Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Jensik als Vorsitzenden sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Zehetner, Dr. Klinger, Dr. Schwarz und Dr. Floßmann als weitere Richter in der Rechtssache des Antragstellers Franz M*****, ***** Wien, Z*****gasse 14, vertreten durch Martin Gruber, Funktionär des Vereins Mieter informieren Mieter, 1050 Wien, Löhrgasse 13/20, wider den Antragsgegner Peter K*****, Liegenschaftseigentümer, ***** Wien, S*****gasse 6, vertreten durch Dr. Johann-Etienne Korab, Rechtsanwalt in Wien, wegen § 37 Abs 1 Z 8 und Z 12 MRG infolge Revisionsrekurses des Antragstellers gegen den Beschluß des Landesgerichtes für ZRS Wien als Rekursgericht vom 23. Jänner 1992, GZ 48 R 302/91-12, womit der Sachbeschluß des Bezirksgerichtes Innere Stadt Wien vom 6. März 1991, GZ 43 Msch 17/90 (nunmehr 43 Msch 11/92)-7, aufgehoben wurde, in nichtöffentlicher Sitzung folgenden
Beschluß
gefaßt:
Spruch
Dem Rekurs wird nicht Folge gegeben.
Die vom Rekurswerber verzeichneten Barauslagen sind als weitere Kosten des Verfahrens zu behandeln.
Text
Begründung:
Der Antragsteller ist seit 1. Februar 1986 Hauptmieter einer Wohnung im Haus Z*****gasse 14 in Wien, die eine Nutzfläche von 83,20 m2 aufweist und durch die Zusammenlegung der vormaligen Substandardwohnungen top 17 und 18 entstanden ist. Das Haus steht nunmehr im Eigentum des Antragsgegners.
Die fragliche Wohnung bestand im Zeitpunkt der Anmietung durch den Antragsteller aus Vorraum, Baderaum, Küche, zwei Zimmern, Kabinett und WC. Sie war mit einem Gasofen im Kabinett sowie einem Ofen für feste Brennstoffe in einem der Zimmer zu beheizen, hatte also insbesondere keine Heizmöglichkeit für Küche und Bad. Im Baderaum stand eine Badewanne mit Armaturen; außerdem war dieser Raum noch mit einem Waschbecken samt Armaturen sowie einem Gasboiler ausgestattet. Die Wand war mit einem grünen Ölanstrich versehen, auf dem Parkettboden lag ein alter Linoleumbelag. Anläßlich eines Schadens an den Armaturen, der dem Antragsteller zustieß, versickerte Wasser im Fußboden bzw. in der Beschüttung und weichte den Parkettboden auf.
Als Hauptmietzins wurde dem Antragsteller von Februar 1986 bis November 1988 ein monatlicher Betrag von S 1.500,-- vorgeschrieben, dann ein monatlicher Betrag von S 1.650,--, und zwar jeweils ohne Umsatzsteuer. Die Vorschreibung der Betriebskosten erfolgte - in Form der Einzelvorschreibung - ebenfalls monatlich. Etwa drei Tage vor Monatsbeginn schickte der Hausverwalter eine Aufstellung der Betriebskosten samt Belegen an den Hausbesorger (die Funktion wurde offensichtlich vom Ehegatten ausgeübt, doch wird hier und in der Folge vereinfachend nur vom Hausbesorger gesprochen); dort lagen sie einige Tage zur Einsicht auf und wurden dann am 4. oder 5. des Monats wieder an den Hausverwalter zurückgeschickt. Der Hausbesorger spricht allerdings nicht deutsch. Der Antragsteller versuchte wiederholt, bei ihm Einsicht in die Belege zu nehmen, doch verstand ihn der Hausbesorger nicht und gewährte ihm deshalb auch keine Einsicht. Die vorgeschriebenen Betriebskosten hat der Antragsteller allerdings stets bezahlt.
Mit der Behauptung, die Wohnungszusammenlegung habe nicht der Antragsgegner, sondern ein Vormieter (bereits in den 50er-Jahren) durchgeführt, außerdem habe die Wohnung keine dem zeitgemäßen Standard entsprechende Badegelegenheit aufgewiesen und sich im Zeitpunkt der Vermietung auch sonst nicht in einem ordnungsgemäßen Zustand befunden, hat der Antragsteller zunächst bei der Schlichtungsstelle, dann bei Gericht die Überprüfung des Hauptmietzinses sowie der eingehobenen Betriebskosten seit 1. Dezember 1986 begehrt und die Schaffung diesbezüglicher Rückzahlungstitel verlangt. Hinsichtlich der Betriebskosten vertritt er offensichtlich den Standpunkt, daß sie ihm zur Gänze zurückzuzahlen seien, weil ihm nie Einsicht in die Rechnungsbelege gewährt worden sei. Darüber hinaus wollte der Antragsteller noch festgestellt haben, daß die verfahrensgegenständliche Wohnung (höchstens) in die Ausstattungskategorie C einzustufen sei, doch verfolgt er dieses von der ersten Instanz übergegangene Begehren nicht mehr. Sein Entgeltsüberprüfungsbegehren haben die Vorinstanzen entsprechend dem am 1. Dezember 1989 bei der Schlichtungsstelle eingelangten Sachantrag mit dem Zinstermin Dezember 1989 limitiert.
Der Antragsgegner bestritt sowohl die Überschreitung des zulässigen Hauptmietzinses als auch Mängel bei der Betriebskostenabrechnung und hat die Abweisung der Sachanträge begehrt. Die Höhe des eingehobenen Hauptmietzinses rechtfertigte er damit, daß ihm der Belohnungstatbestand des § 16 Abs 1 Z 6 MRG zugutekomme, was jegliche Erörterung über die Ausstattungskategorie der Wohnung erübrige. Er habe - so sein Vorbringen bei der Schlichtungsstelle - die vom Antragsteller benützten Wohnungen top 17 und 18 "im Sinne des § 16 Abs 1 Z 6 MRG nach dem 31. Dezember 1967 durch Zusammenlegung von Wohnungen der Ausstattungskategorie D bzw. sonst unter Aufwendung erheblicher Mittel vereinigt und den Standard angehoben". Ein Vorbringen über die konkret durchgeführten Arbeiten und die aufgewendeten Mittel erstattete er allerdings trotz Aufforderung des Erstgerichtes nicht (AS 8).
Das Erstgericht ging nach Vernehmung des Hausverwalters sowie des Antragstellers und des Antragsgegners (der angeblich erst nach Beginn des verfahrensgegenständlichen Mietverhältnisses Hauseigentümer geworden ist) davon aus, daß sich weder der genaue Zeitpunkt der standardverbessernden Arbeiten noch ihr konkreter Inhalt feststellen lasse und daß auch die für die Wohnungszusammenlegung aufgewendeten Beträge fraglich geblieben seien. Es gab den Sachanträgen des Antragstellers in Ansehung der behaupteten Überschreitung des zulässigen Hauptmietzinses statt, indem es monatliche Überschreitungen von S 484,96 für die Zeit von Februar 1986 bis Oktober 1988, von S 385,12 für November 1988 sowie von S 535,12 für die Zeit von Dezember 1988 bis Dezember 1989 konstatierte und einen darauf gestützten Rückzahlungstitel über S 24.075,12 zuzüglich 10 % Umsatzsteuer und 4 % Zinsen seit 1. Dezember 1989 schuf, wies jedoch das die Betriebskosten betreffende Begehren des Antragstellers ab.
