TE OGH 1992/3/18 9ObA53/92

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Veröffentlicht am 18.03.1992
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Rekursgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Hon.Prof. Dr. Kuderna als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Hon.Prof. Dr. Gamerith und Dr. Bauer sowie die fachkundigen Laienrichter Dr. Raimund Kabelka und Margarete Heidinger als weitere Richter in der Arbeitsrechtssache der klagenden Partei P***** K*****, Angestellter, ***** vertreten durch *****, Rechtsanwalt *****, wider die beklagte Partei ***** M***** AG, ***** vertreten durch *****, Rechtsanwalt *****, wegen 30.000 brutto sA, infolge Rekurses der beklagten Partei gegen den Beschluß des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 25. November 1991, GZ 34 Ra 105/91-11, womit das Urteil des Arbeits- und Sozialgerichtes Wien vom 6. Juni 1991, GZ 22 Cga 1012/91-7, aufgehoben wurde, folgenden

Beschluß

gefaßt:

Spruch

Dem Rekurs wird nicht Folge gegeben.

Die Kosten des Rekursverfahrens sind weitere Verfahrenskosten.

Rechtliche Beurteilung

Begründung:

Da die Begründung des Berufungsgerichtes zutreffend ist, genügt es, hierauf zu verweisen (§ 48 ASGG).

Ergänzend ist auszuführen:

Nach ständiger Judikatur und Lehre (ArbSlg 8254, 8856; Martinek-M.Schwarz-W.Schwarz, AngG7, 327; Schwarz-Löschnigg, Arbeitsrecht4, 305; Grillberger, Arbeitszeitgesetz, 31; Cerny, Arbeitszeitrecht, 30, 62, 94; Rainer, ZAS 1968, 48 f; Haslinger, JBl 1970, 125 ff mwN) handelt es sich beim Bereitschaftsdienst in Form der Rufbereitschaft, bei der der Dienstnehmer nicht an der Arbeitsstätte selbst oder in deren unmittelbaren Nähe anwesend zu sein hat, sondern seinen jeweiligen Aufenthaltsort wählen kann und den Dienstgeber nur davon unterrichten muß, wo er erreichbar ist, nicht um eine Arbeitsleistung selbst, sondern um eine andere Leistung, die der Dienstnehmer nicht schon auf Grund der ihn treffenden allgemeinen Treuepflicht zu erbringen hat, sondern die ausdrücklich vereinbart werden muß. Auch wenn es sich daher bei der Rufbereitschaft nicht um Arbeitszeit handelt, kann hieraus nicht generell abgeleitet werden, daß diese Bereitschaft nicht zu entlohnen sei. Die Zahlung kann dem Dienstnehmer nicht mit der Begründung versagt werden, daß er keine Arbeit leiste, weil auch diese Zeit nicht völlig zu seiner freien Verfügung steht; der Dienstgeber, der die Rufbereitschaft verlangt, macht wenigstens zum Teil von der Arbeitskraft des Dienstnehmers Gebrauch. Auf der Grundlage des Arbeitsvertragsrechtes handelt es sich jedenfalls um Arbeitsleistungen, die zu entlohnen sind. Mangels Vereinbarung gebührt gemäß § 6 AngG (§ 1152 ABGB) ein ortsübliches bzw angemessenes Entgelt (Schwarz-Löschnigg aaO, 305;

Martinek-M.Schwarz-W.Schwarz aaO, 327). In der Regel ist die Rufbereitschaft aber geringer zu entlohnen als die Leistung selbst. Da nach dem Vorbringen Unentgeltlichkeit nicht vereinbart wurde, ist eine Auseinandersetzung mit der Frage der Zulässigkeit einer solchen Vereinbarung (SozM III E, 476 zitiert bei Schwarz-Löschnigg aaO, 308) entbehrlich; allein daraus, daß der Kläger das Rufgerät übernommen hat, ohne daß ihm eine Entgeltleistung zugesagt wurde, kann eine Vereinbarung der unentgeltlichen Leistung der Rufbereitschaft nicht abgeleitet werden.

Aus den Entscheidungen ArbSlg 8856 und 8872 kann für die Auffassung der beklagten Partei nichts abgeleitet werden. Beiden Fällen lagen Dienstverhältnisse nach dem VBG 1948 zu Grunde. Die Ablehnung des Anspruches auf Entgelt für die Rufbereitschaft wurde damit begründet, daß das VBG 1948 einen entsprechenden Anspruch nicht vorsehe, die subsidiäre Geltung des ABGB jedoch nicht bestehe. Der grundsätzliche Entgeltanspruch für andere Fälle wurde jedoch bejaht (ArbSlg 8856). Hier steht jedoch fest, daß das Dienstverhältnis des Klägers dem Angestelltengesetz unterlag; die ausschließlich für dem VBG 1948 unterliegende Dienstverhältnisse maßgeblichen Ausführungen des Obersten Gerichtshofes können auf den vorliegenden Fall daher nicht übertragen werden.

Da der hier anzuwendende Kollektivvertrag Entgelt für Rufbereitschaft nicht vorsieht, gebührt dem Kläger für die von ihm in diesem Rahmen erbrachten Leistungen gemäß § 6 AngG das ortsübliche und angemessene Entgelt. Für dessen Ermittlung wird den vom Berufungsgericht dargestellten Kriterien wesentliche Bedeutung zukommen. Es wird allerdings auch zu prüfen sein, welches Entgelt für Leistungen dieser Art (auch unter Berücksichtigung der Qualifikation des Klägers) ortsüblich geleistet wird (siehe dazu insbes Martinek-M.Schwarz-W.Schwarz aaO, 198).

Der Kostenvorbehalt stützt sich auf § 52 ZPO.

Anmerkung

E28586

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1992:009OBA00053.92.0318.000

Dokumentnummer

JJT_19920318_OGH0002_009OBA00053_9200000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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