Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Jensik als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Zehetner, Dr. Klinger, Dr. Schwarz und Dr. Floßmann als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Dorothea S*****, Studentin, ***** I*****, Andreas-D*****-Straße 32, vertreten durch Dr. Thaddäus Schäfer, Rechtsanwalt in Innsbruck, Andreas Hofer-Straße 11, als Rechtsanwalt zur Verfahrenshilfe, wider die beklagte Partei T***** AG, ***** Innsbruck, S*****platz 1, vertreten durch Dr. Franz Purtscher, Rechtsanwalt in Innsbruck, wegen restlicher S 500.593,33 s.A., infolge außerordentlicher Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Innsbruck als Berufungsgerichtes vom 18. Juli 1991, GZ 2 R 149/91-53, den Beschluß
gefaßt:
Spruch
Die außerordentliche Revision der beklagten Partei wird gemäß § 508a Abs. 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs. 1 ZPO zurückgewiesen (§ 510 Abs. 3 ZPO).
Rechtliche Beurteilung
Begründung:
Auszugehen ist davon, daß die Klägerin und ihre Geschwister der beklagten Partei den Erlös aus dem Verkauf der Liegenschaften EZ 137 II und EZ 106 II der KG R***** unter der Bedingung zuwendeten, daß damit alle Ansprüche der beklagten Partei gegen die Ehegatten S***** ausgeglichen sind und die in Zwangsversteigerung gezogene Liegenschaft "F*****" (EZ 1544 II der KG Z*****) gerettet wird (S.17 des erstgerichtlichen Urteils ON 45). Die vom Liegenschaftskäufer zugunsten der beklagten Partei erlegte Bankgarantie war ein Teil dieser Abmachung und sollte lediglich sicherstellen, daß die beklagte Partei den Kauferlös vereinbarungsgemäß erhält. Obwohl dann die Bedingung für die Zuwendung nicht eingetreten ist (die Liegenschaft EZ 1544 II der KG Z***** wurde versteigert), hat die beklagte Partei die Bankgarantie abberufen und sich damit den Erlös aus dem Verkauf der Liegenschaften EZ 137 II und EZ 106 II der KG R***** (zumindest teilweise) zugeeignet. Da es an einem Rechtsgrund fehlt, den Kauferlös zu behalten (der zur Bedingung erhobene Geschäftszweck wurde verfehlt), steht der Klägerin, der von den übrigen Miteigentümern der verkauften Liegenschaften alle korrespondierenden Ansprüche abgetreten wurden, ein bereicherungsrechtlicher Rückforderungsanspruch auf den einbehaltenen Betrag (S 753.576,31) zu (E 5 und 6 zu § 1435 ABGB, MGA33). Die Bankgarantie, die sich mit der Abberufung erledigte, hat damit gar nichts mehr zu tun. Von allen Einwendungen, die die beklagte Partei dem Klagebegehren entgegensetzte, ist daher nur die Behauptung beachtlich, ihr stehe gegen die Klägerin und deren Geschwister eine Gegenforderung in der Höhe des zurückbehaltenen Betrages zu. Diese aufrechnungsweise eingewendete Gegenforderung begründete die beklagte Partei damit, aus der Anfechtung des Schenkungsvertrages, durch den die Klägerin und ihre Geschwister Alleineigentum an der Liegenschaft EZ 137 II der KG R***** sowie Anteilseigentum an der Liegenschaft EZ 106 II der KG R***** erworben haben, einen auf § 2 Z 3 und § 3 Z 1 AnfO iVm § 13 Abs.1 AnfO gegründeten Geldersatzanspruch gegen die Klägerin zu haben (vgl. SZ 10/17 und SZ 53/46). Ein solcher Geldersatzanspruch wurde von den Vorinstanzen auch angenommen und festgestellt. Er kann, da der Wert, der durch die anfechtbare Rechtshandlung dem Befriedigungsfonds der beklagten Partei entzogen wurde, höher ist als die noch offene Forderung der beklagten Partei gegen Johann S***** sen., mit dem Ausfall der beklagten Partei im Zwangsversteigerungsverfahren E 17/81 des Bezirksgerichtes Telfs (betreffend die Liegenschaft EZ 1544 II der KG Z*****) gleichgesetzt werden (§§ 12, 13 AnfO; vgl. E 9 und E 18 zu § 12 AnfO, Konkurs-, Ausgleichs- und Anfechtungsordnung, MGA7). Völlig richtig haben daher die Vorinstanzen diesen Forderungsausfall ermittelt und dem Rückforderungsanspruch der Klägerin gegenübergestellt. Die dagegen in der außerordentlichen Revision vorgebrachten Argumente zeigen keine im Sinne des § 502 Abs.1 ZPO erheblichen Rechtsfragen, insbesondere keine die Rechtssicherheit gefährdenden Fehler in der Behandlung und rechtlichen Beurteilung des Streitfalls auf:
1. Der primäre Zweck einer Bankgarantie besteht darin, dem Begünstigten für die Erfüllung einer Forderung jene Sicherheit zu verschaffen, die er auch im Falle einer Barzahlung hätte. Eine Rückforderungsklage desjenigen, der selbst oder - wie hier - über einen Dritten die Bankgarantie in Auftrag gab, ist daher bei Fehlern im Deckungsverhältnis keineswegs ausgeschlossen (vgl. Apathy in Schwimann, Rz 4 zu § 880 a ABGB). Ein solcher Streit über die Rückabwicklung eines unwirksamen Rechtsgeschäfts ist zwischen den Parteien des Kausalverhältnisses auszutragen (ÖBA 1987, 505), das - wie oben festgestellt - zwischen der beklagten Partei und den Eigentümern (Verkäufern) der Liegenschaften EZ 137
II und EZ 106 II der KG R***** und nicht zwischen der beklagten Partei und Johann S***** sen. bestand. Die von der beklagten Partei geforderte Neubeurteilung des Streitfalls unter dem Gesichtspunkt des Einredenausschlusses bei der echten Bankgarantie ist daher nicht zielführend. Die Bankgarantie hatte mit der Abberufung ihren Sicherungszweck erfüllt; einem Bereicherungsanspruch der Klägerin wegen Unwirksamkeit des Kausalverhältnisses steht sie nicht entgegen.
