.9.1985 in Telfs-Tannwiese, zur Gänze hafte, zur Gänze abgewiesen wird. Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei binnen 14 Tagen an Prozeßkosten erster Instanz den Betrag von 58.477,-- S (darin 9.199,-- S an Barauslagen und 8.213,-- S an Umsatzsteuer), an Kosten des Berufungsverfahrens den Betrag von 21.555,40 S (darin 4.000,-- S an Barauslagen und 2.925,90 S an Umsatzsteuer) und an Kosten des Revisionsverfahrens den Betrag von 9.077,50 S (darin 5.000,-- S an Barauslagen und 679,50 S an Umsatzsteuer) zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Der Beklagte nahm am 29.9.1985 an einem vom Motorsportclub T***** organisierten Motocross-Rennen teil. Im Zuge des Rennens kam er zu Sturz, wobei der Kläger entweder durch das Motorrad, das sich vom Beklagten gelöst hatte, oder aber durch einen Pfahl, gegen den das Motorrad geschleudert worden war, schwer verletzt wurde.

Der Kläger begehrte vom Beklagten den Ersatz des ihm bei diesem Unfall entstandenen Schadens und die Feststellung der Haftung des Beklagten für alle seine zukünftigen Schäden zur Gänze. Der Beklagte habe durch einen Fahrfehler den Unfall verschuldet. Ihn, Kläger, treffe kein Mitverschulden, weil er vom Organisator des Rennens an der Unfallstelle als Streckenposten eingesetzt worden sei.

Der Beklagte beantragte die Abweisung des Klagebegehrens, weil das mit solchen Rennen verbundene Risiko von der Rechtsgemeinschaft in Kauf genommen werde, er somit nicht rechtswidrig und auch nicht schuldhaft gehandelt habe, und darüber hinaus der Unfall für ihn ein unabwendbares Ereignis dargestellt habe. Der Beklagte sei nicht als Streckenposten eingeteilt gewesen.

Das Erstgericht stellte mit seinem Teil- und Zwischenurteil fest, daß der Anspruch des Klägers auf Ersatz von Heilungskosten und Zahlung eines Schmerzengeldes dem Grunde nach mit einem Viertel zu Recht bestehe und der Beklagte dem Kläger gegenüber zu einem Viertel für alle künftigen Schäden aus dem gegenständlichen Unfall zu haften habe; das Feststellungsmehrbegehren wies es ab. Es traf über den bereits wiedergegebenen Sachverhalt hinaus im wesentlichen noch folgende für das Revisionsverfahren noch bedeutsame Feststellungen:

