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10/07 Verwaltungsgerichtshof;Norm
AsylG 1997 §7;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Gruber und die Hofräte Dr. Blaschek, Dr. Pelant, Dr. Kleiser und Mag. Nedwed als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Matt, über die Beschwerde des MS, zuletzt in T, geboren 1982, vertreten durch Mag. Lothar Korn, Rechtsanwalt in 4020 Linz, Hessenplatz 8, gegen den Bescheid des unabhängigen Bundesasylsenates vom 4. Juli 2005, Zl. 261.718/0-XI/34/05, betreffend §§ 7, 8 Abs. 1 und 2 Asylgesetz 1997 (weitere Partei: Bundesministerin für Inneres), zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird insoweit, als damit Spruchpunkt III. des erstinstanzlichen Bescheides (Ausweisung des Beschwerdeführers "aus dem österreichischen Bundesgebiet") bestätigt wurde, wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Im Übrigen wird die Beschwerde als unbegründet abgewiesen.
Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.171,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Der Beschwerdeführer, ein aus dem Kosovo stammender Staatsangehöriger von Serbien und Montenegro, reiste gemäß seinen Angaben am 30. Mai 2005 in das Bundesgebiet ein und beantragte Asyl. Bei Einvernahmen am 2. Juni 2005 und am 9. Juni 2005 gab er zu seinen Fluchtgründen - zusammengefasst - an, der albanischen Volksgruppe anzugehören und von 1992 bis zu seiner Abschiebung im Jahr 2004 in Deutschland gelebt zu haben. Nach der zwangsweisen Rückkehr des Beschwerdeführers und seiner Familie in den Kosovo sei es wegen des Hauses der Familie - ein Onkel wolle dieses nicht mehr zurückgeben - zu Streitigkeiten gekommen. Er (der Beschwerdeführer) schlafe nun seit Monaten gemeinsam mit fünf Familienmitgliedern in einem Zimmer bei seiner Großmutter und werde wie ein Ausländer behandelt, zumal er nicht einmal die albanische Sprache verstehe. Außerdem glaube man, dass seine Familie wegen des Deutschlandaufenthaltes sehr viel Geld besitze.
Mit Bescheid vom 16. Juni 2005 wies das Bundesasylamt den Asylantrag gemäß § 7 AsylG ab (Spruchpunkt I.), erklärte die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Beschwerdeführers nach Serbien und Montenegro in die Provinz Kosovo gemäß § 8 Abs. 1 AsylG für zulässig (Spruchpunkt II.) und wies den Beschwerdeführer gemäß § 8 Abs. 2 AsylG "aus dem österreichischen Bundesgebiet" aus (Spruchpunkt III.). Diese Entscheidung stützte das Bundesasylamt auf umfangreiche Feststellungen über die Situation im Kosovo sowie darauf, dass die vom Beschwerdeführer dargelegten Gründe für seine Ausreise nicht geeignet seien, einen Anspruch auf Asyl oder auf Schutz vor Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung in den Kosovo zu begründen. Auch der Ausweisung stehe nichts entgegen, weil mit ihr kein Eingriff in das Privat- oder Familienleben des Beschwerdeführers verbunden sei.
Die gegen diesen Bescheid erhobene Berufung wies die belangte Behörde mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid "gemäß § 7 und § 8 Abs. 1 und Abs. 2 AsylG" ab. Zur Begründung verwies sie im Wesentlichen auf den erstinstanzlichen Bescheid.
Dagegen richtet sich die vorliegende Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof erwogen hat:
Die Beschwerde bringt vor, der Beschwerdeführer gehöre der sozialen Gruppe der langjährig im Ausland aufhältig gewesenen Kosovo-Albaner an. Im Hinblick darauf habe er im Kosovo "Benachteiligungen" zu befürchten, auf die weder das Bundesasylamt noch die belangte Behörde eingegangen seien. Der bekämpfte Bescheid beruhe daher einerseits auf einem mangelhaften Ermittlungsverfahren - insbesondere sei zu Unrecht von der Durchführung einer Berufungsverhandlung abgesehen worden -, andererseits sei er nicht ausreichend begründet.
Richtig ist, dass die Asylbehörden der spezifischen Situation des Beschwerdeführers, der mehr als die Hälfte seines Lebens in Deutschland verbracht hat und kaum die albanische Sprache beherrscht, kein Augenmerk geschenkt haben. Allerdings vermag die Beschwerde die Relevanz dieses Verfahrensmangels nicht aufzuzeigen, konkretisiert sie die vom Beschwerdeführer zu gewärtigenden Benachteiligungen im Kosovo doch nur dahingehend, dass er keinerlei staatliche Unterstützung erwarten könne und dass er durch "schikanöse Behandlung und Entzug jeglicher Lebensgrundlage" gedrängt werden würde, den Kosovo wiederum zu verlassen; vor dem Hintergrund der unbestrittenen - wenn auch sehr schwierigen - Lebensmöglichkeiten des Beschwerdeführers bei seiner Großmutter lässt sich daraus weder ein Anspruch auf Asyl noch auf Einräumung von Refoulementschutz ableiten.
Insoweit sich die Beschwerde gegen die Bestätigung der ersten beiden Spruchpunkte des erstinstanzlichen Bescheides richtet, kann sie daher nicht erfolgreich sein.
Bei der unveränderten Bestätigung des erstinstanzlichen Ausspruches über die Ausweisung des Beschwerdeführers "aus dem österreichischen Bundesgebiet" (Spruchpunkt III. des erstinstanzlichen Bescheides) hat die belangte Behörde jedoch verkannt, dass die Asylbehörden in einem Fall wie dem vorliegenden nicht berechtigt sind, die Ausweisung eines Asylwerbers ohne Einschränkung auf den Herkunftsstaat auszusprechen. Hiezu kann gemäß § 43 Abs. 2 VwGG auf das hg. Erkenntnis vom 13. Dezember 2005, Zl. 2005/01/0625, und die dort angeführte Vorjudikatur verwiesen werden.
Es war daher die Bestätigung von Spruchpunkt III. des erstinstanzlichen Bescheides gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG wegen Rechtwidrigkeit des Inhaltes aufzuheben und die Beschwerde im Übrigen gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
Der Spruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2003.
Wien, am 26. Jänner 2006
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2006:2005010454.X00Im RIS seit
22.02.2006