TE OGH 1992/3/24 4Ob15/92

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Veröffentlicht am 24.03.1992
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Prof.Dr.Friedl als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Hon.-Prof.Dr.Gamerith, Dr.Kodek, Dr.Niederreiter und Dr.Redl als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei U***** Gesellschaft mbH, ***** vertreten durch Dr.Erich Schwarz, Rechtsanwalt in Salzburg, wider die beklagte Partei O***** Gesellschaft mbH, ***** vertreten durch Dr.Jürgen Hinterwirth, Rechtsanwalt in Salzburg, wegen Unterlassung und Urteilsveröffentlichung (Streitwert im Provisorialverfahren S 60.000), infolge Revisionsrekurses der klagenden Partei gegen den Beschluß des Oberlandesgerichtes Linz als Rekursgericht vom 16.Dezember 1991, GZ 4 R 311/91-13, womit der Beschluß des Landesgerichtes Salzburg 14.Oktober 1991, GZ 13 Cg 314/91-7, abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluß

gefaßt:

Spruch

Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.

Die Revisionsrekursbeantwortung der beklagten Partei wird zurückgewiesen.

Die klagende Partei hat die Kosten des Revisionsrekurses selbst zu tragen.

Text

Begründung:

Robert K*****, der Geschäftsführer der Beklagten, war bis zur einvernehmlichen Auflösung des Vertragsverhältnisses am 18.5.1991 bei der Klägerin als selbständiger Handelsvertreter beschäftigt gewesen. Seine Tätigkeit hatte darin bestanden, zu Kunden der Klägerin zu fahren, die sich auf Grund von Prospekten oder Messebesichtigungen interessiert gezeigt hatten; er hatte sie entsprechend zu beraten und eine Skizze des geplanten Ofens anzufertigen. Nachdem - nach technischer Überprüfung und allfälligen Korrekturen - der Vertrag mit dem Kunden abgeschlossen war, hatte die Klägerin die notwendigen Bestandteile geliefert. In der Folge hatte der Kunde entweder selbst dafür gesorgt, daß ein Maurer die notwendigen Arbeiten durchführte, oder die Klägerin hatte mit einem Maurergesellen einen Vertrag geschlossen, der dann in ihrem Namen die erforderlichen Arbeiten verrichtete.

Im Herbst 1990 hatte sich die Klägerin an ihre Vertreter mit dem Ersuchen gewandt, für einen neuen Prospekt ihre Kunden aufzusuchen und Kachelöfen, die von der Klägerin stammten, zu fotografieren. Dieser Bitte war auch Robert K***** nachgekommen. Für von ihm angefertigte Fotos erhielt er ein eigenes Fotopauschale. Daß er zur Ablieferung der angefertigten Fotos rechtlich verpflichtet gewesen wäre oder daß er von der Klägerin bezahlte Fotos zurückgehalten hätte, ist nicht bescheinigt.

Die Beklagte verwendet Flugblätter und Prospekte, die Kachelöfen zeigen, welche von der Klägerin stammen bzw deren Konstruktion, Planung und Bau wie oben dargestellt durchgeführt worden war. Diese Fotos hatte Robert K***** zwischen Anfang Mai und 15.Mai 1991 mit ausdrücklicher Zustimmung der Ofenbesitzer gemacht.

Zur Sicherung eines - im wesentlichen - inhaltsgleichen Unterlassungsanspruches begehrt die Klägerin, der Beklagten mit einstweiliger Verfügung zu untersagen, Farbprospekte und Flugblätter über Kachelöfen zu verwenden, soferne sie Bilder von Kachelöfen der Klägerin enthalten (S. 31 f). Robert K***** habe von ihm für die Klägerin gegen Entgelt angefertigte Fotografien zurückbehalten und für einen Prospekt der Beklagten verwendet. Er habe sich damit durch planmäßiges und sittenwidriges Handeln Werbemittel der Klägerin angeeignet und verwende sie zum eigenen Vorteil und zum Schaden der Klägerin; dabei habe er die Erfahrungen, die Mühe und die Arbeitskosten, die bei der Produktion der Öfen und bei deren Entwurf aufgewendet wurden, ausgenützt.

Die Beklagte beantragt die Abweisung des Sicherungsbegehrens. Sie habe für ihren Prospekt keine von der Klägerin in Auftrag gegebenen und bezahlten Werbefotos verwendet. Zwar habe die Klägerin einige der in dem beanstandeten Werbeprospekt enthaltenen Öfen bzw deren bauliche Bestandteile geliefert; das die Design, die Konstruktion und die Planung der Öfen stammten jedoch von Robert K***** und seien daher sein ausschließliches geistiges Eigentum. Die Fotos dieser von ihm selbst geschaffenen Öfen habe Robert K***** mit ausdrücklichem Einverständnis der Ofenbesitzer aufgenommen.

Das Erstgericht erließ die einstweilige Verfügung. Die Beklagte habe Lichtbilder, die von der Klägerin hergestellte Öfen zeigen, der Einfachheit halber in ihren eigenen Werbeprospekt übernommen. Damit habe sie sich eigene Mühen und Kosten - unter anderem für die Objektfindung - erspart und die Vorteile der Leistung der Klägerin ausgenützt; das verstoße gegen die guten Sitten im Wettbewerb (§ 1 UWG). Urheberrechtlichen Schutz könne Robert K***** nicht in Anspruch nehmen, weil in den auf Wunsch von Kunden angefertigten Einrichtungsgegenständen die Persönlichkeit der Auftraggeber und nicht jene des Schöpfers zum Ausdruck komme. Gleiches gelte für die Ergebnisse geistiger Tätigkeit, die auf das Zusammenstellen bekannter Elemente nach allgemein angewandten Grundsätzen der Zweckmäßigkeit beschränkt ist.

Das Rekursgericht wies den Sicherungsantrag ab und sprach aus, daß der Wert des Entscheidungsgegenstandes S 50.000 übersteige und der ordentliche Revisionsrekurs zulässig sei. Der Erstrichter sei unbekämpft davon ausgegangen, daß Robert K***** die von der Beklagten verwendeten Fotos im Zeitraum Anfang bis 15.Mai 1991 mit ausdrücklicher Zustimmung der Ofenbesitzer gemacht habe, also zu einer Zeit, zu der die Herstellung von Werbeaufnahmen für die Klägerin - wie sich aus den Urkunden ergebe - bereits abgerechnet war. Die Feststellungen des Erstrichters seien - im Zusammenhalt mit den Rechtsausführungen - dahin zu verstehen, daß die Entwürfe für die Öfen von Robert K***** stammten. Zur Verdeutlichung des vom Erstgericht als bescheinigt angenommenen Sachverhaltes und zur Ermöglichung einer für das Provisorialverfahren abschließenden Beurteilung gehe das Rekursgericht ergänzend davon aus, daß die Klägerin für die in den beanstandeten Prospekten der Beklagten abgebildeten Öfen nur Bausätze geliefert, die Öfen aber nicht errichtet habe. Die Entwürfe für die Gestaltung der Öfen seien zwischen den Kunden und den Vertretern der Klägerin Robert K***** oder Christian K***** besprochen worden. Damit sei aber der Klägerin eine Bescheinigung ihrer Behauptung, daß Robert K***** die Erfahrungen, die Mühe und die Arbeitskosten, die bei der Produktion der Öfen und bei ihrem Entwurf aufgewendet wurden, ausgenützt habe, mißlungen. Die Ofenbausätze der Klägerin seien als solche auf den Lichtbildern nicht zu erkennen, da sie in den individuell gestalteten Objekten eingebaut seien. Daß ihr die jeweiligen Gestalter der Entwürfe für die individuellen Öfen - ob nun Robert K***** oder von ihm aquirierte