Der am 16.4.1962 geborene Beklagte ist seit 1984 Mitglied des Motocross-Clubs ***** und hat seit dieser Zeit auch die Fähigkeiten, an Motocross-Rennen teilzunehmen. Die in einem Rundkurs verlaufende Rennstrecke war durch auf Stangen angebrachte Plastikbänder abgegrenzt. Zwischen der Rennstrecke und dem ebenfalls durch solche Plastikbänder abgegrenzten Zuschauerraum befand sich ein freies Gelände, in dem sich während des Trainings und während des Rennens nur Streckenposten aufhalten durften. Der in Rennsportangelegenheiten unerfahrene Kläger war bei dem gegenständlichen Rennen nicht als Streckenposten eingeteilt, er war für die Tätigkeit eines Streckenpostens auch nicht befähigt. Zur Unfallszeit stand der Kläger links von der Rennstrecke an der Außenseite einer ca. 170 Grad messenden nicht überhöhten Rechtskurve, etwa in einem Abstand von 1 bis 3 m im Sperrgebiet zwischen Rennstrecke und Zuschauerraum. Der Kläger hielt sich dort unbefugt auf. Vor dem Start des Rennens war er vom Rennleiter aufgefordert worden, die Sperrzone zu verlassen. Ungeachtet dieses Verbotes begab er sich während des Rennens wieder in den für Zuschauer und Betreuer abgesperrten Bereich. Vor der Unfallsstelle (Rechtskurve) befand sich eine etwa 22 m lange gerade Strecke, die auf einen Sprunghügel folgte, der im Anschluß an einen großen Hügel zu befahren war. Der Doppelsprung im Bereiche der Unfallstelle war der schwierigste und spektakulärste Teil der Strecke. Beim Motocross-Rennen beträgt die Zahl an Stürzen üblicherweise je nach Länge, Schwierigkeitsgrad des Rennens und Qualifikation der Fahrer ca. 30 %. Dabei kann von vielen Fahrern das Rennen nach einem Sturz wieder aufgenommen werden. Bei Rennen dieser Art wird von fast allen Teilnehmern nahe am eigenen Limit gefahren und das Risiko eines Sturzes ganz bewußt in Kauf genommen. Dies ist auch allen Zuschauern und Beteiligten bekannt. Auf Grund dieser Sturzgefahr sind gewisse Streckenteile für die Zuschauer gesperrt. Diese Zonen dienen einerseits der Sicherheit der Zuschauer, anderseits auch der Sicherheit der Fahrer, da sie ein folgenloses Abkommen von der Strecke ermöglichen sollen. Der Beklagte, der zum Unfallszeitpunkt bereits etwa die Hälfte des Rennens absolviert hatte - es war für ihn das erste Rennen - passierte vor dem Unfall den zweiten Sprunghügel und prallte beim Aufkommen mit dem Oberkörper gegen die Lenkstange, wodurch er gleichsam automatisch Gas gab, weil durch das Vorneigen des Oberkörpers mit der Hand automatisch das Gaspedal (richtig wohl: der Gasgriff, vgl AS 85) betätigt wird. Dadurch kam das vordere Rad des Motorrades hoch; der Kläger versuchte noch, die übliche Fahrtposition einzunehmen, um das Motorrad wieder unter Kontrolle zu bringen. Solche Situationen führen in den meisten Fällen - so wie auch im vorliegenden Fall - zum Sturz, wenn nicht gerade glückliche Umstände zusammentreffen und helfen, das Motorrad zu stabilisieren. Im vorliegenden Fall wäre außerdem der notwendige Platz nicht vorhanden gewesen, um eventuell in einer Auslaufzone das Motorrad unter Kontrolle zu bringen. Für den Beklagten war es der beste Ausweg, vor dem Ende der Kurve zu Sturz zu kommen, um nicht mit anderen Rennteilnehmern auf der entgegengesetzten Fahrbahn zu kollidieren. Der Beklagte war in der Phase des Absprungs am zweiten Sprunghügel bis zum Sturz einer Belastungsspitze ausgesetzt. Für einen Fahrer mit seiner Erfahrung war der Sturz nicht vermeidbar. Der Beklagte hat keine sportlichen Regeln verletzt. Der Sturz war ein bei einem Motocross-Rennen üblicher Sturz. Ein ausgebildeter Streckenposten und auch ein einigermaßen aufmerksamer gelegentlicher Zuschauer von Motorsportveranstaltungen würde sich nie - so wie der Kläger es tat - an der Außenseite einer Kurve aufstellen, weil dies jener Bereich ist, in den ein Fahrzeug zwangsläufig gerät, wenn es von der Strecke abkommt. Der Kläger befand sich somit in einer extrem gefährlichen Position.

