Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Prof. Dr.Friedl als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Hon.Prof. Dr.Gamerith, Dr.Kodek, Dr.Niederreiter und Dr.Redl als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Yvonne Louise St*****, vertreten durch Dr.Hans Perner, Rechtsanwalt in Wien, wider die beklagten Parteien 1.) W***** Zeitschriften Verlagsgesellschaft mbH & Co KG; 2.) W***** Zeitschriften Verlagsgesellschaft mbH, ***** vertreten durch Dr.Gottfried Korn, Rechtsanwalt in Wien, wegen Unterlassung und Urteilsveröffentlichung (Streitwert im Provisorialverfahren: 300.000 S) infolge von Revisionsrekursen der klagenden und der beklagten Parteien gegen den Beschluß des Oberlandesgerichtes Wien als Rekursgericht vom 6.Dezember 1991, GZ 3 R 178/91-9, womit der Beschluß des Handelsgerichtes Wien vom 16. August 1991, GZ 39 Cg 341/91-3, teilweise abgeändert wurde, folgenden
Beschluß
gefaßt:
Spruch
Dem Revisionsrekurs der beklagten Parteien wird nicht Folge gegeben, wohl aber demjenigen der klagenden Partei. Der angefochtene Beschluß wird dahin abgeändert, daß er unter Einschluß seines bestätigenden Teils insgesamt wie folgt zu lauten hat:
"Einstweilige Verfügung
Zur Sicherung des Anspruches der klagenden Partei auf Unterlassung der Veröffentlichung des Personenbildnisses der klagenden Partei wird den beklagten Parteien für die Dauer dieses Rechtsstreites verboten, das in der 'W*****' Nr.27 vom 4.7.1991 auf Seite 19 abgedruckte Bildnis der klagenden Partei zu veröffentlichen, wenn diese im Begleittext als 'lästige Witwe' oder sinngleich herabsetzend bezeichnet und wahrheitswidrig behauptet wird, sie habe Herrn Gerald S***** zunächst zur Verfassung eines Theaterstückes über Robert Stolz gedrängt und versuche nun mit gerichtlicher Verfügung die Aufführung dieses Theaterstückes gegen Treu und Glauben zu verhindern, oder wenn im Begleittext inhaltsgleiche unrichtige Tatsachen behauptet werden. Die beklagten Parteien haben die Kosten ihrer Äußerung endgültig selbst zu tragen."
Die klagende Partei hat die Kosten des Rechtsmittelverfahrens vorläufig selbst zu tragen; die beklagten Parteien haben die Kosten des Rechtsmittelverfahrens endgültig selbst zu tragen.
Text
Begründung:
Die Klägerin ist die Witwe und alleinige Gesamtrechtsnachfolgerin des am 27.6.1975 verstorbenen Komponisten Prof.Robert Stolz. Die Erstbeklagte ist die Medieninhaberin der periodischen Druckschrift "W*****"; die Zweitbeklagte ist persönlich haftende Gesellschafterin der Erstbeklagten.
In dem zu 37 Cg 177/91 des Handelsgerichtes Wien anhängigen Rechtsstreit begehrte die Klägerin die Verurteilung des dortigen Beklagten Dr.Gerald S*****, die Verwendung des Titels "Servus Du" für sein Theaterstück im Buch "Theaterstücke" sowie die Verwertung dieses Theaterstückes auch unter einem anderen Titel zu unterlassen, wenn es mit dem von der Klägerin und Robert Stolz geschaffenen Werk "Servus Du" wörtlich oder nahezu wörtlich übereinstimmt bzw als Bearbeitung dieses Werkes erscheint. Mit einem inhaltsgleichen Sicherungsantrag strebte die Klägerin ein einstweiliges Erscheinungs- und Aufführungsverbot für das Theaterstück "Servus Du" oder "Mister Stolz goes to Israel" an.
In der Ausgabe der Zeitschrift "W*****" Nr.27 vom 4.7.1991 erschien auf den Seiten 18 und 19 der nachstehende, mit einem Lichtbild der Klägerin illustrierte Artikel:
Abbildung nicht darstellbar!
Mit der Behauptung, daß der Veröffentlichung ihres Bildes jeglicher Nachrichtenwert fehle und hiedurch im Zusammenhang mit der Bezeichnung "lästige Witwe" und den unwahren herabsetzenden Tatsachenbehauptungen des Begleitartikels ihre berechtigten Interessen verletzt worden seien, begehrt die Klägerin zur Sicherung eines inhaltsgleichen Unterlassungsanspruches, den Beklagten mit einstweiliger Verfügung die Veröffentlichung ihres in der "W*****" Nr.27 vom 4.7.1991 auf Seite 19 veröffentlichten Bildnisses zu verbieten, wenn dadurch berechtigte Interessen verletzt werden, insbesondere wenn die Klägerin im Begleittext als "lästige Witwe" bezeichnet und wahrheitswidrig behauptet wird, sie habe Herrn Gerald S***** zunächst zur Verfassung eines Theaterstückes über Robert Stolz gedrängt und versuche nun mittels gerichtlicher Verfügung, die Aufführung dieses Theaterstückes gegen Treu und Glauben zu verhindern.
Die Beklagten beantragen die Abweisung des Sicherungsbegehrens. Die Klägerin sei eine Person des öffentlichen Lebens im Sinne einer "absoluten Person der Zeitgeschichte"; als solcher stehe ihr der Bildnisschutz des § 78 UrhG nur zu, wenn die Bildnisveröffentlichung für sich allein berechtigte Interessen verletze. Bei Personen, deren Aussehen allgemein bekannt ist, könne nämlich die Veröffentlichung eines - wie im vorliegenden Fall völlig harmlosen und sogar äußerst
vorteilhaften - Lichtbildes keine berechtigten Interessen beeinträchtigen. Anders als bei Privatpersonen, deren Identität erst durch die Bildnisveröffentlichung bekannt wird, müsse hier der allenfalls ehrenrührige oder kreditschädigende Begleittext bei der Beurteilung der Beeinträchtigung berechtigter Interessen für den Bildnisschutz außer Betracht bleiben. Im übrigen sei die Bezeichnung "lästige Witwe" seit mehr als 10 Jahren der "Spitzname" der Klägerin, den auch ein flüchtiger Leser sofort als Wortspiel in Anlehnung an die berühmte Operette "Die lustige Witwe" von Franz Lehar erkenne. Im übrigen sei das Begehren der Klägerin viel zu weit gefaßt.
Das Erstgericht wies den Sicherungsantrag ab. Im Begleittext zur Veröffentlichung ihres Bildes werde die Klägerin nicht ungehörig herabgesetzt. Auch wenn dieser Text stellenweise ironisch sei und den Standpunkt ihres Prozeßgegners unterstütze, müsse dies die Klägerin im Sinne der verfassungsgesetzlich gewährleisteten Meinungsfreiheit wohl dulden. Die Frage, ob die dort wiedergegebenen Tatsachenbehauptungen richtig sind, sei im Verfahren 37 Cg 177/91 noch nicht entschieden. Auch in der Bezeichnung der Klägerin als "lästige Witwe" liege keine ernst zu nehmende Verletzung berechtigter Interessen. Durch die Wertung, jemand sei "lästig", werde weder ein Unwerturteil gefällt noch die soziale Wertschätzung eines Menschen untergraben, sondern allenfalls eine kleine Schwäche zum Ausdruck gebracht. Eine solche Wertung sei auch nicht völlig unvertretbar, bestehe doch der Lebensinhalt der Klägerin überwiegend darin, Aktivitäten zum Gedenken an Robert Stolz und dessen Musik zu entfalten, die gelegentlich als "lästig" empfunden werden könnten.
