Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Hofrat des Obersten Gerichtshofes Dr.Warta als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Klinger, Dr.Angst, Dr.Graf und Dr.Schalich als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Erich W*****, vertreten durch Dr.Peter Wiesauer und Dr.Helmuth Hackl, Rechtsanwälte in Linz, wider die beklagte Partei Franziska W*****, vertreten durch Dr.Alfred Haslinger ua, Rechtsanwälte in Linz, wegen Einwendungen gegen den Anspruch, infolge außerordentlicher Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Landesgerichtes Linz als Berufungsgerichtes vom 10.Juli 1991, GZ 18 R 355/91-25, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Bezirksgerichtes Linz vom 25. Februar 1991, GZ 13 C 11/90a-18, abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung
1. zu Recht erkannt:
Spruch
Der Revision wird nicht Folge gegeben, soweit sie die Exekution betrifft, die von der Beklagten zur Hereinbringung der ab März 1991 fällig werdenden Unterhaltsbeträge geführt wird. Das angefochtene Urteil wird im Punkt II 1 als Teilurteil mit der Maßgabe bestätigt, daß es zu lauten hat:
"Die mit Beschluß des Bezirksgerichtes Linz vom 6.8.1990, 1 F 10/87-4 (= 13 E 5537/90-1), bewilligte Exekution durch Pfändung und Überweisung von Arbeitseinkommen ist unzulässig, soweit sie zur Hereinbringung der ab März 1991 fällig werdenden Unterhaltsbeträge geführt wird."
2. den Beschluß
gefaßt:
Im übrigen wird der Revision Folge gegeben.
Das angefochtene Urteil, das im Punkt II 2 (Abweisung des Klagebegehrens in Ansehung eines Betrages von 944,57 S monatlich) mangels Anfechtung unberührt bleibt, wird im Punkt II 1, soweit es den Unterhaltsanspruch der Beklagten für die Zeit von Jänner 1989 bis Februar 1991 betrifft, und ferner im Kostenpunkt aufgehoben. Die Rechtssache wird in diesem Umfang zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Die Kosten des Revisionsverfahrens sind weitere Verfahrenskosten.
Text
Entscheidungsgründe:
Die in aufrechter Ehe lebenden Streitteile schlossen am 14.10.1987 vor dem Erstgericht einen Vergleich, in dem sie ua vereinbarten, jeweils einen gesonderten Haushalt zu führen. Der Punkt 3 des Vergleiches lautet:
"Der Antragsgegner (di der Kläger des hier zu entscheidenden Verfahrens) verpflichtet sich, ab 1.11.1987 während aufrechter Ehe 40 % des jeweiligen monatlichen Nettoeinkommens am Monatsersten im voraus bei fünftägigem Respiro an die Antragstellerin (di die Beklagte des hier zu entscheidenden Verfahrens) auf das von ihr angegebene Konto zu bezahlen. Es handelt sich derzeit um monatlich 6.000 S. ...
Dieser Berechnung liegt ein Durchschnittsnettoeinkommen auf seiten des Antragsgegners von monatlich 20.000 S, auf seiten der Antragstellerin von 3.930,36 S zugrunde, wo bereits bei beiden Teilen die Sonderzahlungen berücksichtigt sind."
Die Beklagte beantragte, ihr aufgrund dieses Vergleiches gegen den Kläger zur Hereinbringung der vollstreckbaren rückständigen Unterhaltsforderung von 40 % des jeweiligen monatlichen Nettoeinkommens des Klägers als Beamter des Magistrates der Stadt Linz in der Zeit vom 1.1.1989 bis 31.8.1990 abzüglich geleisteter Teilzahlungen von monatlich 6.000 S, also für den genannten Zeitraum von zusammen 120.000 S, sowie zur Hereinbringung der ab 1.9.1990 am Monatsersten fälligen Unterhaltsbeträge von 40 % des jeweiligen monatlichen Nettoeinkommens des Klägers aus dem angeführten Dienstverhältnis die Exekution durch Pfändung und Überweisung des Diensteinkommens oder eines diesem gleichgestellten Bezuges zu bewilligen. Das Erstgericht bewilligte mit einem mangels Anfechtung rechtskräftig gewordenen Beschluß die beantragte Exekution in Form eines Bewilligungsvermerkes gemäß § 112 Abs 1 Geo, ohne die Höhe des zu vollstreckenden Unterhaltsrückstandes festzustellen.
