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L37158 Anliegerbeitrag Aufschließungsbeitrag InteressentenbeitragNorm
BauG Vlbg 2001 §14 Abs1;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Senatspräsidentin Dr. Giendl und die Hofräte Dr. Bernegger und Dr. Waldstätten als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Fritz, über die Beschwerde 1. des EG und 2. der AA, beide in T, beide vertreten durch Dr. Michael Battlogg, Rechtsanwalt in 6780 Schruns, Gerichtsweg 2, gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Bludenz vom 5. Oktober 2004, Zl. BHBL-I- 4102.28-2004/0001, betreffend Antrag gemäß § 14 Abs. 1 Vlbg. BauG (mitbeteiligte Partei: 1. PT in T, 2. Gemeinde T, letztgenannte vertreten durch den Bürgermeister), den Beschluss gefasst:
Spruch
Die Beschwerde wird als gegenstandslos geworden erklärt und das Verfahren eingestellt.
Die Beschwerdeführer haben dem Land Vorarlberg je zu gleichen Teilen Aufwendungen in der Höhe von insgesamt EUR 381,90 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit Eingabe vom 19. August 2003 (eingelangt bei der mitbeteiligten Gemeinde am 20. August 2003) ersuchten die Beschwerdeführer den Bürgermeister der mitbeteiligten Gemeinde um eine Entscheidung gemäß § 14 Vorarlberger Baugesetz. Dieser Antrag wurde damit begründet, dass der Erstmitbeteiligte die Zufahrtsstraße mit Steinen und Säulen (an der Grenze zur Zufahrtsstraße) derart eingeschränkt habe, dass die Zufahrt zu ihrem Grundstück nur mehr mit Klein-LKW möglich sei. Der Mehraufwand durch Umladen der Baumaterialien auf Klein-LKW sei von dem Unternehmen B.A. mit EUR 11.000,-- geschätzt worden. Das Befahren des Grundstückes werde nicht erforderlich sein, nur die Fahrerkabine werde darüber hinauskragen.
Der J-Weg stellt die einzige Zufahrtsmöglichkeit zu dem im Eigentum der Beschwerdeführer stehenden Grundstück Nr. 2169 dar, auf dem sie - wie aus dem an den Erstmitbeteiligten gerichteten Schreiben vom 27. August 2003 hervorgeht - ein Eigenheim errichten wollten. Die Hindernisse sollten für den Zeitraum der Bauführung entfernt bzw. um 25 cm weggerückt werden, um das Befahren des J-Weges auch mit größeren LKW zu gewährleisten.
Dieses Ansuchen wies der Bürgermeister der mitbeteiligten Gemeinde mit Bescheid vom 29. August 2003 als unbegründet ab, da nach dem eingeholten Gutachten des verkehrstechnischen Amtssachverständigengutachten Ing. P.F. vom 7. Mai 2003 der J-Weg von Klein-LKWs und von normalen LKWs, von letzteren unter Einsatz von Einweisern und im Schritttempo, befahren werden könne.
Der dagegen erhobenen Berufung der Beschwerdeführer wurde letztlich im zweiten Rechtsgang von der Berufungskommission mit dem vom Bürgermeister ausgefertigten Bescheid vom 28. Juni 2004 keine Folge gegeben und der Antrag auf vorübergehende Benützung des fremden Grundstückes Nr. 2177/1 abgewiesen.
Mit dem angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde die dagegen erhobene Vorstellung der Beschwerdeführer ab. Sie begründete dies im Wesentlichen damit, dass nach § 14 Abs. 1 Vlbg. BauG das Betreten und die vorübergehende Benützung fremder Grundstücke und Bauwerke durch den Eigentümer und den sonst dafür Verfügungsberechtigten zu dulden sei, wenn es zur Herstellung der nach diesem Gesetz erforderlichen Pläne sowie zur Durchführung von Bauvorhaben einschließlich der Beförderung von Baumaterialien notwendig sei und wenn diese Arbeiten auf andere Weise nicht oder nur unter unverhältnismäßig hohen Mehrkosten durchgeführt werden könne. Aus der (ergänzenden) Stellungnahme des verkehrstechnischen Amtssachverständigen (vom 5. April 2004) gehe hervor, dass ohne Veränderung oder Beseitigung der seitlichen Hindernisse die Errichtung des projektierten Gebäudes der Beschwerdeführer nur erheblich erschwert, aber doch möglich sei. Dies gelte auch während der Bauphase. Auch aus dem weiteren ergänzenden Gutachten des verkehrstechnischen Sachverständigen vom 27. September 2004 (das im Zusammenhang mit einem Ortsaugenschein des Bezirksgerichtes M, bei dem - wie sich aus dem Akt ergibt - ein Verfahren der Beschwerdeführer wegen Besitzstörung anhängig war, erstellt wurde) gehe hervor, dass ein Befahren des J-Weges mit einem Baustellen-LKW von einer Breite von 2,5 m erschwert möglich sei.
Unter Notwendigkeit im Sinne des § 14 Abs. 1 Vlbg. BauG seien nur solche Umstände zu verstehen, welche dazu führten, dass dem Interesse der Bauwerber nur entsprochen werden könne, wenn ein Eingriff in das fremde Eigentumsrecht vorgenommen werde. Es müsse daher eine qualifizierte Notwendigkeit gegeben sein. Im Hinblick auf die Beschränkung des Eigentumsrechtes sollte eine restriktive Handhabung dieser Bestimmung erfolgen. Es sei daher den Beschwerdeführern zumutbar, zur Vermeidung von Fahrzeugberührungen mit den seitlichen Einbauten und Hindernissen auf dem J-Weg einen Einweiser für das Befahren mittels LKW einzusetzen. Eine vorübergehende Benützung des fremden Grundstückes im Sinne des § 14 Abs. 1 leg. cit. sei daher nicht notwendig. Die Gemeindebehörden hätten festgestellt, dass im vorliegenden Fall keine Notwendigkeit an der vorübergehenden Benützung von Fremdgrund gegeben sei und hätten daher auch keine Verhältnismäßigkeitsprüfung mehr vorgenommen.
In der dagegen erhobenen Beschwerde wird Rechtwidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge der Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht.
Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten vorgelegt und eine Gegenschrift samt Antrag auf kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde erstattet.
Die mitbeteiligte Gemeinde hat auf Anfrage des Verwaltungsgerichtshofes mitgeteilt, dass die Beschwerdeführer die Fertigstellung ihres Wohnhauses auf dem Grundstück Nr. 2169 mit Schreiben vom 17. November 2004 angezeigt haben. Nach Behebung sämtlicher Mängel und nach Einbringung aller erforderlicher Bestätigungen sei von der Gemeinde mit dem übermittelten Schreiben vom 14. Februar 2005 der Abschluss des Bauvorhabens bestätigt worden.
Zur Frage der durch die Beendigung der Bauführung eingetretenen Gegenstandslosigkeit der Beschwerde nahm der Vertreter der Beschwerdeführer in der Weise Stellung, dass aus der Sicht der Beschwerdeführer diese Bautätigkeit nicht beendet sei, da noch Asphaltierungsarbeiten im Bereich des Vorplatzes vorzunehmen seien und noch eine Mauer zur Errichtung einer Steinschlichtung im nächsten Frühjahr errichtet werden solle. Auch diesbezüglich seien noch Transporte durchzuführen. Es werde als unbillig empfunden, wenn das Beschwerdeverfahren eingestellt würde und dies weiters ohne Kostenersatz erfolge, da sich die zeitliche Dauer des Verfahrens vor dem Verwaltungsgerichtshof der Einflussnahme der Beschwerdeführer entziehe. Der rechtswidrige Zustand sei bei Einbringung der Beschwerde gegeben gewesen.
