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L66507 Flurverfassung Zusammenlegung landw GrundstückeNorm
FlVfGG §11 Abs1;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Präsident Dr. Jabloner und die Hofräte Dr. Bumberger, Dr. Beck, Dr. Hinterwirth und Dr. Enzenhofer als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Chlup, über die Beschwerde des R und der BH, beide in L, beide vertreten durch Dr. Hermann Tschiderer, Dr. Reinhold Wolf und Mag. Gerhard Mader, Rechtsanwälte in 6600 Reutte, Claudiastraße 8, gegen den Bescheid des Landesagrarsenates beim Amt der Tiroler Landesregierung vom 30. Juni 2003, Zl. LAS-648/11-00, betreffend Anordnung der vorläufigen Übernahme im Zusammenlegungsverfahren L, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Die Beschwerdeführer haben dem Land Tirol Aufwendungen in der Höhe von insgesamt EUR 381,90 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit Verordnung des Amtes der Tiroler Landesregierung als Agrarbehörde erster Instanz (AB) vom 3. Mai 1995, IIIb2-ZH-325/20, wurde gemäß § 3 des Tiroler Flurverfassungslandesgesetzes 1978 in der Fassung der Novelle LGBl. Nr. 18/1984 (TFLG) das Verfahren zur Zusammenlegung der landwirtschaftlichen Grundstücke von L eingeleitet. Diese Verordnung wurde im Amtsblatt "Bote für Tirol" vom 10. Mai 1995 unter Nr. 679 kundgemacht. Als EZ mit mindestens einem unterzogenen Grundstück wurden unter vielen die EZ 43, 712 und 559 angeführt.
Die Beschwerdeführer sind Miteigentümer je zur Hälfte der Grundstücke Nr. .75 Baufläche in EZ 43, 525/1 LN, 525/2 LN und 525/3 LN in EZ 559 sowie 272/1 LN und 272/2 LN in EZ 712, Grundbuch L.
Der Besitzstandsausweis und Bewertungsplan im Zusammenlegungsverfahren L wurde durch Auflage zur allgemeinen Einsicht ab 1. März 2000 durch zwei Wochen im Gemeindeamt L erlassen. Die Beschwerdeführer wurden von der Auflage des Besitzstandsausweises und Bewertungsplanes samt der davor stattfindenden Anhörung der Grundbesitzer und dem für sie vorgesehenen Termin nachweislich am 22. Oktober 1999 (durch Zustellung an ihren deutschen Wohnort) verständigt.
Der Plan der gemeinsamen Maßnahmen und Anlagen wurde mit Bescheid der AB vom 30. Juni 2000 erlassen.
Im Zuge des Zusammenlegungsverfahrens wurde mit Bescheid dieser Behörde vom 10. April 2002 die vorläufige Übernahme der neu eingeteilten Feldflur angeordnet. Um einen angemessenen Übergang in die Neugestaltung der Feldflur zu gewährleisten, wurden Übergangsverfügungen getroffen. Der Bescheid wurde gemäß § 7 Abs. 2 AgrVG 1950 durch Auflage zur allgemeinen Einsicht ab 30. April 2002 durch zwei Wochen im Gemeindeamt L erlassen.
Gegen diesen Bescheid wurde von den Beschwerdeführern Berufung erhoben und darin vorgebracht, dass die vorläufige Übernahme von Grundabfindungen nur dann angeordnet werden könne, wenn Besitzstandsausweis und Bewertungsplan bereits in Rechtskraft erwachsen seien. Diese formelle Voraussetzung für die Erlassung des angefochtenen Bescheides liege in Bezug auf sie nicht vor, weil ihnen gegenüber kein Besitzstandsausweis erlassen worden sei. Sollte dieser Bescheid durch Auflage gemäß § 7 Abs. 2 AgrVG erlassen worden sein, so seien sie davon nicht schriftlich verständigt worden. Erst im Zuge der Anhörung zur Anordnung der vorläufigen Übernahme hätten sie in Erfahrung bringen können, dass ihre Grundstücke 272/1 und 272/2 für die Herstellung gemeinsamer Anlagen verwendet würden. Ob dies als unterzogenes oder als in Anspruch genommenes Grundstück erfolge, sei ebenfalls nicht bekannt gegeben worden. Eine Zustimmung gemäß § 16 Abs. 3 TFLG zur Einbeziehung von Grundstücken, die keine land- und forstwirtschaftlichen Grundstücke seien, liege jedenfalls nicht vor.