Begründet wurde diese Entscheidung im wesentlichen damit, daß es an ausreichend schlüssigen Behauptungen über den geltend gemachten Belohnungstatbestand des § 16 Abs 1 Z 6 MRG fehle. Berufe sich ein Vermieter auf diesen Tatbestand, sei es seine Sache, die Voraussetzungen für die Vereinbarung eines angemessenen Hauptmietzinses konkret zu behaupten und sodann zu beweisen. Da sich im konkreten Fall nur die Zusammenlegung von zwei Substandardwohnungen habe feststellen lassen, nicht jedoch, welche Arbeiten durchgeführt und welche Beträge aufgewendet wurden, sei § 16 Abs 1 MRG nicht anzuwenden. Folglich habe der Antragsteller - schon wegen der nicht dem zeitgemäßen Standard entsprechenden Badegelegenheit - nur den für die Ausstattungskategorie C geltenden Hauptmietzins zu zahlen.
Was die Betriebskostenvorschreibungen betreffe, sei das Begehren des Antragstellers schon deshalb abzuweisen, weil das MRG eine generelle Überprüfung der Betriebskosten gar nicht kenne. Der Einwand der mangelnden Fälligkeit der Betriebskostenforderungen wäre mangels Einsichtgewährung in die Belege zwar berechtigt gewesen, doch habe der Antragsteller die ihm vorgeschriebenen Betriebskosten immer bezahlt. Eine Rückforderung der bezahlten Beträge scheide gemäß § 1432 ABGB aus, weil eine nur mangels der Förmlichkeiten (hier wegen einer nicht dem Gesetz entsprechenden Abrechnung) ungültige und dennoch beglichene Schuld keine Leistungskondiktion verschaffe. § 1432 ABGB stehe auch nicht in Widerspruch zu § 27 Abs 3 MRG, da sich letztere Vorschrift nur auf zu Unrecht begehrte Forderungen beziehe und deshalb nur zur Anwendung käme, wenn unter dem Titel Betriebskosten Beträge begehrt würden, die tatsächlich keine Betriebskosten sind. Eine Überprüfung der Betriebskosten unter diesem Gesichtspunkt hätte der Antragsteller verlangen können, doch wäre dazu ein Überprüfungsantrag hinsichtlich konkreter Betriebskostenpositionen notwendig gewesen.
Die zweite Instanz hob infolge Rekurses beider Parteien diesen Beschluß auf und verwies die Rechtssache zur Ergänzung des Verfahrens und neuerlichen Entscheidung an das Erstgericht zurück.
Es führte aus:
Dem Antragsteller sei Recht zu geben, daß die dem Gericht übertragene Betriebskostenüberprüfung nicht zu eng gefaßt werden dürfe. Im Fall der Einzelvorschreibung sei schlechthin der vorgeschriebene Betrag überprüfbar, ohne daß es der Bekämpfung einzelner Betriebskostenposten bedürfte (Würth-Zingher, Miet- und Wohnrecht19, Rz 21 zu § 37 MRG). Hier verlange der Antragsteller eine Überprüfung, ob überhaupt Betriebskosten iSd § 21 Abs 4 MRG wirksam vorgeschrieben wurden, bzw. die Feststellung der Überschreitung wegen Nichteinhaltung der genannten Gesetzesbestimmung. Folge man seiner Ansicht, daß die Betriebskosten wegen Verletzung der Vorschriften des § 21 Abs 4 MRG mit O anzusetzen sind, dann sei auch sein Überprüfungsantrag ausreichend konkret.