Gemäß § 33 Abs. 1 erster Satz VwGG ist, wenn in irgendeiner Lage des Verfahrens offenbar wird, dass der Beschwerdeführer klaglos gestellt wurde, nach dessen Einvernahme die Beschwerde in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss als gegenstandslos geworden zu erklären und das Verfahren einzustellen.
Bei einer Bescheidbeschwerde gemäß Art. 131 Abs. 1 Z. 1 B-VG kann unter einer Klaglosstellung nach der Bedeutung des Wortes nur eine solche verstanden werden, die durch formelle Aufhebung des beim Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Bescheides eingetreten ist, sei es durch die belangte Behörde oder die allenfalls in Betracht kommende Oberbehörde oder durch den Verfassungsgerichtshof (vgl. u.a. den hg. Beschluss vom 10. Dezember 1980, VwSlg. Nr. 10.322/A).
§ 33 Abs. 1 VwGG ist aber nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht nur auf die Fälle der formellen Klaglosstellung beschränkt. Ein Einstellungsfall liegt auch vor, wenn ein rechtliches Interesse des Beschwerdeführers an einer Sachentscheidung des Gerichtshofes nicht mehr zu bejahen ist (vgl. etwa den hg. Beschluss vom 4. Juli 2002, Zl. 2001/11/0277).
Diese Voraussetzung ist im vorliegenden Fall erfüllt, weil die beantragte vorübergehende Benützung von Fremdgrund in der Bauführung für die Errichtung des Eigenheimes der Beschwerdeführer, wie sich dies aus den Verwaltungsakten ergibt, begründet war. Mit Schreiben vom 17. November 2004 zeigten die Beschwerdeführer die Fertigstellung ihres Wohnhauses auf dem Grundstück Nr. 2169 der mitbeteiligten Gemeinde an. Dass sich der verfahrensgegenständliche Antrag auf eine darüber hinausgehende weitere Bauführung bezogen hätte, kann den Verwaltungsakten nicht entnommen werden. Der Verwaltungsgerichtshof geht daher von der Fertigstellung des Bauvorhabens aus, für dessen Bauführung die vorübergehende Fremdgrundbenützung beantragt worden war. Die Beschwerdeführer können durch die angefochtene Abweisung des Antrages daher nicht länger fortwirkend in ihren Rechten verletzt sein.
Die gesetzlichen Bestimmungen über die Verwaltungsgerichtsbarkeit (insbesondere Art. 131 Abs. 1 Z. 1 B-VG) gewähren einer Partei nicht den Anspruch auf verwaltungsgerichtliche Feststellung der Gesetzmäßigkeit an sich, sondern nur auf die Aufhebung gesetzwidriger Bescheide, die in die Rechtssphäre der Partei sozusagen fortwirkend eingreifen (vgl. den hg. Beschluss vom 30. September 2002, Zl. 2001/10/0232) . Das für eine meritorische Erledigung der Beschwerde erforderliche Rechtsschutzinteresse der Beschwerdeführer liegt somit nicht mehr vor.
Gemäß § 58 Abs. 2 VwGG i.d.F. der Novelle BGBl. I Nr. 88/1997 ist dann, wenn bei einer Beschwerde das Rechtsschutzinteresse nachträglich wegfällt, dies bei der Entscheidung über die Kosten des Beschwerdeverfahrens nicht zu berücksichtigen ist; würde hiebei die Entscheidung über die Kosten einen unverhältnismäßigen Aufwand erfordern, so ist darüber nach freier Überzeugung zu entscheiden.
Nach § 58 Abs. 2 VwGG kommt der im § 58 Abs. 1 VwGG verankerte Grundsatz, dass mangels einer ausdrücklichen Regelung über einen Aufwandersatz jede Partei ihren im verwaltungsgerichtlichen Verfahren erwachsenen Aufwand selbst zu tragen hat, im Falle einer Einstellung wegen Gegenstandslosigkeit der Beschwerde nicht zum Tragen. Wenn der Verwaltungsgerichtshof daher in solchen Fällen Kosten zuspricht, hat er zu beurteilen, wie das verwaltungsgerichtliche Verfahren aller Voraussicht nach ohne Eintritt der Gegenstandslosigkeit der Beschwerde ausgegangen wäre. Dies wird dann, wenn der fiktive Ausgang des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens nicht völlig eindeutig ist, zur Rückkehr zum Grundsatz des § 58 Abs. 1 VwGG, mithin zur gegenseitigen Aufhebung der Kosten führen (vgl. u.a. den hg. Beschluss vom 3. September 2005, Zl. 2001/03/0097).
Aus folgenden Gründen war der angefochtene Bescheid rechtmäßig:
§ 14 Abs. 1 und 2 Vorarlberger Baugesetz (BauG), LGBl. Nr. 52/2001, betreffend die vorübergehende Benützung fremder
Grundstücke lauten wie folgt:
"(1) Das Betreten und die vorübergehende Benützung fremder Grundstücke und Bauwerke ist durch den Eigentümer und den sonst hierüber Verfügungsberechtigten zu dulden, wenn es zur Herstellung der nach diesem Gesetz erforderlichen Pläne sowie zur Durchführung von Bauvorhaben einschließlich der Beförderung von Baumaterialien notwendig ist und wenn diese Arbeiten auf andere Weise nicht oder nur unter unverhältnismäßig hohen Mehrkosten durchgeführt werden könnten.
(2) Der Eigentümer ist von der beabsichtigten Vornahme von Arbeiten gemäß Abs. 1 mindestens zwei Wochen vorher schriftlich zu verständigen. Wird die Inanspruchnahme des Grundstückes oder Bauwerkes verweigert, hat die Behörde über die Notwendigkeit und den Umfang solcher Arbeiten zu entscheiden."
Zunächst ist festzustellen, dass die Annahme der belangten Behörde und auch der Berufungsbehörde, dass die vorübergehende Benützung des Grundstückes des Erstmitbeteiligten zur Errichtung des Eigenheimes nicht notwendig sei, in der Beschwerde explizit nicht bekämpft wird, sondern nur implizit, indem zur Frage der Verhältnismäßigkeit der Mehrkosten argumentiert wird. Auch für den Verwaltungsgerichtshof ist hier nicht ersichtlich, dass die angesprochene Beförderung von Baumaterialien nur in der angestrebten Weise durchgeführt werden könnte. Die Zufahrtsstraße weist nämlich an der engsten Stelle (zwar) eine geringste Breite von 2,55 m auf und kann nach den vorliegenden Stellungnahmen des Amtssachverständigen von den größten LKW mit einer Breite von 2,50 m nur erschwert und nur mit Einweiser benützt werden, alle anderen LKW mit geringeren Breiten können zum Baugrundstück aber problemlos zufahren. Demnach trifft es nicht zu, dass die angesprochenen Transporte ohne die angestrebte Benützung des Fremdgrundes (nach dem Versetzen der Hindernisse) "auf andere Weise" (§ 14 Abs. 1 leg. cit.) nicht durchgeführt werden könnten. Sollte aber überhaupt der Einsatz dieser größten LKW erforderlich erscheinen, kann darin, dass an den Engstellen ein Einweiser eingesetzt werden müsste und damit Kosten verbunden wären, im Beschwerdefall noch nicht der in § 14 Abs. 1 leg. cit. umschriebene unverhältnismäßig hohe Mehraufwand ("unter unverhältnismäßig hohen Mehrkosten") erkannt werden.
Da die belangte Behörde obsiegt hätte, sind dem Land Vorarlberg die Kosten gemäß § 58 Abs. 2 VwGG zuzusprechen.
Wien, am 26. Jänner 2006
Schlagworte
Besondere Rechtsgebiete Zuspruch von Aufwandersatz gemäß §58 Abs2 VwGG idF BGBl 1997/I/088European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2006:2004060161.X00Im RIS seit
28.03.2006