In der über diese Berufung vor der belangten Behörde durchgeführten Verhandlung vom 30. Juni 2003 brachten die Beschwerdeführer weiters vor, es sei nicht richtig, dass sie die Grundstück 272/1, 272/2 und .75 in das Zusammenlegungsverfahren eingebracht hätten. Bei diesen Grundstücken handle es sich um Baulandflächen, bei denen kein Anlass bestehe, sie dem Zusammenlegungsverfahren zu unterziehen. Die Verständigung vom 14. Oktober 1999 habe sich ausdrücklich und wortwörtlich auf den Besitzstandsausweis "über die in der Zusammenlegung L einbezogenen landwirtschaftlichen Grundstücke" bezogen, womit keine Verständigung über die verfahrensgegenständlichen Baugrundstücke erfolgt sei. Daraus ergebe sich, dass der für die Grundstück 272/1, 272/2 und .75 aufgelegte Besitzstandsausweis den Beschwerdeführern nie zur Kenntnis gebracht worden und eine nach § 7 Abs. 2 AgrVG erforderliche Verständigung nicht erfolgt sei. Ein solcher Besitzstandsausweis sei ihnen daher niemals zugestellt worden und könne keine Rechtswirkungen entfalten.
Weiters stellten sie - zusätzlich zu einer angekündigten Anfechtung der Einleitungsverordnung beim Verfassungsgerichtshof - den Antrag auf Ausscheidung der genannten Grundstücke gemäß § 4 Abs. 2 TFLG. Das weitere Vorbringen betraf Fragen der verkehrsmäßigen Erschließung und den so genannten Wegabzug (Grundaufbringung für gemeinsame Anlagen).
Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid vom 30. Juni 2003 wurde die Berufung der Beschwerdeführer als unbegründet abgewiesen. Nach Wiedergabe des Verwaltungsgeschehens und des Inhaltes des § 24 Abs. 1 TFLG meinte die belangte Behörde, insoweit mit der vorliegenden Berufung Fragen der Gesetzmäßigkeit der Abfindung im Sinn des § 20 TFLG betroffen seien, sei festzustellen, dass die Gesetzmäßigkeit der Abfindung erst im Rahmen einer Berufung gegen den Zusammenlegungsplan zu prüfen sei.
Die Prüfungsbefugnis der belangten Behörde habe sich darauf zu beschränken, ob die gesetzlichen Voraussetzungen des (nunmehr in Geltung stehenden) § 24 Abs. 1 TFLG 1996 (LGBl. Nr. 74/1996) gegeben seien; nur diese Frage sei Sache im Sinn des § 66 Abs. 4 AVG. Im gegenständlichen Zusammenlegungsverfahren seien sowohl der Besitzstandsausweis und Bewertungsplan als auch der Plan der gemeinsamen Maßnahmen und Anlagen erlassen worden. An Hand des vorgelegten erstinstanzlichen Aktes könne festgestellt werden, dass Besitzstandsausweis und Bewertungsplan in der Fassung des Bescheides vom 28. August 2001 in Rechtskraft erwachsen seien. Der Erlassung des angefochtenen Bescheides sei eine Anhörung der Grundbesitzer zur Anordnung der vorläufigen Übernahme der Grundabfindungen, insbesondere zum Entwurf der neuen Flureinteilung, vorausgegangen. Es ergebe sich aus dem erstinstanzlichen Akt zweifelsfrei, dass dabei weit mehr als zwei Drittel der Parteien der vorläufigen Übernahme zugestimmt hätten.
