TE Vwgh Erkenntnis 2006/1/26 2005/06/0371

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Veröffentlicht am 26.01.2006
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Index

96/02 Sonstige Angelegenheiten des Straßenbaus;

Norm

BStMG 2002 §19 Abs4;
BStMG 2002 §6;
BStMG 2002 §7 Abs1;
BStMG 2002 §8 Abs1;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Senatspräsidentin Dr. Giendl und die Hofräte Dr. Bernegger und Dr. Waldstätten als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Fritz, über die Beschwerde des J H in F, vertreten durch Dr. Klaus Nuener, Rechtsanwalt in Innsbruck, Anichstraße 40, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates in Tirol vom 23. August 2005, Zl. uvs-2005/28/1708-2, betreffend Übertretung des Bundesstraßen-Mautgesetzes 2002 (weitere Partei des Verfahrens gemäß § 21 VwGG: Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie), zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

Aufgrund des Vorbringens in der Beschwerde, des vorgelegten angefochtenen Bescheides und des weiters vorgelegten Beilagenkonvolutes geht der Verwaltungsgerichtshof von folgendem Sachverhalt aus:

Mit dem erstinstanzlichen Straferkenntnis vom 17. Mai 2005 legte die Bezirkshauptmannschaft (kurz: BH) S dem Beschwerdeführer zur Last, er habe am 25. Oktober 2004 um 9.46 Uhr als Lenker eines näher bezeichneten mehrspurigen Kraftfahrzeuges, dessen höchstzulässiges Gesamtgewicht mehr als 3,5 t betragen und das vier Achsen aufgewiesen habe, an einem näher beschriebenen Tatort (das ist ein näher bezeichneter Bereich der Inntal-Autobahn A 12) eine Mautstrecke benützt, ohne die fahrleistungsabhängige Maut ordnungsgemäß entrichtet zu haben, weil das mitgeführte Gerät zur elektronischen Entrichtung der Maut im Wege der Abbuchung von Mautguthaben auf eine Achsenzahl von zwei eingestellt gewesen sei und der Beschwerdeführer nicht von der Mautpflicht ausgenommen gewesen sei.

Der Beschwerdeführer habe dadurch folgende Rechtsvorschriften verletzt:

"§ 6 i.V.m. § 7 Abs. 1 i.V.m. § 8 Abs. 1 Bundesstraßen-Mautgesetz 2002 (kurz: BStMG)".

Hiefür wurde über ihn gemäß § 20 Abs. 2 BStMG eine Geldstrafe von EUR 500,-- (im Falle der Uneinbringlichkeit 5 Tage Ersatzfreiheitsstrafe) verhängt, weiters wurde er zum Ersatz der Kosten des Verfahrens verpflichtet.

Dagegen erhob der Beschwerdeführer Berufung, der mit dem angefochtenen Bescheid (nur) insofern Folge gegeben wurde, als die Geldstrafe auf EUR 400,-- (im Falle der Uneinbringlichkeit 3 Tage Ersatzfreiheitsstrafe) herabgesetzt wurde (dementsprechend wurde auch der Beitrag zu den Kosten des erstinstanzlichen Verfahrens neu festgesetzt).

Zusammengefasst führte die belangte Behörde begründend aus, die Auffassung des Beschwerdeführers, nicht nur der Zulassungsbesitzer wäre zur Bezahlung einer Ersatzmaut iS des § 19 BStMG aufzufordern gewesen (was unbestritten erfolgt sei), sondern auch er als Lenker, sei unzutreffend: Komme es bei einer Verwaltungsübertretung gemäß § 20 Abs. 2 BStMG zu keiner Betretung (was hier der Fall gewesen sei), sei gemäß § 19 Abs. 4 BStMG (nur) der Zulassungsbesitzer zur Bezahlung der Ersatzmaut aufzufordern.