Der Kläger erhob "gegen diese Exekutionsbewilligung" Einwendungen und brachte hiezu vor, daß die Beklagte den Exekutionstitel vereinbarungswidrig ausnütze. Er sei darin nämlich mit der Beklagten übereingekommen, daß er 40 % des jeweiligen gemeinsamen Nettoeinkommens abzüglich des Einkommens der Beklagten zu bezahlen habe. Nachdem er seit 1.11.1987 "bis jetzt" 6.000 S (monatlich) bezahlt habe, begehre die Beklagte nunmehr 40 % seines Nettoeinkommens, ohne ihr eigenes Einkommen abzuziehen. Er stellte in diese Zusammenhang das Begehren, die Exekutionsbewilligung aufzuheben. Außerdem brachte er vor, daß sich in der Zwischenzeit die Verhältnisse geändert hätten, weil er nunmehr in Pension sei. Während sich deshalb sein durchschnittliches Monatseinkommen auf 19.238,59 S verringert habe, sei das monatliche Durchschnittseinkommen der Beklagten auf 4.400 S gestiegen. Dies ergäbe einen Unterhaltsanspruch der Beklagten von 5.055,43 S (= 40 % des gemeinsamen Einkommens von 23.638,59 S minus 4.400 S). Er stellte in diesem Zusammenhang das Begehren auszusprechen, daß der Anspruch der Beklagten aus dem Vergleich "hinsichtlich des im Vergleich mit 6.000 S festgesetzten Betrages laut Punkt 3 des Vergleiches, somit im Betrag von 944,57 S erloschen" sei.
Die Beklagte bestritt, daß nach der Parteienabsicht ihr Einkommen abzuziehen sei. In die Unterhaltsbemessung sei auch die dem Kläger zuerkannte Versehrtenrente einzubeziehen.
Das Erstgericht erklärte die von der Beklagten geführte Exekution für unzulässig, soweit sie für die Zeit bis einschließlich August 1990 zur Hereinbringung eines 18.843 S, für die Zeit von September bis Dezember 1990 zur Hereinbringung eines 7.097 S im Monat und seit Jänner 1991 zur Hereinbringung eines 6.434 S im Monat übersteigenden Betrages geführt wird. Das Klagemehrbegehren, die Exekution in einem weiteren Umfang für unzulässig zu erklären bzw die Exekutionsbewilligung gänzlich aufzuheben und auszusprechen, daß der Anspruch der Beklagten aus dem Vergleich im Ausmaß von 944,57 S (monatlich) erloschen sei, wies es ab.
Es stellte im wesentlichen folgendes fest:
Beim Abschluß des Vergleiches war es Absicht der Streitteile, für die Beklagte einen Unterhaltsanspruch zu schaffen, der 40 % des Einkommens des Klägers aus seinem Dienstverhältnis in der Höhe von damals etwa 20.000 S monatlich und der Pension der Beklagten in der Höhe von damals 3.930,36 S monatlich abzüglich dieses Einkommens ausmacht, wobei der sich hieraus ergebende Betrag von 5.641,78 S monatlich zugunsten der Beklagten auf 6.000 S aufgerundet wurde. Die Versehrtenrente, die der Kläger wegen eines Arbeitsunfalles bezog, sollte nach der Absicht der Parteien in die Unterhaltsbemessungsgrundlage nicht einzubeziehen sein.
Rechtlich war das Erstgericht der Meinung, daß die Klägerin den Exekutionstitel vereinbarungswidrig ausnütze, weil sie 40 % des monatlichen Einkommens des Klägers einschließlich der Versehrtenrente als Unterhalt beanspruche. Die vereinbarungswidrige Ausnützung des Exekutionstitels bilde einen Klagsgrund für die Impugnationsklage.
Das Erstgericht ermittelte sodann im Rahmen der rechtlichen Beurteilung aufgrund der von ihm getroffenen Feststellungen über die Einkommensverhältnisse der Streitteile den Unterhaltsanspruch der Beklagten in der Form, daß es - unter Außerachtlassung der dem Kläger zufließenden Versehrtenrente - dessen monatliches Durchschnittseinkommen und jenes der Beklagten zusammenzählte, hievon 40 % errechnete und von dem sich auf diese Weise ergebenden Betrag das Einkommen der Beklagten abzog. Diesen Betrag erhöhte es im Hinblick darauf, daß auch im Vergleich der rechnerische Unterhaltsbetrag von 5.641,78 S auf 6.000 S und somit im Ausmaß von 6 1/3 % aufgerundet worden sei, im selben Ausmaß. Unter Berücksichtigung der im Exekutionsantrag zugestandenen Zahlungen stellte es den Unterhaltsrückstand für die Zeit bis August 1990 mit 18.843 S, für die Zeit von September bis Dezember 1990 mit 7.097 S im Monat und für die Zeit ab Jänner 1991 mit 6.434 S im Monat fest und folgerte daraus, daß dem Impugnationsklagebegehren nur soweit stattgegeben werden könne, als die Exekution zur Hereinbringung von Unterhaltsbeträgen geführt werde, die die angeführten Beträge übersteigen. Dem Oppositionsklagebegehren sei entgegenzuhalten, daß die Einkommensschwankungen durch die Schaffung eines Bruchteilstitels ohnedies abgefangen würden und sich überdies das Einkommen des Klägers nicht verringert habe.
Das Berufungsgericht wies die von der Beklagten gegen dieses Urteil des Erstgerichtes erhobene Berufung zurück, soweit sie sich gegen die Abweisung des Klagebegehrens richtete, und gab ihr im übrigen nicht Folge. Der Berufung des Klägers gab es hingegen dahin Folge, daß es die von der Klage betroffene Exekutionsbewilligung aufhob. Es sprach aus, daß die ordentliche Revision nicht zulässig sei. Der Vergleich sei nicht exequierbar, weil es sich nicht um einen Bruchteilstitel handle, sondern sich der zu leistende Unterhalt erst durch eine Rechenoperation ermitteln lasse. Der Beklagten sei daher eine Bruchteilsexekution aufgrund eines nicht exequierbaren Titels bewilligt worden. Gegen diesen rechtsirrigen Beschluß hätte sich der Kläger jedenfalls mit Rekurs wehren können. Er könne jedoch gemäß § 36 Abs 1 Z 1 EO auch mit Klage geltend machen, daß die für die Fälligkeit oder Vollstreckbarkeit des Anspruchs maßgebenden Tatsachen nicht eingetreten seien. Dies treffe hier zu, weil dem Exekutionsantrag eine Erklärung des Dienstgebers über das Ausmaß der Bezüge nicht beigelegt und eine solche Erklärung vom Erstgericht vor der Bewilligung der Exekution auch nicht eingeholt worden sei. Dem "Impugnationsbegehren" sei daher Folge zu geben und die Exekutionsbewilligung mangels Fälligkeit und Vollstreckbarkeit des betriebenen Anspruchs aufzuheben.
Rechtliche Beurteilung
Die von der Beklagten gegen dieses Urteil des Berufungsgerichtes wegen Mangelhaftigkeit des Berufungsverfahrens und unrichtiger rechtlicher Beurteilung der Sache erhobene außerordentliche Revision ist zulässig, weil die Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs zu der in der Revision auch bezeichneten Frage, welche Rechtsbehelfe dem Verpflichteten zur Verfügung stehen, wenn die Exekutionsbewilligung mit der dem Exekutionstitel zugrundeliegenden Parteienabsicht nicht in Einklang steht, einer Ergänzung bedarf; sie ist auch teilweise berechtigt.
Die geltend gemachte Mangelhaftigkeit des Berufungsverfahrens liegt allerdings nicht vor (§ 510 Abs 3 ZPO).
Dem Berufungsgericht kann jedoch bei der Lösung der Frage der Exekutionsfähigkeit des hier den Exekutionstitel bildenden Vergleiches nicht gefolgt werden. Diese setzt gemäß § 7 Abs 1 EO voraus, daß dem Exekutionstitel die Person des Berechtigten und Verpflichteten sowie Gegenstand, Art, Umfang und Zeit der geschuldeten Leistung oder Unterlassung zu entnehmen sind. All dies ergibt sich aber aus dem Wortlaut des zwischen den Streitteilen geschlossenen Vergleiches. Davon verschieden ist die Frage, ob der Wortlaut der Absicht der Parteien entspricht. Ist dies nicht der Fall, so verliert der Exekutionstitel nicht die Exekutionsfähigkeit.
