Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Vogel als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Schobel, Dr. Redl, Dr. Kellner und Dr. Schiemer als weitere Richter in der Verlassenschaftssache nach dem am ***** in ***** verstorbenen Johann Sebastian A*****, zuletzt wohnhaft gewesen in *****, infolge Revisionsrekurses des Erben Dr. Maximilian A*****, vertreten durch Dr. Günther Maleczek, Rechtsanwalt in Schwaz, gegen den Beschluß des Landesgerichtes Innsbruck als Rekursgericht vom 17. Jänner 1992, GZ 2 b R 1/92-43, womit der Rekurs des Erben gegen den Beschluß des Bezirksgerichtes Schwaz vom 9. Dezember 1991, GZ A 243/91-38, zurückgewiesen wurde, folgenden
Beschluß
gefaßt:
Spruch
Dem Revisionsrekurs wird Folge gegeben. Der angefochtene Beschluß wird aufgehoben und dem Rekursgericht die Entscheidung über den Rekurs des Erben aufgetragen.
Text
Begründung:
Der Erblasser hat in seiner letztwilligen Verfügung vom 7. 6. 1991 (soweit hier von Bedeutung) nachstehende Verfügungen getroffen:
"Zum Hoferben setze ich meinen Sohn ein. An die Hofübernahme sind nachfolgende Bedingungen geknüpft: Der Hof kann wegen beruflicher und wirtschaftlicher Gründe zwar verpachtet werden. Der Zustand des Hofes, der Hofstelle, der Wirtschafts- und Wohnräume soll jedoch stets so erhalten bleiben, daß ein landwirtschaftlich interessierter Enkel jederzeit den Hof wieder selbst bewirtschaften kann. Den Hoferben bitte und verpflichte ich, den Hurmerhof, des großen Fleißes unserer Vorfahren eingedenk zu sein, und daher gut zu verwalten. Die Weitergabe dieses Erbes soll daher zur gegebenen Zeit an einen würdigen Nachfolger, der sich der Familie und der bäuerlichen Gesinnung verbunden fühlt, erfolgen."
Im Nachtrag zu dieser letztwilligen Verfügung vom 19. 6. 1991 bestimmte der Erblasser: "Wie bereits fixiert, wird zum Haupterben mein Sohn Max mit den Erbteilen
Hurmerhof ... eingesetzt. Da unser Hof durch viel Arbeitsleistung von Generationen und ganz besonders durch viel Fleiß der Frauen erwirtschaftet wurde. Der Erbe hat daher die Verpflichtung zu übernehmen, den Hof ungeteilt entweder seinem Sohn oder einem anderen Enkel, der für die Fortführung des Erbes geeignet erscheint, zu übergeben. Zur Sicherung dieser Testamentsbestimmung muß vom Erben daher ein Belastungs- und Veräußerungsverbot für den Hurmerhof akzeptiert werden. Falls mein Sohn wegen der Auflagen das Erbe nicht übernehmen will, ist sein Erbanspruch ja bereits unter Punkt 2. des Testamentes geregelt. Die Erbfolge regelt sich in diesem Fall nach dem Alter meiner Töchter."
Der Erbe gab auf Grund des Testamentes eine unbedingte Erbserklärung zum gesamten Nachlaß ab, die vom Verlassenschaftsgericht angenommen wurde. Er vertrat ebenso wie die übrigen Pflichtteilsberechtigten den Standpunkt, daß der Wille des Erblassers nicht auf eine Beschränkung des Erben durch Bestimmung einer fideikommissarischen Substitution zugunsten noch ungeborener Enkelkinder - zum Zeitpunkt des Todes des Erblassers hatte noch keines seiner vier Kinder Nachkommen - gerichtet gewesen sei, dieser vielmehr seiner letztwilligen Anordnung, daß der geschlossene Hof erhalten werden und auf einen Enkel übergehen müsse, nur durch Einräumung eines Belastungs- und Veräußerungsverbotes zugunsten der Familienangehörigen gesichert wissen wollte. Der Erbe beantragte daher nach Stellung der Schlußanträge die Beendigung des Verlassenschaftsverfahrens und die Einantwortung des Nachlasses.
Mit Beschluß vom 9. 12. 1991 bestimmte das Erstgericht für die noch ungeborenen Nachkommen (Enkel) des Erblassers zur Wahrung deren Rechte Dr. Gernot M*****, Rechtsanwalt in S*****, zum Sachwalter. Es führte aus, die zitierten Testamentsbestimmungen könnten als Verfügung einer Nacherbschaft zugunsten eines noch nicht geborenen Enkels des Erblassers angesehen werden. Zur Wahrung der Rechte dieses Ungeborenen sei im Sinne des § 274 ABGB ein Sachwalter zu bestellen, der in das Abhandlungsverfahren einzubeziehen sei und die Rechte des noch Ungeborenen zu prüfen und zu verfolgen haben werde.