Dagegen erhob der Beschwerdeführer zunächst Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, der mit Beschluss vom 29. November 2005, B 1517/05-3, die Behandlung der Beschwerde ablehnte und sie dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung abtrat. In der Begründung dieses Beschlusses heißt es ua., es sei im Hinblick darauf, dass es im Fall des § 19 Abs. 4 BStMG zu keiner Betretung einer bestimmten Person komme, sachlich gerechtfertigt, lediglich den Zulassungsbesitzer des Fahrzeuges zur Zahlung einer Ersatzmaut aufzufordern.

In seiner über Auftrag des Verwaltungsgerichtshofes ergänzten Beschwerde wird inhaltliche Rechtswidrigkeit sowie Rechtswidrigkeit in Folge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Im Beschwerdefall ist das Bundesgesetz über die Mauteinhebung auf Bundesstraßen (Bundesstraßen-Mautgesetz 2002 - BStMG), BGBl. I Nr. 109/2002, anzuwenden.

Die §§ 6 bis 9, 19 und 20 BStMG lauten (§ 9 auszugsweise):

"Mautpflicht

§ 6. Die Benützung von Mautstrecken mit mehrspurigen Kraftfahrzeugen, deren höchstzulässiges Gesamtgewicht mehr als 3,5 Tonnen beträgt, unterliegt der fahrleistungsabhängigen Maut.

Mautentrichtung

§ 7. (1) Die Maut ist durch Einsatz zugelassener Geräte zur elektronischen Entrichtung der Maut im Wege der Abbuchung von Mautguthaben oder der zugelassenen Verrechnung im Nachhinein zu entrichten.

(2) Die Autobahnen- und Schnellstraßen-Finanzierungs-Aktiengesellschaft kann andere Formen der Mautentrichtung zulassen und für Geräte zur elektronischen Entrichtung der Maut einen angemessenen Kostenersatz fordern, der mit dem Diskriminierungsverbot des Art. 7 Abs. 4 der Richtlinie 1999/62/EG vereinbar ist.

(3) Die näheren Bestimmungen über Geräte, deren Zulassung und Einsatz, über Abbuchung, Verrechnung und andere Formen der Mautentrichtung sind in der Mautordnung zu treffen.

(4) Die Autobahnen- und Schnellstraßen-Finanzierungs-Aktiengesellschaft hat dafür Sorge zu tragen, dass die Kraftfahrzeuglenker ihre Fahrzeuge vor der Benützung von Mautstrecken mit Geräten zur elektronischen Entrichtung der Maut ausstatten können.

Pflichten der Fahrzeuglenker

§ 8. (1) Soweit Lenker nicht von anderen in der Mautordnung vorgesehenen Formen der Mautentrichtung Gebrauch machen, haben sie vor der Benützung von Mautstrecken ihr Fahrzeug mit Geräten zur elektronischen Entrichtung der Maut auszustatten.

(2) Sie haben sich bei Verwendung von Geräten zur elektronischen Entrichtung der Maut vor, während und nach jeder Fahrt auf Mautstrecken der Funktionsfähigkeit dieser Geräte zu vergewissern und Funktionsstörungen unverzüglich zu melden.

(3) Die näheren Bestimmungen über die Überprüfung der Geräte und die Pflichten im Fall von Funktionsstörungen sind in der Mautordnung zu treffen.

Mauttarife

§ 9. (1) Der Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie setzt im Einvernehmen mit dem Bundesminister für Finanzen den Grundkilometertarif für Kraftfahrzeuge mit zwei Achsen für die fahrleistungsabhängige Maut durch Verordnung fest. Die Autobahnen- und Schnellstraßen-Finanzierungs-Aktiengesellschaft hat entsprechende Vorschläge zu erstellen.

(2) Die Mauttarife sind nach der Anzahl der Achsen der Kraftfahrzeuge und der von diesen gezogenen Anhänger nach folgendem Verhältnis zu differenzieren:

1.

Kraftfahrzeuge mit zwei Achsen: 100 vH;

2.

Kraftfahrzeuge und Fahrzeugkombinationen mit drei Achsen:

140 vH;

              3.              Kraftfahrzeuge und Fahrzeugkombinationen mit vier und mehr Achsen: 210 vH.

(3) Achsen sind unabhängig vom Radstand alle Aufhängungen von Rädern, die im Wesentlichen symmetrisch zur Längsmittelebene des Fahrzeuges liegen. Stützachsen gelten nicht als Achsen. Achsen von Anhängern, die von Omnibussen gezogen werden, sind bei der Ermittlung der Achsenzahl nicht zu berücksichtigen.

(4) ..."

"Ersatzmaut

§ 19. (1) In der Mautordnung ist für den Fall der nicht ordnungsgemäßen Entrichtung der Maut eine Ersatzmaut festzusetzen, die den Betrag von 300 EUR einschließlich Umsatzsteuer nicht übersteigen darf.

(2) Anlässlich der Betretung bei Verwaltungsübertretungen gemäß § 20 ist der Lenker mündlich zur Zahlung einer Ersatzmaut aufzufordern. Der Aufforderung wird entsprochen, wenn der Lenker unverzüglich die entsprechende Ersatzmaut zahlt. Hierüber ist eine Bescheinigung auszustellen.

(3) Kann wegen einer von einem Organ der öffentlichen Aufsicht dienstlich wahrgenommenen Verwaltungsübertretung gemäß § 20 Abs. 1 keine bestimmte Person beanstandet werden, so ist nach Möglichkeit am Fahrzeug eine schriftliche Aufforderung zur Zahlung der Ersatzmaut zu hinterlassen. Die Aufforderung hat eine Identifikationsnummer und eine Kontonummer zu enthalten. Ihr wird entsprochen, wenn die Ersatzmaut binnen zwei Wochen ab Hinterlassung der Aufforderung dem angegebenen Konto gutgeschrieben wird und der Überweisungsauftrag die automationsunterstützt lesbare, vollständige und richtige Identifikationsnummer enthält.

(4) Kommt es bei einer Verwaltungsübertretung gemäß § 20 Abs. 2 zu keiner Betretung, so hat die Autobahnen- und Schnellstraßen-Finanzierungs-Aktiengesellschaft den Zulassungsbesitzer schriftlich zur Zahlung einer Ersatzmaut aufzufordern, sofern der Verdacht auf automatischer Überwachung oder auf dienstlicher Wahrnehmung eines Organs der öffentlichen Aufsicht beruht und die Geltendmachung der Haftung gemäß § 23 weder offenbar unmöglich noch wesentlich erschwert sein wird. Die Aufforderung hat eine Identifikationsnummer und eine Kontonummer zu enthalten. Ihr wird entsprochen, wenn die Ersatzmaut binnen drei Wochen ab Ausfertigung der Aufforderung dem angegebenen Konto gutgeschrieben wird und der Überweisungsauftrag die automationsunterstützt lesbare, vollständige und richtige Identifikationsnummer enthält.

(5) Scheidet auch eine schriftliche Aufforderung gemäß Abs. 4 aus, so ist anlässlich einer Kontrolle der ordnungsgemäßen Entrichtung der Maut jenes Fahrzeuges, mit dem die Tat begangen wurde, der Zulassungsbesitzer mündlich zur Zahlung einer Ersatzmaut aufzufordern, sofern der Verdacht einer Verwaltungsübertretung gemäß § 20 Abs. 2 auf automatischer Überwachung oder auf dienstlicher Wahrnehmung eines Organs der öffentlichen Aufsicht beruht und die Tat nicht bereits verjährt ist. Die Aufforderung ist an den Lenker zu richten, der bei der Leistung der Ersatzmaut als Vertreter des Zulassungsbesitzers fungiert. Ihr wird entsprochen, wenn der Lenker unverzüglich die Ersatzmaut zahlt. Hierüber ist eine Bescheinigung auszustellen.

(6) Soweit in der Mautordnung bestimmt ist, dass die Ersatzmaut auch in bestimmten fremden Währungen gezahlt oder unbar beglichen werden kann, sind Zahlungen auch in diesen Formen entgegenzunehmen. Gebühren, Spesen und Abschläge sind vom Mautgläubiger zu tragen.

Mautprellerei

§ 20. (1) Kraftfahrzeuglenker, die Mautstrecken benützen, ohne die nach § 10 geschuldete zeitabhängige Maut ordnungsgemäß entrichtet zu haben, begehen eine Verwaltungsübertretung und sind mit Geldstrafe von 400 EUR bis zu 4000 EUR zu bestrafen.

(2) Kraftfahrzeuglenker, die Mautstrecken benützen, ohne die nach § 6 geschuldete fahrleistungsabhängige Maut ordnungsgemäß zu entrichten, begehen eine Verwaltungsübertretung und sind mit Geldstrafe von 400 EUR bis zu 4000 EUR zu bestrafen.

(3) Taten gemäß Abs. 1 und 2 werden straflos, wenn der Mautschuldner fristgerecht die in der Mautordnung festgesetzte Ersatzmaut zahlt."

§ 44a VStG lautet:

"§ 44a. Der Spruch hat, wenn er nicht auf Einstellung lautet, zu enthalten:

1.

die als erwiesen angenommene Tat;

2.

die Verwaltungsvorschrift, die durch die Tat verletzt worden ist;

3.

die verhängte Strafe und die angewendete Gesetzesbestimmung;

4.

den etwaigen Ausspruch über privatrechtliche Ansprüche;

5.

im Fall eines Straferkenntnisses die Entscheidung über die Kosten. "

Der Beschwerdeführer bemängelt zunächst, sowohl in der (dem erstinstanzlichen Straferkenntnis vorangegangenen ) Strafverfügung (vom 25. Jänner 2005) als auch im erstinstanzlichen Straferkenntnis werde "immer nur die Verletzung der §§ 6, 7 und 8 BStMG vorgehalten, aufgrund welcher jedoch mangels enthaltener Sanktionsnorm keine Bestrafung erfolgen kann. Die Verurteilung erfolgte also ohne Bezugnahme auf eine Gesetzesstelle, die auch eine Sanktionsnorm enthält", was rechtswidrig sei. Dem ist zu entgegnen, dass es bei einer Zitierung der Vorschrift nach § 44a Z 2 VStG, nicht (auch) auf jene Vorschrift ankommt, die einen Verstoß gegen eine Gebots- oder Verbotsnorm als Verwaltungsübertretung erklärt (siehe dazu die näheren Ausführungen in Hauer/Leukauf, Handbuch des österreichischen Verwaltungsverfahrens, 6. Aufl., S 1523f, Anm 4 zu § 44a VStG, mwN, ua. auf das hg. Erkenntnis eines verstärkten Senates vom 19. September 1984, Slg. 11.525/A). Der Beschwerdeführer kann sich daher nicht mit Erfolg darauf berufen, dass die Bestimmung des § 20 Abs. 2 BStMG (nur) im Zusammenhang mit der verhängten Strafe genannt wurde.

Dem vom Beschwerdeführer vorgelegten Beilagenkonvolut, das den Gang des Verwaltungsverfahren wiedergibt, ist zu entnehmen, dass er (entgegen seiner in der Beschwerde vertretenen Auffassung) ausreichend Möglichkeit zur Rechtfertigung hatte.

Dass der (nicht betretene) Beschwerdeführer als Lenker nicht schriftlich zur Zahlung der Ersatzmaut aufgefordert wurde, sondern nur der Zulassungsbesitzer (das ist hier der Dienstgeber des Beschwerdeführers), entspricht dem § 19 BStMG (insbesondere dem Abs. 4 dieses Paragraphen), was im Übrigen der Verfassungsgerichtshof in seinem in dieser Sache ergangenen Beschluss vom 29. November 2005, B 1517/05-3, als sachlich gerechtfertigt angesehen hat.

Die Beschwerde war somit gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nicht öffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen.

Wien, am 26. Jänner 2006

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2006:2005060371.X00

Im RIS seit

10.02.2006
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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