TE OGH 1992/3/5 7Ob4/92

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 05.03.1992
beobachten
merken

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Wurz als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Warta, Dr.Egermann, Dr.Niederreiter und Dr.Schalich als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei G***** Versicherung, *****, vertreten durch Dr.Stefan Herdey und Dr.Roland Gsellmann, Rechtsanwälte in Graz, wider die beklagte Partei Werner V*****, vertreten durch Dr.Werner Thurner und Dr.Peter Schaden, Rechtsanwälte in Graz, wegen Zahlung und Feststellung (Gesamtstreitwert S 76.111), infolge Rekurses der beklagten Partei gegen den Beschluß des Oberlandesgerichtes Graz als Berufungsgericht vom 11.Oktober 1991, GZ 5 R 146/91-9, womit das Urteil des Landesgerichtes für ZRS Graz vom 26.Februar 1991, GZ 16 Cg 322/90-5, aufgehoben wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

Spruch

Dem Rekurs wird nicht Folge gegeben.

Die Kosten des Rekursverfahrens sind weitere Verfahrenskosten.

Text

Entscheidungsgründe:

Am 13.3.1989 gelangten die Minderjährigen Stefan St***** und Hanna L***** auf das Grundstück des Beklagten, wo sie dessen Tochter aufsuchen wollten. Der Beklagte und seine Tochter waren jedoch nicht zu Hause. Beim Spielen mit einer auf einem Hackstock im Garten dieses Grundstückes liegenden Hacke trennte Stefan St***** der Hanna L***** den vierten Finger der linken Hand ab und verletzte den dritten Finger dieser Hand schwer. Als Haftpflichtversicherer des Minderjährigen Stefan St***** leistete die Klägerin an die Verletzte eine Zahlung von S 112.222.

Mit der Behauptung, daß die Minderjährigen Stefan St***** und Hanna L***** ungehinderten Zugang zum Grundstück des Beklagten gehabt und dessen Tochter praktisch täglich besucht hätten, die Hacke unter diesen Umständen somit nicht ausreichend verwahrt worden sei, begehrt die Klägerin vom Beklagten die Zahlung von S 56.111 sA sowie die Feststellung, daß ihr der Beklagte für sämtliche künftige Schadenersatzansprüche der Minderjährigen Hanna L***** aus dem Vorfall vom 13.3.1989 hafte. Der Ausgleichsanspruch sei durch die Zahlung auf sie übergegangen. Den Beklagten treffe das alleinige Verschulden an dem Unfall.

Der Beklagte beantragt die Abweisung der Klage. Er und seine Tochter seien zum Unfallszeitpunkt nicht zu Hause gewesen. Sein Grundstück sei eingezäunt. Die Kinder hätten es daher unbefugt betreten. Der Unfall habe nur deshalb geschehen können, weil die Eltern der Verletzten ihrer Aufsichtspflicht nicht nachgekommen seien. Unter diesen Umständen könne das bloße Vorhandensein einer Hacke auf seinem Grundstück nicht haftungsbegründend sein. Stefan St***** hätte nur unter den Voraussetzungen des § 1310 ABGB in Anspruch genommen werden können. Diese Haftung eines Minderjährigen trete gegenüber der Haftung der für ihn aufsichtspflichtigen Eltern zurück. Die Beklagte habe aber auch nur aus Billigkeitsgründen gezahlt, so daß ein Ausgleichsanspruch nicht in Frage komme.

Das Erstgericht wies die Klage ohne Aufnahme von Beweisen ab. Die Verletzte habe gegen den minderjährigen haftpflichtversicherten Schädiger keinen Schadenersatzanspruch gehabt, weil dessen Haftung gegenüber den in § 1309 ABGB genannten Personen nur subsidiär sei. Gemäß § 1310 ABGB werde auch nur nach billigem Ermessen gehaftet. Daher stehe weder die Ersatzpflicht des Schädigers noch der Ausgleichsanspruch gemäß § 67 VersVG fest. Auch für einen Ersatzanspruch oder einen Forderungsübergang gemäß §§ 1042, 1358 ABGB fehle es am erforderlichen unzweifelhaften Bestand der Haftung des Schädigers.

Das Berufungsgericht hob das Urteil des Erstgerichtes auf, verwies die Rechtssache zur neuerlichen Verhandlung und Urteilsfällung an das Erstgericht zurück und sprach aus, daß der Rekurs an den Obersten Gerichtshof zulässig sei. Es bejahte den Forderungsübergang gemäß § 67 VersVG. Die Klägerin könne den Ersatz aber auch gemäß § 1042 ABGB begehren. Mangels jeglicher Feststellung könnten Umfang des Forderungsüberganges und Ersatzpflicht des Beklagten aber noch nicht beurteilt werden.

Der dagegen vom Beklagten erhobene Rekurs ist nicht berechtigt.

Rechtliche Beurteilung

Nach ständiger Rechtsprechung (EvBl 1965/400; SZ 52/91; ZVR 1986/7; VersRdSch 1990, 255 ua) setzt der Forderungsübergang nach § 67 Abs 1 VersVG bloß die tatsächliche Leistung an den Versicherungsnehmer im Rahmen des versicherten Risikos ohne Rücksicht darauf voraus, ob eine Leistungspflicht bestand (vgl auch Prölss-Martin, VVG24, 453 mwN). § 67 VersVG gilt - außer gegen mitversicherte Personen - auch in der Haftpflichtversicherung (SZ 51/106; VersRdSch 1990/255). Sind mehrere Personen an einem Schadensfall schuldig und befriedigt der Haftpflichtversicherer des einen die Ansprüche des geschädigten Dritten zur Gänze, so geht die Forderung auf Ersatz des dem Verschuldensanteil entsprechenden Teiles des gezahlten Betrages gegen den anderen Schädiger auf den Versicherer über (SZ 37/182; RZ 1976/81; VersR 1977, 97; ZVR 1979/167; ZVR 1985/7).

§ 67 VersVR umfaßt daher auch Rückgriffs- und Ausgleichsansprüche (SZ 43/15; ZVR 1985/7; VersRdSch 1987/29). Wesentlicher Inhalt des § 67 VersVG ist die Überleitung des Anspruches auf den Versicherer. Der Dritte soll durch die Leistungen des Schadensversicherers nicht befreit sein (Prölss-Martin aaO, 447). Dieser Grundsatz erfährt keine Einschränkung dadurch, daß die Leistung des Versicherers auf einer Haftpflichtversicherung für einen minderjährigen Schädiger beruht, dessen Haftung durch § 1310 ABGB beschränkt ist. Einer Prüfung der Deckungspflicht der Klägerin, die der Rekurswerber anstrebt, ist daher nicht erforderlich. Daß die Zahlung der Klägerin nicht dem versicherten Risiko entsprochen habe, behauptet der Beklagte nicht. Selbst wenn man aber deshalb den Forderungsübergang in Zweifel ziehen wollte, wäre der Ersatzanspruch in § 1042 ABGB begründet (SZ 35/124; ZVR 1960/337; VersR 1972, 1132).

Mit Recht hat daher das Berufungsgericht dem Erstgericht die Prüfung aufgetragen, ob und wie weit der Beklagte überhaupt für den Unfall einzustehen hat.

Dem Rekurs war somit ein Erfolg zu versagen.

Die Entscheidung über die Kosten des Rekursverfahrens gründet sich auf § 52 Abs 1 ZPO.

Anmerkung

E28517

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1992:0070OB00004.92.0305.000

Dokumentnummer

JJT_19920305_OGH0002_0070OB00004_9200000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten