TE OGH 1992/3/24 5Ob34/92

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Veröffentlicht am 24.03.1992
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Jensik als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Zehetner, Dr. Klinger, Dr. Schwarz und Dr. Floßmann als Richter in der Grundbuchssache der Antragstellerin Helga W*****, vertreten durch Dr. Margarethe Scheed, Rechtsanwalt in Wien, wegen Einverleibung eines Wohn- und Nutzungsrechtes ob der Liegenschaft EZ ***** Grundbuch *****, infolge Revisionsrekurses der Antragstellerin gegen den Beschluß des Kreisgerichtes Korneuburg als Rekursgericht vom 10. Dezember 1991, GZ 5 R 234/91, womit der Beschluß des Bezirksgerichtes Korneuburg vom 4. Juli 1991, TZ 2629/91, bestätigt wurde, folgenden

Beschluß

gefaßt:

Spruch

Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.

Text

Begründung:

Die Liegenschaft EZ ***** Grundbuch ***** steht je zur Hälfte im Eigentum der Antragstellerin und ihres am ***** geborenen geschiedenen Ehemannes Herbert W*****. In dem im gemäß § 55 a EheG durchgeführten Scheidungsverfahren (1 C 12/91f des Bezirksgerichtes Korneuburg) am 3. 4. 1991 geschlossenen Vergleich räumte Herbert W***** zum Zwecke der Auseinandersetzung des ehelichen Gebrauchsvermögens und der ehelichen Ersparnisse der nunmehrigen Antragstellerin an der ihm gehörigen Hälfte der Liegenschaft EZ ***** des Grundbuches ***** das lebenslängliche alleinige Wohn- und Nutzungsrecht unentgeltlich ein und erteilte er seine ausdrückliche Einwilligung, daß dieses Wohn- und Nutzungsrecht ob der ihm gehörigen genannten ideellen Liegenschaftshälfte für die Antragstellerin einverleibt werde, wobei festgehalten wurde, daß die Antragstellerin bereits die gesamte Liegenschaft alleine benützt (Punkt 2. des Vergleiches).

Auf Grund dieses Scheidungsvergleiches begehrte Helga W***** im Lastenblatt der Liegenschaft EZ ***** Grundbuch ***** die Einverleibung der "Dienstbarkeit des Wohnrechtes entsprechend den im Punkt 2. des Scheidungsvergleiches festgelegten Bestimmungen" ob der gesamten Liegenschaft.

Das Erstgericht wies diesen Antrag mit der Begründung ab, daß ein Wohnungsrecht - wie richtig beantragt - nur auf dem ganzen Grundbuchskörper eingetragen werden könne, dieses Begehren jedoch in der vorgelegten Urkunde keine Deckung finde.

Das Gericht zweiter Instanz gab dem von der Antragstellerin dagegen erhobenen Rekurs nicht Folge und sprach aus, daß der Wert des Entscheidungsgegenstandes 50.000 S übersteigt und der Revisionsrekurs zulässig sei.

Der Rekurswerberin sei wohl darin zu folgen, daß es widersinnig und auch nicht Zweck eines Scheidungsvergleiches gewesen wäre, darin eine Aufsandungserklärung in der Form, daß sie selbst mit einer Eintragung ihres Wohnrechtes auf ihrer Liegenschaftshälfte einverstanden sei, aufzunehmen. Dies wäre auch grundsätzlich gar nicht möglich gewesen, weil das Wohnungsrecht eine Dienstbarkeit und somit ein dingliches Recht der Nutzung einer fremden Sache sei. Ebenso müsse der Rekurswerberin darin gefolgt werden, daß die Einräumung eines Wohnrechtes an einem ideellen Anteil einer Liegenschaft schon begrifflich nicht möglich sei, weil das Wohnungsrecht sich als Recht zur Benützung eines räumlich bestimmten Teiles der gesamten Liegenschaft darstelle, somit ein Benützungsrecht an etwas Greifbarem und nicht an etwas Gedachtem, wie es ein ideeller Anteil an einer Sache sei (JBl. 1967, 627). Als Ergebnis dieser Gedankengänge folge, daß das von einem Miteigentümer an anderen Miteigentumsanteilen gewährte Wohnungsrecht für deren Miteigentümer eben überhaupt nicht eintragungsfähig sei, möge diese Konsequenz auch zunächst unbefriedigend erscheinen. Der erstinstanzliche Beschluß sei daher im Ergebnis richtig. Die Einräumung eines Wohnungsrechtes an einem bestimmten Teil der Liegenschaft durch einen Miteigentümer der Liegenschaft an den anderen Miteigentümer könne rechtlich als Benützungsregelung beurteilt werden. Einer solchen Benützungsregelung - auch wenn sie in die Form der Einräumung einer Dienstbarkeit der Wohnung durch einen Miteigentümer an den anderen gekleidet sei, komme nur obligatorisch Wirkung zu, sodaß die Eintragung einer solchen Regelung im Grundbuch gemäß § 9 GBG nicht zulässig erscheine (RpflSlgG 672). Die Aussprüche über den Wert der Liegenschaft und die Zulässigkeit des Revisionsrekurses gründete das Rekursgericht auf § 126 GBG und die §§ 13, 14 Abs.1 AußStrG. Die Zulassung des Revisionsrekurses begründete es damit, daß ein in der bisherigen Rechtsprechung noch nicht abschließend geklärtes Problem vorliege, das sich aus dem Spannungsfeld zwischen der grundsätzlich möglichen Vereinbarung eines Wohnrechtes zwischen Miteigentümern einerseits und dem strengen Eintragungsprinzip des Grundbuchsrechts anderseits ergebe und eine Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs dazu fehle.

Gegen diesen Beschluß des Gerichtes zweiter Instanz richtet sich der Revisionsrekurs der Antragstellerin, in dem die Abänderung der Entscheidungen der Vorinstanzen im Sinne der Stattgebung ihres Grundbuchsantrages begehrt wird.

Der Revisionsrekurs ist zulässig, aber nicht berechtigt.

Rechtliche Beurteilung

Gemäß § 94 Abs.1 GBG hat das Grundbuchsgericht das Ansuchen und dessen Beilagen einer genauen Prüfung zu unterziehen und darf es eine grundbücherliche Eintragung nur dann bewilligen, wenn ua das Begehren durch den Inhalt der beigebrachten Urkunden begründet erscheint (Z 3 leg.cit.). Das Grundbuchsgericht hat dabei die vorgelegte Vertragsurkunde auch dahin zu prüfen, ob der Urkundeninhalt materiellrechtlich ein eintragungsfähiges Recht begründet, und zwar ohne daß es notwendig wäre, komplizierte Erwägungen tatsächlicher und rechtlicher Natur anzustellen, um den wahren Willen der Vertragsteile zu ergründen.