Das Vorbringen der Beschwerdeführer, ihnen gegenüber seien Besitzstandsausweis und Bewertungsplan nicht erlassen worden, sei verfehlt. Mit Kundmachung vom 14. Oktober 1999 seien die Beschwerdeführer zur Anhörung der Grundbesitzer zum Entwurf des Besitzstandsausweises und des Bewertungsplanes eingeladen worden. Die Kundmachung habe auch die Verständigung (samt Rechtsmittelbelehrung) enthalten, dass gemäß § 7 Abs. 2 AgrVG 1950 Besitzstandsausweis und Bewertungsplan ab 1. März 2000 durch zwei Wochen im Gemeindeamt L zur allgemeinen Einsicht aufgelegt werde. Diese Kundmachung sei den Beschwerdeführern nachweislich am 22. Oktober 1999 zugestellt und von ihnen persönlich übernommen worden.
Die Vorgangsweise der Erlassung dieser Bescheide entspreche der Bestimmung des § 7 Abs. 2 AgrVG 1950. Besitzstandsausweis und Bewertungsplan seien somit den Beschwerdeführern gegenüber rechtswirksam erlassen worden und auch in Rechtskraft erwachsen. Zur Anhörung zum Entwurf sei der Erstbeschwerdeführer am 16. November 1999 erschienen; Gegenstand der Anhörung sei auch die Bewertung der Grundstücke mit besonderem Wert gewesen. Die Bewertung dieser Flächen sei an Hand der "Baugebietsschätzung" überprüft worden, wozu der Erstbeschwerdeführer erklärt habe, dass die Bewertung entspreche.
Dass alle Grundstücke der Beschwerdeführer im Zusammenlegungsgebiet L lägen und somit Gegenstand der Zusammenlegung seien (siehe § 2 Abs. 2 TFLG 1996) gehe aus der Einleitungsverordnung vom 3. Mai 1995 und der darin enthaltenen Begrenzung des Zusammenlegungsgebietes zweifelsfrei hervor. In den genannten Grundbuchseinlagen sei die Einleitung des Zusammenlegungsverfahrens angemerkt. Alle vorgenannten Grundstücke seien laut Besitzstandsausweis und Bewertungsplan als Baulandgrundstücke bewertet. Die Frage, ob die Grundstücke 272/1 und 272/2 für die Herstellung gemeinsamer Anlagen verwendet würden, sei es als unterzogene oder in Anspruch genommene Grundstücke, sei im Zusammenhang mit der Anordnung der vorläufigen Übernahme von Grundabfindungen ohne Belang und daher nicht zu prüfen.
Die Beschwerdeführer nähmen auf § 16 Abs. 3 TFLG 1996 Bezug. Nach dieser Bestimmung könnten Grundstücke, die keine land- oder forstwirtschaftlichen Grundstücke seien, nur mit Zustimmung ihrer Eigentümer der Zusammenlegung unterzogen werden. Diese Frage berühre jedoch ebenfalls nicht die gesetzlichen Voraussetzungen für die Anordnung der vorläufigen Übernahme von Grundabfindungen. Die Berufungswerber gingen offensichtlich davon aus, dass als Bauland gewidmete Grundstücke keine land- oder forstwirtschaftlichen Grundstücke seien. Diese Annahme sei jedoch im Hinblick auf die Definition des land- oder forstwirtschaftlichen Grundstückes im § 1 Abs. 3 TFLG 1996 verfehlt. Die Widmung als Bauland schließe die Qualifikation als land- oder forstwirtschaftliches Grundstück nicht aus, weshalb solche Grundstücke auch ohne Zustimmung der Eigentümer der Zusammenlegung unterzogen werden könnten. Wenn ein land- oder forstwirtschaftliches Grundstück als Bauland gewidmet sei, könne es doch als Grundstück mit besonderem Wert der Zusammenlegung unterzogen werden, wie sich aus den §§ 13 Abs. 6 und 20 Abs. 10 TFLG 1996 ergebe.