Der vom Erstgericht festgestellte Sachverhalt reiche allerdings für eine abschließende Beurteilung dieses Problems nicht aus. Im Fall der Einzelvorschreibung habe der Mieter die ihm vorgeschriebenen Betriebskosten gemäß § 21 Abs 4 MRG nur zu entrichten, wenn ihm deren Höhe wenigstens drei Tage vor dem jeweiligen Monatsersten unter Vorlage der Rechnungsbelege nachgewiesen wird. Ort und Form der Einsichtgewährung hätten sich dabei nach der analog anwendbaren Vorschrift des § 21 Abs 3 MRG zu richten (Würth-Zingher aaO, Rz 20 zu § 21 MRG). Die Abrechnung sei also beim Hausbesorger oder an einer sonst geeigneten Stelle im Haus zur Einsicht aufzulegen und den Mietern sei in geeigneter Weise Gelegenheit zur Einsicht in die Belege zu gewähren. Diese Voraussetzungen seien - wie schon vom Erstgericht angenommen - nicht erfüllt, wenn der Hausbesorger der deutschen Sprache so gut wie überhaupt nicht mächtig ist und daher vom Mieter nicht veranlaßt werden kann, ihm Einsicht in die Belege zu gewähren. Allerdings bleibe schon wegen der in § 21 Abs 4 MRG verankerten Präklusivfrist noch aufklärungsbedürftig, ob der Antragsteller im Rahmen seiner zweifellos gegebenen Mitwirkungspflicht die der Einsicht entgegenstehenden Umstände dem Hauseigentümer bzw. Hausverwalter zur Kenntnis gebracht hat. Im Hinblick auf die einjährige Präklusivfrist des § 21 Abs 4 MRG wäre es auch unter dem Blickwinkel des § 1295 ABGB ohne nähere Prüfung der Umstände als Rechtsmißbrauch anzusehen, wenn der Mieter den Hauseigentümer jahrelang bewußt im Glauben läßt, er verrechne die Betriebskosten durch Einzelvorschreibung in einer an sich geeigneten Weise, dann aber die Betriebskostenverrechnung letztlich wegen der vom Mieter zunächst lange Zeit nicht beanstandeten und dem Vermieter nicht bekannt gewordenen Umstände - hier mangelnde Deutschkenntnisse des Hausbesorgers - als unwirksam beurteilt werden müßte. Sollte das Erstgericht zum Ergebnis kommen, daß dem Vermieter bzw. dessen Verwalter die Unmöglichkeit, in die Belege Einsicht zu nehmen, weil eine Verständigung mit dem Hausbesorger unmöglich ist, vom Antragsteller mitgeteilt wurde oder bekannt war, werde noch zu klären sein, welche Betriebskosten dem Antragstreller jeweils vorgeschrieben wurden, um sie dann als monatliche Überschreitungsbeträge festzustellen.
Gleichfalls beizupflichten sei dem Antragsteller in der Meinung, daß § 1432 ABGB eine Rückforderung der Überschreitungsbeträge nicht verhindere. § 27 Abs 3 MRG normiere nämlich für den Mieter einen Rückforderungsanspruch, der an keine weiteren Voraussetzungen gebunden sei als an die Verletzung der jeweils mit (Teil-)Nichtigkeit bedrohten Vorschrift des MRG, und zwar nicht nur etwa der Verbote in § 27 Abs 1 MRG, sondern insbesondere auch aller Mietzinsbeschränkungen im Zusammenhang mit § 15 MRG und § 26 MRG. Der Antragsteller sei daher jedenfalls innerhalb der dreijährigen Frist des § 27 Abs 3 MRG berechtigt, seinen Rückforderungsanspruch geltend zu machen.
Dem Antragsgegner sei zuzustimmen, daß die Ausnahmebestimmung des § 16 Abs 1 Z 6 MRG bereits dann greife, wenn Wohnungen der Ausstattungskategorie D zu einer solchen der Kategorie C zusammengelegt werden, ohne daß es auf die Kosten dieser Zusammenlegung ankäme (Würth-Zingher aaO, Rz 16 zu § 16 MRG). Das Fehlen konkreter Behauptungen über die durchgeführten Arbeiten und die aufgewendeten Beträge schade daher nicht.
Dem Erstgericht könne aber auch hinsichtlich seiner übrigen Ausführungen zur Behauptungs- und Beweispflicht des Antragsgegners nur bedingt gefolgt werden. Es sei zwar grundsätzlich richtig, daß die Behauptungs- und Beweispflicht für das Vorliegen der Voraussetzungen des § 16 Abs 1 Z 6 MRG beim Vermieter liegt, doch hätte das Erstgericht den im Verfahren nach § 37 MRG geltenden Untersuchungsgrundsatz berücksichtigen müssen. Dieser (beschränkte) Untersuchungsgrundsatz unterscheide sich von der Verhandlungsmaxime des Zivilprozesses im wesentlichen dadurch, daß an die Stelle der formellen Beweispflicht der Parteien die Pflicht des Richters tritt, ohne Anträge der Parteien, ja selbst gegen deren Willen, Beweise zu erheben. Außerdem treffe die Parteien die Obliegenheit, dem Gericht formlos den Sachverhalt und die Möglichkeit des Nachweises hiefür aufzuzeigen, wobei in dem Sinn von einer materiellen Beweispflicht auszugehen sei, daß die mangelnde Beweisbarkeit nach Ausschöpfung der realen Möglichkeiten zu Lasten jener Partei gehe, die Rechte auf diese Tatsachen gründet (vgl. Würth-Zingher aaO, Rz 27 zu § 37 MRG; MietSlg. 39.585). Zweifellos sei der Antragsgegner seiner vor den Untersuchungsgrundsatz tretenden objektiven Behauptungspflicht nachgekommen. Ausgehend von seinem Vorbringen bei der Schlichtungsstelle hätte das Erstgericht das Vorliegen der Voraussetzungen des § 16 Abs 1 Z 6 MRG prüfen müssen und sich nicht auf den Standpunkt zurückziehen dürfen, es lägen zu wenig konkrete Behauptungen vor. Da das Erstgericht selbst die Zusammenlegung von Wohnungen der Ausstattungskategorie D zu einer Wohnung der Ausstattungskategorie C annahm, hätte es die übrigen Voraussetzungen des § 16 Abs 1 Z 6 MRG erörtern bzw. in der Folge durch geeignete Feststellungen abklären müssen.
Die Entscheidung des Rekursgerichtes enthält den Ausspruch, daß der weitere Rekurs zulässig sei. Begründet wurde dies damit, daß eine höchstgerichtliche Judikatur zur vorausgesetzten Mitwirkungspflicht des Mieters bei Einsichtgewährung in die Betriebskostenbelege fehle.
Im nunmehr vorliegenden Revisionsrekurs bekämpft der Antragsteller sowohl den Auftrag zur Verfahrensergänzung hinsichtlich der Betriebskosten als auch jenen hinsichtlich der Hauptmietzinsvorschreibungen. Er bestreitet eine generelle Mitwirkungspflicht des Mieters zur Ermöglichung einer gesetzeskonformen Betriebskostenvorschreibung und hält auch eine rechtsmißbräuchliche Ausnützung der aufgetretenen Schwierigkeiten für ausgeschlossen, weil er die Betriebskosten - bei sonst drohender Aufkündigung oder Vertragsaufhebung - trotz verweigerter Belegeinsicht zahlen mußte und das Gesetz eine nachträgliche Betriebskostenüberprüfung ausdrücklich vorsieht; andererseits habe das Rekursgericht den im außerstreitigen Mietrechtsverfahren nach § 37 MRG geltenden Untersuchungsgrundsatz überspannt, weil es dem Erstgericht die Überprüfung des Belohnungstatbestandes des § 16 Abs 1 Z 6 MRG auftrug, obwohl der Antragsgegener wesentliche Tatbestandselemente - etwa die fristgerechte Vermietung und den ordnungsgemäßen Zustand der vermieteten Wohnung - gar nicht behauptet habe. Der Revisionsrekursantrag geht dahin, den angefochtenen Beschluß zu beheben und