2. Aus eben diesen Gründen ist auch der Einwand der mangelnden Passivlegitimation der beklagten Partei verfehlt. Sie hat die Bankgarantie und letztlich die Zahlung nur erhalten, weil die Klägerin und deren Geschwister damit die Zwangsversteigerung der Liegenschaft EZ 1544 II der KG Z***** verhindern wollten; die Vereitelung dieses zur Bedingung gemachten Geschäftszweckes hat zu der bereits angesprochenen Rückabwicklung zwischen den Parteien des Kausalverhältnisses zu führen.
3. Auch bei analoger Anwendung des § 381 ZPO auf den Fall der Verhinderung eines Zeugenbeweises würde die Argumentation der beklagten Partei darauf hinauslaufen, in die Beweiswürdigung der Vorinstanzen einzugreifen, weil nur das Verhalten der Klägerin beurteilt werden könnte und diese Beurteilung zur Beweiswürdigung gehört (vgl. JBl. 1976, 376). Ob im Rahmen einer umfassenden Beweiswürdigung ein (zusätzliches) Argument gegen die Glaubwürdigkeit einer Partei spricht, hat jedoch der Oberste Gerichtshof, der keine Tatsacheninstanz ist, nicht zu überprüfen.
4. Der geltend gemachte Stoffsammlungsmangel liegt nicht vor, weil aus den auslegungsbedürftigen Forderungsanmeldungen der beklagten Partei im Zwangsversteigerungsverfahren E 17/81 des Bezirksgerichtes Telfs eindeutige Schlußfolgerungen auf den tatsächlichen Forderungsausfall der beklagten Partei gezogen wurden (S. 33 f des erstgerichtlichen Urteils ON 45). Es trifft außerdem nicht zu, daß verbliebene Unklarheiten nach den Regeln der Beweislastverteilung zu Lasten der Klägerin gingen. Wie bereits dargelegt, besteht der einzige zielführende Einwand gegen die Klagsforderung in der Aufrechnung mit jenem Ersatzanspruch der beklagten Partei, der sich aus der Anfechtung des zwischen Johann S***** sen. und seinen Kindern abgeschlossenen Schenkungsvertrages ergibt. Die Höhe dieser Gegenforderung, also die Höhe ihres Forderungsausfalls, hatte die beklagte Partei nachzuweisen. Keinesfalls liegt eine zur Nichtigkeit des Urteils führende Unüberprüfbarkeit der Entscheidungsgründe vor (vgl. E 112 zu § 477 ZPO, MGA14).
5. Von der Rechtsfrage, ob sich der betreibende Gläubiger mit den Fruktifikationszinsen des erlegten Meistbots begnügen muß oder die Differenz zu den vertraglich geschuldeten Zinsen vom Verpflichteten einfordern kann, hängt die Entscheidung dieses Rechtsstreites gar nicht ab. Nach der Erteilung des Zuschlags im Zwangsversteigerungsverfahren E 17/81 des Bezirksgerichtes Telfs am 25. Februar 1985 sind nämlich wegen gänzlicher Tilgung der Kapitalforderung gar keine Zinsen mehr aufgelaufen. Die beklagte Partei hat nämlich schon im Jänner 1985 durch Inanspruchnahme der Bankgarantie jenen Erlös aus dem Verkauf der Liegenschaften EZ 137 II und EZ 106 II der KG R***** erhalten, auf dessen Rückzahlung sie nunmehr belangt wird. Die Aufrechnung mit dem Geldersatzanspruch aus der Anfechtung des Schenkungsvertrages hatte zur Folge, daß seit Ende Jänner 1985 die Forderung der beklagten Partei gegen ihren Schuldner Johann S***** sen. getilgt ist, weil die Wirkung der Aufrechnungserklärung auf den Zeitpunkt zurückbezogen wird, in dem sich die gegenseitigen Forderungen erstmals aufrechenbar gegenüberstanden (E 2 zu § 1438, MGA33). Da der am 30.Jänner 1985 fällig gewordene Rückforderungsanspruch der Klägerin die im Zwangsversteigerungsverfahren E 17/81 des Bezirksgerichtes Telfs nicht zum Zuge gekommene Forderung der beklagten Partei gegen Johann S***** sen. jedenfalls übersteigt, kann von weiterlaufenden Zinsen nach Herstellung der Aufrechnungslage keine Rede sein. Die beklagte Partei scheint zu übersehen, daß ein Anfechtungsanspruch immer mit dem Forderungsausfall limitiert ist, der aus der anfechtbaren Rechtshandlung des Schuldners resultiert. Nur mit diesem Betrag konnte der Schuldtilgungseinwand der beklagten Partei zu Recht bestehen.
Anmerkung
E29113European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:1992:0050OB01524.92.0324.000Dokumentnummer
JJT_19920324_OGH0002_0050OB01524_9200000_000