Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Hon.Prof.Dr.Griehsler als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Huber, Dr.Graf, Dr.Jelinek und Dr.Schinko als weitere Richter in der Sachwalterschaftssache des ***** Robert M*****, vertreten durch den Sachwalter Dr. ***** B*****, Rechtsanwalt in Wien, infolge Revisionsrekurses des Kollisionskurators Dr. ***** St*****, ***** gegen den Beschluß des Landesgerichtes für ZRS Wien als Rekursgericht vom 18. Dezember 1991, GZ 44 R 1111/91-78, womit der Beschluß des Bezirksgerichtes Floridsdorf vom 12. November 1991, GZ 2 SW 16/89-75, bestätigt wurde, folgenden
Beschluß
gefaßt:
Spruch
Dem Revisionsrekurs wird Folge gegeben.
Die vorinstanzlichen Beschlüsse ON 75 und 78 werden ersatzlos aufgehoben.
Der Rekurswerber hat die Kosten seines Rechtsmittels selbst zu tragen.
Text
Begründung:
Der Betroffene wurde im Ehescheidungsverfahren von seinem Sachwalter Rechtsanwalt Dr. ***** B***** vertreten. Die einvernehmliche Scheidung und der im Zuge des Verfahrens geschlossene Scheidungsvergleich wurden pflegschafsbehördlich genehmigt. Der Sachwalter begehrt für seine Verfahrensvertretung eine Entlohnung in der nach dem RAT berechneten Höhe von S 47.604,60.
Mit dem Beschluß ON 75 bestellte das Pflegschaftsgericht zur Vertretung des Betroffenen im Verfahren zur Bestimmung der Entlohnung des Sachwalters den Rechtsanwalt Dr. ***** St***** zum Kollisionskurator. Zur Begründung führte es aus, daß der Sachwalter im Verfahren zur Bestimmung seiner eigenen Entlohnung befangen und daher nur ein Kollisionskurator die Interessen des Beroffenen wirksam vertreten könne.
Das Rekursgericht gab dem vom Kollisionskurator erhobenen Rekurs nicht Folge und erklärte den Revisionsrekurs für zulässig. Es verwies auf jene Rechtsprechung, nach der Interessenkollisionen im allgemeinen die Bestellung von Kollisionskuratoren rechtfertigten, und vertrat die Ansicht, daß auch hier ein typischer Kollisionsfall vorliege, weil der Betroffene selbst seine Interessen zufolge der bestehenden Sachwalterschaft nicht wahrnehmen könne. Zur Wahrung dieser Interessen müsse daher eine Person einschreiten, die objektiv beurteilen könne, ob die Entlohnung richtig bestimmt wurde oder die Erhebung von Rechtsmitteln erforderlich erscheine.
Gegen den rekursgerichtlichen Beschluß erhebt der Kollisionskurator Revisionsrekurs mit dem Antrag auf Abänderung im Sinne der Behebung des pflegschaftsgerichtlichen Bestellungsbeschlusses; hiezu führt er aus, es liege kein Zweifel an der Richtigkeit der Verzeichnung der Leistungen und Aufwendungen des Sachwalters im Scheidungsverfahren des Betroffenen und deren tarifmäßige Verrechnung vor, gegenteiligenfalls hätte ein Kammergutachten eingeholt werden können, keinesfalls dürfe das Gericht aber seine Kontrolltätigkeit auf einen Kollisionskurator abwälzen.
Der Revisionsrekurs ist im Sinne des § 14 Abs 1 AußStrG zulässig und im Ergebnis gerechtfertigt.
Rechtliche Beurteilung
Der Oberste Gerichtshof hat in mehreren, vor kurzem ergangenen und jeweils Fälle des nunmehrigen Rechtsmittelwerbers betreffenden Entscheidungen (3 Ob 513/92; 4 Ob 503/92; 6 Ob 507/92) im einzelnen die Gründe dargelegt, warum es im allgemeinen entbehrlich ist, im Verfahren zur Festsetzung der Belohnung des Sachwalters zur Vertretung des Betroffenen einen Kollisionskurator zu bestellen, der seinerseits wieder Honoraransprüche hätte, sodaß eine gegenseitige Prüfung mit dem Sachwalter neue Kollisionen befürchten ließe. Es genügt, daß die Interessen des Betroffenen bei der amtswegigen Prüfung des Belohnungsanspruches des Sachwalters vom Richter gewahrt werden (vgl. Wentzel-Piegler in Klang**2 I/2 493; Knell, Kuratoren, 232, 246; JBl. 1936, 282; aA Pichler in Rummel ABGB**2 Rz 4 zu §§ 266, 267). Der Umstand, daß Ausnahmefälle denkbar sind, in denen die Notwendigkeit der Bestellung eines Kollisionskurators gegeben sein könnte, steht dieser Beurteilung des Regelfalles nicht entgegen.