Rechtlich verneinte das Erstgericht das Verschulden des Beklagten an dem Unfall infolge eines Fahrfehlers. Würden bei einem bei Ausübung solcher Sportarten regelmäßigen Unfall von den Beteiligten die Regeln der jeweiligen Sportart nicht verletzt, so führe ein solches Schadensereignis nicht zu einer Verschuldenshaftung des Schädigers. Die mit solchen Veranstaltungen verbundene Gefährdung auch der Zuschauer sei nach allgemeiner Auffassung ein typisches Risiko und grundsätzlich nicht rechtswidrig. Eine Verschuldenshaftung komme, weil der Beklagte nicht gegen die Regeln des Motocross-Sports verstoßen habe, also nicht in Betracht. Allerdings habe der Beklagte für die Halterhaftung im Sinne des EKHG einzustehen, weil der Unfall für ihn kein unabwendbares Ereignis gewesen sei; hätte er sich am Rennen nicht beteiligt, hätte er den Unfall abwenden können. Der Beklagte hafte daher für die dem Kläger entstandenen Schäden grundsätzlich. Den Kläger aber treffe selbst ein als grob fahrlässig zu wertendes Verschulden am Zustandekommen des Unfalls, habe er sich doch verbotenerweise in der Sperrzone und zudem an einer besonders gefährlichen Stelle aufgehalten, an der man geradezu mit Verletzungen auch bei normalem Rennverlauf habe rechnen müssen. Dies rechtfertige eine Schadensteilung im Verhältnis von 1 : 3 zu Lasten des Klägers.

Das Gericht zweiter Instanz gab keiner der von beiden Teilen erhobenen Berufung Folge, wobei es aussprach, daß die ordentliche Revision nach § 502 Abs.1 ZPO zulässig sei. Es übernahm die Feststellungen des Erstgerichtes und billigte in Erledigung der vom Kläger erhobenen Rechtsrüge die vom Erstgericht vorgenommene Schadensteilung.

Zu der vom Beklagten im wesentlichen dahin erhobenen Rechtsrüge, die besondere Sorgfaltswidrigkeit des Klägers verdränge die EKHG-Haftung des Beklagten, zumal die Rechtsgemeinschaft den Standpunkt einnehme, daß die einem Rennfahrer aufzuerlegende Haftung nicht überspannt werden dürfe, hielt das Berufungsgericht folgendes entgegen:

Der Oberste Gerichtshof habe in einen Entscheidungen 2 Ob 309/53 und 2 Ob 806/54 (vgl. MGA EKHG § 9 E. 27) die Ansicht vertreten, daß eine bei Anwendung aller Sorgfalt unvermeidliche Berührung zweier Motorräder bei einem Motorradrennen, welche zum Unfall führt, vorhersehbar und nicht unabwendbar sei, weil sie durch Nichtbeteiligen am Rennen abgewendet werden könne. Soweit ersichtlich, sei der Oberste Gerichtshof von dieser Auffassung seither nicht abgewichen. Ausgehend davon sei auch im gegenständlichen Fall die Halterhaftung des Beklagten anzunehmen. Es erscheine dem Berufungsgericht auch undenkbar, im gegenständlichen Fall dem Beklagten zu unterstellen, er hätte jede nach dem Umständen dieses Falles gebotene Sorgfalt im Sinne von § 9 Abs.2 EKHG beachtet, stehe doch fest, daß bei einem solchen Rennen von fast allen Teilnehmern nahe am eigenen Limit gefahren und das Risiko eines Sturzes ganz bewußt in Kauf genommen werde und der Beklagte durch einen, wenngleich bei solchen Rennen nicht vorzuwerfenden, Fahrfehler die Kontrolle über sein Motorrad verloren habe (weil er einer Belastungsspitze ausgesetzt gewesen sei) und es dadurch zu dem für einen Fahrer mit seiner Erfahrung nicht vermeidbaren Sturz gekommen sei. Auch wenn die Rechtsgemeinschaft nach Ansicht des Berufungswerbers den Standpunkt einnehmen sollte, daß die einem Rennfahrer aufzuerlegende Haftung nicht überspannt werden dürfe, könne dies an der Bestimmung des § 9 EKHG nichts ändern. Das Berufungsgericht sei auch nicht der Auffassung, daß die EKHG-Haftung des Beklagten gegenüber dem Verschulden des Klägers so weit in den Hintergrund träte, daß sie zu vernachlässigen wäre. Nur wenn der Unfall ausschließlich durch das Verschulden des Klägers verursacht worden wäre, könnte, weil dann ein unabwendbares Ereignis nach § 9 EKHG vorläge, die Halterhaftung des Beklagten entfallen. § 7 EKHG hingegen bestimme für jene Fälle, in welchen die Ursache des Unfalls sowohl in einem die Haftpflicht begründenden Umstand als auch im Verhalten des Geschädigten liege, die Schadensteilung im Sinne von § 1304 ABGB. Die vom Erstgericht vorgenommene Schadensteilung entspräche der Sach- und Rechtslage.

Den Ausspruch über die Zulässigkeit der ordentlichen Revision begründete das Berufungsgericht damit, daß die Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes über die EKHG-Haftung von Teilnehmern an Motorrennsportveranstaltungen gegenüber Zuschauern (mit Eigenverschulden) aus jüngerer Zeit nicht vorzuliegen scheine.

Gegen dieses Urteil des Gerichtes zweiter Instanz richtet sich die auf den Anfechtungsgrund des § 503 Z 4 ZPO gestützte Revision des Beklagten, mit der die Abänderung der Entscheidungen der Vorinstanzen im Sinne der gänzlichen Abweisung des Klagebegehrens beantragt wird; hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.

Der Kläger hat sich am Revisionsverfahren nicht beteiligt.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist zulässig und auch berechtigt.

Vorweg ist festzuhalten, daß sich der Beklagte durch die Anwendung der Bestimmungen des EKHG auf das vorliegende Schadensereignis durch die Vorinstanzen mit Recht nicht beschwert erachtet, besteht doch kein Zweifel daran, daß es sich bei dem vorliegenden Unfall um einen solchen beim Betrieb des Motorrades des Beklagten handelte (vgl MGA EKHG4 § 1 E 4. und 5.; ZVR 1985/51 und 1988/64 bezüglich Straßen ohne öffentlichen Verkehr und SZ 58/55 = ZVR 1986/6 in Ansehung von Kraftfahrzeugrennen), wobei es bedeutungslos ist, ob das Kraftfahrzeug zum Verkehr zugelassen wurde oder nicht (vgl MGA EKHG4 § 2 Anm 5) S. 55). Der Beklagte vertritt vielmehr bloß den Standpunkt, daß die von den Vorinstanzen der Annahme seiner Haftung für die Unfallsfolgen zugrundegelegten (zur Frage der für den Teilnehmer an gefährlichen Sportveranstaltungen gegebene Möglichkeit der Inanspruchnahme der Haftungsbefreiung des § 7 Abs.2 KfzVerkG, DRGBl. 1909, 437, ergangenen) höchstgerichtlichen Entscheidungen, 2 Ob 309/53 und 2 Ob 806/54, wegen der zwischenweilig eingetretenen Veränderung der damals herrschenden Wertordnung sowie der damaligen Lebens- und Wirtschaftsverhältnisse zu einer Freizeit-, Konsum- und Vergnügungsgesellschaft und der damit geänderten Einstellung der Rechtsgemeinschaft zum Sport nicht mehr tragfähig seien. Auf die Frage, ob sich der Beklagte unter den für das vorliegende Schadensereignis maßgebenden Umständen mit Recht auf die Haftungsbefreiung des § 9 Abs.2 EKHG, also jene Bestimmung berufen kann, die anstelle der hier vergleichbaren Norm des § 7 Abs.1 und 2 KfzVerkG getreten ist, braucht hier nicht weiter eingegangen werden, weil der Revisionswerber mit Recht auch geltend macht, daß selbst bei Annahme der Richtigkeit der Ansicht der Vorinstanzen, es habe sich hier um kein für den Beklagten unabwendbares Ereignis gehandelt, seine Haftung für die Unfallsfolgen des Klägers zu verneinen sei. Es entspricht nämlich der Lehre und ständigen Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes, daß ein geringfügiges Fehlverhalten des Schädigers gegenüber einem krassen, besonders schwerwiegenden Verschulden oder Fehlverhalten des Geschädigten derart in den Hintergrund tritt, daß es bei der nach § 7 Abs.1 EKHG bzw. § 11 Abs.1 EKHG im Sinne des § 1304 ABGB vorzunehmenden Schadensteilung zu vernachlässigen ist (vgl. Koziol, Österreichisches Haftpflichtrecht2 I 241 samt Rechtsprechungsnachweis in FN 36, 245; ZVR 1977/69; ZVR 1978/256, 260, 309; ZVR 1979/2 uva).