Dass jedenfalls das Grundstück 272/1 ein landwirtschaftliches Grundstück sei, sei von den Beschwerdeführern in der Verhandlung vor der belangten Behörde durch ihre Erklärung, dass dieses Grundstück teilweise von einem Landwirt als Mähwiese benutzt werde, anerkannt worden.
Die Beschwerdeführer seien zu der der Erlassung des angefochtenen Bescheides vorausgegangenen Anhörung am 8. April 2002 erschienen und hätten erklärt, mit dem präsentierten Einteilungsentwurf nicht einverstanden zu sein. Vor allem hätten sie die Heranziehung ihrer Grundstücke 272/1 und 272/2 zur Grundaufbringung für die gemeinsamen Anlagen abgelehnt. Das Vorliegen der Voraussetzungen nach § 24 Abs. 1 Z. 1 und 3 TFLG 1996 sei von den Beschwerdeführern nicht in Abrede gestellt worden. Am Vorliegen dieser Voraussetzungen bestünden auf Grund der Instruierung durch den Operationsleiter auch keine Zweifel.
Zusammenfassend gelange daher die belangte Behörde zur Ansicht, dass der vorliegenden Berufung keine inhaltliche Berechtigung zukomme. Zur Entscheidung über den in der Verhandlung am 30. Juni 2003 gestellten Antrag auf Ausscheidung sei die belangte Behörde nicht zuständig. Dieser Antrag (hinsichtlich der Grundstücke .75, 272/1 und 272/2) werde zuständigkeitshalber an die Agrarbehörde erster Instanz weitergeleitet.
Gegen diesen Bescheid erhoben die Beschwerdeführer Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, in der sie unter anderem die Gesetzwidrigkeit der Einleitungsverordnung geltend machten. Mit Beschluss vom 27. September 2004, B 1109/03-6, lehnte der Verfassungsgerichtshof die Behandlung der Beschwerde ab und trat sie dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung ab. Der Verfassungsgerichtshof vertrat darin die Ansicht, die Einleitungsverordnung stecke nur das Zusammenlegungsgebiet ab; über die Inanspruchnahme eines Grundstückes werde erst im Verfahren entschieden. Selbst wenn trotz Erlassung von Besitzstandsausweis und Bewertungsplan die Einbeziehung der Grundstücke überhaupt noch in Frage gestellt werden könnte, bestünden angesichts der offenkundigen tatsächlichen Verhältnisse (insbesondere des Fehlens einer Bebauung) keine verfassungsrechtlichen Bedenken.
Im Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof ergänzten die Beschwerdeführer ihre Beschwerde und machten Rechtswidrigkeit des Inhaltes sowie Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend. Sie stützten ihren Beschwerde zum einen darauf, dass die Voraussetzungen des § 24 TFLG 1996 für die vorläufige Übernahme nicht vorlägen, weil in Bezug auf ihre Baugrundstücke weder ein Plan für gemeinsame Wege und Anlagen noch ein Besitzstandsausweis oder ein Bewertungsplan erlassen worden sei. Des Weiteren läge hinsichtlich der Grundstücke .75, 272/1 und 272/2 keine Begründung für eine Einbeziehung in das landwirtschaftliche Zusammenlegungsverfahren vor. Die Beschwerdeführer hätten keine Zustimmung nach § 16 Abs. 3 TFLG 1996 erteilt. Diese Grundstücke könnten nicht unter § 1 Abs. 3 leg. cit. subsumiert werden, es handle sich dabei einerseits um eine bebaute Fläche, andererseits um die das Haus umgebenden Gartenflächen.
Unter dem Aspekt einer Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften meinen die Beschwerdeführer, die Verhandlungsschrift vor der belangten Behörde gäbe ihre Aussagen hinsichtlich der tatsächlichen Nutzung der Grundstücke 272/1 und 272/2 nicht richtig wieder. Schließlich nehmen sie ausführlich zum Inhalt der Gegenschrift der belangten Behörde im Verfahren vor dem Verfassungsgerichtshof Stellung.
Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragte.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Die entscheidungswesentlichen Bestimmungen des TFLG 1996 haben folgenden Wortlaut:
"§ 3. (1) Die Agrarbehörde hat das Zusammenlegungsverfahren nach Anhören der Landeslandwirtschaftskammer von Amts wegen mit Verordnung einzuleiten.
(2) In der Verordnung ist das Zusammenlegungsgebiet entweder durch Angabe der Begrenzungen oder durch Anführung sämtlicher Grundstücke festzulegen.
(3) ...
§ 4. (1) ...
(2) Grundstücke, die zur Erreichung der Verfahrensziele nicht benötigt werden, sind aus dem Zusammenlegungsgebiet mit Bescheid auszuscheiden. Der Antrag einer Partei auf Ausscheidung von Grundstücken ist nur bis zum Eintritt der Rechtskraft des Bewertungsplanes zulässig.
§13. (1) ...
(6) Der Zusammenlegung unterzogene Grundstücke mit besonderem Wert, wie Grundstücke im Bauland, Sonder- und Vorbehaltsflächen, Schottergruben und dergleichen, und in Anspruch genommene Grundstücke (§ 2 Abs. 2 lit. b) sind entweder mit einem Punktezuschlag zu bewerten, der dem Unterschied zwischen dem kapitalisierten Nutzen (Abs. 2) und dem Verkehrswert gleichkommt, oder, wenn ein landwirtschaftlicher Nutzen nicht anfällt, nach dem Verkehrswert zu schätzen. Der Verkehrswert ist der Preis, der im gewöhnlichen Geschäftsverkehr nach der Beschaffenheit der Grundstücke ohne Rücksicht auf ungewöhnliche oder persönliche Verhältnisse sowie ohne Rücksicht auf die Zusammenlegung bei einer Veräußerung ortsüblich zu erzielen wäre. Der äußerlich nicht erkennbare besondere Wert von Grundstücken ist durch die Parteien geltend zu machen. Die Agrarbehörde hat die Parteien ausdrücklich darauf hinzuweisen.
(7) ...
§ 16. (1) ...
(3) Grundstücke, die keine land- oder forstwirtschaftlichen Grundstücke sind, können nur mit Zustimmung ihrer Eigentümer der Zusammenlegung unterzogen und Hofstellen nur mit Zustimmung ihrer Eigentümer verlegt werden.
(4) Grundstücke nach Abs. 3 können jedoch ohne Zustimmung ihrer Eigentümer im notwendigen Ausmaß für Grenzänderungen und für die Herstellung gemeinsamer Anlagen in Anspruch genommen werden, sofern öffentliche Interessen, insbesondere im Hinblick auf die Erfordernisse des öffentlichen Verkehrs und der Energieversorgung, nicht entgegenstehen...
§ 20. (1) ...
(10) Den bisherigen Eigentümern sind Grundstücke mit besonderem Wert (§ 13 Abs. 6) grundsätzlich wieder zuzuweisen. Ist dies unter Bedachtnahme auf die Ziele und Aufgaben der Zusammenlegung (§ 1) nicht möglich, so sind solche Grundstücke durch gleichartige und gleichwertige zu ersetzen. Unvermeidliche Wertunterschiede sind zu entschädigen; § 22 Abs. 5 gilt sinngemäß.
(11) ...
§ 24. (1) Die Agrarbehörde kann nach der Erlassung des Planes der gemeinsamen Maßnahmen und Anlagen und vor dem Eintritt der Rechtskraft des Zusammenlegungsplanes, unbeschadet des Rechtes zur Berufung gegen diese Bescheide, die vorläufige Übernahme von Grundabfindungen anordnen, wenn
1. dies zur zweckmäßigen Bewirtschaftung des Zusammenlegungsgebietes erforderlich ist,
2. der Besitzstandsausweis und der Bewertungsplan bereits in Rechtskraft erwachsen sind,
3. die Bewirtschaftung der zu übernehmenden Grundabfindungen möglich ist,
4. die Agrarbehörde die zu übernehmenden Grundabfindungen in der Natur abgesteckt, jeder Partei erläutert und auf deren Verlangen anhand eines Lageplanes und in der Natur vorgezeigt sowie der Partei Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben hat und
5. mindestens zwei Drittel der Parteien, die Grundabfindungen übernehmen sollen, der vorläufigen Übernahme zugestimmt haben; wer keine Erklärung abgibt, hat als zustimmend zu gelten.
