Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Jensik als Vorsitzenden sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Zehetner, Dr. Klinger, Dr. Schwarz und Dr. Floßmann als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei K***** registrierte Genossenschaft m.b.H., ***** Wien, W*****gasse 58-60, vertreten durch Dr. Gottfried Eypeltauer und Dr. Alfred Hawel, Rechtsanwälte in Linz, wider die beklagte Partei ***** "F*****" eingetragene Genossenschaft m.b.H., ***** Linz, H*****straße 2, vertreten durch Dr. Johann Poulakos, Rechtsanwalt in Linz, wegen S 501.540,11 s.A. infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Landesgerichtes Linz als Berufungsgerichtes vom 16. Oktober 1991, GZ 18 R 596/91-14, womit das Urteil des Bezirksgerichtes Linz vom 15. Juli 1991, GZ 7 C 279/91-9, abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:
Spruch
Der Revision wird nicht Folge gegeben.
Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei binnen 14 Tagen die mit S 19.072,80 (darin enthalten S 3.178,80 an Umsatzsteuer) bestimmten Kosten der Revisionsbeantwortung zu ersetzen.
Text
Entscheidungsgründe:
Die beklagte Partei, eine gemeinnützige Bauvereinigung, ist Eigentümerin des Hauses S*****straße 62 in Linz, für das am 26.11.1956 die baubehördliche Benützungsbewilligung erteilt wurde. Die ca 123 m2 großen Geschäftsräumlichkeiten im Erdgeschoß dieses Hauses wurden vom 1.1.1957 bis zum 30.9.1988 von der klagenden Partei benützt. Grundlage ihres Nutzungsrechtes war ein am 29.12.1961 schriftlich abgeschlossener Mietvertrag, der folgende für diesen Rechtsstreit bedeutsame Bestimmungen enthält:
"II.
Die klagende Partei leistet einen Baukostenbeitrag in der Höhe von S 367.500,-- (in Worten: dreihundertsiebenundsechszigtausendfünfhundert Schilling).
Die beklagte Partei bestätigt durch Unterzeichnung dieses Vertrages hiemit diesen Baukostenbeitrag erhalten zu haben.
III.
Durch die Leistung dieses Baukostenbeitrages ist auf die Dauer von 30 Jahren, gerechnet ab 1.Jänner 1957 somit bis 31.Dezember 1986, derjenige Teil des Mietzinses abgegolten, der auf die Verzinsung und Amortisation des Bauaufwandes entfällt.
Die klagende Partei ist jedoch verpflichtet, die Verwaltungskosten, die Instandsetzungskosten, die Betriebskosten und öffentlichen Abgaben zu entrichten.
Der auf die Verwaltungskosten und Instandsetzungskosten entfallende Zinsanteil entspricht jeweils denjenigen Sätzen, welche das nach Gesetz und Satzung jeweils zuständige Organ der beklagten Partei (derzeit Vorstand und Aufsichtsrat in gemeinsamer Sitzung) mit allgemeiner Gültigkeit für die von der Genossenschaft in ihren Häusern vermieteten Geschäftsräume jeweils festsetzt. Einvernehmlich wird festgestellt, daß der Verwaltungskostenanteil des Mietzinses derzeit S 200,-- je Geschäftslokal und der Instandhaltungskostenanteil des Mietzinses derzeit S 8,-- je Quadratmeter jährlich beträgt.
Die Betriebskosten und öffentlichen Abgaben sind in der tatsächlich anfallenden Höhe entsprechend dem jeweils geltenden Betriebskostenschlüssel anteilsmäßig von der klagenden Partei zu tragen, wobei es der beklagten Partei freisteht, während des Jahres Pauschalbeträge in einer voraussichtlich ausreichenden Höhe einzuheben und nach Ablauf des Jahres entweder den Überschuß gutzuschreiben oder die Differenz nachzufordern.
Die Zinsvorschreibung erfolgt monatlich im Vorhinein.
IV.
Der Mietvertrag wird auf unbestimmte Zeit abgeschlossen und kann von jedem der beiden Vertragsteile mit einjähriger Kündigungsfrist zu den landesüblichen Quartalsterminen aufgekündigt werden. Die beklagte Partei verzichtet jedoch auf die Dauer von 30 Jahren, d.i. bis 31.Dezember 1986, auf das ihr zustehende Kündigungsrecht, jedoch unbeschadet des Rechtes gemäß den Bestimmungen des § 1118 ABGB, fristlose Auflösung des Mietvertrages in den dort angeführten Fällen zu verlangen oder an Stelle der fristlosen Auflösung die Kündigung auszusprechen.
V.
Wird vor Ablauf von 30 Jahren das Mietverhältnis beendet, so ist derjenige Teil des Baukostenbeitrages, der anteilsmäßig auf die restliche Dauer des 30-jährigen Zeitraumes entfällt, innerhalb eines Jahres nach Räumung des Mietgegenstandes zurückzuerstatten, soweit der beklagten Partei nicht Gegenansprüche, insbesondere Schadenersatzansprüche wegen Verschlechterung des Zustandes des Mietgegenstandes zustehen.
VI.
Für die Zeit ab 1.1.1987 gilt, soferne das Mietverhältnis über diesen Zeitpunkt hinaus fortgesetzt wird, der höchstzulässige Zins als vereinbart, der nach den ab 1.1.1987 geltenden Richtlinien der seinerzeit zuständigen Behörden von gemeinnützigen Wohnungsunternehmungen bei der Vermietung von Geschäftsräumen vereinbart werden darf. Sollten zu diesem Zeitpunkt bindende Vorschriften oder behördliche Richtlinien für die Vermietung von Geschäftsräumen durch gemeinnützige Wohnungsunternehmen nicht bestehen, dann gilt jener Mietzins als vereinbart, der für ein Geschäftslokal gleicher Lage und Beschaffenheit bei jenen vermieteten Geschäftsräumen in Linz ortsüblich ist, bei denen die Zinsbildung keiner behördlichen Beschränkung unterliegt.
VIII.
Die klagende Partei ist verpflichtet, bei Beendigung des Mietverhältnisses den Mietgegenstand im gleichen tadellosen Zustand zu übergeben, in dem sie den Mietgegenstand übernommen hat, jedoch unter Berücksichtigung der natürlichen Abnützung. Die klagende Partei ist jedoch verpflichtet, alle jene Reparaturen und Instandhaltungsarbeiten am Mietgegenstand vorzunehmen, welche bei Anlegung eines strengen Maßstabes zur bestmöglichen Erhaltung des Zustandes des Mietgegenstandes erforderlich sind. Wird bei Rückstellung des Bestandgegenstandes festgestellt, daß die klagende Partei ihrer obigen Verpflichtung zur ordentlichen Instandhaltung des Mietgegenstandes nicht nachgekommen ist, so kann die beklagte Partei den Ersatz der für die Nachholung dieser Arbeiten erforderlichen Kosten verlangen. Die klagende Partei ist nicht berechtigt, ohne schriftliche Zustimmung der beklagten Partei bauliche Veränderungen am Mietgegenstande vorzunehmen. Werden während der Dauer des Mietverhältnisses wie immer geartete bauliche Veränderungen am Mietgegenstande vorgenommen, so gehen diese jedenfalls kostenlos in das Eigentum des Vermieters über, soweit nicht im einzelnen Fall schriftlich abweichende Vereinbarungen getroffen werden."
Bei dem als Baukostenbeitrag bezeichneten Betrag von S 367.500,-- (Punkt II des Vertrages) handelte es sich nach dem Willen der Vertragsparteien um eine Mietzinsvorauszahlung für die Dauer von 30 Jahren, und zwar hinsichtlich jener Teile des Mietzinses, die auf die Verzinsung und Amortisation des Bauaufwandes entfallen. Der Betrag wurde zwischen den Geschäftsführern der Vertragsteile ausgehandelt. Dabei verwendete man nur deshalb den Begriff Baukostenbeitrag, weil zum Zeitpunkt des Vertragsabschlusses begrifflich nicht zwischen einem Baukostenbeitrag und einer Mietzinsvorauszahlung unterschieden wurde.
Entsprechend Punkt VI des Mietvertrages haben die Streitteile Ende 1986 Verhandlungen über die Neufestsetzung des Mietzinses ab 1.1.1987 geführt. Auf Grund des WGG 1940 wurde unter Berücksichtigung der indexberichtigten Baukosten ein Mietzins von S 9.841,05 inklusive Betriebskosten und Umsatzsteuer errechnet und von der klagenden Partei fortan auch bezahlt.
Das Mietverhältnis zwischen den Streitteilen endete durch gerichtliche Kündigung seitens der klagenden Partei. Ab 15.10.1988 wurden die Geschäftsräumlichkeiten um S 8.613,74 monatlich (inklusive 10 % Umsatzsteuer, jedoch ohne Betriebskosten) auf unbestimmte Zeit an die Firma L*****, Bürotechnik, vermietet, wobei allerdings die Übergabe des Bestandobjektes bereits am 13.10.1988 direkt von der klagenden Partei und der beklagten Partei an den neuen Bestandnehmer erfolgte. Die beklagte Partei hat vom Nachmieter (vom neuen Nutzungsberechtigten) keinen über das laufende Entgelt hinausgehenden Betrag verlangt und erhalten.
Die klagende Partei begehrt nunmehr unter Berufung auf § 17 WGG die Rückzahlung des geleisteten Baukostenbeitrages, wobei sie ihren Anspruch gemäß Abs 4 leg cit mit insgesamt S 501.540,11 (restliches Kapital S 134.137,50 zuzüglich S 367.402,61 aus dem Titel der Aufwertung) beziffert. Das Versäumnis, sich nicht um die Überwälzung des Baukostenbeitrages auf den Nachmieter gekümmert zu haben, mache die beklagte Partei schadenersatzpflichtig.
Die beklagte Partei hält dem entgegen, daß die klagende Partei nur den während der dreißigjährigen Benützungsdauer des Geschäftslokals aufgelaufenen Mietzins (voraus-)gezahlt habe. Eine Rückzahlung wäre nur nach Maßgabe des Vertragspunktes V in Frage gekommen, habe sich aber mangels vorzeitiger Vertragsauflösung erledigt. Die beklagte Partei hat daher die gänzliche Abweisung des Klagebegehrens beantragt.
Das Erstgericht gab dem Klagebegehren im wesentlichen statt und wies nur einen Teil des Zinsenbegehrens ab. Aus den Gesetzesmaterialien zum WGG 1979 ergebe sich eindeutig, daß alle rechtlichen Erscheinungsformen einer Vorfinanzierung durch den Mieter oder Nutzungsberechtigten, also auch Mietzinsvorauszahlungen, von der in § 17 WGG geregelten Rückzahlungsverpflichtung bei der Auflösung des Miet- oder Nutzungsvertrages erfaßt werden sollten. Diese Bestimmungen seien einseitig zwingendes Recht und gemäß § 17 Abs 5 WGG rückwirkend auch auf Baulichkeiten anzuwenden, für die die baubehördliche Benützungsbewilligung nach dem 31.12.1954 erteilt wurde. Die Höhe des Klagsanspruches entspreche der durch § 17 Abs 4 WGG vorgegebenen Berechnungsmethode.
Infolge Berufung der beklagten Partei - die klagende Partei ließ die Abweisung ihres Zinsenmehrbegehrens unangefochten - änderte das Berufungsgericht diese Entscheidung in eine gänzliche Abweisung des Klagebegehrens ab. Es führte aus:
Die Höhe des zulässigerweise im streitigen Verfahren geltend gemachten Rückzahlungsanspruches (Würth-Zingher, Miet- und Wohnrecht19, Rz 3 zu § 22 WGG) würde zwar bei richtiger Aufwertung den Klagsbetrag übersteigen (es ergäbe sich ein Betrag von S 522.151,35), doch bestehe das Klagebegehren dem Grunde nach nicht zu Recht.
§ 17 Abs.1 WGG, der bestimmt, daß der ausscheidende Mieter im Falle der Auflösung eines Miet- oder sonstigen Nutzungsvertrages nach Maßgabe des Abs 4 leg cit einen Anspruch auf Rückzahlung der von ihm zur Finanzierung des Bauvorhabens neben dem Entgelt geleisteten Beträge hat, sei aufgrund der Übergangsbestimmungen des § 39 Abs.8 WGG auch auf Mietverträge anzuwenden, welche Baulichkeiten betreffen, die vor dem Inkrafttreten der Bestimmungen dieses Bundesgesetzes erstmalig bezogen wurden. § 17 WGG sei demnach rückwirkend anzuwenden (WoBl. 1990/46;
Korinek-Funk-Scherz-Weinberger-Wieser, WGG, Komm. und HdB, Anm.3 zu § 17).
Grundgedanke der Vorschrift des § 17 WGG sei das Anliegen, dem scheidenden Mieter von dem geleisteten Finanzierungsbeitrag einen aliquoten, noch nicht abgewohnten Teil zurückzuerstatten (WoBl 1990/46; Würth-Zingher, aaO, Rz 2 zu § 17 WGG). Nach der früheren Rechtslage habe zwar bezüglich der Rückzahlung der Beiträge keine ausdrückliche Regelung bestanden, doch sei es in der Praxis zu verschiedensten vertraglichen Lösungsvarianten gekommen. Zur Bereinigung dieser unbefriedigenden Rechtslage und um dem latenten Bedürfnis nach angemessener Werterhaltung der Geldleistung des Mieters abzuhelfen, sei die Regelung des § 17 WGG erfolgt. Man habe dabei auf die Grundsätze einer Richtlinie des Prüfungsverbandes der Gemeinnützigen Wohnbauvereinigungen zurückgegriffen, die eine 2 %ige Amortisation und eine Valorisierung vorsah (Korinek-Funk-Scherz-Weinberger-Wieser, Komm. und HdB, Anm.1 zu § 17 WGG).
Die neben dem Entgelt geleisteten Finanzierungsbeiträge des Mieters seien bei der Berechnung des angemessenen Mietentgeltes (§ 14 WGG) betragsmindernd heranzuziehen (MietSlg. 39.695/27 mwN). Es bestehe also zwischen dem Finanzierungsbeitrag und dem laufenden Entgelt eine Korrelation, aber doch keine unmittelbare Wechselwirkung, weil das monatliche Entgelt exakt bestimmt sei und der einmalige Beitrag wegen der unbestimmten Dauer des Mietverhältnisses keinem bestimmten Zeitraum zugeordnet werden könne. Daraus sei auch das Bedürfnis entstanden, unter Berücksichtigung einer maximal 50-jährigen Amortisation eine Rückzahlungspflicht vorzuschreiben, wenn das Mietverhältnis kurz dauere. Dauere es länger als 50 Jahre, so könne die rechnerische Korrelation zwischen dem laufenden Entgelt und dem einmaligen Finanzierungsbeitrag nicht mehr hergestellt werden. Der einmalige Beitrag sei daher eine echte Zahlung neben dem Entgelt.
Gegenständlich sei eine einmalige Mietzinsvorauszahlung für die Dauer von 30 Jahren geleistet und gleichzeitig vereinbart worden, daß nach Ablauf dieser 30 Jahre eine Neuberechnung des Entgeltes aufgrund von exakt definierten Richtlinien zu erfolgen habe. Es liege also eine echte Mietzinsvorauszahlung vor, die das Entgelt für einen bestimmten Zeitraum betreffe und nachher durch ein bereits bei Vertragsabschluß genau definiertes höheres Entgelt ersetzt werden sollte.
Nach all dem könne sich die Rückzahlungsverpflichtung gemäß § 17 WGG nur auf einen Betrag beziehen, der zeitlich keinem bestimmten Zeitraum zugeordnet wurde, also auf eine einmalige Zahlung, die sich letztlich auf unbestimmte Zeit auswirkt. Nur hier sehe das Gesetz eine 50-jährige Amortisation und eine anteilige Rückzahlung bei Auflösung des Mietverhältnisses während dieser 50 Jahre vor.
Bei einer echten Mietzinsvorauszahlung (Rz 4 zu § 27 MRG in Würth-Zingher, Miet- und Wohnrecht19 mwN; vgl. auch MietSlg. 40.404/20) handle es sich folglich nicht um einen Beitrag, der gemäß § 17 WGG zurückgezahlt werden muß; diese einmalige Zahlung sei bereits das Entgelt gewesen und nicht neben dem Entgelt geleistet worden.
Zu untersuchen bleibe, ob die Zahlung unter den Entgeltbegriff des § 14 WGG subsumiert werden könne. Durch die gegenständliche Mietzinsvorauszahlung sollte nämlich derjenige Teil des Mietzinses abgegolten werden, der auf die Verzinsung und Amortisation des Bauaufwandes entfällt. Da nach § 14 Abs.1 Z 1 und 2 WGG bei der Berechnung des Entgeltes ein Betrag für die Absetzung für Abnützung und für Verzinsung verlangt werden könne, entspreche die Mietzinsvorauszahlung auch ihrem Inhalt nach tatsächlich dem, was nach dem WGG als Entgelt begehrt werden kann.
Das Urteil des Berufungsgerichtes enthält den Ausspruch, daß die ordentliche Revision zulässig sei. Begründet wurde dies mit dem Fehlen einer höchstgerichtlichen Rechtsprechung zur Frage, ob eine echte Mietzinsvorauszahlung nicht doch eine neben dem Entgelt erbrachte und daher gemäß § 17 WGG rückforderbare Leistung ist.
Gegen das Berufungsurteil hat die klagende Partei fristgerecht Revision erhoben. Sie vertritt den Standpunkt, daß jeder Finanzierungsbeitrag einen Rückforderungsanspruch gemäß § 17 Abs 1 WGG begründe, weil jeder Beitrag zur Finanzierung des Bauvorhabens (mag er nun als Baukostenbeitrag oder als Mietzinsvorauszahlung deklariert worden sein) bei Berechnung des Entgelts betragsmindernd zu berücksichtigen und daher Teil des Entgelts sei (§ 14 Abs 1 und 6 WGG). Die Zuordnung des Entgelts zu einem bestimmten Zeitraum spiele keine Rolle, weil § 14 Abs 7 WGG die Möglichkeit vorsehe, Beträge gemäß Abs 1 Z 1 und 2 leg.cit, die nicht mehr zur Verzinsung und Tilgung von Fremdmitteln einschließlich von Darlehen aus öffentlichen Mitteln verwendet werden, unverändert der Berechnung des Entgelts zugrunde zu legen. Die Mietzinsvorauszahlung für die Dauer von 30 Jahren habe - für eben diese Dauer - das laufende Entgelt gemindert, jedoch an der 50-jährigen Amortisation dieser Leistung nichts geändert, der der Gesetzgeber durch die Bestimmung des § 17 WGG Rechnung tragen wollte. Ende das Miet- oder Nutzungsverhältnis vorher, bestehe ein Rückforderungsanspruch des ausscheidenden Mieters, weil ja die gemeinnützige Bauvereinigung weiterhin von diesem Betrag profitiere.
Der Revisionsantrag der klagenden Partei geht dahin, das Berufungsurteil im Sinne einer Stattgebung des Klagebegehrens abzuändern (oder aber aufzuheben und die Rechtssache zur neuerlichen Verhandlung und Entscheidung an das Erstgericht zurückzuverweisen), doch ist damit offensichtlich die Abänderung im Sinne einer Wiederherstellung des Ersturteils gemeint. Die rechtskräftig gewordene Abweisung eines Teils ihres Zinsenbegehrens greift nämlich die klagende Partei in ihren Rechtsmittelausführungen gar nicht mehr auf.
Von der beklagten Partei liegt dazu eine Revisionsbeantwortung mit dem Antrag auf Bestätigung des Berufungsurteils vor.
Die Revision ist aus dem vom Berufungsgericht angeführten Grund zulässig; sie ist jedoch nicht berechtigt.
Rechtliche Beurteilung
Richtig ist, daß der Gesetzgeber in § 17 WGG 1979 für alle aus Eigenmitteln der Mieter oder sonstigen Nutzungsberechtigten zur Finanzierung des Bauvorhabens einer gemeinnützigen Bauvereinigung aufgebrachten Beiträge - unabhängig von ihrer Bezeichnung - einen genau definierten Rückzahlungsanspruch schaffen wollte (s. dazu die EB bei Derbolav, WGG 1979, 131 f). Auch der Entgeltscharakter derartiger "Grund- und Baukostenbeiträge" oder "Mietzinsvorauszahlungen" kann nach den einschlägigen Vorschriften über die Berechnung des vom Mieter oder sonstigen Nutzungsberechtigten zu leistenden Entgelts (§ 14 Abs 1 WGG) nicht zweifelhaft sein, da sie zu einer Minderung der Miete oder des Nutzungsentgelts führen (vgl MietSlg 39/27). Der in § 17 WGG normierte Rückzahlungsanspruch des ausscheidenden Mieters oder Nutzungsberechtigen hat jedoch nach dem unmißverständlichen Gesetzeswortlaut Beträge zum Gegenstand, die neben dem (laufenden) Entgelt zur Finanzierung des Bauvorhabens geleistet wurden. Auch in § 14 Abs 1 WGG werden derartige Finanzierungsbeiträge als Zusatzleistungen definiert, die vom eigentlichen (laufenden) Entgelt unterschieden werden. Die diesem engeren Entgeltsbegriff zu unterstellenden Leistungen des Mieters oder Nutzungsberechtigten können daher bei Auflösung eines Miet- oder Nutzungsvertrages nicht zurückgefordert werden.
Folgerichtig sind die vom Mieter oder Nutzungsberechtigten vor Abschluß des Vertrages oder aus diesem Anlaß zur Finanzierung des Bauvorhabens geleisteten Beträge bei der Auflösung des Miet- oder Nutzungsverhältnisses nur insoweit zurückzuzahlen, als sie das Entgelt übersteigen, das auch ohne einen solchen Finanzierungsbeitrag zu zahlen gewesen wäre. Die Erwähnung von Mietzinsvorauszahlungen neben Grund- und Baukostenbeiträgen in den Gesetzesmaterialien zu § 17 WGG 1979 sollte nur klarstellen, daß es auf die Bezeichnung der dem Mieter oder Nutzungsberechtigten abverlangten Eigenleistung nicht ankommt, weil die unterschiedlichen Begriffe (bis zur Klarstellung im WGG 1979; siehe insbesondere § 18 WGG) zumeist synonym verwendet wurden (vgl die Kalkulationsbeispiele bei Oberndorfer, Das Gemeinnützigkeitsrecht in der Wohnungswirtschaft, 69 f; Wieser, Zum neuen Wohnungsgemeinnützigkeitsgesetz, WoSi 1978, 33 ff;
Korinek-Funk-Scherz-Weinberger-Wieser, Kommentar und Handbuch zum WGG, Anm 1 zu § 17). Echte Mietzinsvorauszahlungen - so sie überhaupt rechtswirksam vereinbart werden konnten (siehe dazu Wieser aaO) - sind daher von der Regelung des § 17 WGG nicht erfaßt. Sie verschaffen dem vorzeitig ausscheidenden Mieter oder Nutzungsberechtigten allenfalls einen Bereicherungsanspruch gemäß § 1435 ABGB (MietSlg 37.209), nicht jedoch den in § 17 WGG normierten Rückzahlungsanspruch.
Im konkreten Fall bleibt somit zu untersuchen, ob die Streitteile eine echte (das laufende Entgelt ersetzende) Mietzinsvorauszahlung überhaupt vereinbaren konnten und ob die geleistete Vorauszahlung auch dem tatsächlich geschuldeten Mietzins in der voll ausgeschöpften Nutzungsdauer vom 1.1.1957 bis zum 31.12.1986 entspricht.
Eine echte Mietzinsvorauszahlung liegt vor, wenn sie - wie hier vereinbart - einem bestimmten Zeitraum zugeordnet wird und in diesem Zeitraum die Mietzinsbelastung des Mieters derart verringert, daß bei voller Nutzungsdauer nur das tatsächlich Geschuldete bezahlt wurde und bei vorzeitiger Auflösung des Mietverhältnisses der aliquote Teil zurückzuzahlen ist (vgl Würth-Zingher, Miet- und Wohnrecht19, Rz 4 zu § 27 MRG). Sie ist jedenfalls dann zulässig, wenn keine gesetzlichen Vorschriften über die Mietzinsbildung bestehen.
Die Verpflichtung der gemeinnützigen Bauvereinigungen, ein am Kostendeckungsprinzip orientiertes angemessenes Entgelt für die Überlassung von Wohnungen und Geschäftsräumen sowie Liegenschaften zu verlangen (§§ 13 ff WGG), schließt heute die Möglichkeit einer echten Mietzinsvorauszahlung aus. Dieses Entgelt darf weder über- noch unterschritten werden, ist also insofern ein "Festpreis" (Riebandt-Korfmacher, Auswirkungen einer Umschuldung auf das angemessene Entgelt, SoSi 1980, 102 mwN). Jede Entgeltsvorauszahlung, die sich nicht in die gesetzlich vorgeschriebene Preiskalkulation fügt und damit dem gemeinnützigkeitsrechtlichen Prinzip der Kostendeckung widerspricht (vgl Wieser aaO), ist daher als Finanzierungsbeitrag zu behandeln, der - wie oben erwähnt - unmittelbaren Einfluß auf die Berechnung des laufenden Entgelts nimmt (§ 14 Abs 1 WGG). Insoweit ist den Argumenten der Revisionswerberin zu folgen, daß das WGG 1979 alle vom Mieter oder Nutzungsberechtigten bei oder anläßlich der Übernahme von Räumlichkeiten oder Liegenschaften erbrachten Vorausleistungen als Beitrag zur Finanzierung des Bauvorhabens qualifiziert, eine Mietzinsvorauszahlung daher immer auch ein Baukostenbeitrag ist und umgekehrt.
Der streitgegenständliche Mietvertrag wurde jedoch im zeitlichen Geltungsbereich des WGG 1940 abgeschlossen. Vorschriften, wonach ein gemeinnütziges Wohnungsunternehmen von seinen Mietern nicht mehr als das nach dem Prinzip der Wirtschaftlichkeits- oder Lastenberechnung angemessene Entgelt verlangen durfte, existierten damals lediglich für Wohnungen (§ 7 Abs 2 WGG 1940 iVm § 11 Abs 3 WGV); für Geschäftsräumlichkeiten galten keine Zinsbildungsbestimmungen (Weinberger, MRG und Wohnungsgemeinnützigkeitsgesetz, in Korinek-Krejci, Handbuch zum MRG, 547). Damit hatte die Vereinbarung, den vom 1.1.1957 bis zum 31.12.1986 auf die Verzinsung und Amortisation des Bauaufwandes entfallenden Teil des Mietzinses durch die einmalige Zahlung von S 367.500,-- zu entrichten und nachher den ortsüblichen Zins zu zahlen, als echte Mietzinsvorauszahlung - als die sie nach den Feststellungen der Vorinstanzen auch gedacht war - Bestand.
Daß die Mietzinsvorauszahlung dennoch den effektiv geschuldeten Mietzins überstieg und deshalb ein Rückzahlungsanspruch nach § 17 WGG besteht, könnte daher nur mit dem Argument der Revisionswerberin begründet werden, daß das WGG 1979 auch für Geschäftsräumlichkeiten Zinsbildungsvorschriften gebracht habe und diese zwingenden Regelungen (§§ 13, 14 WGG) den Mietvertrag vom 29.12.1961 rückwirkend geändert hätten. Eine solche Rückwirkung ist jedoch dem WGG 1979 nicht zu entnehmen.
Richtig ist, daß § 39 Abs 8 WGG in sehr weitgehendem Maß die rückwirkende Anwendung der neuen Gesetzesbestimmungen ermöglicht und daß dies auch (mit hier nicht weiter zu erörternden Ausnahmen) für Vorschriften über die Entgeltsberechnung sowie § 17 WGG gilt. Schon die Entwürfe zum WGG 1979 gingen nämlich davon aus, daß das neue Recht grundsätzlich auch für bereits bestehende Verträge gelten soll (§ 37 Abs 12 RV; Wieser aaO, 51 f). Die letztlich beschlossene Übergangsregelung des § 39 Abs 8 WGG stellt denn auch bei der Begrenzung der Rückwirkung nicht auf den Zeitpunkt des jeweiligen Vertragsabschlusses, sondern - grob gesprochen - auf das Alter der Baulichkeiten ab, auf die sich die jeweiligen Verträge beziehen (vgl Korinek-Funk-Scherz-Weinberger-Wieser aaO, Anm 22 zu § 39; MietSlg 33.541; MietSlg 35.699; MietSlg 37/39; MietSlg 40/33). Folgerichtig wurde auch schon judiziert, daß die Rückwirkung des WGG 1979 Verträge erfaßt, die vor seinem Inkrafttreten abgeschlossen wurden, jetzt aber den zwingenden Bestimmungen der §§ 20 und 21 WGG (mit der Verweisung auf die einseitig zwingenden Vorschriften der kostendeckenden Preisgestaltung) widersprechen (MietSlg 33.541; MietSlg 34/24; WoBl 1990, 81/46). Gerade die Rückwirkung des § 17 WGG ist angesichts der klaren gesetzlichen Aussagen in § 39 Abs 8 sowie § 17 Abs 5 WGG nicht zu bezweifeln.
Auch für das WGG 1979 gilt jedoch der aus § 5 ABGB abgeleitete Grundsatz, daß neue Gesetze auf vorangegangene Handlungen und vorher erworbene Rechte keinen Einfluß haben, sofern im Gesetz nicht ausdrücklich anderes angeordnet wird (E 5 zu § 5 ABGB, MGA33). Im Zweifel ist daher keine Rückwirkung auf bereits vor dem Inkrafttreten des Gesetzes abschließend verwirklichte Sachverhalte anzunehmen (EvBl 1972/218 ua; zuletzt 5 Ob 29/92).
Unter diesem Aspekt ist zu beachten, daß es immer ein Anliegen der gemeinnützigen Bauvereinigungen war, jene vertraglich festgelegten Entgeltsbestandteile unverändert zu lassen, die gemäß § 7 Abs 2 WGG 1940 iVm § 11 Abs 3 WGV aus der Finanzierung des Bauvorhabens resultieren; nur die variablen Entgeltsbestandteile wie zum Beispiel Instandhaltungskostenzuschlag, Verwaltungs- und Betriebskosten sollten sich nach dem neuen Recht richten (Wird das neue WGG eine taugliche Rechtsgrundlage?, Stellungnahme des Verbandes gemeinnütziger Bauvereinigungen zur RV, WoSi 1978, 14). In § 39 Abs 8 WGG ist diesem Anliegen dadurch Rechnung getragen worden, daß ua angeordnet wurde, die Bestimmungen des § 14 Abs 1 WGG über die Verhältnismäßigkeit der Nutzflächen sowie § 14 Abs 1 Z 1, 2 und 8 WGG auf jene Verträge nicht anzuwenden, die Baulichkeiten betreffen, die vor dem Inkrafttreten des WGG 1979 erstmalig bezogen wurden oder für die die baubehördliche Benützungsbewilligung vor diesem Zeitpunkt erteilt wurde. Insoweit gelten die Bestimmungen des § 7 Abs 2 WGG 1940 sowie des § 11 Abs 3 erster bis dritter Satz WGV weiter. Entgeltsbestandteile, die sich aus der Amortisation der eingesetzten Vermögenswerte (Abschreibung für Abnützung) oder aus der Verzinsung von Fremdmitteln ergaben und nach altem Recht kalkuliert worden waren, sollten also unverändert bleiben.
Nach dem Willen des Gesetzgebers sollte also nicht in Entgeltsvereinbarungen eingegriffen werden, die der alten Rechtslage entsprachen und nur durch eine völlige Neukalkulation der finanzierungsabhängigen Kostenfaktoren dem neuen Recht hätten angepaßt werden können. Umso weniger ist eine vom Gesetzgeber gewollte rückwirkende Änderung von Verträgen anzunehmen, die eine gemeinnützige Bauvereinigung ohne Bindung an Preisbildungsvorschriften, also unter rein betriebswirtschaftlich kalkulierten Bedingungen abgeschlossen hat, wie dies vor Inkrafttreten des WGG 1979 bei der Überlassung von Geschäftsräumen möglich war. Die nachträgliche Anpassung einer solchen Kalkulation an die völlig konträren Anforderungen eines strikten Kostendeckungsprinzips wäre noch viel schwieriger als die bewußt vermiedene Umstellung einer bereits vorhandenen Wirtschaftlichkeits- und Lastenrechnung auf eine neue Berechnungsbasis. Die Regelung, bestehende Verträge unverändert zu lassen, soweit sie auf einer ehemals zulässigen Kalkulation der Kosten und ihrer Aufbringung beruhen, kann daher nur bedeuten, daß in Entgeltsvereinbarungen, die keinen besonderen Preisbildungsvorschriften, sondern nur den allgemeinen bürgerlich-rechtlichen Schranken unterliegen, überhaupt nicht eingegriffen werden sollte. Zumindest die Zweifelsregel des § 5 ABGB läßt die Annahme einer solchen Rückwirkung nicht zu.
Damit hat sich am Wesen des von der klagenden Partei bei Vertragsabschluß versprochenen und auch geleisteten Zuschusses, der eine echte Mietzinsvorauszahlung war, durch das Inkrafttreten des WGG 1979 nichts geändert. Er kann aus dem damals geltenden System der freien Preisbildung für Geschäftslokale nicht herausgelöst werden, ohne die Kalkulationsgrundlagen zu zerstören, die für Altbauten nach Maßgabe des § 39 Abs 8 WGG auch heute noch anerkannt sind. Ein so weitreichender, die jahrelange Praxis negierender Eingriff in bestehende Verträge lag, wie die sonst eher behutsame Abstimmung alter und neuer Methoden der Entgeltberechnung zeigt, nicht in der Absicht des Gesetzgebers. Im Ergebnis zu Recht hat daher das Berufungsgericht das Klagebegehren abgewiesen, weil die als Baukostenbeitrag deklarierte Mietzinsvorauszahlung nicht neben, sondern statt des sonst zu zahlenden laufenden Entgelts geleistet wurde.
Aus diesen Gründen war wie im Spruch zu entscheiden.
Die Kostenentscheidung stützt sich auf §§ 41, 50 ZPO.
Anmerkung
E29306European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:1992:0050OB00044.92.0428.000Dokumentnummer
JJT_19920428_OGH0002_0050OB00044_9200000_000