Der erkennende Senat schließt sich diesen Entscheidungen an und vertritt die Rechtsansicht, daß hier ein Ausnahmefall nicht vorliegt:
Die vom Sachwalter verzeichneten Vertretungskosten sind anhand des Scheidungsaktes und auf Grund der feststehenden tariflichen Ansätze ohne Schwierigkeiten überprüfbar, sodaß insoweit die Gefahr einer erstgerichtlichen Fehlbemessung kaum droht. Da bei Festsetzung des Entgeltanspruches des Sachwalters insbesondere auch die Notwendigkeit seines diesbezüglichen entgeltlichen Einschreitens maßgebend ist, hat auch insoweit eine amtswegige Prüfung zu erfolgen.
Der Sachwalter Dr. B***** hat in seinem Entwurf einer Scheidungsklage und Klage auf Zahlung eines monatlichen Unterhaltes von S 4.400,-- (ON 60) ausgeführt, daß der Betroffene eine monatliche Pension von netto S 8.847,90 beziehe, für seine drei minderjährigen Kinder insgesamt monatlich S 4.500,-- an Unterhalt zu leisten habe und daß ihm im Hinblick auf wegen Unterhaltsrückständen gegen ihn geführte Exekutionen monatlich "lediglich ein Betrag von S 2.282,90 zum Leben verbleibt". Der Sachwalter beantragte daher für das Scheidungs- und Unterhaltsverfahren die Gewährung der Verfahrenshilfe an den Betroffenen hinsichtlich der Barauslagen. In seinem Bericht ON 72 begehrte der Sachwalter sodann die pflegschaftsgerichtliche Genehmigung eines beabsichtigten Scheidungsvergleiches, der einen gegenseitigen Unterhaltsverzicht und den Verzicht der Ehegattin des Betroffenen auf dessen ihr von ihm geschuldete Ersatzleistungen in Höhe von S 500.000,-- enthält; im weiteren wirft der Sachwalter die Frage der Tragung der Prozeßkosten mit dem Hinweis auf, daß diese allenfalls als "Kosten des Sachwalterschaftsverfahrens zu behandeln seien, die angesichts der offenkundigen finanziellen Situation vom Bund zu tragen sind".
Im Hinblick auf diese vom Sachwalter selbst dargestellte Vermögenslage des Betroffenen (siehe weiters ON 8, 15, 17, 43, 44, 50, 51, 54) hat das Erstgericht in amtswegiger Wahrnehmung der Interessen des Betroffenen zu prüfen, ob bei einer vom Sachwalter pflichtgemäß vorzunehmenden Stellung eines Antrages auf Gewährung der Verfahrenshilfe auch im Umfange des § 64 Abs 1 Z 3 ZPO die Kosten der Vertretung durch einen Rechtsanwalt (§ 29 Abs 1 ZPO) vermeidbar waren und der Honoraranspruch des Sachwalters daher zu verneinen ist.
Auf Grund dieser amtswegigen Überprüfungspflicht ist aber keine Benachteiligung des Betroffenen bei der Festsetzung des Entlohnungsanspruches des Sachwalters zu besorgen. Demgemäß besteht auch keine Notwendigkeit für die Bestellung eines Kollisionskurators.
In Stattgebung des Revisionsrekurses des Kollisionskurators war daher spruchgemäß zu entscheiden.
Ein Kostenersatzanpsruch ist, von besonderen Regelungen abgesehen, im außerstreitigen Rekursverfahren nicht vorgesehen (1 Ob 286/75; vgl. Edelbacher, Verfahren außer Streitsachen MGA**2 Anm. 7 zu § 2).
Anmerkung
E30925European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:1992:0080OB00534.92.0409.000Dokumentnummer
JJT_19920409_OGH0002_0080OB00534_9200000_000