Im vorliegenden Fall begehrte die Antragstellerin die Einverleibung der "Dienstbarkeit des Wohnrechtes entsprechend den im Punkt 2. des zitierten Vergleiches (gemeint Scheidungsvergleiches) festgestellten Bestimmungen" ob der gesamten Liegenschaft. In Punkt 2. des Scheidungsvergleiches wird vorerst festgehalten, daß die Parteien Hälfteeigentümer der Liegenschaft sind und es sich bei dem zur Liegenschaft gehörigen Grundstück 806/18 "landwirtschaftlich genutzt" in der Natur um " Haus mit Garten" handelt. In diesm Vergleichspunkt wird der nunmehrigen Antragstellerin von Herbert W***** an der ihm gehörigen "obgenannten ideellen Liegenschaftshälfte das lebenslängliche alleinige Wohn- und Nutzungsrecht unentgeltlich eingeräumt", wobei festgehalten wurde, daß die Antragstellerin bereits die gesamte Liegenschaft alleine benutzt. Gegenstand dieses der Antragstellerin hier eingeräumten Rechtes ist somit das "lebenslängliche alleinige unentgeltliche Wohn- und Nutzungsrecht" an der ihr nicht gehörigen Hälfte der im Miteigentum stehenden Liegenschaft. Während an ideellen Liegenschaftsanteilen ein Fruchtgenußrecht begründet werden kann (vgl. Petrasch in Rummel, ABGB2 Rz 2 zu § 509; Pimmer in Schwimann ABGB; Rz 4 zu § 509; MietSlg. 22.042 und 23.072; 1 Ob 547/85; 1 Ob 671/85 ua), können ideelle Teile einer Liegenschaft nicht Gegenstand der Dienstbarkeit einer Wohnung im Sinne des Wohnungsgebrauchsrechtes (§ 521 Satz 1 und 2 ABGB) sein (Petrasch, aaO, Rz 1 zu § 521; Pimmer, aaO, Rz 10 zu § 521 samt Rechtsprechungshinweis; 5 Ob 683/83; 1 Ob 523/90). An landwirtschaftlichen Grundstücken kann eine Wohnungsservitut keinesfalls eingeräumt werden (vgl. Petrasch, aaO, Rz 1 zu § 521 unter Hinweis auf SZ 28/30). Nach § 521 ABGB ist die Dienstbarkeit der Wohnung je nach dem Umfang der Gestattung entweder den Grundsätzen des Fruchtgenußrechtes oder jenen des Gebrauchsrechtes zu unterstellen (Koziol-Welser9 II 164). Das Wohnungsgebrauchsrecht unterscheidet sich vom Wohnungsfruchtgenußrecht dadurch, daß bei ersterem das Gebrauchsrecht bloß zum Bedürfnis des Berechtigten überlassen wird, bei letzterem jedoch das Recht hinsichtlich aller bewohnbaren Teile des Hauses - allenfalls auch eines Hausgartens (MietSlg. 29.057) - ohne Einschränkung ausgeübt werden kann (vgl. Petrasch, aaO, Rz 4 und 5 zu § 521; Pimmer, aaO, Rz 26 zu § 521; zur Abgrenzung auch MietSlg. 28.045 und 33.045; SZ 60/86). Dazu kommt, daß der Oberste Gerichtshof bereits in seiner in SZ 26/49 veröffentlichten Entscheidung den Standpunkt vertreten hat, daß die Vereinbarung des Rechtes auf lebenslängliche unentgeltliche Benützung für ein bloßes Wohnungsgebrauchsrecht spricht.

Wird nun das der Antragstellerin im Scheidungsvergleich eingeräumte "Wohn- und Nutzungsrecht" unter diesen Gesichtspunkten einer Prüfung unterzogen, so muß gesagt werden, daß dem Scheidungsvergleich jedenfalls nicht zweifelsfrei zu entnehmen ist, ob es sich bei dem der Klägerin eingeräumten "Wohn- und Nutzungsrecht" um ein am Hälfteeigentum ihres Mannes einräumbares Wohnungsfruchtgenußrecht oder bloß um ein Wohnungsgebrauchsrecht handelt. Läßt aber die Grundbuchsurkunde eine eindeutige Auslegung im Sinne der Einräumung eines eintragungsfähigen Rechtes nicht zu, so darf die begehrte Eintragung nicht bewilligt werden. Dazu kommt noch - wie die Vorinstanzen auch zutreffend erkannten -, daß das Grundbuchsgesuch überdies vom Inhalt der Urkunde insofern nicht gedeckt ist, als die Einverleibung des der Antragstellerin in Punkt 2. des Scheidungsvergleiches eingeräumten Rechtes nicht bloß ob der Liegenschaftshälfte ihres geschiedenen Mannes, sondern auf der gesamten Liegenschaft beantragt wurde.

Die Abweisung des Grundbuchsgesuches durch die Vorinstanzen entspricht daher der Sach- und Rechtslage, weshalb dem Revisionsrekurs kein Erfolg beschieden sein konnte.

Da auf Grund des Scheidungsvergleiches allein die Wiederholung des Grundbuchsgesuches nicht in Betracht kommt, erübrigt es sich, auf die Frage einzugehen, ob dem Einverleibungsgesuch auch noch andere Abweisungsgründe entgegenstünden (etwa das Fehlen einer grundverkehrsbehördlichen Genehmigung im Hinblick darauf, daß die Liegenschaft nach dem Gutsbestandsblatt landwirtschaftlich genutzt ist).

Anmerkung

E29296

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1992:0050OB00034.92.0324.000

Dokumentnummer

JJT_19920324_OGH0002_0050OB00034_9200000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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