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E3D E15103030;Norm
32000D0532 Abfallverzeichnis Kap20;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Präsident Dr. Jabloner und die Hofräte Dr. Bumberger, Dr. Beck, Dr. Hinterwirth und Dr. Enzenhofer als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Chlup, über die Beschwerde der A-Gesellschaft mbH in G, vertreten durch Onz Onz Kraemmer Hüttler, Rechtsanwälte GmbH in 1010 Wien, Schwarzenbergplatz 16, gegen den Bescheid der Berufungskommission der Landeshauptstadt Graz vom 10. August 2005, Zl. 011926/2005-2, betreffend Müllabfuhr, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Die beschwerdeführende Partei hat der Landeshauptstadt Graz Aufwendungen in der Höhe von EUR 381,90 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit Bescheid vom 14. April 2005 stellte der Stadtsenat der Landeshauptstadt Graz gemäß den §§ 8, 9 und 21 des Steiermärkischen Abfallwirtschaftsgesetzes, LGBl. Nr. 65/2004 (StAWG 2004), fest, dass die beschwerdeführende Partei als Eigentümerin des Grundstückes Nr. 297 der KG G verpflichtet ist, dieses Grundstück an die öffentliche Müllabfuhr anzuschließen und damit die auf dem Grundstück anfallenden Abfälle nach § 4 Abs. 4 StAWG 2004 durch die öffentliche Müllabfuhr sammeln und abführen zu lassen.
Gleichzeitig wurden mit diesem Bescheid Größe und Anzahl der erforderlichen Müllbehälter wie folgt festgesetzt:
2 Stück 1.100 Liter Restmüllbehälter mit einer zweimaligen Entleerung pro Woche und 1 Stück 80 Liter Restmüllbehälter mit einer einmaligen Entleerung pro Woche.
Die beschwerdeführende Partei berief.
In der Berufung heißt es, bekämpft werde die festgesetzte Größe und die Anzahl der Müllbehälter. Das Grundstück Nr. 297 der KG G bestehe aus einem Haupthaus und einem ebenerdigen Nebengebäude. Das Haupthaus sei zur Gänze an ein Ehepaar vermietet, welches in diesem Gebäude ein Gasthaus (K) mit Nebenräumen betreibe. Im ebenerdigen Hofgebäude befinde sich eine Verkaufsfiliale einer Bäckerei im Ausmaß von ca. 36 m2. Die restlichen Räume des Nebengebäudes seien von untergeordneter Bedeutung. Von den Maßnahmen der Müllabfuhr sei im überwiegenden Ausmaß die Gasthausmietpartei betroffen. Die mit der Müllabfuhr verbundenen Kosten würden über das Steueramt des Magistrates Graz gemeinsam mit den Kanalgebühren und der Grundsteuer dem Eigentümer vorgeschrieben. Dieser verrechne die Kosten der Müllabfuhr nahezu zur Gänze der Gasthausmieterin. Die von der behördlichen Maßnahme letztlich betroffene Mietpartei habe vorgebracht, dass es sich bei der angesprochenen Entsorgung um keinen haushaltsähnlichen Müll handle und habe dies auch gutachtlich belegt (Gutachten der Montanistischen Hochschule liege bei). Da es sich bei der Bewirtschaftung des Gasthauses der Mietpartei um eine rein gewerbliche Entsorgungsmaßnahme handle, werde beantragt, den erstinstanzlichen Bescheid zur Gänze aufzuheben.
Bei dem in der Berufung erwähnten Gutachten handelt es sich um ein Gutachten des Instituts für nachhaltige Abfallwirtschaft und Entsorgungstechnik der Montanuniversität Leoben vom 23. Juli 2004 mit dem Titel "Klassifizierung von Abfall aus dem Grazer Restaurant 'K' und Zuordnung zu Siedlungs- bzw. Gewerbeabfall".
