TE Vwgh Erkenntnis 2006/1/26 2005/01/0631

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 26.01.2006
beobachten
merken

Index

10/07 Verwaltungsgerichtshof;
41/02 Passrecht Fremdenrecht;

Norm

AsylG 1997 §7;
AsylG 1997 §8 Abs1;
AsylG 1997 §8 Abs2;
VwGG §42 Abs1;
VwGG §42 Abs2 Z1;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Gruber und die Hofräte Dr. Blaschek und Mag. Nedwed als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Matt, über die Beschwerde des Z G in S, geboren 1958, vertreten durch Dr. Fritz Starnberg, Rechtsanwalt in 8430 Leibnitz, Wagnastraße 1, gegen den Bescheid des unabhängigen Bundesasylsenates vom 3. August 2005, Zl. 260.519/0-V/15/05, betreffend §§ 7, 8 Abs. 1 und 2 Asylgesetz 1997 (weitere Partei: Bundesministerin für Inneres), zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird insoweit, als damit Spruchpunkt III. des erstinstanzlichen Bescheides (Ausweisung des Beschwerdeführers "aus dem österreichischen Bundesgebiet") bestätigt wurde, wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes aufgehoben.

Im Übrigen wird die Beschwerde als unbegründet abgewiesen.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 991,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen. Das Mehrbegehren wird abgewiesen.

Begründung

Der Beschwerdeführer ist Staatsangehöriger von Serbien und Montenegro, stammt aus dem Kosovo und gehört der albanischen Volksgruppe an. Er reiste nach eigenen Angaben am 24. November 2004 in das Bundesgebiet ein und beantragte am 26. November 2004 Asyl. Bei Einvernahmen am 30. November 2004 und 3. Dezember 2004 gab er zu seinen Fluchtgründen - zusammengefasst -

an, unbekannte Personen hätten ihm vor seiner Ausreise zwei Drohbriefe geschickt, in denen er mit dem Umbringen bedroht worden sei, sollte er nicht bereit sein, eine näher bezeichnete Geldsumme zu bezahlen.

Mit Bescheid vom 24. April 2005 wies das Bundesasylamt den Asylantrag gemäß § 7 AsylG ab (Spruchpunkt I.), erklärte die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Beschwerdeführers nach Serbien und Montenegro in die Provinz Kosovo gemäß § 8 Abs. 1 AsylG für zulässig (Spruchpunkt II.) und wies dem Beschwerdeführer gemäß § 8 Abs. 2 AsylG "aus dem österreichischen Bundesgebiet" aus (Spruchpunkt III.). Diese Entscheidung stützte das Bundesasylamt auf umfangreiche Feststellungen über die Situation im Kosovo sowie darauf, dass die Fluchtgeschichte des Beschwerdeführers - aus näher dargelegten Gründen - "als keinesfalls glaubhaft zu qualifizieren" sei, weshalb seinem Asylantrag keine Berechtigung zukomme, keine "stichhaltigen dem Refoulement (des Beschwerdeführers) nach Serbien-Montenegro, Provinz Kosovo, entgegenstehenden Gründe erkannt werden" könnten und zur Beendigung seines rechtswidrigen Aufenthaltes im Bundesgebiet eine Ausweisung geboten sei.

In seiner Berufung gegen diesen Bescheid verwies der Beschwerdeführer neuerlich auf das von der erstinstanzlichen Behörde nicht geglaubte Bedrohungsszenario und ergänzte, dass er auf Grund seiner Erlebnisse im Krieg noch heute unter Schlafstörungen und Depressionen leide, wogegen er auch in medikamentöser Behandlung sei (zum Nachweis seiner posttraumatischen Belastungsstörung legt er überdies mit Berufungsergänzung das Schreiben eines Facharztes für Psychiatrie und Neurologie vom 12. Mai 2005 vor). Die Ausweisung greife massiv in sein durch Art. 8 EMRK geschütztes Recht auf Privat- und Familienleben ein.

Mit dem angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde die Berufung des Beschwerdeführers gemäß §§ 7, 8 Abs. 1 und 2 AsylG ab. Begründend ging sie - wie schon das Bundesasylamt - davon aus, dass der Beschwerdeführer sein Fluchtvorbringen nicht glaubhaft machen habe können. Bei der von ihm angegebenen posttraumatischen Belastungsstörung handle es sich um eine im Sinne des § 32 Abs. 1 AsylG unzulässige Neuerung, auf die nicht näher einzugehen sei. Der Vollständigkeit halber werde jedoch ergänzt, dass der Beschwerdeführer sich auch nach seiner Rückkehr in den Kosovo in der neurologischen Klinik in Pristina behandeln lassen könne. Art. 8 EMRK stehe seiner Ausweisung nicht entgegen, halte sich der Beschwerdeführer - einzig auf Grund des Asylantrages - erst kurze Zeit im Bundesgebiet auf und habe keine familiären Bindungen zu Österreich behauptet.

Dagegen richtet sich die vorliegende Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z 2 VwGG gebildeten Senat erwogen hat:

Die Beschwerde zieht die Ausführungen der belangten Behörde im Zusammenhang mit der in der Berufung geltend gemachten posttraumatischen Belastungsstörung und dem behaupteten Eingriff in das durch Art. 8 EMRK geschützte Privat- und Familienleben nicht mehr in Zweifel. Auch sind ihre im Wesentlichen allgemein gehaltenen Darlegungen nicht geeignet, die Beweiswürdigung der belangten Behörde nach dem Prüfungsmaßstab des Verwaltungsgerichtshofes als unschlüssig erscheinen zu lassen. Soweit die Beschwerde einen Rechtsirrtum der belangten Behörde darin erblickt, dass diese eine Abschiebung des Beschwerdeführers für zulässig erklärt habe, obwohl bei ihm "nicht von gewichtigen Gründen, welche eine Gefahr für die Sicherheit der Republik darstellen, gesprochen werden" könne, sondern sich der Beschwerdeführer um eine Integration in Österreich bemühe, übersieht sie, dass die von ihr geforderte Abwägung im Sinne des § 57 Abs. 4 FrG überhaupt nur dann zum Tragen käme, wenn - entgegen den nicht zu beanstandenden Feststellungen der belangten Behörde - von einer Rückkehrgefährdung des Beschwerdeführers im Sinne des § 57 Abs. 2 FrG auszugehen wäre.

Soweit sich die Beschwerde gegen die Bestätigung der ersten beiden Spruchpunkte des erstinstanzlichen Bescheides richtet, kann sie daher nicht erfolgreich sein.

Bei der unveränderten Bestätigung des erstinstanzlichen Ausspruches über die Ausweisung des Beschwerdeführers "aus dem österreichischen Bundesgebiet" (Spruchpunkt III. des erstinstanzlichen Bescheides) hat die belangte Behörde jedoch verkannt, dass die Asylbehörden in einem Fall wie dem vorliegenden nicht berechtigt sind, die Ausweisung eines Asylwerbers ohne Einschränkung auf den Herkunftsstaat auszusprechen. Hiezu kann gemäß § 43 Abs. 2 VwGG auf das hg. Erkenntnis vom 12. Dezember 2005, Zl. 2005/01/0625, und die dort angeführte Vorjudikatur verwiesen werden.

Es war daher die Bestätigung von Spruchpunkt III. des erstinstanzlichen Bescheides gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes aufzuheben und die Beschwerde im Übrigen gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2003. Das Mehrbegehren findet in diesen Vorschriften keine Deckung.

Wien, am 26. Jänner 2006

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2006:2005010631.X00

Im RIS seit

22.02.2006
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten