Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofes Hon.Prof. Dr.Petrasch als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Warta, Dr.Klinger, Dr.Angst und Dr.Graf als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Marc G*****, vertreten durch Dr.Bernhard Grillitsch, Rechtsanwalt in Graz, wider die beklagte Partei L*****-Reisebüro Mag.B***** Gesellschaft mbH, ***** vertreten durch Dr.Herbert Hüttner, Rechtsanwalt in Graz, wegen S 49.400 sA, infolge des "außerordentlichen Revisionsrekurses" des Mag.Johannes B*****, vertreten durch Dr.Herbert Hüttner, Rechtsanwalt in Graz, gegen den Beschluß des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Graz als Berufungsgerichtes vom 30.März 1992, GZ 1 R 39/92-18, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Bezirksgerichtes für Zivilrechtssachen Graz vom 25. Oktober 1991, GZ 38 C 1035/91 a-14, nach Richtigstellung der Bezeichnung der beklagten Partei ohne Zulassung des Rekurses aufgehoben wurde, folgenden
Beschluß
gefaßt:
Spruch
Der Rekurs der beklagten Partei wird zurückgewiesen.
Text
Begründung:
Der Kläger begehrte mit dem Vorbringen, die Vereinbarung, er solle als Reiseleiter in der Reisesaison 1991 an mehreren Reisen im Reisenunternehmen tätig sein und für jeden Tag S 700 erhalten, sei ungerechtfertigt gebrochen worden, von "B***** Mag.Johannes, Inh. der nicht prot Fa. L***** Reisebüro" den Ersatz seines Verdienstentganges von S 49.400 samt Zinsen.
Nachdem sogleich auf Beklagtenseite geltend gemacht worden war, daß die "L*****-Reisebüro Mag.B***** Gesellschaft m.b.H." in HRB 2987 beim Landes- als Handelsgericht Graz (am 21.Oktober 1988) ins Handelsregister/Firmenbuch eingetragen wurde, und der ursprünglich in Arbeitsrechtssachen angerufene Gerichtshof sich für unzuständig erklärt und die Sache an das Erstgericht überwiesen hatte, wies das Erstgericht das Klagebegehren ab, weil der Kläger hätte erkennen müssen, daß ein Vertrag nicht mit dem Geschäftsführer der Gesellschaft mbH, sondern mit dieser zustande gekommen sei.
Das Berufungsgericht hat mit Beschluß über den in der Berufung gestellten Antrag des Klägers die Parteibezeichnung der beklagten Partei in "L*****-Reisebüro Mag.B***** Gesellschaft mbH" richtiggestellt und der Berufung Folge gegeben, das erstrichterliche Urteil aufgehoben und die Sache an das Gericht erster Instanz zur neuerlichen Verhandlung und Urteilsfällung zurückverwiesen, ohne dabei auszusprechen, daß der Rekurs an den Obersten Gerichtshof zulässig sei.
Gegen diesen Beschluß richtet sich der "außerordentliche Revisionsrekurs" des Mag.Johannes B***** mit dem Antrag, den Beschluß des Berufungsgerichtes dahin abzuändern, daß das erstrichterliche abweisende Urteil bestätigt wird, allenfalls den Beschluß des Berufungsgerichtes aufzuheben und eine neue Entscheidung aufzutragen.
Rechtliche Beurteilung
Dieses Rechtsmittel ist jedenfalls unzulässig.
Es kann unerörtert bleiben, ob sich der Geschäftsführer der das Reisenunternehmen betreibenden Kapitalhandelsgesellschaft gegen die Beschlußfassung des Berufungsgerichtes zur Wehr setzen könnte, die Bezeichnung der beklagten Partei wegen deren unzweifelhaften Konkretisierung durch das Vorbringen des Klägers iSd § 235 Abs 5 ZPO richtigzustellen, weil weder dieser Beschluß noch der Aufhebungsbeschluß des Berufungsgerichtes anfechtbar sind.
Festzuhalten ist, daß im Verfahren erster Instanz zwar auf der Seite der beklagten Partei darauf hingewiesen wurde, daß Mag.Johannes B***** nicht selbst das Reiseunternehmen betreibe, sondern zum Geschäftsführer der als Unternehmerin auftretenden Gesellschaft mbH bestellt sei, daß aber eine Änderung der Partei oder eine Richtigstellung der Parteibezeichnung vom Erstgericht nicht vorgenommen worden war und daß auch kein darauf abzielender Antrag vorlag.
Die Richtigstellung der Parteibezeichnung auf diejenige Person, gegen die nach dem Inhalt der Klage in einer jeden Zweifel ausschließenden Weise, etwa durch die Anführung ihres Unternehmens, das Klagebegehren erhoben worden ist, erfolgte erst mit Beschluß des Berufungsgerichtes.
Die Fälle, in denen gegen einen im Berufungsverfahren ergehenden Beschluß des Berufungsgerichtes der Rekurs an den Obersten Gerichtshof zulässig ist, sind im § 519 Abs 1 ZPO abschließend geregelt (Petrasch, Das neue Revisions-Rekurs-Recht, ÖJZ 1983, 203). Der Rekurs ist nur zulässig, soweit das Berufungsgericht die Klage oder die Berufung ohne Sachentscheidung aus formellen Gründen zurückgewiesen hat - hier entfallen auch das Erfordernis eines S 50.000 übersteigenden Entscheidungsgegenstandes und das Vorliegen einer erheblichen Rechtsfrage iSd § 502 Abs 1 ZPO (Petrasch, Der Weg zum Obersten Gerichtshof nach der Erweiterten Wertgrenzen-Novelle 1983, ÖJZ 1989, 750) - oder soweit das Berufungsgericht das erstgerichtliche Urteil aufgehoben und dem Gericht erster Instanz eine neuerliche, nach Ergänzung des Verfahrens zu fällende Entscheidung aufgetragen oder die Sache an ein anderes Berufungsgericht überwiesen und wenn es dabei ausgesprochen hat, daß der Rekurs an den Obersten Gerichtshof zulässig ist. Die Zulässigkeit des Rekurses gegen diesen Aufhebungsbeschluß nach § 519 Abs 1 Z 2 ZPO darf das Berufungsgericht nach § 519 Abs 2 ZPO nur aussprechen, wenn es die Voraussetzungen für gegeben erachtet, unter denen nach § 502 ZPO die Revision zulässig ist, wenn also die Entscheidung von der Lösung einer Rechtsfrage des materiellen Rechts oder des Verfahrensrechts abhängt, der zur Wahrung der Rechtseinheit, Rechtssicherheit oder Rechtsentwicklung erhebliche Bedeutung zukommt, und wenn der Entscheidungsgegenstand, abgesehen von den hier nicht vorliegenden Ausnahmen nach § 502 Abs 3 ZPO, an Geld oder Geldeswert S 50.000 übersteigt. Da der Streitgegenstand in diesem Prozeß S 50.000 nicht übersteigt, wäre eine Revision in der Sache nach § 502 Abs 2 ZPO jedenfalls unzulässig. Das Berufungsgericht durfte daher die Zulässigkeit des Rekurses an den Obersten Gerichtshof nach § 519 Abs 2 ZPO schon deshalb nicht aussprechen, und es hat das auch nicht getan. Der Aufhebungsbeschluß kann mit einem Rechtsmittel nicht angefochten werden, weil ohne Zulassung auch ein außerordentlicher Rekurs gegen den Aufhebungsbeschluß unstatthaft ist (Petrasch, Die Zivilverfahrens-Novelle 1983 in der Rechtsprechung des OGH, ÖJZ 1985, 302; Petrasch, Der Weg zum Obersten Gerichtshof, ÖJZ 1989, 750; Fasching, ZPR2 Rz 1822 und Rz 1982; AB 991 BlgNR 17.GP 68; SZ 60/35 ua).
Der Fall einer in erster Instanz abgelehnten und erst vom Berufungsgericht zugelassenen Klagsänderung, die als notwendige Folge zur Aufhebung des Urteiles des Erstgerichtes führte, liegt nicht vor, weil erstmals das Berufungsgericht iSd § 235 Abs 5 ZPO die Richtigstellung der Parteibezeichnung verfügte, worin eben gerade weder eine Änderung der Klage noch eine Änderung der Partei liegt. Die Rechtsprechung, die den Aufhebungsbeschluß des Berufungsgerichtes, der auf einer vom Berufungsgericht zugelassenen Klagsänderung beruht, für anfechtbar hält, auch wenn kein Rechtskraftvorbehalt (§ 519 Abs 1 Z 3 ZPO idF vor WGN 1989) ausgesprochen war (SZ 27/167; EvBl 1983/160; RdW 1985, 213), führt auch schon deshalb zu keinem dem Rechtsmittelwerber günstigeren Ergebnis, weil der Entscheidungsgegenstand S 50.000 nicht übersteigt und daher auch ein Beschluß des Rekursgerichtes nach § 528 Abs 2 Z 1 ZPO idF WGN 1989 keiner Anfechtung unterliegt.
Daß die Sondervorschriften des ASGG (§ 47 Abs 1 und § 46 Abs 1) nicht anzuwenden sind, folgt daraus, daß der ursprünglich als Arbeitsrechtssache eingeleitete Prozeß an das Erstgericht überwiesen wurde (§ 38 Abs 2 ASGG; Fasching ZPR2 Rz 2267). Die Verfahrensvorschriften für Arbeitsrechtssachen und Sozialrechtssachen gelten vor dem allgemeinen Zivilgericht nicht.
Anmerkung
E29202European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:1992:0030OB00530.92.0429.000Dokumentnummer
JJT_19920429_OGH0002_0030OB00530_9200000_000