Im vorliegenden Fall hat der Beklagte gegen keine sportlichen Regeln verstoßen, ihn trifft auch nicht der Vorwurf, die bei solchen Rennen gebotene Vorsicht und Aufmerksamkeit außer acht gelassen zu haben; der Sturz des Beklagten war lediglich auf einen bei Ausübung des Motocross-Sports üblichen, bloß als geringfügig zu bezeichnenden Fahrfehler zurückzuführen, der - wie das Berufungsgericht zutreffend erkannte - auch nicht geeignet war, das in der Natur des Motocross-Sports gelegene Risiko zu vergrößern. Der Beklagte hat vielmehr sogar den besten Ausweg aus der Gefahrensituation dadurch gewählt, daß er den Sturz vor dem Ende der Kurve in Kauf nahm, um so eine Kollision mit anderen Rennteilnehmern auf der entgegengesetzten Fahrbahn zu vermeiden. Das Verhalten des Beklagten war somit weder schuldhaft noch rechtswidrig (ZVR 1985/127; SZ 54/133 ua). Diesem äußerst geringfügigen Fehlverhalten des Beklagten steht nicht nur eine besonders krasse Sorglosigkeit des Klägers in eigenen Belangen gegenüber, hat das Verfahren doch ergeben, daß er sich in eine extrem gefährliche Position begab und daß selbst ein einigermaßen aufmerksamer gelegentlicher Zuschauer von Motorsportveranstaltungen sich niemals an der Außenseite einer Kurve aufstellen würde, zumal es sich dabei um einen Bereich handelt, in den ein Fahrzeug zwangsläufig gerät, wenn es von der Strecke abkommt. Der Kläger wurde vielmehr vor Beginn des Rennens vom damaligen Rennleiter - in Erfüllung der dem Veranstalter solcher Rennen obliegenden Verpflichtung zur Sicherung von Rennteilnehmern und Zuschauern - ausdrücklich aufgefordert, die Sperrzone zu verlassen; dessenungeachtet begab er sich - somit in bewußter Übertretung des ihm erteilten Verbotes - während des Rennens neuerlich in den für Zuschauer und Betreuer abgesperrten Bereich entlang der Rennstrecke. Dieses eindeutige, krasse, geradezu rücksichtslose Hinwegsetzen des Klägers über das ihm erteilte Verbot wiegt im Hinblick auf den Zweck der den Veranstalter von solchen sportlichen Wettkämpfen obliegenden Verpflichtung, alle Beteiligten (Rennfahrer, Betreuer und Zuschauer) vor den mit solchen sportlichen Betätigungen verbundenen Gefahren zu schützen, derart schwer, daß die vom Motorrad des Beklagten unter den gegebenen Umständen ausgehende Betriebsgefahr nicht mehr ins Gewicht fällt. Die Zurechnung des Schadens allein zum Verantwortungsbereich des Klägers erscheint somit gerechtfertigt.

Damit erweist sich aber die Revision des Beklagten als berechtigt, weshalb die Entscheidungen der Vorinstanzen im Sinne der gänzlichen Abweisung des Leistungs- und Feststellungsbegehrens abzuändern waren.

Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 41 und 50 ZPO.

Anmerkung

E28673

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1992:0020OB00007.92.0226.000

Dokumentnummer

JJT_19920226_OGH0002_0020OB00007_9200000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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