a) Punkt 1 des erstgerichtlichen Sachbeschlusses (betreffend die Feststellung der Überschreitung des zulässigen Hauptmietzinses) wiederherzustellen,
b) Punkt 2 des erstgerichtlichen Sachbeschlusses die Feststellung abzuändern, daß mangels wirksamer Vorschreibungen dem Antragsteller gegenüber im Antragszeitraum keine Betriebskosten fällig geworden sind und durch die trotzdem erfolgte Vorschreibung von Betriebskosten in monatlich unterschiedlicher Höhe vom 1. Dezember 1986 bis 1. Dezember 1989 das gesetzlich zulässige Zinsausmaß um diese vorgeschriebenen Beträge überschritten wurde, und
c) Punkt 3 des erstgerichtlichen Sachbeschlusses dahin abzuändern, daß der Antragsgegner schuldig erkannt wird, dem Antragsteller
S 24.075,12 zuzüglich 10 % Umsatzsteuer und 4 % Zinsen seit 1. Dezember 1989 aus überhöhten Hauptmietzinsen, S 6.688,60 zuzüglich 10 % Umsatzsteuer und 4 % Zinsen seit 31. Dezember 1987 aus begehrten Betriebskosten für 1987, S 8.969,10 zuzüglich 10 % Umsatzsteuer und 4 % Zinsen seit 31. Dezember 1988 aus begehrten Betriebskosten für 1988 und S 9.158,10 zuzüglich 10 % Umsatzsteuer und 4 % Zinsen seit 31. Dezember 1989 aus begehrten Betriebskosten für 1989 zu bezahlen.
Vom Antragsgegner liegt dazu eine Revisionsrekursbeantwortung mit dem Antrag vor, den angefochtenen Beschluß zu bestätigen.
Der Revisionsrekurs ist aus dem vom Rekursgericht angeführten Grund zulässig; er ist jedoch nicht berechtigt.
Rechtliche Beurteilung
Gegen die Rechtsansicht des Rekursgerichtes, die Form der Belegeinsicht habe sich auch bei der Einzelvorschreibung nach § 21 Abs 3 MRG und der dazu ergangenen Judikatur zu richten, wendet der Antragsteller ein, daß diese Analogie nicht so weit gehen dürfe, dem Vermieter die Auflage der Belege auch außerhalb des Hauses zu gestatten. Auf dieses Auslegungsproblem (siehe dazu Würth-Zingher, Miet- und Wohnrecht19, Rz 20 zu § 21 MRG; Palten, Probleme der Betriebskostenberechnung und verwandte Fragen, in Korinek-Krejci, HB zum MRG, 411) ist jedoch hier nicht weiter einzugehen, weil die Belege zu den verfahrensgegenständlichen Betriebskostenvorschreibungen ohnehin beim Hausbesorger vorhanden waren. Probleme bereitete nur der Versuch, den Hausbesorger zur Präsentation der Belege zu bewegen.
In der Frage, ob dieser Mangel der Betriebskostenvorschreibung das Fälligwerden des jeweils eingeforderten Betrages verhinderte, ist dem Rekursgericht beizupflichten, daß der Geltendmachung von Abrechnungsmängeln zur Abwehr eigener Leistungspflichten Grenzen durch das Schikaneverbot gesetzt sind. Der zum Leistungsverweigerungsrecht des Werkbestellers entwickelte Grundsatz, daß die Zurückbehaltung des Entgelts wegen Erfüllungsmängeln nicht zur Schikane ausarten darf (WBl. 1988, 376; Jus Extra 270 ua), ist nämlich durchaus verallgemeinerungsfähig. § 1295 Abs 2 ABGB, der die Ausübung eines Rechtes mit Schadenersatzpflichten sanktioniert, wenn damit eine offenkundige Schädigungsabsicht verfolgt wird, ist insofern nur als Ausprägung des generellen Verbots sittenwidrigen Verhaltens zu verstehen, der das gesamte Rechtsleben durchzieht (vgl. Reischauer in Rummel II, Rz 63 zu § 1295 ABGB).
Daß dem Antragsteller der Einwand der mangelnden Fälligkeit der Betriebskostenforderungen verwehrt wird, solange nicht geklärt ist, ob er den Antragsgegner bzw. dessen Hausverwalter von der faktischen Undurchsetzbarkeit seines Rechtes auf Belegeinsicht verständigte (oder ob dieser ohnehin davon wußte), bedarf allerdings einer zusätzlichen Rechtfertighung. Der Grund für eine derartige Rügepflicht ist - wie ebenfalls schon das Rekursgericht andeutete - in den besonderen Rechtsbeziehungen zwischen Mieter und Vermieter zu finden. Auch wenn die Rechte und Pflichten aus einem dem MRG unterliegenden Mietverhältnis weitgehend gesetzlich definiert sind, ist die Grundlage der Rechtsbeziehungen zwischen Mieter und Vermieter doch ein Vertrag. Ein solcher Vertrag erzeugt neben den jeweils typischen Hauptleistungspflichten auch zahlreiche Nebenpflichten, die der Sicherung des vereinbarten Leistungsaustausches dienen, aber auch das gegenseitige Vertrauen schützen sollen, auf das die Parteien ihre Versprechungen und Erwartungen gegründet haben. Besonders wichtig und daher schutzbedürftig ist dieses Vertrauensverhältnis bei Dauerschuldverhältnissen, die nicht zuletzt deshalb eine besondere Auflösungsmöglichkeit vorsehen (vgl. JBl. 1992, 187 mwN). Bei derartigen Schuldverhältnissen müssen die Parteien - unbeschadet der Wahrung ihrer Interessen - einander in besonderem Maß Treu und Glauben begegnen (vgl. Gschnitzer-Faistenberger-Barta-Eccher, Österr. Schuldrecht Allgemeiner Teil2, 51). Können sie ihre Rechtsbeziehungen nur aus wichtigen Gründen lösen, bedeutet dies nun keineswegs, daß die Pflicht zu gegenseitiger Rücksichtnahme gemindert wäre. Je stärker die Bindung ist, desto mehr sind die Parteien gehalten, auf eine gedeihliche, störungsfreie Rechtsbeziehung hinzuwirken.
Der Mietvertrag begründet ein solches Dauerschuldverhältnis (E 17 zu § 918 ABGB, MGA33), das noch dazu - wenn es dem Kündigungsschutz des MRG unterliegt - nur unter erschwerten Bedingungen aufgelöst werden kann. Er zeichnet sich außerdem durch einen besonders weiten Pflichtenkreis der Vertragspartner aus und schafft persönliche Abhängigkeiten, sodaß den Vertragspartnern ein hohes Maß gegenseitiger Rücksichtnahme abverlangt wird. Zu Recht hat daher das Rekursgericht von einem Mieter, der feststellt, daß die ihm zustehende Einsicht in die Betriebskostenbelege auf Mißverständnisse oder andere behebbare Hindernisse stößt, verlangt, in zumutbarem Ausmaß an der Behebung dieser Schwierigkeiten mitzuwirken. Im konkreten Fall von Verstänigungsschwierigkeiten mit dem kaum deutsch sprechenden Hausbesorger wäre es zumutbar gewesen, Abhilfe beim Vermieter bzw. dessen Hausverwalter zu suchen, der durch eine entsprechende Aufklärung des Hausbesorgers für eine dem Gesetz entsprechende Belegeinsicht hätte sorgen können. Solange nicht feststeht, ob der Antragsteller den Antragsgegner oder dessen Hausverwalter auf das entstandene Problem aufmerksam machte oder ob man auf der Seite des Antragsgegners ohnehin von der faktischen Unmöglichkeit einer ordnungsgemäßen Belegeinsicht wußte, ohne für eine Beseitigung der Schwierigkeiten zu sorgen, kann der mit Abrechnungsmängeln begründete Einwand der mangelnden Fälligkeit nicht verläßlich beurteilt werden. Zu Recht hat das Rekursgericht diesen Stoffsammlungsmangel zum Anlaß genommen, eine Verfahrensergänzung anzuordnen.
