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10/07 Verwaltungsgerichtshof;Norm
AsylG 1997 §7;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Gruber und die Hofräte Dr. Blaschek und Mag. Nedwed als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Matt, über die Beschwerde des I in S, geboren 1982, vertreten durch Mag. Siegfried Riegler, Rechtsanwalt in 8720 Knittelfeld, Herrengasse 23, gegen den Bescheid des unabhängigen Bundesasylsenates vom 20. Juni 2005, Zl. 251.230/0-XI/38/04, betreffend §§ 7, 8 Abs. 1 und 2 Asylgesetz 1997 (weitere Partei: Bundesministerin für Inneres), zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird in seinem Spruchpunkt III. (Ausweisung des Beschwerdeführers "aus dem österreichischen Bundesgebiet") wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes aufgehoben.
Im Übrigen wird die Beschwerde als unbegründet abgewiesen.
Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.101,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Der Beschwerdeführer ist Staatsangehöriger von Serbien und Montenegro, stammt aus dem Kosovo und gehört der albanischen Volksgruppe an. Er reiste nach eigenen Angaben am 8. April 2004 in das Bundesgebiet ein und beantragte am 9. April 2004 Asyl. Bei der Einvernahme am 6. Mai 2004 vor dem Bundesasylamt gab er im Wesentlichen an, aus wirtschaftlichen Gründen nach Österreich gekommen zu sein. Er habe sonst keine weiteren Fluchtgründe und wolle hier arbeiten. Auf den Vorhalt, ihm drohe bei Rückkehr keine existenzbedrohende Notlage, meinte er, er würde zwar nicht verhungern, wolle aber in Österreich arbeiten.
Mit Bescheid vom 30. Juni 2004 wies das Bundesasylamt den Asylantrag des Beschwerdeführers gemäß § 7 AsylG ab, erklärte seine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung "nach Serbien und Montenegro" gemäß § 8 Abs. 1 AsylG für zulässig und wies den Beschwerdeführer gemäß § 8 Abs. 2 AsylG aus dem österreichischen Bundesgebiet aus.
In der dagegen erhobenen Berufung brachte der Beschwerdeführer lediglich vor, er ersuche darum, nicht in den Kosovo zurückgeschickt zu werden, weil er dort keine Chancen "zum Arbeiten oder etwas zu lernen" habe.
Mit dem angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde die Berufung des Beschwerdeführers gemäß § 7 AsylG ab (Spruchpunkt I.), stellte gemäß § 8 Abs. 1 AsylG in Verbindung mit § 57 FrG fest, dass die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Beschwerdeführers "nach Serbien und Montenegro, Provinz Kosovo," zulässig sei (Spruchpunkt II.) und wies den Beschwerdeführer gemäß § 8 Abs. 2 AsylG "aus dem österreichischen Bundesgebiet aus" (Spruchpunkt III.). Der Beschwerdeführer habe - so die belangte Behörde - sein Heimatland aus wirtschaftlichen Gründen verlassen, um in Österreich zu arbeiten, und er habe keine weiteren Fluchtgründe genannt. Dieses Vorbringen sei jedoch nicht geeignet, eine dem Beschwerdeführer individuell und konkret drohende aktuelle Verfolgungsgefahr im Sinne der Genfer Flüchtlingskonvention darzutun. Aus diesen Gründen sei die Berufung gemäß § 7 AsylG abzuweisen gewesen und komme Refoulementschutz gemäß § 57 Abs. 2 FrG nicht in Betracht. Darüber hinaus könne nicht erkannt werden, dass dem Beschwerdeführer im Falle einer Rückkehr in den Kosovo die notdürftigste Lebensgrundlage entzogen und die "Schwelle des Art. 3 EMRK überschritten" wäre, habe doch der Beschwerdeführer (der bis zu seiner Ausreise aus dem Kosovo bei Verwandten gelebt habe, die sich noch immer im Kosovo befänden, weshalb er auch im Falle seiner Rückkehr mit einer Unterkunft und familiärer Unterstützung rechnen könne) selbst vorgebracht, er würde im Kosovo nicht verhungern. Im Übrigen sei - aus näher dargestellten Gründen - mit einer Ausweisung gemäß § 8 Abs. 2 AsylG vorzugehen gewesen.
Über die dagegen erhobene Beschwerde hat der Verwaltungsgerichtshof in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:
Die Beschwerde macht im Wesentlichen geltend, die Asylbehörden hätten es unterlassen, den Beschwerdeführer über die Gründe für seine Arbeitslosigkeit im Kosovo zu befragen. Eine solche Befragung hätte ergeben, dass der Beschwerdeführer auf Grund seiner "Zugehörigkeit zu einer bestimmten Volksgruppe" einer "derartigen Diskriminierung ausgesetzt" gewesen sei.
Mit diesem Vorbringen übersieht der Beschwerdeführer, dass er bei seiner erstinstanzlichen Einvernahme die Frage, ob er aus Gründen seiner Rasse, Religion, Nationalität oder Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder seiner politischen Überzeugung im Herkunftsstaat verfolgt worden sei, ausdrücklich verneint hatte. Schon deshalb zeigt die Beschwerde keinen Verfahrensfehler auf und kann, soweit sie sich gegen die Spruchpunkte I. und II. des angefochtenen Bescheides (Abweisung des Asylantrages gemäß § 7 AsylG und Ausspruch gemäß § 8 Abs. 1 AsylG, der von der belangten Behörde zutreffend auf die Provinz Kosovo eingeschränkt wurde) richtet, daher nicht erfolgreich sein.
Bei ihrem Ausspruch über die Ausweisung des Beschwerdeführers "aus dem österreichischen Bundesgebiet" (Spruchpunkt III.) hat die belangte Behörde jedoch verkannt, dass die Asylbehörden in einem Fall wie dem vorliegenden nicht berechtigt sind, die Ausweisung eines Asylwerbers ohne Einschränkung auf den Herkunftsstaat auszusprechen. Hiezu kann gemäß § 43 Abs. 2 VwGG auf das hg. Erkenntnis vom 12. Dezember 2005, Zl. 2005/01/0625, und die dort angeführte Vorjudikatur verwiesen werden.
Es war daher Spruchpunkt III. des angefochtenen Bescheides gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes aufzuheben und die Beschwerde im Übrigen gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich - im Rahmen des gestellten Begehrens - auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2003.
Wien, am 26. Jänner 2006
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2006:2005010444.X00Im RIS seit
19.02.2006