Das Rekursgericht verbot den Beklagten mit einstweiliger Verfügung die Veröffentlichung des in der "W*****" Nr.27 vom 4.7.1991 auf Seite 19 veröffentlichten Bildnisses der Klägerin, wenn im Begleittext wahrheitswidrig behauptet wird, die Klägerin habe Gerald S***** zunächst zur Verfassung eines Theaterstückes über Robert Stolz gedrängt und versuche nun mit gerichtlicher Verfügung die Aufführung des Theaterstückes gegen Treu und Glauben zu verhindern, oder wenn im Begleittext Behauptungen ähnlichen Inhaltes aufgestellt werden; die Abweisung des Mehrbegehrens der Klägerin wurde bestätigt. Das Rekursgericht sprach aus, daß der Wert des Entscheidungsgegenstandes 50.000 S übersteige und der ordentliche Revisionsrekurs zulässig sei; es nahm ergänzend noch folgenden Sachverhalt als bescheinigt an:
Die Klägerin lernte Dr.S***** im Frühjahr 1990 anläßlich einer Feier für Prof.Marcel P***** im ORF kennen. Sie machte ihm im Lauf des Gespräches den Vorschlag, ein Porträt zu schaffen, in dessen Rahmen er - nach Art Prof.P*****s - zu einzelnen Musikstücken von Robert Stolz einen von ihm verfaßten Text mit Annekdoten und Erzählungen über Robert Stolz präsentieren sollte. Auf die Frage des Dr.S*****, ob auch eine Robert Stolz-Biographie in Bühnenform möglich sei, machte die Klägerin ihre Zustimmung davon abhängig, daß ihr das Manuskript eines solchen Bühnenwerkes zunächst zur Genehmigung vorgelegt werde. Sie erteilte auch keine unbeschränkte Zustimmung dazu, daß Dr.S***** ein Bühnenwerk über Robert Stolz ohne ihre weitere Genehmigung und Mitwirkung verfassen oder hiefür ein Buch der Klägerin nützen könne.
Danach übersandte die Klägerin dem Dr.S***** verschiedene Materialien über Robert Stolz, darunter auch die erwähnte Biographie und ein Manuskript über ein Robert Stolz-Porträt in der von ihr gewünschten und dem Dr.S***** vorgeschlagenen Art.
Anfang Juni 1990 übermittelte Dr.S***** der Klägerin das Manuskript für ein Theaterstück über Robert Stolz. Die Klägerin teilte daraufhin mit Schreiben vom 7.6.1990 mit, sie glaube, daß sie und Dr.S***** das Projekt noch einmal überdenken müßten. Im darauffolgenden Schreiben vom 9.6.1990 führte sie schließlich aus, sie sei nicht damit einverstanden, daß Dr.S***** Szenen aus dem Leben von Robert Stolz für die Bühne dramatisiert präsentiere.
Daraus leitete das Rekursgericht ab, daß die beanstandeten Tatsachenbehauptungen des Begleittextes zur Bildnisveröffentlichung unwahr seien; die Klägerin werde damit als vertrauensunwürdige Person dargestellt, so daß die rufschädigende Eignung dieser Behauptungen außer Zweifel stehe. Bei Beurteilung der Frage, ob durch eine Bildnisveröffentlichung berechtigte Interessen des Abgebildeten verletzt werden, komme es nach ständiger Rechtsprechung nicht allein auf das Bildnis, sondern auf die ganze Veröffentlichung an, insbesondere auch auf den beigegebenen Text. Das gelte auch für die Klägerin, denn auch außerhalb der Privatsphäre einer im öffentlichen Leben stehenden Person dürften die gesetzlichen Schranken des Ehrenschutzes nicht überschritten werden. Wenngleich die Klägerin über einen großen Bekanntheitsgrad verfüge, könne doch nicht übersehen werden, daß gerade durch die Veröffentlichung ihres Bildes die im negativen Begleittext gelegene Anprangerung verstärkt und mit der Abbildung verbunden werde. Im vorliegenden Fall seien daher durch die Bildnisveröffentlichung im Zusammenhang mit den beanstandeten unwahren und rufschädigenden Tatsachenbehauptungen des Begleittextes schutzwürdige Interessen der Klägerin verletzt worden.
Anders lägen jedoch die Dinge bei ihrer Bezeichnung als "lästige Witwe". Damit werde im gegebenen Zusammenhang nur zum Ausdruck gebracht, daß die Klägerin dem Dr.S***** zur Last falle, was allein schon durch die Prozeßführung gegen ihn verständlich sei. In diesem Sinne sei jedermann "lästig", der - wenn auch im Rahmen der Rechtsordnung und ohne Verletzung sittlicher Gebote - in der Gesellschaft seine Interessen nachhaltig vertrete. Damit werde kein soziales Unwerturteil zum Ausdruck gebracht, sondern nur eine - unvermeidliche - negative Begleiterscheinung für einzelne Beteiligte aufgezeigt, ohne der Ehre einer so bezeichneten Person nahezutreten.