Das Rekursgericht wies den gegen diesen Beschluß erhobenen Rekurs des Erben zurück. Die Frage, inwieweit etwaigen künftigen Enkeln des Erblassers durch die Testamentsbestimmungen unmittelbare Rechte erwüchsen und ob zur Wahrung allfälliger Rechte der noch Ungeborenen ein Kurator zu bestellen sei, müsse nicht geprüft werden, weil kein Rechtsmittel eines hiezu Befugten vorliege. Dem eingesetzten Erben stehe gegen einen Beschluß, mit welchem Ungeborenen zur Prüfung und Wahrung ihrer allenfalls zukommenden Rechte ein Kurator bestellt werde, kein Rechtsmittel zu. So komme nach ständiger Rechtsprechung im Verfahren zur pflegschaftsgerichtlichen Genehmigung eines vom Pflegebefohlenen geschlossenen Vertrages dem Vertragsgegner keine Beteiligtenstellung zu, ebensowenig könne der Vormund die Genehmigung eines vom Kollisionskurator geschlossenen Geschäftes bekämpfen; dem Prozeßgegner stehe gegen den Beschluß, mit dem der vom Pflegebefohlenen geschlossene Vergleich nicht genehmigt werde, kein Rekurs zu; der Prozeßgegner sei nach ständiger Rechtsprechung nicht Beteiligter und damit auch nicht zu einem Rekurs legitimiert. In diesem Sinne könne auch einem Erben als allfälligem künftigen Verpflichteten in einem Verfahren keine Beteiligtenstellung zukommen, in dem es um die Überprüfung oder Sicherung allfälliger Rechte künftiger Rechtsansprecher gehe.
Das Rekursgericht sprach aus, daß der Wert des Streitgegenstandes S 50.000,- übersteige, der ordentliche Revisionsrekurs jedoch nicht zulässig sei, weil zwar eine auf den konkreten Fall abstellende Rechtsprechung des Höchstgerichtes nicht zugänglich sei, andererseits jedoch die Rechtsprechung in den vergleichsweise herangezogenen Fällen durchwegs einheitlich sei.
Rechtliche Beurteilung
Der Revisionsrekurs des Erben ist, da das Rekursgericht gegen Grundsätze des außerstreitigen Verfahrens verstoßen hat und der ständigen Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes zur Beteiligtenstellung gemäß § 9 AußStrG nicht gefolgt ist, zulässig und auch berechtigt.
Es entspricht der ständigen Rechtsprechung, daß im Außerstreitverfahren nur solchen Parteien bzw Verfahrensbeteiligten ein Rekursrecht zuzubilligen ist, deren rechtlich geschützte Interessen durch den bekämpften Beschluß beeinträchtigt werden (SZ 42/48; SZ 42/176 uva). Im vorliegenden Verfahren ist fraglich, ob die letztwillige Verfügung des Erblassers eine fideikommissarische Substitution enthält und deshalb ein Sachwalter zur Wahrung allfälliger Rechte eines noch Ungeborenen zu bestellen und dem Verlassenschaftsverfahren beizuziehen ist. Der Erbe hat eine solche Nacherbschaft bestritten. Durch die Beiziehung eines Sachwalters zum Verlassenschaftsverfahren werden aber die Rechte des Erben, der bereits die Einantwortung beantragt hat, unmittelbar berührt. So hat der Oberste Gerichtshof die Beteiligtenstellung und Rechtsmittelbefugnis des von der Nacherbschaft betroffenen Erben hinsichtlich der Enthebung des Kurators für die ungeborene Nachkommenschaft schon ausdrücklich bejaht (6 Ob 541/88). Der Erbe ist allein schon dadurch beschwert, daß er die Kosten eines solchen Kurators zu bestreiten hat (vgl. Wentzel-Piegler in Klang2 I/2, 518). Das Rekursgericht verkennt in seinen Ausführungen, daß es hier um die Beschwer in dem durch die Kuratorbestellung betroffenen Teilbereich geht, nicht um Maßnahmen, die ein schon rechtskräftig bestellter Kurator im Interesse des von ihm Vertretenen setzt.
Da dem Erben somit Rekurslegitimation zukommt, wird sein Rekurs gegen den Beschluß auf Bestellung eines Kurators vom Rekursgericht meritorisch zu behandeln sein.
Anmerkung
E28612European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:1992:0060OB00013.92.0514.000Dokumentnummer
JJT_19920514_OGH0002_0060OB00013_9200000_000