Dieses Gutachten unterscheidet zwischen Siedlungsabfall und Gewerbeabfall und folgt bei der Zuordnung von Abfällen zu einer der beiden Kategorien folgendem Schema:
In einem ersten Schritt wird geprüft, ob im Abfall, der nicht aus einem Haushalt stammt, eine oder mehrere "dominante" Fraktionen enthalten sind und/oder ob einzelne Fraktionen in Mengen und Gebinden vorkommen, die nicht den typischen Haushaltsmengen entsprechen. Sind dominante Fraktionen vorhanden oder kommen einzelne Fraktionen in Mengen und Gebinden vor, die nicht den typischen Haushaltsmengen entsprechen, so wird der Abfall der Kategorie "Gewerbeabfall" zugeordnet. Andernfalls wird in einem zweiten Schritt geprüft, ob im Abfall Stoffe einer Kriterienliste (Teil 1) mit dem Titel "Typischerweise in Haushaltsmengen vorkommende Abfälle im Siedlungsabfall" enthalten sind. Ergibt diese Prüfung 7 bis 15 Treffer, so wird der Abfall der Kategorie "Siedlungsabfall" zugeordnet, andernfalls erfolgt in einem weiteren Schritt eine Prüfung anhand des Teils 2 der Kriterienliste daraufhin, ob im Abfall "Typische nicht im Gewerbeabfall vorhandene Abfälle" vorhanden sind. Ergibt diese Prüfung 0 bis 2 Treffer, dann wird der Abfall der Kategorie "Gewerbeabfall" zugeordnet.
In Anwendung dieses Prüfungsschemas auf den auf Grundstück Nr. 297 der KG G anfallenden Abfall heißt es im Gutachten, bei der untersuchten Tonne seien die Fraktionen "Lebensmittel- und Getränkeverpackungen" sowie "Küchenabfälle" in einem deutlichen Übermaß vorhanden gewesen. Weiters seien nicht haushaltsüblich große Mengen an Taschentüchern und Servietten im Abfall zu finden gewesen. Alle weiteren für Hausmüll typischen Abfallarten wie z.B. Hygieneartikel, Verpackung von Tiernahrung, Abfälle von Heimarbeiten, Windeln, Gebrauchsgegenstände etc. hätten zur Gänze gefehlt. Somit seien aus der Kriterienliste Teil 1 zwei von 15 Kriterien erfüllt gewesen. Das Kriterium "Reinigungsmittelverpackungen" sei ebenfalls als nicht erfüllt bewertet worden, da lediglich eine einzige Spülmittelflasche in der Tonne habe gefunden werden können. Eine Untersuchung hinsichtlich des Teils 2 der Kriterienliste (Ausschlusskriterien) habe gezeigt, dass nur die dominant vorhandenen Lebensmittelverpackungen zuträfen (eines von sieben Kriterien erfüllt). Es seien somit dominante Fraktionen vorhanden, die Überprüfung anhand des Teils 1 der Kriterienliste habe zwei Treffer und anhand des Teils 2 der Kriterienliste einen Treffer ergeben. Es liege somit Gewerbeabfall vor.
Mit dem nunmehr vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Bescheid vom 10. August 2005 wies die belangte Behörde die Berufung der beschwerdeführenden Partei als unbegründet ab.
In der Begründung heißt es, der Berufung könne schon deshalb kein Erfolg beschieden sein, weil das StAWG 2004 keine Unterscheidung zwischen Gewerbe- und Siedlungsabfällen treffe. Das Gutachten der Montanistischen Hochschule vom 23. Juli 2004 belege, dass in der untersuchten Tonne die Fraktionen "Lebensmittel- und Getränkeverpackungen" sowie "Küchenabfälle" in einem deutlichen Übermaß vorhanden gewesen seien. Weiters seien nicht haushaltsüblich große Mengen an Taschentüchern und Servietten im Abfall zu finden gewesen. Das Kriterium "Reinigungsmittelverpackungen" sei ebenfalls als nicht erfüllt bewertet worden, da lediglich eine einzige Spülmittelflasche in der Tonne habe gefunden werden können.
Die vorgefundenen Abfälle seien zweifelsfrei den in Gruppe 20 des Europäischen Abfallkataloges aufgezählten "Siedlungsabfällen" zuzuordnen: 20 01 01 Papier und Pappe, 20 01 08 biologisch abbaubare Küchen- und Kantinenabfälle und 20 01 39 Kunststoffe. Es handle sich daher um Siedlungsabfälle.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, in der Rechtswidrigkeit des Inhalts und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht wird.
