Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Resch als Vorsitzenden, die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Mag.Engelmaier und Dr.Angst als weitere Richter und die fachkundigen Laienrichter Dr.Robert Göstl (aus dem Kreis der Arbeitgeber) und Alfred Klair (aus dem Kreis der Arbeitnehmer) in der Sozialrechtssache der klagenden Partei Karla R*****, vertreten durch Dr.Ernst Schmerschneider, Rechtsanwalt in Wien, wider die beklagte Partei Pensionsversicherungsanstalt der Angestellten, 1021 Wien, Friedrich Hillegeist-Straße 1, vertreten durch Dr.Alfred Kasamas, Rechtsanwalt in Wien, wegen vorzeitiger Alterspension bei Arbeitslosigkeit infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgerichtes in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 19. Dezember 1991, GZ 32 Rs 133/91-16, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Arbeits- und Sozialgerichtes Wien vom 24.Jänner 1991, GZ 9 Cgs 535/90-6, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:
Spruch
Der Revision wird nicht Folge gegeben.
Die Klägerin hat die Kosten ihres Rechtsmittels selbst zu tragen.
Text
Entscheidungsgründe:
Bezüglich der dem angefochtenen Urteil vorangegangenen Verfahrensschritte wird auf deren Darstellung im hg Beschluß vom 26.11.1991, 10 Ob S 330/91, verwiesen, mit dem der Revision der Klägerin gegen das Urteil des Berufungsgerichtes vom 7.8.1991, 32 Rs 133/91-12, Folge gegeben, dieses Urteil aufgehoben und die Sozialrechtssache zur neuerlichen Entscheidung an das Berufungsgericht zurückverwiesen wurde. Dieses hatte nämlich die gesetzgemäß ausgeführte Rechtsrüge nicht sachlich erledigt, weshalb das Berufungsverfahren an einem wesentlichen Mangel gelitten hatte.
Mit dem nunmehr angefochtenen Urteil gab das Berufungsgericht der Berufung der Klägerin neuerlich nicht Folge.
Dagegen richtet sich die Revision der Klägerin wegen Mangelhaftigkeit des Verfahrens und unrichtiger rechtlicher Beurteilung (der Sache) mit den Anträgen, das angefochtene Urteil, allenfalls die Urteile beider Vorinstanzen, zwecks neuerlicher Entscheidung nach Verfahrensergänzung aufzuheben. Weiters wird angeregt, allenfalls beim Verfassungsgerichtshof die Aufhebung entscheidungswesentlicher Bestimmungen des ASVG zu beantragen.
Die beklagte Partei beantragt, der Revision nicht Folge zu geben.
Rechtliche Beurteilung
Die nach § 46 Abs 3 ASGG auch bei Fehlen der Voraussetzungen des Abs 1 dieser Gesetzesstelle zulässige Revision ist nicht berechtigt.
Die geltend gemachte Mangelhaftigkeit (§ 503 Z 2 ZPO) liegt nicht vor (§ 510 Abs 3 leg cit). Das Berufungsgericht ist zwar im nunmehr angefochtenen Urteil - anders als in seiner ersten Entscheidung - nicht mehr ausdrücklich auf die in der Berufung behauptete Stoffsammlungs- und Feststellungsmängel der ersten Instanz - eine Beweisrüge wurde nicht gesetzgemäß
ausgeführt - eingegangen. Die behaupteten Mängel sind jedoch nicht entscheidungswesentlich, weil die von der Klägerin in der Berufung nach Art, zeitlicher Lagerung und Anzahl genau bezeichneten Zeiten von der beklagten Partei nicht hinsichtlich dieser tatsächlichen Umstände, sondern nur bezüglich der von der Klägerin vorgenommenen Qualifikation als Versicherungs(Ersatz)zeiten bestritten wurden.
Die rechtliche Beurteilung des Berufungsgerichtes, daß diese Zeiten keine Versicherungszeiten iS des ASVG sind und daher bei der Berechnung des Pensionsanspruches unberücksichtigt zu bleiben haben, ist richtig (§ 48 ASGG).
Die Rechtsrüge behauptet auch gar nicht, daß die zweite Instanz Bestimmungen des ASVG unrichtig angewendet habe, sondern vermeint, daß die Beschränkung der Anrechnung als Ersatzzeit auf Kalendermonate nach einer frühestens am 1.1.1971 erfolgten Entbindung im § 227 Abs 1 Z 4 lit a ASVG und auf Zeiten bestimmter Bezüge nach dem 31.12.1970 iS der Z 5 und 6 des zit Abs, aber auch der Selbstversicherungsmöglichkeit in der Pensionsversicherung für Zeiten der Kindererziehung (-pflege) nach § 18 ASVG bzw der Pflege eines behinderten Kindes nach § 18a leg cit gleichheitswidrig und daher verfassungswidrig wäre. Die Revisionswerberin regt daher an, beim Verfassungsgerichtshof die Aufhebung dieser Bestimmungen zu beantragen.
Der erkennende Senat teilt diese verfassungsrechtlichen Bedenken nicht.
Es steht in der rechtspolitischen Freiheit des Gesetzgebers festzulegen, ab wann Zeiten als Ersatzzeiten gelten. Wegen der mit der beitragsfreien Anrechnung von Ersatzzeiten verbundenen besonderen finanziellen Belastung der Versichertengemeinschaft (vgl Teschner in Tomandl, SV-System, 5.ErgLfg 382), erscheinen Einschränkungen dieser Begünstigung sachgerecht.
Dem einfachen Gesetzgeber steht es auch frei zu bestimmen, ab wann er Personen aus familienpolitischen Gründen für Zeiten der Kindererziehung (-pflege) oder der Pflege eines behinderten Kindes die Selbstversicherung in der Pensionsversicherung ermöglicht.
Deshalb war der Revision nicht Folge zu geben.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 77 Abs 1 Z 2 lit b ASGG (SSV-NF 1/19, 2/26, 27 uva).
Anmerkung
E28979European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:1992:010OBS00089.92.0428.000Dokumentnummer
JJT_19920428_OGH0002_010OBS00089_9200000_000