Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Prof. Dr. Friedl als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Hon.Prof. Dr. Gamerith, Dr. Kodek, Dr. Niederreiter und Dr. Redl als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei F***** Zeitungsgesellschaft mbH, ***** vertreten durch Dr. Michael Graff, Rechtsanwalt in Wien, wider die beklagten Parteien
1) K***** Zeitungsverlag und Druckerei AG*****, 2) M***** Zeitungs- und Zeitschriftenverlag Gesellschaft mbH & Co KG;
3)
M***** Zeitungs- und Zeitschriftenverlag Gesellschaft mbH;
4)
M***** Zeitungsvertriebsgesellschaft mbH & Co KG; 5) M***** Zeitungsvertriebsgesellschaft mbH, diese in *****, alle vertreten durch Dr. Heinz Giger und Dr. Stefan Ruggenthaler, Rechtsanwälte in Wien, wegen Unterlassung und Urteilsveröffentlichung (Gesamtstreitwert: 500.000 S), infolge außerordentlicher Revisionen der klagenden Partei sowie der erst-, der zweit- und der drittbeklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgericht vom 6. Dezember 1991, GZ 3 R 170/91-19, den Beschluß
gefaßt:
Spruch
Die außerordentlichen Revisionen der klagenden Partei sowie der erst-, der zweit- und der drittbeklagten Partei werden zurückgewiesen.
Die viert- und die fünftbeklagte Partei sind schuldig, der klagenden Partei die mit 21.719,82 S bestimmten Kosten der außerordentlichen Revision (darin enthalten 12.000,-- S Barauslagen und 1.619,97 S Umsatzsteuer) binnen 14 Tagen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Rechtliche Beurteilung
Begründung:
Von den in den Zulassungsbeschwerden beider außerordentlicher Revisionen aufgezeigten Rechtsfragen hängt die Entscheidung im vorliegenden Fall aus nachstehenden Gründen nicht mehr ab:
Das Berufungsgericht bejahte den von der Klägerin geltend gemachten Verstoß gegen § 1 Abs. 1 ZugG, den die Erst- und Zweitbeklagte als Medieninhaberin bzw Verlegerin der Tageszeitung "K***** (die Drittbeklagte ist die Komplementärin der Zweitbeklagten) dadurch begangen hätten, daß im Blattinneren der Ausgabe dieser Tageszeitung vom 18.6.1989 für 12 Tage die Beigabe von 12 der schönsten Wanderregionen Österreichs (Wanderkarten) angekündigt wurde und die Wanderkarte mit der Kennzahl 1 samt Sammelmappe bereits beigelegt war; in der Folge waren die Wanderkarten mit den Nummern 2 bis 12 - wenn auch nicht an den darauffolgenden 11 Tagen - der Zeitung beigelegt. Sämtliche Wanderkarten - bei denen es sich um maßstabveränderte Ausschnitte aus F***** & B***** und A*****-Karten handelte - hatten die Größe einer Zeitungsseite und trugen in einem 5 cm hohen weißen Querstreifen neben dem Aufdruck "f***** & b*****" (kleiner darunter: "Copyright F*****-B***** u. A*****, W*****, maßstabveränderter Ausschnitt") deutlich sichtbar das weiße "K*****-Emblem im roten Feld.
Daraus folgt zunächst, daß sich die Beklagten mit Recht auf die Ausnahmebestimmung des § 3 Abs. 1 lit b ZugG (nunmehr: § 9 a Abs. 2 Z 3 UWG idF des Wettbewerbs-DeregulierungsG BGBl 1992/147) berufen haben, welche aber nur das Gewähren von Reklamegegenständen vom Verbot des § 1 ZugG ausgenommen hatte. Das Zugabengesetz ist aber mit 1.4.1992 außer Kraft gesetzt worden (Art II Abs. 2 Z 3 Wettbewerbs-DeregulierungsG); seither kann nur noch derjenige auf Unterlassung in Anspruch genommen werden, der im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des Wettbewerbs in öffentlichen Bekanntmachungen oder anderen Mitteilungen, die für einen größeren Personenkreis bestimmt sind, ankündigt, daß er Verbrauchern neben Waren oder Leistungen unentgeltliche Zugaben (Prämien) gewährt (§ 9 a Abs. 1 Z 1 UWG). Diese Bestimmung ist aber gemäß § 9 a Abs. 2 Z 3 UWG dann nicht anzuwenden, wenn die Zugabe in Reklamegegenständen nach altem Recht besteht, also nach ständiger Rechtsprechung in Gegenständen - in der Regel wie auch hier, in Gebrauchsgegenständen -, die dadurch der Werbung dienen, daß man sie nicht verwenden kann, ohne daß die Aufmerksamkeit auf die auffallende Bezeichnung des werbenden Unternehmens gelenkt wird (ÖBl 1978, 158 mwN; ÖBl 1991, 108; 4 Ob 6/92). Die Reklamebezeichnung muß so deutlich angebracht sein, daß sie auch bei flüchtigem Hinsehen auf den ersten Blick ins Auge fällt (Hohenecker-Friedl, Wettbewerbsrecht 133; ÖBl 1971, 82; ÖBl 1991, 108); sie macht den Gegenstand zum Werbegegenstand und vermindert damit seinen Verkehrswert (Baumbach-Hefermehl, Wettbewerbsrecht16, 1388 Rz 64 zu § 1 dZugV; ÖBl 1991, 108; 4 Ob 6/92). Im vorliegenden Fall war aber das "K*****"-Emblem an den oberen Kartenrändern schon wegen seiner Größe und farblichen Ausgestaltung auch für einen flüchtigen Betrachter (Kartenbenützer) nicht zu übersehen.