Kunden - Verwertungsrechte an den Entwürfen zumindest konkludent übertragen hätten, habe die Klägerin nicht behauptet, weshalb die - überschießende - Aussage des Geschäftsführers der Klägerin, wonach mit einem Provisionssatz von 20 % auch die Anfertigung von Skizzen abgegolten werden sollte, nicht weiter zu erörtern sei. Dem stehe die Feststellung des Erstgerichtes, wonach die Klägerin in bestimmten Fällen mit einem Maurergesellen einen Vertrag über die Errichtung der Öfen abgeschlossen habe, nicht im Wege, da eine solche Vorgangsweise nach den Ergebnissen des Bescheinigungsverfahrens keinem in den Prospekten der Beklagten abgebildeten Ofen konkret zugeordnet werden könne.

Soweit die Vorgangsweise der Beklagten noch unter dem Gesichtspunkt einer Treuepflichtverletzung Robert K*****s zu prüfen ist, sei anzuführen, daß den selbständigen Handelsvertreter nach Vertragsende in der Regel keine Pflicht zur Wahrung der Interessen seines Auftraggebers treffe. Daß Robert K***** Lichtbilder von Öfen, die von ihm skizziert und aus von der Klägerin gelieferten Bestandteilen gebaut worden waren, während seiner Tätigkeit als selbständiger Handelsvertreter aufgenommen und nach Beendigung des Vertragsverhältnisses für die Beklagte verwendet habe, sei noch nicht als sittenwidrig zu werten.

Gegen diesen Beschluß wendet sich der Revisionsrekurs der Klägerin wegen Mangelhaftigkeit des Rekursverfahrens und unrichtiger rechtlicher Beurteilung mit dem Antrag, die angefochtene Entscheidung dahin abzuändern, daß der Beschluß des Erstrichters wiederhergestellt wird; hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.

I. Die Revisionsrekursbeantwortung der Beklagten ist verspätet:

Der Revisionsrekurs wurde der Beklagten am 23.1.1992 zugestellt.

Erst am 20.2.1992 - also nach Ablauf der Frist von 14 Tagen (§ 402 Abs 1, letzter Satz, EO) - überreichte die Beklagte die Revisionsrekursbeantwortung. Diese war daher als verspätet zurückzuweisen.

Rechtliche Beurteilung

II. Der Revisionsrekurs ist nicht berechtigt.

Das Rekursgericht ist entgegen den Rechtsmittelausführungen der Klägerin nicht von den - ungerügt gebliebenen - Feststellungen des Erstgerichtes abgegangen; vielmehr hat es diese Feststellungen nur - zulässigerweise (ÖBl 1980, 40; MR 1987, 63 uva) - ergänzt. Ein Gegensatz zwischen diesen zusätzlichen Feststellungen und dem Sachverhalt, den das Erstgericht als bescheinigt angesehen hat, besteht nicht. Die - als Ergebnis eines Verfahrensmangels, nämlich fehlender Beweiswürdigung, gerügte - Feststellung des Berufungsgerichtes, daß Robert K***** die im Prospekt der Beklagten abgedruckten Lichtbilder zu einer Zeit gemacht habe, zu der das Entgelt für die Fotos bereits abgerechnet war, hat die gleiche rechtliche Bedeutung wie die - unbekämpfte - Feststellung des Erstrichters, es sei nicht bescheinigt, daß Robert K***** von der Klägerin bezahlte Fotos zurückbehalten (und für die Beklagte verwendet) habe. Auf die Frage, ob der Hinweis des Rekursgerichtes auf die Beilagen B und C eine ausreichende Begründung für die angegriffene Feststellung des Rekursgerichtes bildet, kommt es nicht an, weil in keinem Fall davon ausgegangen werden kann, daß die von der Beklagten verwendeten Fotos auf Kosten der Klägerin hergestellt worden waren.

Auch die Feststellung, daß die Klägerin für diejenigen Öfen, die im Prospekt der Beklagten zu sehen sind, nur die Bausätze, nicht aber die Entwürfe geliefert hat, steht nicht im Widerspruch zur Feststellung des Erstgerichtes, daß die Klägerin in manchen Fällen auch selbst die Errichtung der Öfen übernommen hat.