Die beschwerdeführende Partei bringt vor, das StAWG 2004 definiere zweierlei Arten von Siedlungsabfällen, nämlich eine herkunftsbezogene (Hausmüll) sowie eine weitere auf Grund der Beschaffenheit oder Zusammensetzung dem Hausmüll ähnliche. Um die zweitgenannte Gruppe gehe es im Beschwerdefall. Kriterium für die Ähnlichkeit sei nach § 4 Abs. 4 StAWG 2004 zum einen die Zusammensetzung der Abfälle. Es komme also darauf an, aus welchen
Einzelfraktionen der zu beurteilende Abfall bestehe. Diese Einzelfraktionen im zu beurteilenden Abfallgemisch seien den typischen Einzelfraktionen von Hausmüll gegenüberzustellen. Ergebe sich dabei eine weitgehende Übereinstimmung, so sei das zu beurteilende Abfallgemisch hausmüllähnlich und es liege Siedlungsabfall vor. Dieser Vergleich sei umfassend anzustellen. Es sei nicht nur zu beurteilen, ob die einzelnen Abfallbestandteile auch im Hausmüll vorkämen, sondern auch, ob bzw. in welchem Ausmaß typische Bestandteile von Hausmüll im zu beurteilenden Abfallgemisch enthalten seien. "Ähnlich dem Hausmüll" sei ein Abfallgemisch nämlich erst bzw. nur dann, wenn es insgesamt in etwa Hausmüll entspreche und nicht etwa schon dann, wenn darin vereinzelt Fraktionen vorkämen, die auch im Hausmüll enthalten seien.
Eine Ähnlichkeit in seiner Beschaffenheit im Sinne des § 4 Abs. 4 StAWG 2004 sei daran zu messen, ob im Abfallgemisch dominierende Fraktionen vorkämen. Hier sei nicht auf die Anzahl der Einzelfraktionen abzustellen, sondern darauf, in welchem Anteil (in welcher Größenordnung) die Einzelfraktionen im Abfall vorhanden seien. Auch dies diene der näheren Bestimmung der Ähnlichkeit, da Hausmüll durch eine besondere Pluralität an Einzelfraktionen gekennzeichnet sei, was das Vorhandensein dominierender Fraktionen typischerweise ausschließe.
Zur näheren Bestimmung des Ähnlichkeitsmerkmales habe das Institut für nachhaltige Abfallwirtschaft und Entsorgungstechnik der Montanuniversität Leoben eine Kriterienliste zur Unterscheidung solcher Abfälle und ein dazugehörendes Ablaufschema entwickelt. Die Anwendung dieses Schemas auf den untersuchten Abfall habe ergeben, dass es sich bei diesem nicht um Siedlungsabfall handle. Mit diesem Gutachten habe sich die belangte Behörde nicht auseinandergesetzt. Sie vertrete offenbar die Auffassung, es reiche für die Qualifikation als Siedlungsabfall, wenn die Einzelfraktionen der Gruppe 20 des Abfallverzeichnisses zuzuordnen seien. Diese Auffassung sei unzutreffend. Das Europäische Abfallverzeichnis sei nach § 4 Abs. 4 StAWG 2004 bei der Einstufung von Abfall als Siedlungsabfall nur zu berücksichtigen; dies bedeute gerade nicht, dass es nur auf die Auflistung im Europäischen Abfallverzeichnis ankomme. Ausschlaggebend sei vielmehr die Definition im Sinne des § 4 Abs. 4 erster Satz StAWG 2004 und zwar nur diese. Möglicherweise sei die Berücksichtigungsanordnung im § 4 Abs. 4 Satz 2 StAWG 2004 so zu verstehen, dass damit zum Ausdruck gebracht werden sollte, dass die in Gruppe 20 des Europäischen Abfallverzeichnisses aufgezählten Abfallarten typischerweise auch im Hausmüll vorkämen. Selbst wenn dies so wäre - was nicht angenommen werden könne - müsste bei der Ähnlichkeitsprüfung auch der Umstand Berücksichtigung finden, dass von den in Gruppe 20 aufgelisteten Abfallarten nur sehr wenige in dem zu beurteilenden Abfallgemisch vorkämen.