Bei der Erlassung der einstweiligen Verfügung sei die zu weite Fassung des beantragten Unterlassungsgebotes im Obersatz entsprechend einzuschränken gewesen.
Gegen den bestätigenden und den abändernden Teil der Entscheidung des Rekursgerichtes richten sich jeweils die Revisionsrekurse der Beklagten und der Klägerin wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung. Die Klägerin stellt den Antrag auf Abänderung im Sinne einer gänzlichen Stattgebung ihres Sicherungsantrages; die Beklagten beantragen die Wiederherstellung des erstgerichtlichen Beschlusses.
Die Parteien beantragen wechselseitig, den gegnerischen Revisionsrekurs als unzulässig zurückzuweisen, hilfsweise ihm nicht Folge zu geben.
Beide Revisionsrekurse sind schon deshalb zulässig, weil zu den darin aufgeworfenen Rechtsfragen eine Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes fehlt. Der Revisionsrekurs der Klägerin ist auch berechtigt, nicht aber derjenige der Beklagten.
Da die Beklagten eine grundsätzliche Frage aufwerfen, bei deren Beantwortung in ihrem Sinn auch dem Revisionsrekurs der Klägerin bereits die Grundlage entzogen wäre, ist darauf vorweg einzugehen.
Rechtliche Beurteilung
Zunächst ist darauf zu verweisen, daß die Klägerin ihren Unterlassungsanspruch zwar namentlich auf § 78 Abs 1 (§ 81) UrhG und auch auf § 16 iVm § 1330 ABGB gestützt, ihn aber ausdrücklich nicht auf diese Rechtsgründe beschränkt hat, sondern "alle sich schlüssig aus ihrem Sachvorbringen ergebenden Rechtsgründe" geltend machen wollte. Dennoch ist die beanstandete Bildnisveröffentlichung allein nach § 78 Abs 1 UrhG zu beurteilen, weil die Klägerin ihr Begehren auf diesen Tatbestand eingeschränkt hat.
Gemäß § 78 Abs 1 UrhG dürfen Bildnisse von Personen weder öffentlich ausgestellt noch auf andere Art, wodurch sie der Öffentlichkeit zugänglich gemacht werden, verbreitet werden, wenn dadurch berechtigte Interessen des Abgebildeten verletzt werden. Wie schon die Vorinstanzen richtig erkannt haben, soll durch § 78 UrhG jedermann gegen einen Mißbrauch seiner Abbildung in der Öffentlichkeit geschützt werden, also namentlich dagegen, daß er durch die Verbreitung seines Bildnisses bloßgestellt, daß dadurch sein Privatleben der Öffenntlichkeit preisgegeben oder sein Bildnis auf eine Art benützt wird, die zu Mißdeutungen Anlaß geben kann oder entwürdigend oder herabsetzend wirkt (EB zum UrhG, abgedruckt bei Peter, Urheberrecht 617). Das Gesetz legt den Begriff der "berechtigten Interessen" nicht näher fest, weil es bewußt einen Spielraum offenlassen wollte, um den Verhältnissen des Einzelfalles gerecht werden zu können (SZ 28/205; ÖBl 1974, 97; ÖBl 1977, 22; SZ 50/22; ÖBl 1980, 166; SZ 60/188; SZ 63/75; MR 1989, 52 und 54; MR 1990, 58, 141 und 226; MR 1991, 202). Die Beurteilung ob berechtigte Interessen verletzt wurden, ist darauf abzustellen, ob Interessen des Abgebildeten bei objektiver Prüfung als schutzwürdig anzusehen sind; dabei ist auch der mit dem veröffentlichten Bild zusammenhängende Text zu berücksichtigen (SZ 60/188; SZ 63/75; MR 1991, 202 uva).
Gegen die Anwendung des letztgenannten Rechtssatzes bei Personen des öffentlichen Lebens führen die Beklagten unter Berufung auf Korn-Neumayer, Persönlichkeitsschutz im Zivil- und Wettbewerbsrecht 103 f Rz 6.3.3. und 110 ff Rz 7, ins Treffen, daß deren Aussehen allgemein bekannt sei, weshalb durch die Bildveröffentlichung auch keine zusätzliche Identifikationsmöglichkeit bewirkt werde; bei ihnen habe daher die Bildnisveröffentlichung an sich - unter der Voraussetzung, daß es sich um ein völlig unbedenkliches Bild handelt - auf die Persönlichkeitsbeeinträchtigung keine Auswirkung. Ein Eingriff in die Persönlichkeitsrechte könne hier nur durch die dem Bild beigegebene Wortberichterstattung erfolgen, wäre doch die dadurch herbeigeführte Beeinträchtigung die gleiche wenn die Bildveröffentlichung unterbleibt (Korn-Neumayer aaO 104 Rz 6.3. und 112 Rz 7.3.).
Hiezu ist wie folgt Stellung zu nehmen:
Mit ihrer Auffassung knüpfen Korn-Neumayer (aaO 110 Rz 7.1.) an die zu § 23 Abs 1 Z 1 KUG entwickelte deutsche Lehre und Rechtsprechung an, wonach sogenannte "absolute Personen der Zeitgeschichte" - also solche, die in der Öffentlichkeit stehen - ihr Recht am eigenen Bild verloren haben (Gerstenberg in Schricker, Urheberrecht 770 Rz 6 zu § 23 KUG; Schwerdtner im Münchener Kommentar zum BGB Rz 181 zu § 12, jeweils mwH; siehe auch Frick, Persönlichkeitsrechte 108 ff); sie anerkennen aber selbst, daß dies nicht uneingeschränkt gelten kann (aaO 111 Rz 7.2.). Wenn es auch richtig ist, daß der Bekanntheitsgrad einer Person bei Beurteilung der Frage, ob eine Veröffentlichung ihres Bildnisses nach objektiven Grundsätzen berechtigte Interessen verletzt, nicht außer Betracht bleiben kann, so ergibt sich daraus aber noch keineswegs zwingend, daß dabei nicht auch der mit dem Bild zusammenhängende Text zu berücksichtigen wäre. Wenn überhaupt, so könnte letzteres nur auf Personen zutreffen, deren Aussehen allgemein bekannt ist, nicht aber auf Personen, die zwar der Öffentlichkeit namentlich oder nach ihrer Funktion bekannt sind, deren Aussehen jedoch nur ein beschränkter Teil der hiefür interessierten Öffentlichkeit kennt (zB Künstler, Landespolitiker, Sportler). Zumindest beim letztgenannten Personenkreis muß auch der mit dem veröffentlichten Bild zusammenhängende Text berücksichtigt werden, wird doch bei nicht allgemein bekannten Personen des öffentlichen Lebens - so wie bei unbekannten Privatpersonen - die Verletzung durch die Beigabe des Bildes noch verschärft und eine "Prangerwirkung" erzielt, weil die Person des Angegriffenen damit erst einer breiten Öffentlichkeit auch optisch kenntlich gemacht wird (vgl ÖBl 1961, 36 und Bydlinski, Der Ersatz ideellen Schadens als sachliches und methodisches Problem, JBl 1975, 173 ff (185)). In solchen Fällen kann daher die Bildnisveröffentlichung nur durch ein im Rahmen einer Interessenabwägung gewonnenes höhergradiges Veröffentlichungsinteresse des Bildverbreiters gerechtfertigt sein (MR 1991, 202). Ein derartiges berechtigtes Interesse an der Bildnisveröffentlichung haben jedoch die Beklagten im vorliegenden Fall nicht einmal behauptet, so daß eine Interessenabwägung zur Rechtswidrigkeit des Eingriffes nicht stattzufinden hat (Korn-Neumayer aaO 113 Rz 8.1.; ÖBl 1988, 139; MR 1990, 58 und 224).
Wenn auch die Klägerin in ihrer Eigenschaft als Witwe des berühmten Komponisten Prof.Robert Stolz, welche es sich zur Aufgabe gemacht hat, das Andenken an die Persönlichkeit ihres Gatten sowie dessen Werk in der Öffentlichkeit wach zu halten, wiederholt Gegenstand der Wort- und Bildberichterstattung gewesen sein mag, so ist doch ihr Aussehen keineswegs allgemein, sondern nur einem für diesen Kulturbereich interessierten Teil der Öffentlichkeit bekannt. Nach den obigen Ausführungen muß daher im vorliegenden Fall auch der beanstandete Begleittext zur Bildnisveröffentlichung Berücksichtigung finden, schaffte diese doch erst für eine breite Öffentlichkeit die Möglichkeit zur Identifikation der Klägerin. Daß die beanstandeten unwahren Tatsachenbehauptungen des Begleittextes berechtigte Interessen der Klägerin verletzen, hat das Rekursgericht zutreffend erkannt und wird von den Beklagten auch gar nicht in Zweifel gezogen; die von ihnen aufgeworfene grundsätzliche Rechtsfrage muß daher hier nicht abschließend gelöst werden. Dem Revisionsrekurs der Beklagten ist vielmehr schon deshalb ein Erfolg zu versagen, weil die Klägerin jedenfalls keine Person des öffentlichen Lebens ist, deren Bild der Allgemeinheit schlechthin, also jedermann, bekannt wäre.
Mit Recht wendet sich die Klägerin jedoch gegen die Auffassung der Vorinstanzen und der Beklagten, daß durch die im Zusammenhang mit der Bildnisveröffentlichung gebrauchte Bezeichnung als "lästige Witwe" keine berechtigten Interessen verletzt worden seien. Mag es sich dabei auch um einen in Anlehnung an die Operette Franz Lehars "Die lustige Witwe" entstandenen "Spitznamen" der Klägerin handeln, welchen nach dem eigenen Vorbringen der Beklagten vor mehr als 10 Jahren eine Tageszeitung für sie "erfunden" hat, und mag auch die Bezeichnung einer Person als "lästig" für sich allein noch nicht den Tatbestand der üblen Nachrede nach § 111 Abs 1 StGB erfüllen (Foregger im Wiener Kommentar zum StGB Rz 5 zu § 111; EvBl 1976/131), so wird doch die Klägerin damit gerade mit Rücksicht auf das von ihr in der Öffentlichkeit verfolgte Anliegen als Witwe ihres verstorbenen Gatten lächerlich gemacht und so in herabsetzender Weise verspottet (Foregger aaO Rz 11 zu § 115). Es kann daher nicht zweifelhaft sein, daß durch eine solche herabsetzende Bezeichnung im Begleittext der Bildnisveröffentlichung berechtigte Interessen der Klägerin verletzt worden sind. Der von ihr geltend gemachte Unterlassungsanspruch ist somit gemäß § 81 UrhG gerechtfertigt.
Die Zweitbeklagte haftet als persönlich haftende Gesellschafterin der Erstbeklagten gemäß §§ 128, 161 HGB (RdW 1989, 192; MR 1990, 224 uva).
Zutreffend hat aber das Rekursgericht erkannt, daß die beantragte Fassung des Unterlassungsgebotes zu weit geht. In seiner Entscheidung ÖBl 1990, 18 hat der Oberste Gerichtshof ausgesprochen, daß auf § 7 UWG gestützte Unterlassungsgebote eng zu fassen und auf die konkrete Behauptung sowie Behauptungen gleichen Inhalts zu beschränken sind. Eine solche Beschränkung ist auch bei Verstößen gegen den Bildnisschutz schon deshalb gerechtfertigt, weil - jedenfalls in der Regel - eine in eine bestimmte Richtung zielende Behauptung oder Bezeichnung im Begleittext nicht befürchten läßt, daß der Beklagte, um das gegen ihn erlassene Verbot zu umgehen, Bildnisveröffentlichungen ganz anderen Inhaltes vornehmen werde (vgl ÖBl 1991, 105 und 108).
Die beantragte einstweilige Verfügung war daher insgesamt zu erlassen, dabei aber das Verbot auf eine Bildnisveröffentlichung im Zusammenhang mit der beanstandeten oder mit einer sinngleich herabsetzenden Bezeichnung sowie im Zusammenhang mit der beanstandeten oder mit einer inhaltsgleichen unrichtigen Tatsachenbehauptung zu beschränken.
Der Ausspruch über den Vorbehalt der Kosten der Rechtsmittelverfahren zweiter und dritter Instanz beruht in Ansehung der Klägerin auf § 393 Abs 1 EO, in Ansehung der Beklagten auf § 402 Abs 2, § 78 EO und §§ 40, 50 und 52 Abs 1 ZPO.
Anmerkung
E29084European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:1992:0040OB00014.92.0407.000Dokumentnummer
JJT_19920407_OGH0002_0040OB00014_9200000_000