(2) Die vorläufige Übernahme kann auch auf Teile des Zusammenlegungsgebietes beschränkt werden.
(3) Mit der Anordnung der vorläufigen Übernahme der Grundabfindungen geht das Eigentum an den Grundabfindungen auf den Übernehmer unter der auflösenden Bedingung über, dass es mit dem Eintritt der Rechtskraft des Zusammenlegungsplanes erlischt, soweit dieser die Grundabfindung einer anderen Partei zuweist.
(4) ..."
Gegenstand des vorliegenden Verfahrens ist allein die Frage der Rechtmäßigkeit der Verfügung der vorläufigen Übernahme im Zusammenlegungsverfahren L. Diese bestimmt sich nun danach, ob die Voraussetzungen des § 24 TFLG 1996 vorlagen oder nicht. In diesem Verfahrensstadium sind Aspekte der geplanten Neueinteilung (vgl. das hg. Erkenntnis vom 4. Mai 1992, 89/07/0117), Fragen nach der Rechtmäßigkeit einer erfolgten Einbeziehung von Grundstücken ins Zusammenlegungsverfahren (vgl. das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 27. September 1982,VfSlg. 9500) oder danach, ob nicht richtigerweise ein Baulandumlegungsverfahren durchzuführen gewesen wäre, nicht zu prüfen.
Die Beschwerdeführer stützen ihre Beschwerde nun maßgeblich darauf, dass die Voraussetzungen des § 24 TFLG 1996 im gegenständlichen Fall nicht vorlägen. Erstmals in der Beschwerde meinen die Beschwerdeführer, dass - zusätzlich zur Nichterlassung von Besitzstandsausweis und Bewertungsplan - in Bezug auf ihre Grundstücke auch kein Plan der gemeinsamen Maßnahmen und Anlagen erlassen worden sei.
Das letztgenannte Vorbringen verstößt gegen das Neuerungsverbot, weshalb es nicht weiter zu beachten wäre; abgesehen davon stellen die Beschwerdeführer aber nicht in Abrede, dass der Plan der gemeinsamen Maßnahmen und Anlagen im Zusammenlegungsverfahren L mit Bescheid der AB vom 30. Juni 2000 erlassen wurde. Um der Voraussetzung des § 24 TFLG 1996, nämlich der zuvor erfolgten Erlassung des Planes der Gemeinsamen Maßnahmen und Anlagen zu genügen, ist es nicht notwendig, dass sich dieser Bescheid auf die verfahrensgegenständlichen Grundstücke der Beschwerdeführer in dem Sinn bezieht, dass diese Grundstücke auch für die Durchführung solcher Maßnahmen oder Anlagen herangezogen werden.
Das weitere Vorbringen der Beschwerdeführer, die Erlassung des Besitzstandsausweises und Bewertungsplanes sei ihnen gegenüber nicht erfolgt, steht mit dem Akteninhalt in Widerspruch.
Mit Kundmachung der AB vom 5. Oktober 1999 wurden die Beschwerdeführer zur Anhörung der Grundbesitzer zum Entwurf dieses Ausweises bzw. Planes eingeladen. Diese Kundmachung enthielt auf ihrer Seite 8 auch die Verständigung, dass gemäß § 7 Abs. 2 AgrVG 1950 der Besitzstandsausweis und der Bewertungsplan ab 1. März 2000 durch zwei Wochen im Gemeindeamt L zur allgemeinen Einsicht aufliegt.