Hier besteht allerdings die Besonderheit, daß die geschuldete Leistung nicht mit einem festen Betrag, sondern mit einem Bruchteil angegeben wird. In einem solchen Fall darf die Exekution nur unter den im § 10a EO (idF vor der EO-Nov 1991) festgelegten Voraussetzungen bewilligt werden. Dazu gehört nach der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes, daß dem Titel eindeutig zu entnehmen ist, daß der geschuldete Bruchteil sich auf Bezüge des Verpflichteten aus einem Dienst- oder Arbeitsverhältnis bezieht (MGA EO12 § 10a/20). Hier ist es aber ohne Bedeutung, daß der Exekutionstitel dieser Forderung nicht entspricht, weil die Exekutionsbewilligung in Rechtskraft erwachsen ist. Dadurch wäre im übrigen auch der Mangel der fehlenden Exekutionsfähigkeit und somit auch der vom Berufungsgericht noch angenommene Mangel, daß im Exekutionstitel die geschuldete Leistung nicht bestimmt bezeichnet wurde, weil dem Bruchteil ein fester Betrag gegenübersteht, geheilt worden. Außerdem ist dem Vergleich ohnedies zu entnehmen, daß sich der Betrag von 6.000 S nur auf die Verhältnisse zur Zeit des Vergleichsabschlusses bezieht (arg. "derzeit"), weshalb der vom Berufungsgericht angenommene Mangel gar nicht gegeben ist.
Die Ansicht des Berufungsgerichtes zur Exekutionsfähigkeit des Vergleiches wird auch nicht durch die von ihm ins Treffen geführte Entscheidung SZ 58/46 = EFSlg 49.440 = RPflSlgE 1985/111 gestützt, weil in dem damals zu entscheidenden Fall der Wortlaut des Exekutionstitels dahin ging, daß die Unterhaltsschuld durch Errechnung eines Bruchteils der Summe der Einkommen beider Teile und Abzug des Einkommens der Frau zu ermitteln ist. Dies trifft hier jedoch nicht zu. Bei der Prüfung der Exekutionsfähigkeit eines Vergleiches ist aber nur von dessen Wortlaut und nicht von der - möglicherweise abweichenden - Absicht der Parteien auszugehen.
Dem Berufungsgericht ist allerdings darin beizupflichten, daß in der Exekutionsbewilligung die Höhe des zu vollstreckenden schon fälligen Anspruchs ziffernmäßig hätte angeführt werden müssen (§ 63 Z 2 iVm § 10a Abs 2 EO). Da die betreibende Partei eine Erklärung des Dienstgebers über das Ausmaß der Bezüge des Verpflichteten nicht vorlegte, hätte das Erstgericht dem Dienstgeber gemäß § 10a Abs 1 EO die Abgabe der Erklärung auftragen müssen. Daß es das nicht getan hat, bedeutet aber entgegen der Ansicht des Berufungsgerichtes nicht, daß der Eintritt der für die Fälligkeit oder Vollstreckbarkeit maßgebenden Tatsachen nicht gemäß § 7 Abs 2 EO bewiesen wurde. Diese Bestimmung kommt hier nämlich gar nicht zum Tragen, weil die Fälligkeit des Unterhaltsanspruchs der Beklagten im Exekutionstitel durch Angabe eines Kalendertages bestimmt ist und die Vollstreckbarkeit des Anspruchs nicht von dem durch den Berechtigten zu beweisenden Eintritt einer Tatsache abhängig gemacht wurde. Festzustellen ist vielmehr die Höhe des fälligen und damit auch vollstreckbaren Anspruchs. Hiefür steht aber nur das im § 10a EO vorgesehene Verfahren zur Verfügung. Wird es vor der Exekutionsbewilligung nicht durchgeführt, so ist der Mangel nachträglich zu beheben (EFSlg 34.556). Der im § 36 Abs 1 Z 1 EO dieser Bestimmung angeführte Klagsgrund ist in einem solchen Fall nicht gegeben.
Die Ansicht des Berufungsgerichtes stimmt im Ergebnis allerdings mit den Ausführungen von Heller-Berger-Stix (I 188) überein, die unter Berufung auf die in der Fußnote 26 zitierten Entscheidungen des Obersten Gerichtshofs JBl 1947, 398, JBl 1958, 98, JBl 1958, 210 und RZ 1959, 158 die Auffassung vertreten, daß dem Verpflichteten die Klage nach § 36 Abs 1 Z 1 EO zustehe, wenn er glaubt, daß er nach der Absicht der Parteien weniger oder etwas anderes zu leisten hätte, als die Auslegung der vollstreckbaren Vereinbarung ergibt. Diese Auffassung hat der Oberste Gerichtshof in der Entscheidung JBl 1979, 267 ohne nähere Begründung übernommen. Sie wird durch die von Heller-Berger-Stix bezogenen Entscheidungen nicht gestützt, weil diese nur die Frage betreffen, ob ein Exekutionstitel genügend bestimmt im Sinn des § 7 Abs 1 EO ist.
Steht die Exekutionsbewilligung mit der Parteienabsicht, die dem Exekutionstitel bildenden Vergleich zugrundeliegt, nicht im Einklang und hat der Verpflichtete die der Parteienabsicht entsprechende Leistung nach Entstehung des Exekutionstitels erbracht, so steht ihm jedenfalls gemäß § 35 Abs 1 EO die Einwendung offen, daß der Anspruch, zu dessen Gunsten Exekution bewilligt wurde, durch Erfüllung erloschen sei. In dem über diese Einwendung durchgeführten Rechtsstreit ist dann die Parteienabsicht als Vorfrage zu klären. Durch die Exekutionsbewilligung wird nämlich nur der Inhalt und Umfang des Exekutionsverfahrens bestimmt, während sich die Lösung der Frage, ob der im Exekutionsverfahren betriebene Anspruch erloschen ist, nach dem Inhalt des Exekutionstitels richtet. Eine ähnliche Rechtsansicht liegt den Entscheidungen SZ 16/127 und EvBl 1958/351 zugrunde.
Gerade der hier zu entscheidende Fall zeigt aber, daß damit dem Rechtsschutzbedürfnis des Verpflichteten dann nicht ausreichend entsprochen ist, wenn die Exekution gemäß § 372 EO oder § 6 Abs 3 LPfG (nunmehr § 291c Abs 1 EO idF der EO-Nov 1991) zur Hereinbringung künftig fällig werdender Leistungen geführt wird. Der Verpflichtete kann dagegen Einwendungen nach § 35 Abs 1 EO nicht erheben, weil es sich bei der mit der Exekutionsbewilligung nicht im Einklang stehenden Parteienabsicht nicht um eine Tatsache handelt, die erst nach Entstehung des Exekutionstitels eingetreten ist. Um dem Rechtsschutzbedürfnis des Verpflichteten Rechnung zu tragen, ist es daher geboten, ihm die Möglichkeit einer Klage zu geben, die die Einstellung der Exekution auch ermöglicht, soweit sie zur Hereinbringung der künftig fällig werdenden Leistungen geführt wird. Nach Ansicht des erkennenden Senates kommt hiefür die - entgegen der in der Revision vertretenen Meinung auch bei erschöpfender Aufzählung zulässige (MietSlg 37.818; RZ 1990/59; JUS 1992/969 ua; für Impugnationsklagen im Ergebnis auch SZ 7/55 und ÖBA 1991,
468) - analoge Anwendung des Tatbestandes nach § 36 Abs 1 Z 3 EO in Betracht, weil der Fall einer über die Parteienabsicht hinausgehende Exekutionsführung jenem gleichzuhalten ist, in dem der betreibende Gläubiger trotz eines Exekutionsverzichtes Exekution führt. Diese Auffassung liegt auf der Linie der nunmehr herrschenden Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs, wonach der angeführte Klagsgrund auch dann gegeben ist, wenn der Exekutionstitel vereinbarungswidrig erwirkt oder verwendet wird (EvBl 1968/360; SZ 44/14; RZ 1981/15 ua). Sie wird entgegen der in der Revision vertretenen Meinung nicht dadurch ausgeschlossen, daß dem Verpflichteten auch die Klage auf Feststellung des der Parteienabsicht entsprechenden Vergleichsinhalts zusteht (EvBl 1955/359), weil diese Feststellung nicht zur Einstellung einer bereits anhängigen Exekution führt.
Der erkennende Senat hält somit an der schon in der Entscheidung JBl 1979, 267 vertretenen Auffassung fest, daß der Verpflichtete, der behauptet, daß die Exekutionsbewilligung nicht der dem Exekutionstitel zugrundeliegenden Parteienabsicht im Einklang steht, Einwendungen gegen die Exekutionsbewilligung erheben kann, wobei er allerdings den Klagsgrund nach § 36 Abs 1 Z 3 EO für (analog) anwendbar hält. Er ist außerdem der Meinung, daß dem Verpflichteten, der die den Gegenstand der Exekution bildende Leistung in einem der Parteienabsicht entsprechenden Umfang erbracht hat, auch gemäß § 35 Abs 1 EO die Einwendung zusteht, daß der betriebene Anspruch erloschen sei. Da kein Grund besteht, ihm nicht daneben noch die Klage nach § 36 Abs 1 Z 3 EO einzuräumen, hat er die Wahl zwischen beiden Rechtsbehelfen, wobei die Impugnationsklage allerdings nur zur Beseitigung der konkreten Exekution führt (vgl Heller-Berger-Stix I 437; SZ 42/32 = EvBl 1969/242).
Es kann dahingestellt bleiben, ob das Vorbringen, das in der hier zu beurteilenden Klage erstattet wurde, nicht auch Einwendungen gegen den Anspruch nach § 35 Abs 1 EO enthielt, weil daraus die Behauptung abgeleitet werden kann, daß der Kläger durch die Bezahlung des Betrages von 6.000 S im Monat jene Unterhaltsschuld erfüllt hat, die nach der Absicht der Parteien durch den Vergleich vereinbart wurde. Dieser Annahme stünde weder die Bezeichnung der Klage noch allein das Klagebegehren entgegen (vgl SZ 42/32 = EvBl 1969/242). Die Beklagte ist nämlich nicht dadurch beschwert, daß ihr Anspruch nicht für erloschen erklärt wurde.
Wie schon das Erstgericht richtig erkannte, wird die Exekution nur in dem Umfang unzulässig, in dem der betriebene Anspruch über den der Parteienabsicht entsprechenden Anspruch hinausgeht. Da dies nach den Feststellungen des Erstgerichtes nicht auf den gesamten hier betriebenen Anspruch zutrifft, hat das Berufungsgericht die Exekutionsbewilligung zu Unrecht zur Gänze aufgehoben. Das Gesagte gilt allerdings nur für den Zeitraum, für den sich die Höhe des Unterhaltsanspruchs feststellen läßt, und daher nur bis zum Schluß der mündlichen Verhandlung erster Instanz, also bis Februar 1991. Für den nachfolgenden Zeitraum steht hingegen die Höhe des Einkommens der Streitteile noch nicht mit Sicherheit fest und es läßt sich daher für diesen Zeitraum nicht sagen, wie hoch der Unterhaltsanspruch der Beklagten ist. Diese Unklarheit muß aber zu ihren Lasten als betreibende Partei gehen, weshalb die Exekution ab März 1991 zur Gänze unzulässig ist. In diesem Umfang war das Urteil des Berufungsgerichtes zu bestätigen, allerdings mit der Maßgabe, daß ihm die übliche Fassung (vgl EvBl 1973/184) zu geben war.
Für den vorangehenden Zeitraum ist die Sache noch nicht spruchreif. Aus den Ausführungen des Erstgerichtes ergibt sich nämlich, daß es Absicht der Parteien war, den Unterhaltsanspruch jeweils um 6 1/3 % aufzurunden. Wenngleich diese Ausführungen im Rahmen der rechtlichen Beurteilung der Sache gemacht wurden, bilden sie inhaltlich eine Tatsachenfeststellung. Der Kläger hat diese Feststellung in seiner Berufung auch unter dem Berufungsgrund der unrichtigen Tatsachenfeststellung und unrichtigen Beweiswürdigung bekämpft. Das Berufungsgericht hat sich mit diesen Ausführungen jedoch nicht auseinandergesetzt, weil es die angeführte Tatsachenfeststellung, von seiner, vom Obersten Gerichtshof jedoch nicht gebilligten Rechtsansicht ausgehend, nicht für wesentlich hielt. Da diese Feststellung aber für die Höhe des Unterhaltsanspruchs der Beklagten und damit für den Umfang, in dem die von ihr geführte Exekution unzulässig ist, Bedeutung hat, mußte das Urteil des Berufungsgerichtes zur Erledigung der bezogenen Beweisrüge des Klägers aufgehoben werden, soweit es nicht in Rechtskraft erwachsen ist oder zu bestätigen war.
Der Ausspruch über die Kosten des Revisionsverfahrens beruht auf § 52 Abs 1 ZPO.
Anmerkung
E29229European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:1992:0030OB00053.92.0527.000Dokumentnummer
JJT_19920527_OGH0002_0030OB00053_9200000_000