Geht man aber von den Feststellungen der Vorinstanzen aus, dann ist ein Ausnützen fremder Leistung durch die Beklagte zu verneinen:

Zwar trifft es zu, daß gegen die guten Sitten verstößt, wer ein fremdes Werbemittel, insbesondere einen Prospekt oder Teile davon, durch fotomechanische Vervielfältigung bewußt übernimmt, um die Vorteile dieser Werbung auf Kosten seines Mitbewerbers für sich auszunützen (ÖBl 1982, 16; ÖBl 1983, 75); davon kann aber hier entgegen der Meinung des Erstgerichtes keine Rede sein, hat doch die Beklagte keinen Werbeprospekt der Klägerin (ganz oder teilweise) übernommen. Die von ihr verwendeten Bilder hat ihr Geschäftsführer - wenn auch zu einer Zeit, da er noch als Handelsvertreter für die Klägerin tätig gewesen

war - angefertigt; daß er dies auf Kosten der Klägerin getan hätte, ist nicht bescheinigt (das Rekursgericht nimmt sogar als glaubhaft gemacht an, daß Robert K***** für diese Fotos von der Klägerin tatsächlich nicht bezahlt wurde, also auf eigene Rechnung gehandelt hat).

Nach den Feststellungen des Rekursgerichtes sind die in den Prospekten der Beklagten enthaltenen Öfen kein Erzeugnis der Klägerin; diese hat vielmehr nur die Bausätze geliefert, während die - auf den Bildern allein ins Auge fallende - Gestaltung der Kachelöfen von dritter Seite (von den Kunden selbst oder von Handelsvertretern) herrührt. Sind damit aber keine "Öfen der Klägerin" abgebildet worden, dann erübrigt es sich, auf die Frage einzugehen, ob das Abbilden von Produkten eines Mitbewerbers für eigene Werbezwecke gegen die guten Sitten im Sinn des § 1 UWG verstößt. Daß die Beklagte damit irreführende Angaben über ihre geschäftlichen Verhältnisse - nämlich ihre Erfahrung auf dem Gebiet des Kachelofenbaus - gemacht habe (§ 2 UWG), hat die Klägerin in erster Instanz nicht geltend gemacht; sie hat insbesondere auch nicht behauptet, daß die Beklagte nicht in der Lage wäre, Kachelöfen der gezeigten Art und Qualität zu liefern.

Der Klägerin kann schließlich auch nicht darin gefolgt werden, daß Robert K***** seine Treuepflicht als ihr (ehemaliger) Handelsvertreter dadurch verletzt hätte, daß er Lichtbildaufnahmen verwendete, die ihm auf Grund seiner Tätigkeit für die Klägerin leicht zugänglich waren. Wie weit in diesem Zusammenhang grundsätzlich ein sittenwidriger Vertrauensbruch (vgl Baumbach-Hefermehl, Wettbewerbsrecht16, 555 f Rz 476 ff zu § 1 dUWG) vorliegen könnte, braucht hier nicht untersucht zu werden. Wenn nämlich - wie hier festgestellt - ein Handelsvertreter Öfen mit Zustimmung ihrer Besitzer fotografiert, für welche sein Geschäftsherr nur Bausätze geliefert, er selbst aber allein oder zusammen mit den Kunden die näheren Pläne gezeichnet hat, dann nützt er damit nicht seine Stellung als Handelsvertreter in sittenwidriger Weise aus; vielmehr fotografiert er einen Gegenstand, den er allein oder im Zusammenwirken mit den Kunden gestaltet hat.

Diese Erwägungen führen zur Bestätigung des angefochtenen Beschlusses.

Der Ausspruch über die Kosten des Revisionsrekurses gründet sich auf §§ 78, 402 Abs 2 EO, §§ 40, 50, 52 ZPO.

Anmerkung

E28314

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1992:0040OB00015.92.0324.000

Dokumentnummer

JJT_19920324_OGH0002_0040OB00015_9200000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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