TE Vwgh Erkenntnis 2006/1/26 2005/01/0235

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Veröffentlicht am 26.01.2006
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Index

10/07 Verwaltungsgerichtshof;
41/02 Passrecht Fremdenrecht;

Norm

AsylG 1997 §7;
AsylG 1997 §8 Abs1;
AsylG 1997 §8 Abs2;
VwGG §42 Abs1;
VwGG §42 Abs2 Z1;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Gruber und die Hofräte Dr. Blaschek und Mag. Nedwed als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Matt, über die Beschwerde des V Z (auch Z) in G, geboren 1986, vertreten durch Dr. Josef Habersack, Rechtsanwalt in 8010 Graz, Roseggerkai 5/III, gegen den Bescheid des unabhängigen Bundesasylsenates vom 21. April 2005, Zl. 259.479/0-XIV/08/05, betreffend §§ 7, 8 Abs. 1 und 2 Asylgesetz 1997 (weitere Partei: Bundesministerin für Inneres), zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird insoweit, als damit Spruchpunkt III. des erstinstanzlichen Bescheides (Ausweisung des Beschwerdeführers "aus dem österreichischen Bundesgebiet") bestätigt wurde, wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes aufgehoben.

Im Übrigen wird die Beschwerde als unbegründet abgewiesen.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 908,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der Beschwerdeführer ist Staatsangehöriger von Serbien und Montenegro, stammt aus dem Kosovo und gehört der albanischen Volksgruppe an. Er reiste nach eigenen Angaben am 21. März 2005 in das Bundesgebiet ein und beantragte noch an diesem Tag Asyl. Bei seinen Einvernahmen vor dem Bundesasylamt am 23. März 2005 und am 30. März 2005 gab er im Wesentlichen an, den Kosovo verlassen zu haben, weil er dort keine Arbeit gefunden habe und ihm auch seine Familie nichts bieten habe können. Andere Fluchtgründe habe er nicht.

Mit Bescheid vom 6. April 2005 wies das Bundesasylamt den Asylantrag des Beschwerdeführers gemäß § 7 AsylG ab (Spruchpunkt I.), erklärte die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Beschwerdeführers nach Serbien und Montenegro in die Provinz Kosovo gemäß § 8 Abs. 1 AsylG für zulässig (Spruchpunkt II.) und wies den Beschwerdeführer gemäß § 8 Abs. 2 AsylG "aus dem österreichischen Bundesgebiet" aus (Spruchpunkt III.). Begründend führte die Behörde aus, dem Vorbringen des Beschwerdeführers (wirtschaftliche Probleme im Kosovo) komme mangels Vorliegens eines Konventionsgrundes keine Asylrelevanz zu. Dem Beschwerdeführer sei - unter Bezugnahme auf ausführliche Feststellungen zur Lage im Kosovo und seinen familiären Rückhalt im Herkunftsstaat - auch kein Refoulementschutz zuzuerkennen und bestehe kein familiärer Anknüpfungspunkt für den Beschwerdeführer in Österreich, weshalb mit einer Ausweisung vorzugehen gewesen sei.

In der gegen diese Entscheidung erhobenen Berufung brachte der Beschwerdeführer vor, das Bundesasylamt hätte auf der Grundlage seines erstinstanzlichen Vorbringens zur Schlussfolgerung gelangen müssen, dass die von ihm geschilderten und gegen seine Person gerichteten "Rechtsverletzungen insgesamt ein Ausmaß und eine Intensität erreicht" hätten, die eine Schutzgewährung durch Asyl indiziere. Zur Frage einer innerstaatlichen Fluchtalternative (Anmerkung: auf die sich das Bundesasylamt gar nicht berufen hatte) fehle es im angefochtenen Bescheid an "ausreichenden Sachverhaltserhebungen" und bestreite der Beschwerdeführer jedenfalls, eine taugliche Fluchtalternative vorzufinden, da er in der gesamten Provinz Kosovo verfolgt werden könne.

Mit dem angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde die Berufung des Beschwerdeführers "gemäß §§ 7, 8 (1) und (2) AsylG" ab. Das Bundesasylamt habe - so die belangte Behörde - ein mängelfreies Ermittlungsverfahren durchgeführt und dessen Ergebnisse, die im Rahmen der Beweiswürdigung maßgeblichen Erwägungen und die darauf gestützte Beurteilung der Rechtsfrage in der Begründung seiner Entscheidung klar zusammen gefasst. Es gelange zu dem Ergebnis, dass dem Vorbringen des Beschwerdeführers keine Asylrelevanz zukomme, da der Wunsch nach Emigration in Erwartung besserer Verdienstmöglichkeiten nicht als Verfolgung im Sinne des AsylG gewertet werden könne. Eine individuelle, gegen den Beschwerdeführer selbst gerichtete Verfolgungshandlung des Staates oder eine Bedrohung im Sinne des § 57 FrG habe dieser jedoch im gesamten Verfahren nicht aufzeigen können. Aus den Feststellungen zur allgemeinen Situation in der Provinz Kosovo gehe hervor, dass auch keine Gründe für die Gewährung subsidiären Schutzes vorlägen und schließlich spreche auch "trotz Prüfung gemäß Art. 8 EMRK" nichts gegen eine Ausweisung. Die belangte Behörde schließe sich daher den auch hinsichtlich der rechtlichen Subsumtion nicht zu beanstandenden Ausführungen des Bundesasylamtes an und erhebe sie zum Inhalt ihres Bescheides.

Dagegen richtet sich die vorliegende Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z 2 VwGG gebildeten Senat erwogen hat:

Die Beschwerde macht geltend, dem Beschwerdeführer sei es "in Wahrheit" nicht möglich, in seinem Heimatdorf zu leben, weil dort bürgerkriegsähnliche Zustände vorherrschten, und Verschleppungen, Misshandlungen und Verhaftungen an der Tagesordnung seien. Der Beschwerdeführer habe Angst, in sein Heimatgebiet zurück zu kehren. Er habe dort keine Unterkunftsmöglichkeit und müsse von Almosen bzw. von der Hand im Mund leben. Hinzu komme noch die ständige Angst, verschleppt, misshandelt, gefoltert oder auch verhaftet zu werden.

Damit entfernt sich die Beschwerde vom Vorbringen des Beschwerdeführers vor den Asylbehörden, das sich - soweit überhaupt nachvollziehbar - auf die Geltendmachung wirtschaftlicher Ausreisegründe beschränkte, wobei der Beschwerdeführer auch die Nachfrage, ob er damit sämtliche Gründe, die ihn zum Verlassen des Herkunftsstaates veranlasst hätten, angeführt habe, ausdrücklich bejahte. Auch die Beschwerdebehauptung, bei Rückkehr in den Kosovo über keine Unterkunft zu verfügen, ist eine im verwaltungsgerichtlichen Verfahren unzulässige Neuerung und steht im Widerspruch zu den Angaben des Beschwerdeführers, bis zu seiner Ausreise bei seiner Familie - die sich nach wie vor im Kosovo befindet - gelebt zu haben. Ausgehend davon und auf Grund der nach dem Prüfungsmaßstab des Verwaltungsgerichtshofes nicht zu beanstandenden Feststellungen der Asylbehörden zur Lage im Kosovo ist der Beschwerde insoweit, als sie sich gegen die Bestätigung der ersten beiden Spruchpunkte des erstinstanzlichen Bescheides richtet, kein Erfolg beschieden.

Bei der unveränderten Bestätigung des erstinstanzlichen Ausspruches über die Ausweisung des Beschwerdeführers "aus dem österreichischen Bundesgebiet" (Spruchpunkt III. des erstinstanzlichen Bescheides) hat die belangte Behörde jedoch verkannt, dass die Asylbehörden in einem Fall wie dem vorliegenden nicht berechtigt sind, die Ausweisung eines Asylwerbers ohne Einschränkung auf den Herkunftsstaat auszusprechen. Hiezu kann gemäß § 43 Abs. 2 VwGG auf das hg. Erkenntnis vom 12. Dezember 2005, Zl. 2005/01/0625, und die dort angeführte Vorjudikatur verwiesen werden.

Es war daher die Bestätigung von Spruchpunkt III. des erstinstanzlichen Bescheides gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes aufzuheben und die Beschwerde im Übrigen gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Von einer mündlichen Verhandlung war gemäß § 39 Abs. 2 Z 6 VwGG abzusehen.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich - im Rahmen des gestellten Begehrens - auf § 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2003.

Wien, am 26. Jänner 2006

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2006:2005010235.X00

Im RIS seit

22.02.2006
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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