Die Beschwerdeführer bestreiten nicht, dass ihnen diese Kundmachung nachweislich am 22. Oktober 1999 an ihre damalige Adresse in Deutschland zugestellt und von ihnen persönlich übernommen wurde. Angesichts dessen ist ihre Behauptung in der Beschwerde, es sei übersehen worden, sie von der Auflage schriftlich zu verständigen, nicht nachvollziehbar. Sie stellen auch nicht in Abrede, dass - wie die belangte Behörde feststellte -
der Erstbeschwerdeführer zu dem mit dieser Verständigung bekannt gegebenen Termin der Anhörung zum Entwurf des Besitzstandsausweises und des Bewertungsplanes am 16. November 1999 erschien und dass die Beschwerdeführer gegen den Besitzstandsausweis und Bewertungsplan kein Rechtsmittel erhoben.
Dass die Vorgangsweise der AB den Vorgaben des § 7 Abs. 2 AgrVG 1950 (Erlassung eines Bescheides durch Auflage zur allgemeinen Einsicht) entsprach, ergibt sich aus den vorgelegten Verwaltungsakten.
Die Beschwerdeführer versuchen, die Rechtskraft dieser Bescheide mit dem Argument zu bekämpfen, dass sich diese nicht auf ihre als Bauland gewidmeten Flächen bezogen hätten, weil in der Kundmachung vom "Besitzstandsausweis und Bewertungsplan über die in die Zusammenlegung L einbezogenen landwirtschaftlichen Grundstücke" die Rede gewesen sei. Mit dieser Formulierung knüpfte die belangte Behörde an den Text der Einleitungsverordnung vom 3. Mai 1995 an, sodass keine Zweifel daran bestehen, dass sich diese Bescheide auf alle in das Verfahren einbezogenen Grundstücke, so auch auf die genannten Grundstücke der Beschwerdeführer, bezogen.
Die belangte Behörde ist - wie auch der Verwaltungsgerichtshof - an die Einleitungsverordnung der AB gebunden. Wenn die Beschwerdeführer in diesem Zusammenhang die Rechtmäßigkeit der Einbeziehung ihrer Grundstücke in das Zusammenlegungsverfahren und damit die Gesetzmäßigkeit der Einleitungsverordnung monieren, genügt es, sie auf das oben zitierte Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 27. September 1982 zu verweisen.
Bis zum Eintritt der Rechtskraft des Bewertungsplanes hätten die Beschwerdeführer zudem die Möglichkeit gehabt, die Ausscheidung ihrer Grundstücke aus dem Zusammenlegungsgebiet nach § 4 Abs. 2 TFLG zu beantragen. Von dieser Möglichkeit haben sie aber nicht Gebrauch gemacht. Auf eine amtswegige Ausscheidung von Grundstücken aus dem Zusammenlegungsgebiet hat die Verfahrenspartei jedoch keinen Rechtsanspruch (vgl. das zu der im Wesentlichen vergleichbaren Rechtslage nach dem Oberösterreichischen FLG ergangene hg. Erkenntnis vom 22. Juni 1993, 93/07/0054, mwN).
Zweifel an der Rechtskraft des auf das gesamte Zusammenlegungsgebiet bezogenen Besitzstandsausweises und Bewertungsplanes liegen daher nicht vor. Dass die übrigen Voraussetzungen des § 24 Abs. 1 TFLG 1996 vorliegen, wurde von den Beschwerdeführern nicht in Abrede gestellt.
Auch die behauptete Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften ist nicht gegeben, weil sich die geltend gemachten Verfahrensmängel auf den Aspekt der Rechtmäßigkeit der Einbeziehung der Grundstücke der Beschwerdeführer ins Verfahren bezogen, was - wie dargestellt - für den Ausgang dieses Verfahrens ohne Relevanz ist.
Aus dem Vorgesagten ergibt sich, dass die Beschwerdeführer durch den angefochtenen Bescheid in keinem Recht verletzt wurden
Eine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides ist somit nicht zu erkennen. Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
Der Ausspruch über den Kostenersatz stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 333/2003.
Wien, am 26. Jänner 2006
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2006:2004070168.X00Im RIS seit
19.02.2006