TE OGH 1992/3/18 9ObA23/92

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 18.03.1992
beobachten
merken

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Hon.Prof. Dr. Kuderna als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Hon.Prof. Dr. Gamerith und Dr. Petrag sowie die fachkundigen Laienrichter Dr. Raimund Kabelka und Margarete Heidinger als weitere Richter in der Arbeitsrechtssache der klagenden Partei Verlassenschaft nach O***** T*****, vertreten durch Dr. H*****-W***** M*****, Sekretär der Kammer für Arbeiter und Angestellte für S*****, ***** dieser vertreten durch ***** Rechtsanwalt *****, wider die beklagte Partei BAUARBEITER-URLAUBS- UND ABFERTIGUNGSKASSE, ***** vertreten durch ***** Rechtsanwälte *****, wegen 224.713 S sA, infolge Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgerichtes in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 28.Oktober 1991, GZ 34 Ra 92/91-26, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Arbeits- und Sozialgerichtes Wien vom 2.April 1991, GZ 12 Cga 29/90-21, abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

Spruch

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei die mit 10.200,60 S bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens (darin 1.700,10 S Umsatzsteuer) binnen 14 Tagen bei Exekution zu ersetzen.

Rechtliche Beurteilung

Entscheidungsgründe:

Da die Begründung des angefochtenen Urteils zutrifft, genügt es, auf ihre Richtigkeit hinzuweisen (§ 48 ASGG).

Ergänzend ist den Ausführungen der Revisionswerberin folgendes zu erwidern:

Gemäß Art V Abs 4 BUAG sind Arbeitnehmern, die am 1.Oktober 1987 bei einem Arbeitgeber in Beschäftigung standen, der dem Geltungsbereich des BUAG für den Sachbereich der Abfertigungsregelung unterliegt, alle bisher bei diesem Arbeitgeber geleisteten und dem BArbUG 1972 unterlegenen Beschäftigungszeiten für einen Abfertigungsanspruch anzurechnen, sofern diese in den Sachbereich der Abfertigungsregelung fallenden Beschäftigungszeiten unter Berücksichtigung kollektivvertraglicher Regelungen einem Abfertigungsanspruch nach dem ArbAbfG zugrundezulegen wären. Nach dem gemäß § 2 ArbAbfG auf den Abfertigungsanspruch der Arbeiter anzuwendenden § 23 Abs 1 AngG sind nur Beschäftigungszeiten aus einem ununterbrochenen Arbeitsverhältnis für die Abfertigung zu berücksichtigen. Die Zusammenrechnungsvorschriften des Kollektivvertrages für Bauindustrie und Baugewerbe ermöglichten darüber hinaus unter bestimmten Voraussetzungen die Zusammenrechnung der Beschäftigungszeiten auch bei Unterbrechung des Arbeitsverhältnisses.

Ist es zu einer echten Karenzierung des Arbeitsverhältnisses gekommen, dann ist es als ununterbrochen im Sinne des § 23 Abs 1 AngG anzusehen.

Der Kläger weist bei der G***** Hochalpenstraßen AG folgende Beschäftigungszeiten auf:

25. April 1955 bis 11.Februar 1979, 2.April 1979 bis 10. Februar 1980, 31.März 1980 bis 15.Februar 1981, 23.März 1981

bis 7.Februar 1982, 5.April 1982 bis 6.Februar 1983, 28.März 1983

bis 12.Februar 1984, 2.April 1984 bis 10.Februar 1985, 1. April 1985 bis 16.Februar 1986, 31.März 1986 bis 15. Februar 1987, 6.April 1987 bis 24.Jänner 1988, 4.April 1988 bis 26.Juni 1988, insgesamt 1.659 Beschäftigungswochen.

Schon dieser Beschäftigungsverlauf spricht prima facie für ein durchgehendes Arbeitsverhältnis mit kurzfristigen Karenzierungen für die Zeit der Unmöglichkeit der Weiterarbeit auf den in großer Höhe im Freien gelegenen Baustellen. Geht man weiters von den für den Obersten Gerichtshof bindenden Feststellungen aus, daß dem Kläger ebenso wie anderen Arbeitnehmern jeweils erklärt wurde, sie müßten wegen Arbeitsmangels den Winter über freigestellt werden und daß beide Teile davon ausgingen, daß bei Besserung der Witterung das Arbeitsverhältnis zu den bisherigen Bedingungen fortgesetzt werde, dann wurde - wie das Berufungsgericht zutreffend erkannt hat - das Arbeitsverhältnis nicht beendet, sondern lediglich die beiderseitigen Hauptleistungspflichten für die Zeit der Unmöglichkeit der Arbeit im Freien ausgesetzt (siehe auch DRdA 1988, 249 [zustimmend Csebrenyak]; SZ 61/94 = Arb 10.738; SZ 62/46; SZ 62/88 mwH; zuletzt 9 Ob A 193/90 sowie 9 Ob A 118/91). Zieht man im Sinne der obzitierten, Runggaldier (Aussetzung des Arbeitsvertrages, DRdA 1986, 274 ff [276]) im wesentlichen folgenden Judikatur des Obersten Gerichtshofes das lediglich auf ein vorübergehendes Aussetzen des Arbeitnehmers mit der Arbeit abzielende Gesamtverhalten der Parteien als Ausgangspunkt für die Auslegung der hiebei abgegebenen Willenserklärungen heran, dann kann Beilage H - mit der der Kläger aufgefordert wurde, bis 10.März 1979 anzugeben, ob er an der für den Zeitraum zwischen 2.April und 17.April 1979 vorgesehenen Wiedereinstellung interessiert sei, widrigenfalls sich die Arbeitgeberin um einen Ersatz umsehen müsse - nur dahin gewertet werden, daß die Arbeitgeberin dem Kläger das voraussichtliche Ende der beschäftigungsbedingten Karenzierung mitteilte und sich zugleich Gewißheit darüber verschaffen wollte, daß der Kläger, wie vereinbart, zu diesem Termin auch tatsächlich die Arbeit wieder aufnehmen werde. Wie der Oberste Gerichtshof wiederholt ausgesprochen hat, sprechen auch die gegenüber der Arbeitsmarktverwaltung abgegebenen Bestätigungen über die Lösung des Arbeitsverhältnisses nicht gegen eine echte Aussetzungsvereinbarung (siehe SZ 62/46, zuletzt 9 Ob A 118/91; zur Problematik im Hinblick auf die arbeitslosenversicherungsrechtlichen Voraussetzungen für den Bezug von Arbeitslosengeld, aber dennoch für die Annahme einer gültigen Aussetzungsvereinbarung Csebrenyak aaO). Soweit die Revisionswerberin aus den Formulierungen des BUAG, wie "Beschäftigungszeiten" Abweichungen gegenüber § 23 AngG zum Nachteil des Arbeitnehmers abzuleiten sucht, ist ihr zu erwidern, daß es nicht Zweck des BUAG war, die Bauarbeiter bezüglich der Voraussetzungen für den Abfertigungsanspruch schlechterzustellen als die übrigen Arbeitnehmer.

Dem Hinweis der Revisionswerberin, daß sie durch eine einzelvertragliche Anrechnungszusage aus der Zeit vor Inkrafttreten des BUAG nicht gebunden sei, ist schließlich zu erwidern, daß der Abfertigungsanspruch des Klägers nicht aus der deklarativen Bestätigung der Arbeitgeberin vom 25.März 1983, Beilage C, sondern aus dem gemäß Art V Abs 4 BUAG iVm § 2 ArbAbfG anzuwendenden § 23 AngG abgeleitet wurde.

Die Entscheidung über die Kosten des Revisionsverfahrens beruht auf den §§ 41, 50 ZPO.

Anmerkung

E28434

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1992:009OBA00023.92.0318.000

Dokumentnummer

JJT_19920318_OGH0002_009OBA00023_9200000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten