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10/07 Verwaltungsgerichtshof;Norm
AsylG 1997 §7;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Gruber und die Hofräte Dr. Blaschek, Dr. Pelant, Dr. Kleiser und Mag. Nedwed als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Matt, über die Beschwerde der J R in G, geboren 1981, vertreten durch Mag. Andreas Neuner, Rechtsanwalt in 2340 Mödling, Josefsgasse 25/1/3, gegen den Bescheid des unabhängigen Bundesasylsenates vom 26. August 2005, Zl. 248.759/2- VI/18/04, betreffend §§ 7, 8 Abs. 1 und 2 Asylgesetz 1997 (weitere Partei: Bundesministerin für Inneres), zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird insoweit, als damit Spruchpunkt III. des erstinstanzlichen Bescheides (Ausweisung der Beschwerdeführerin "aus dem österreichischen Bundesgebiet") bestätigt wurde, wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes aufgehoben.
Im Übrigen wird die Beschwerde als unbegründet abgewiesen.
Der Bund hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von EUR 991,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen. Das Mehrbegehren wird abgewiesen.
Begründung
Die Beschwerdeführerin ist Staatsangehörige von Serbien und Montenegro, stammt aus dem Kosovo und gehört der albanischen Volksgruppe an. Sie reiste nach eigenen Angaben am 9. März 2004 in das Bundesgebiet ein und beantragte am 29. April 2004 Asyl. Bei ihrer Einvernahme am 13. August 2004 vor dem Bundesasylamt gab sie im Wesentlichen an, nach Österreich geflohen zu sein, um zu ihrem hier aufhältigen Ehemann zu kommen und "weil die Situation im Kosovo schlecht" sei. Die Lage im Kosovo sei unsicher, die Arbeitslosenrate hoch und die Wirtschaftslage schlecht; Frauen würden vergewaltigt. Die Beschwerdeführerin habe derartiges zwar nicht erlebt, sie sei jedoch im August 2003 auf der Straße von drei unbekannten Männern belästigt worden, die von ihr sexuelle Handlungen verlangt hätten und vor denen sie deshalb geflohen sei. Im Falle einer Rückkehr in den Kosovo habe sie Angst vergewaltigt zu werden und sie wäre der Arbeitslosigkeit ausgesetzt.
Mit Bescheid vom 18. August 2004 wies das Bundesasylamt den Asylantrag der Beschwerdeführerin gemäß § 7 AsylG ab (Spruchpunkt I.), erklärte ihre Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung nach Serbien und Montenegro, Provinz Kosovo, gemäß § 8 Abs. 1 AsylG für zulässig (Spruchpunkt II.) und wies die Beschwerdeführerin gemäß § 8 Abs. 2 AsylG "aus dem österreichischen Bundesgebiet" aus (Spruchpunkt III.).
Die dagegen von der Beschwerdeführerin erhobene Berufung wies die belangte Behörde mit dem angefochtenen Bescheid nach Durchführung einer Berufungsverhandlung gemäß §§ 7, 8 Abs.1 und 2 AsylG ab. In der Berufungsverhandlung sei - so die Begründung der belangten Behörde - zu Tage getreten, dass das von der Beschwerdeführerin vorgetragene individuelle Fluchtvorbringen (Belästigung durch drei unbekannte Männer) in dieser Form nicht stattgefunden haben könne und - aus näher dargestellten Gründen - nicht glaubhaft sei. Die Beschwerdeführerin sei vielmehr nach Österreich gekommen, um ihren Verlobten, den sie mittlerweile geehelicht habe und von dem sie ein Kind erwarte, wiederzusehen. Bis zu ihrer Ausreise aus dem Kosovo habe sie bei den Eltern gelebt, bei denen sie im Falle eine Rückkehr (mit ihrem erwarteten Kind) Unterkunft und Unterstützung fände. Ausgehend davon komme weder ihrem Asylantrag Berechtigung zu noch sei ihr Refoulementschutz zu gewähren. Auch könne dem Bundesasylamt nicht entgegen getreten werden, wenn es im Ergebnis davon ausgegangen sei, dass Art. 8 EMRK der - zwingend vorzunehmenden - Ausweisung nach § 8 Abs. 2 AsylG nicht entgegenstehe. Da der Aufenthalt einzig auf dem - unbegründeten Asylantrag der Beschwerdeführerin beruhe, würden "zweifelsfrei die öffentlichen Interessen an der Ausweisung" überwiegen, zumal im Verfahren nicht vorgebracht worden sei, worin "die massive Bindung zum Bundesgebiet bestünde."
Dagegen richtet sich die vorliegende Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof erwogen hat:
Die Beschwerde macht geltend, die belangte Behörde habe es unterlassen, die Beschwerdeführerin "über das Erfordernis neuen Vorbringens zur Begründung (ihres) Antrages" zu belehren. Bei entsprechender Nachfrage wäre sie in die Lage versetzt worden, "das Vorliegen einer asylrelevanten Verfolgung in (ihrer) Heimat unter Beweis zu stellen". Sie verweise "insbesondere auf die ständige Bedrohung im Kosovo, was (ihre) körperliche Integrität und Würde als Frau" betreffe.
Dem ist zu erwidern, dass die belangte Behörde im Rahmen der Berufungsverhandlung das von der Beschwerdeführerin geschilderte Bedrohungsszenario durch detaillierte Nachfragen erhoben hat und diesem in einer nach dem Prüfungsmaßstab des Verwaltungsgerichtshofes nicht zu beanstandenden Beweiswürdigung die Glaubwürdigkeit versagt hat. Eine weitergehende Ermittlungs- und Belehrungspflicht, wie sie von der Beschwerde gerügt wird, bestand hingegen nicht (vgl. dazu etwa das hg. Erkenntnis vom 6. Oktober 1999, Zl. 98/01/0311). Die behaupteten Verfahrensmängel liegen daher nicht vor. Auch tritt die Beschwerde insbesondere der Feststellung der belangten Behörde, die Grundversorgung der Beschwerdeführerin wäre im Falle ihrer Rückkehr in den Kosovo aufgrund des familiären Rückhalts gesichert, nicht entgegen.
Soweit sich die Beschwerde daher gegen die Bestätigung der ersten beiden Spruchpunkte des erstinstanzlichen Bescheides richtet, kann sie nicht erfolgreich sein.
Bei der unveränderten Bestätigung des erstinstanzlichen Ausspruches über die Ausweisung der Beschwerdeführerin "aus dem österreichischen Bundesgebiet" (Spruchpunkt III. des erstinstanzlichen Bescheides) hat die belangte Behörde jedoch verkannt, dass die Asylbehörden in einem Fall wie dem vorliegenden nicht berechtigt sind, die Ausweisung eines Asylwerbers ohne Einschränkung auf den Herkunftsstaat auszusprechen. Hiezu kann gemäß § 43 Abs. 2 VwGG auf das hg. Erkenntnis vom 12. Dezember 2005, Zl. 2005/01/0625, und die dort angeführte Vorjudikatur verwiesen werden. Schon deshalb kann der angefochtene Bescheid in diesem Spruchteil keinen Bestand haben.
Es war daher die Bestätigung von Spruchpunkt III. des erstinstanzlichen Bescheides gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes aufzuheben und die Beschwerde im Übrigen gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2003. Ein gesonderter Zuspruch der verzeichneten Umsatzsteuer findet in diesen Vorschriften keine Deckung.
Wien, am 26. Jänner 2006
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2006:2005010693.X00Im RIS seit
22.02.2006