Innerhalb der Kategorie der Siedlungsabfälle käme in der Gruppe 20 des Europäischen Abfallverzeichnisses lediglich die Kategorie 20 03 01 "gemischte Siedlungsabfälle" in Betracht. Um die von der belangten Behörde herangezogenen Abfallkategorien gehe es mangels getrennter Sammlung gar nicht. Die Kategorie "gemischte Siedlungsabfälle" sei aber in keiner Weise näher definiert und stehe somit auch unter der in der Überschrift der Gruppe 20 genannten Einschränkung, wonach Siedlungsabfälle nur ähnliche gewerbliche und industrielle Abfälle sowie Abfälle aus Einrichtungen erfassten.
Für eine einschränkende Auslegung des Ähnlichkeitsbegriffes im § 4 Abs. 4 StAWG 2004 sprächen auch verfassungsrechtliche Erwägungen. Eine weite Auslegung des Siedlungsabfallbegriffes führe zu einem weitgehenden Anschlusszwang an die kommunale Abfuhr. Dies stelle einen Eingriff in das Grundrecht auf Eigentum sowie in das Grundrecht auf Erwerbsfreiheit dar. Diese Eingriffe seien nach der heutigen Entsorgungslage durch kein öffentliches Interesse gerechtfertigt, da in keiner Weise gesagt werden könne, dass die öffentliche Hand die Entsorgungsleistung besser oder verlässlicher erbringe als private Entsorger.
Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und in der Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.
Die beschwerdeführende Partei hat repliziert.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Der angefochtene Bescheid stützt sich auf § 4 Abs. 4 StAWG 2004. Diese Bestimmung lautet:
"(4) Im Sinne dieses Gesetzes sind Siedlungsabfälle Abfälle aus privaten Haushalten und andere Abfälle, die auf Grund ihrer Beschaffenheit oder Zusammensetzung den Abfällen aus privaten Haushalten ähnlich sind. Bei der Zuordnung ist das Europäische Abfallverzeichnis im Sinne des Artikels 1 der Richtlinie 75/442/EWG über Abfälle, ABl. Nr. L 194 vom 25. Juli 1975 S 39, geändert durch die Richtlinie 91/156/EWG, ABl. Nr. L 78 vom 26. März 1991 S 32 und die Entscheidung 96/350/EG, ABl. Nr. L 135 vom 6. Juni 1996 S 32 zu berücksichtigen. Die Siedlungsabfälle werden unterteilt in
1. getrennt zu sammelnde verwertbare Siedlungsabfälle (Altstoffe, wie z. B. Textilien, Papier, Metalle, Glas - ausgenommen Verpackungsabfälle),
2. getrennt zu sammelnde biogene Siedlungsabfälle (kompostierbare Siedlungsabfälle, wie z. B. Küchen-, Garten-, Markt- oder Friedhofsabfälle),
3. sperrige Siedlungsabfälle (Sperrmüll, der wegen seiner Beschaffenheit weder in bereitgestellten Behältnissen noch durch die Systemabfuhr übernommen werden kann),
4. Siedlungsabfälle, die auf öffentlichen Straßen, Plätzen und Parkanlagen anfallen (Straßenkehricht, der auf Grund seiner Beschaffenheit der Restmüllbehandlung zuzuführen ist),
5. gemischte Siedlungsabfälle (Restmüll, das ist jener Teil der nicht gefährlichen Siedlungsabfälle, der nicht den Z. 1 bis 4 zuzuordnen ist)."
Bei dem im § 4 Abs. 4 zweiter Satz StAWG 2004 angeführten "Europäischen Abfallverzeichnis" handelt es sich um die Entscheidung der Europäischen Kommission vom 3. Mai 2000, 2000/532/EG.
Kapitel 20 dieses Europäischen Abfallverzeichnisses lautet in seinen für den Beschwerdefall maßgeblichen Teilen:
"20 Siedlungsabfälle (Haushaltsabfälle und ähnliche gewerbliche und industrielle Abfälle sowie Abfälle aus Einrichtungen), einschließlich getrennt gesammelter Fraktionen
20 01 Getrennt gesammelte Fraktionen (außer 15 01) 20 01 01 Papier und Pappe/Karton
...
20 01 08 biologisch abbaubare Küchen- und Kantinenabfälle
...
20 01 39 Kunststoffe
...
20 03 Andere Siedlungsabfälle
20 03 01 gemischte Siedlungsabfälle
..."
§ 4 Abs. 4 StAWG 2004 enthält in seinem ersten Satz eine allgemeine Begriffsbestimmung der Siedlungsabfälle und ordnet im zweiten Satz an, dass bei der Zuordnung das Europäische Abfallverzeichnis "zu berücksichtigen" ist.
Im Bericht des Ausschusses für Landwirtschaft und Umweltschutz des Steiermärkischen Landtages zum StAWG 2004 (Beilage Nr. 212 zu den stenographischen Berichten Steiermärkischer Landtag, XIV. Gesetzgebungsperiode, 2004, Einl. Zahl 1421/14) heißt es im Allgemeinen Teil:
"Der Regelungsbereich des StAWG beschränkt sich auf die Gruppe der nicht gefährlichen Siedlungsabfälle gemäß Gruppe 20 des Europäischen Abfallverzeichnisses ..."
...
"Bereits einleitend ist hervorzuheben, dass die bisherige Systematik bei der Unterscheidung zwischen Hausmüll und hausmüllähnlichen Abfällen einerseits bzw. Gewerbeabfällen andererseits insoferne geändert wird, als in Hinkunft in Anpassung an die bundesrechtlichen Begriffsdefinitionen, Siedlungsabfälle als Abfälle aus privaten Haushalten und andere Abfälle, die auf Grund ihrer Beschaffenheit und Zusammensetzung den Abfällen aus privaten Haushalten ähnlich sind, definiert werden. Nach dem neuen StAWG sind alle Siedlungsabfälle unabhängig davon, ob sie aus privaten Haushalten stammen oder von anderer Herkunft sind, den Gemeinden anzudienen. Dies betrifft auch z.B. Abfälle aus Gewerbebetrieben, die auf Grund der Beschaffenheit oder Zusammensetzung den Abfällen aus privaten Haushalten ähnlich sind."
Im Besonderen Teil wird zu § 4 Abs. 4 ausgeführt:
Unter Zugrundelegung des Begriffes Siedlungsabfall nach dem Europäischen Abfallverzeichnis wird unter Hinweis auf die Gruppe 20 auf einzelne nicht gefährliche Siedlungsabfallarten abgestellt. Demnach können Abfälle der Gruppe 20 bzw. die genannten Abfallarten sowohl in privaten Haushalten als auch in anderen Einrichtungen (z.B. Gewerbebetrieben, Anstalten, Ämtern, Universitäten, Krankenhäusern oder Pflegeheimen) anfallen.
Unter Hinweis auf die Gruppe 20 des Europäischen Abfallverzeichnisses wird darauf hingewiesen, dass unter dieser Gruppe wesentlich mehr als fünf Abfallarten zu subsumieren sind. Aus den gesetzlichen Vorgaben und der Begriffspraxis in der Abfallwirtschaft hat der Landesgesetzgeber fünf Untergruppen zum Begriff Siedlungsabfall entwickelt, welche eine praktikable Vollziehung ermöglichen und von den Normunterworfenen bereits angenommen wurden. Besonders soll klargestellt werden, dass Verpackungsabfälle der Gruppe 15 des Europäischen Abfallverzeichnisses zuzuordnen sind und daher nicht durch dieses Gesetz geregelt werden können, weshalb auch keine Bestimmungen über etwaige Andienung an die Gemeinde bzw. den Abfallwirtschaftsverband aufgenommen wurden."
Aus diesen Ausführungen im Ausschussbericht geht zunächst hervor, dass es für die Zuordnung eines Abfalls nicht darauf ankommt, ob es sich dabei um Gewerbeabfall handelt oder nicht. Auch Abfälle aus Gewerbebetrieben können den Siedlungsabfällen zugeordnet werden; wenn sie die Kriterien des § 4 Abs. 4 StAWG 2004 erfüllen. Das Gutachten der Montanuniversität Leoben geht daher mit seiner Unterscheidung zwischen Siedlungsabfällen und Gewerbeabfall von unzutreffenden Voraussetzungen aus.
Weiters ergibt sich aus den Ausführungen in den Materialien die Unhaltbarkeit der Auffassung der beschwerdeführenden Partei, die das Schwergewicht bei der Einstufung von Abfall unter den Begriff Siedlungsabfälle allein auf den ersten Satz des § 4 Abs. 4 StAWG 2004 legen und dem Gebot der Berücksichtigung des Europäischen Abfallverzeichnisses praktisch jede Bedeutung nehmen will. Die Ausführungen in den Materialien zeigen, dass der Gesetzgeber des StAWG 2004 sich bei der Zuordnung von Abfällen zu den Siedlungsabfällen an der Gruppe 20 des Europäischen Abfallverzeichnisses orientiert hat.
Daraus folgt, dass dann, wenn ein zu beurteilender Abfall aus Stoffen besteht, die einem oder mehreren Abfallcodes des Kapitels (Gruppe) 20 des Europäischen Abfallverzeichnisses zuzuordnen sind, dieser Abfall als Siedlungsabfall anzusehen ist.
Die von der belangten Behörde herangezogenen Abfallcodes (20 01 01, 20 01 08 und 20 01 39) finden sich im Kapitel 20 ("Siedlungsabfälle") und zwar im Unterkapitel 20 01, welches die Überschrift "Getrennt gesammelte Fraktionen" trägt.
Der Umstand, dass es sich bei den im Abfall, der auf der Liegenschaft der beschwerdeführenden Partei anfällt, vorgefundenen Stoffen nicht um getrennt gesammelte Fraktionen handelt, nimmt diesen Stoffen und damit dem aus ihnen zusammengesetzten Abfall nicht die Eigenschaft als Siedlungsabfall im Sinne des StAWG. Die Zuordnung der in den Abfallcodes 20 01 01, 20 01 08 und 20 01 39 genannten Stoffe zum Kapitel 20 (Siedlungsabfälle) begründet deren Eigenschaft als Siedlungsabfall. Wenn sie nicht getrennt gesammelt werden, hindert dies nur ihre Zuordnung zu den genannten Abfallcodes, ändert aber nichts an der Einstufung dieser Stoffe als Siedlungsabfälle im Sinne des StAWG. Es ist kein Grund ersichtlich, warum Stoffe, die bei getrennter Sammlung als Siedlungsabfälle anzusehen sind, bei Vereinigung zu einem Abfallgemisch diese Eigenschaft nicht mehr aufweisen sollten. Ein solches Gemisch ist auch unschwer dem Abfallcode 20 03 01 ("gemischte Siedlungsabfälle") zuzuordnen.
Die belangte Behörde erwähnt in der Begründung des angefochtenen Bescheides auch Verpackungsabfälle.
Die Überschrift des Unterkapitels 20 01 ("Getrennt gesammelte Fraktionen") ist mit dem Klammerzusatz "(außer 15 01)" versehen.
Unterkapitel 15 01 des Europäischen Abfallverzeichnisses trägt die Überschrift "Verpackungen (einschließlich getrennt gesammelter kommunaler Verpackungsabfälle)".
Der Klammerausdruck im Unterkapitel 20 01 nimmt in Verbindung mit der Überschrift des Unterkapitels 15 01 Verpackungen nur insoweit von den Siedlungsabfällen aus, als sie getrennt gesammelt werden. Das bedeutet für die im § 4 Abs. 4 StAWG angeordnete "Berücksichtigung" des Europäischen Abfallverzeichnisses, dass Verpackungen, die aus Stoffen bestehen, welche in den von der belangten Behörde herangezogenen Abfallcodes genannt sind, den Siedlungsabfällen zuzuordnen sind, wenn sie nicht getrennt gesammelt, sondern mit anderen dem Siedlungsabfall zugehörigen Abfallfraktionen vermischt werden.
Diese Auslegung des Begriffes der Siedlungsabfälle des § 4 Abs. 4 StAWG 2004 stellt keine ausdehnende Auslegung dar. Schon aus diesem Grund gehen die Einwände der beschwerdeführenden Partei hinsichtlich der verfassungsrechtlichen Bedenken gegen eine ausdehnende Auslegung des Begriffes ins Leere.
Aus den dargestellten Erwägungen erweist sich die Beschwerde als unbegründet, weshalb sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen war.
Der Ausspruch über den Kostenersatz stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2003, BGBl. II Nr. 333.
Wien, am 26. Jänner 2006
Schlagworte
Auslegung Anwendung der Auslegungsmethoden Verhältnis der wörtlichen Auslegung zur teleologischen und historischen Auslegung Bedeutung der Gesetzesmaterialien VwRallg3/2/2Auslegung unbestimmter Begriffe VwRallg3/4Auslegung Diverses VwRallg3/5European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2006:2005070135.X00Im RIS seit
24.02.2006Zuletzt aktualisiert am
13.11.2009