TE OGH 1992/3/11 3Ob521/92

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Veröffentlicht am 11.03.1992
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofes Hon.Prof. Dr.Petrasch als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Hofmann, Dr.Klinger, Dr.Angst und Dr.Graf als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Mirjam Ch*****, vertreten durch Dr.Peter Rudeck, Rechtsanwalt in Wien, wider die beklagte Partei Suzanne Sch*****, wegen 1,145.000 S sA, infolge außerordentlichen Revisionsrekurses der klagenden Partei gegen den Beschluß des Oberlandesgerichtes Wien als Rekursgerichtes vom 20.Dezember 1991, GZ 11 R 254/91-6, womit der Beschluß des Landesgerichtes für ZRS Wien vom 2.Oktober 1991, GZ 25 Cg 250/91-2, bestätigt wurde, den Beschluß

gefaßt:

Spruch

Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.

Die Klägerin hat die Kosten des Revisionsrekurses selbst zu tragen.

Text

Begründung:

Die Klägerin bringt in ihrer Klage vor, die Beklagte habe ihr zwei Sparbücher mit einem Stand von zusammen 1,145.000 S weggenommen und an einen ihr nicht bekannten Dritten weitergegeben. Da sich ihr Vermögen um den Guthabensstand der Sparbücher verringert habe, habe sie einen Schaden in der angeführten Höhe erlitten. Sie begehrt, die Beklagte, die ihren Wohnsitz in der Bundesrepublik Deutschland hat, zur Bezahlung von 1,145.000 S sA, und hilfsweise zur Herausgabe der Sparbücher zu verurteilen. Zur Begründung der Zuständigkeit des Erstgerichtes beruft sie sich auf § 92a JN.

Das Erstgericht wies die Klage wegen (gemeint örtlicher) Unzuständigkeit zurück, das Rekursgericht gab dem von der Klägerin erhobenen Rekurs nicht Folge und sprach aus, daß der ordentliche Revisionsrekurs nicht zulässig sei. Beide Vorinstanzen waren der Meinung, daß der Sachverhalt, auf den die Klage gestützt wird, nicht dem im § 92a JN angeführten Tatbestand der Beschädigung einer körperlichen Sache unterstellt werden könne.

Rechtliche Beurteilung

Der von der Klägerin gegen diesen Beschluß des Rekursgerichtes erhobene Revisionsrekurs ist zulässig, weil, wie die Klägerin darin zu Recht geltend macht, zu der hier vorzunehmenden, in ihrer Bedeutung über den Einzelfall hinausgehenden Auslegung des § 92a JN eine Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes fehlt.

Der Revisionsrekurs ist jedoch nicht berechtigt.

Gemäß § 92a JN können Streitigkeiten über den Ersatz des Schadens, der aus der Tötung oder Verletzung einer oder mehrerer Personen, aus einer Freiheitsberaubung oder aus der Beschädigung einer körperlichen Sache entstanden ist, auch bei dem Gericht angebracht werden, in dessen Sprengel das den Schaden verursachende Verhalten gesetzt worden ist. Von den für diesen Gerichtsstand maßgebenden Tatbeständen kommt hier nur jener der Beschädigung einer körperlichen Sache in Betracht. Den Vorinstanzen ist darin beizupflichten, daß der Sachverhalt, auf den die Klägerin ihre Klage stützt, diesem Tatbestand nicht unterstellt werden kann. Der Entzug der Verfügungsmacht über eine körperliche Sache kann nämlich entgegen der im Revisionsrekurs vertretenen Meinung deren Beschädigung nicht gleichgesetzt werden. Dafür spricht nicht nur die Auslegung der Bestimmung nach dem Wortsinn, sondern auch jene nach dem - aus den Gesetzesmaterialien hervorleuchtenden - Zweck der Regelung, der darin besteht, aus verfahrensökonomischen Gründen die Klärung der Schadensverursachung an Ort und Stelle zu ermöglichen (vgl EBzRV der ZVN 1983 669 BlgNR 15.GP 39). Wurde aber der Schaden durch die Entziehung der Verfügungsmacht verursacht, so kommt es in der Regel auf die Verhältnisse an Ort und Stelle nicht an. Es kann daher angenommen werden, daß der Gesetzgeber diesen Fall durch die Bestimmung nicht erfassen wollte.

Unter den dargestellten Umständen ist es ohne Bedeutung, ob, wie die Klägerin im Revisionsrekurs meint, durch die Wegnahme eines Sparbuches ein Schaden in der Höhe der darin verbrieften Forderung entstehen kann oder ob sich, wie anscheinend das Rekursgericht meint, die Höhe des Schadens bloß aus dem Materialwert ergibt. Nicht zielführend ist schließlich das Argument der Klägerin, der Tatbestand des § 92a JN sei deshalb erfüllt, weil der den Gegenstand der Klage bildende Schaden nicht durch eine Vertragsverletzung, sondern durch eine unerlaubte Handlung verursacht worden sei. Dies allein reicht für die Begründung der Zuständigkeit nicht aus. Es muß noch hinzukommen, daß die unerlaubte Handlung in einem in der Bestimmung näher umschriebenen Verhalten besteht. Da dies hier nicht der Fall ist, muß nicht geprüft werden, ob § 92a JN nur auf deliktische Schadenersatzansprüche anzuwenden ist (vgl Fasching, ZPR2 Rz 308; Rechberger-Simotta, ZPR3 Rz 97; OLG Wien in WR 222 und EvBl 1990/65; Ballon in FS-Fasching 62).

Die örtliche Zuständigkeit des Erstgerichtes könnte nur aus § 92a JN abgeleitet werden, und die Klägerin hat sich auch nur hierauf berufen. Der Tatbestand dieser Bestimmung ist aber nicht erfüllt, weshalb die Vorinstanzen die Zuständigkeit des Erstgerichtes zu Recht verneint haben.

Der Ausspruch über die Kosten des Revisionsrekurses beruht auf den §§ 40 und 50 ZPO.

Anmerkung

E28715

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1992:0030OB00521.92.0311.000

Dokumentnummer

JJT_19920311_OGH0002_0030OB00521_9200000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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