Auch in der Behandlung des im Verfahren nach § 37 MRG anzuwendenden Untersuchungsgrundsatzes (§ 2 Abs 2 Z 5 AußStrG) ist die Entscheidung des Rekursgerichtes nicht zu beanstanden. Die diesbezüglichen Rechtsausführungen geben die Judikatur richtig wieder (MietSlg. 39.531; WoBl. 1992, 35/30; 5 Ob 134/91; vgl. auch Würth-Zingher aaO, Rz 27 ff zu § 37 MRG). Demnach kann nicht zweifelhaft sein, daß die Behauptung des Antragsgegners, durch die Zusammenlegung von zwei Substandardwohnungen eine im Standard angehobene Wohnung (der Kategorie C) geschaffen und so den Belohnungstatbestand des § 16 Abs 1 Z 6 MRG erfüllt zu haben, die Verpflichtung des Gerichtes auslöste, alle für diesen Tatbestand entscheidungswesentlichen Umstände, also auch den Zeitraum der Leerstehung und den Zustand der Wohnung zu erheben. Mangelndes Tatsachen- und Beweisvorbringen in einzelnen Punkten durfte nicht zum Anlaß genommen werden, dem Antragsteller die Berufung auf den Belohnungstatbestand des § 16 Abs 1 Z 6 MRG zu versagen, da das Gericht gemäß § 182 Abs 1 ZPO sogar im Zivilprozeß (umso mehr im außerstreitigen Verfahren; § 2 Abs 2 Z 5 AußStrG) auf eine Vervollständigung der verfahrensrelevanten Tatsachenbehauptungen hinzuwirken hätte. Die Konsequenz einer Verweigerung sachdienlichen Vorbringens oder der nach Ausschöpfung aller bekannten Beweismittel anhaltenden Unbeweisbarkeit behaupteter Tatumstände, die für den Belohnungstatbestand des § 16 Abs 1 Z 6 MRG unabdingbar sind, wäre freilich die, daß ein die Kategoriemietzinse des § 16 Abs 2 Z 3 oder 4 MRG übersteigender Hauptmietzins nicht vereinbart bzw. begehrt werden durfte. Die diesbezüglichen Einwände gegen eine Behauptungs- und Beweislast des Antragstellers oder Antragsgegners im außerstreitigen Mietrechtsverfahren (siehe dazu Call, Mietrecht und Wohnungseigentum, 165 f; eine subjektive Behauptungs- und Beweislast in vermögensrechtlichen außerstreitigen Antragsverfahren bejahen allerdings auch RZ 1991, 124, 35; JBl. 1991, 309; 1 Ob 633/90; 6 Ob 579/91) verlieren nämlich zumindest dort ihre Berechtigung, wo der Gesetzgeber eine Regelung nach dem Schema von Grundsatz und Ausnahme konzipiert hat. Dies ist bei den gesetzlichen Bestimmungen über die Höhe des Hauptmietzinses bei entgeltgeschützten Objekten in § 16 MRG geschehen, da eine Überschreitung der Kategoriemietzinse nur in Ausnahmsfällen gestattet wurde. Wer sich auf einen solchen Ausnahmetatbestand beruft, hat daher die Regel gegen sich gelten zu lassen, wenn es selbst bei pflichtgemäßer Ausnützung aller vorhandenen Informations- und Beweismöglichkeiten nicht gelingt, die Erfüllung des Ausnahmetatbestandes nachzuweisen. Auch in diesem Punkt ist daher am rekursgerichtlichen Aufhebungsbeschluß festzuhalten.
Die Kostenentscheidung stützt sich auf § 37 Abs 3 Z 19 MRG iVm § 52 ZPO.
Anmerkung
E29312European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:1992:0050OB00058.92.0526.000Dokumentnummer
JJT_19920526_OGH0002_0050OB00058_9200000_000