Da das unentgeltliche Gewähren ("... der 'K*****' schenkt Ihnen....") der Wanderkarten an die Leser des "K*****", also an die Käufer dieser Tageszeitung, und damit das Gewähren an Verbraucher im Sinne des § 9 a Abs. 1 Z 1 UWG angekündigt wurde, muß das von der Klägerin gegenüber den Viert- und Fünftbeklagten weiterhin angestrebte Unterlassungsgebot schon deshalb ins Leere gehen, weil nach der Außerkraftsetzung des ZugG ein künftiges Zuwiderhandeln durch öffentliches Ankündigen des Gewährens von Zugaben an Verbraucher, wenn die Zugaben in Reklamegegenständen bestehen, nicht mehr verboten und eine Exekutionsführung unzulässig wäre; auch die Wiederholungsgefahr ist weggefallen (vgl ÖBl 1990, 266 zum vergleichbaren Fall der Aufhebung des § 3 a NVG durch den Verfassungsgerichtshof). Im Wesen eines Unterlassungsgebotes liegt es nämlich, daß damit die Vornahme bestimmter Handlungen für alle Zukunft untersagt wird. Seit dem 1.4.1992 kommt aber der den Beklagten zur Last gelegte, einen Unterlassungsanspruch auslösende Verstoß gegen § 1 ZugG nicht mehr in Frage. Wenngleich gemäß Art III Abs. 3 Wettbewerbs-DeregulierungsG das mit 1.4.1992 aufgehobene ZugG auf davor verwirklichte Sachverhalte weiter anzuwenden ist, kann doch weder das gegen die erst- bis drittbeklagten Parteien ergangene Unterlassungsgebot vollstreckt noch das von der Klägerin gegen die Viert- und die Fünftbeklagte nach wie vor angestrebte Unterlassungsgebot erlassen werden, weil insoweit eine Sanktion gegen ein allfälliges früheres Zuwiderhandeln gegen das aufgehobene ZugG nicht mehr möglich ist (ÖBl 1990, 266), gegen die erst- bis drittbeklagten Parteien aber eine Exekution auf Grund des angefochtenen bestäigenden Teiles des Berufungsurteils nicht mehr bewilligt werden kann, weil dem Exekutionstitel nach dem Eintritt seiner Vollstreckbarkeit nicht mehr zuwidergehandelt werden kann (§ 355 EO). Ebensowenig könnte selbst bei (weiteren) gleichartigen vor dem Inkrafttreten des Wettbewerbs-DeregulierungsG (1.4.1992) begangenen Verstößen gegen § 1 ZugG eine Exekution nach § 355 EO bewilligt und eine Geldstrafe verhängt werden (vgl ÖBl 1991, 38 und 39). Die erst- bis drittbeklagten Parteien sind aber auch durch die der Klägerin eingeräumte Ermächtigung zur zweimaligen Urteilsveröffentlichung in ihrer Tageszeitung "K*****" nicht beschwert, ist diese doch gleichermaßen nicht mehr durchsetzbar, weil ein schutzwürdiges Interesse der Klägerin an der Urteilsveröffentlichung mit 1.4.1992 weggefallen ist (vgl ÖBl 1991, 39). Einer dennoch ergehenden Aufforderung der Klägerin zur Urteilsveröffentlichung brauchen die erst- bis drittbeklagten Parteien in ihrer Tageszeitung nicht mehr nachzukommen, ohne daß die Klägerin deshalb etwa Exekution führen oder sonst die Urteilsveröffentlichung im Klageweg erzwingen könnte.
Für die am 16.3.1992 zur Post gegebene außerordentliche Revision der Klägerin ist demnach das Rechtsschutzinteresse nachträglich - mit der Verlautbarung des Wettbewerbs-DeregulierungsG am 19.3.1992 - weggefallen, was gemäß § 50 Abs. 2 ZPO idF des Art XXXI Z 2 der EO-Nov 1991 bei der Entscheidung über die Kosten zu berücksichtigen ist. Da nach den Feststellungen Mag. Ing. G***** als Vorstand der Erstbeklagten und zugleich Geschäftsführer der Fünftbeklagten von der beanstandeten Aktion schon vorher volle Kenntnis hatte, war die Viertbeklagte hier Mittäterin des Zugabenverstoßes der Erst- und der Zweitbeklagten. Ohne nachträglichen Wegfall der Beschwer wäre sohin das Rechtsmittel der Klägerin erfolgreich gewesen, so daß ihr die Viert- und die Fünftbeklagte gemäß § 50 Abs. 2 ZPO die Kosten zu ersetzen haben.
Die erst- bis drittbeklagten Parteien haben ihr außerordentliches Rechtsmittel erst am 9.4.1992 überreicht. Zu diesem Zeitpunkt war aber ihr Rechtsschutzinteresse schon längst weggefallen.
Anmerkung
E29261European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:1992:0040OB01024.92.0428.000Dokumentnummer
JJT_19920428_OGH0002_0040OB01024_9200000_000