TE OGH 1992/5/27 3Ob56/92

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Veröffentlicht am 27.05.1992
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Hofrat des Obersten Gerichtshofes Dr.Warta als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Klinger, Dr.Angst, Dr. Graf und Dr.Schalich als weitere Richter in der Exekutionssache der betreibenden Partei Sylvia P*****, vertreten durch den Sachwalter Dr.Johannes Ruckenbauer, Rechtsanwalt in Wien, wider die verpflichtete Partei Ing.Peter T*****, vertreten durch Dr.Michael Gabler und Mag.Dr.Erich Gibel, Rechtsanwälte in Wien, wegen Versteigerung einer gemeinschaftlichen Liegenschaft, infolge außerordentlichen Revisionsrekurses der verpflichteten Partei gegen den Beschluß des Landesgerichtes für ZRS Wien als Rekursgerichtes vom 16.Jänner 1992, GZ 46 R 972/91-21, womit der Beschluß des Bezirksgerichtes Hietzing vom 17.Juli 1991, GZ 4 E 310/91-12, abgeändert wurde, den Beschluß

gefaßt:

Spruch

Dem Revisionsrekurs wird Folge gegeben und der Beschluß des Erstgerichtes wiederhergestellt.

Die Revisionsrekursbeantwortung der betreibenden Partei wird zurückgewiesen.

Text

Begründung:

Die Parteien sind je zur Hälfte Eigentümer einer Liegenschaft, wobei auf dem Anteil des Verpflichteten ein Veräußerungs- und Belastungsverbot im Grundbuch eingetragen ist. Für die betreibende Partei wurde ein Sachwalter bestellt, zu dessen Wirkungskreis ihre Vertretung in allen zwischen den Parteien "vor Gerichten, Behörden und Ämtern" anhängigen Verfahren gehört.

Das Erstgericht bewilligte der betreibenden Partei auf Grund eines Urteils zum Zweck der Aufhebung der Eigentumsgemeinschaft die Versteigerung der Liegenschaft. Nachdem zwischen den Parteien Einverständnis über den Inhalt der Versteigerungsbedingungen erzielt worden war, stellte es diese Bedingungen fest; darin wurde über das Veräußerungs- und Belastungsverbot nichts gesagt. Erst in das Versteigerungsedikt wurde vom Erstgericht von Amts wegen ein Zusatz aufgenommen, wonach dieses Verbot vom "Erwerber" zu übernehmen sei.

In der zur Versteigerung der Liegenschaft anberaumten Tagsatzung wurde nur vom Verpflichteten ein Anbot in der Höhe des in den Versteigerungsbedingungen festgesetzten Ausrufpreises von 1,300.000 S gestellt und es wurde ihm hierauf die Liegenschaft um diesen Betrag zugeschlagen. Ein vorher von der betreibenden Partei gestellter Einstellungsantrag wurde abgewiesen.

Nach Erteilung des Zuschlags sprach das für die betreibende Partei zuständige Pflegschaftsgericht aus, daß die Versteigerungsbedingungen nicht genehmigt werden und der Erteilung des Zuschlags die Zustimmung versagt wird. Es begründete die Entscheidung im wesentlichen damit, daß der Verkehrswert den in den Versteigerungsbedingungen festgelegten Ausrufspreis "mit Sicherheit" wesentlich übersteige und daß durch die - zufolge den Entscheidungen EvBl 1962/486 und 3 Ob 100/86 unrichtige - Erklärung über die Übernahme des Veräußerungs- und Belastungsverbotes Interessenten vom Bieten abgehalten worden seien.

Das Rekursgericht bestätigte infolge Rekurses der betreibenden Partei die Abweisung des Einstellungsantrags, hob aber die Erteilung des Zuschlags auf und sprach aus, daß der Wert des Entscheidungsgegenstandes 50.000 S übersteigt und der (gemeint: ordentliche) Revisionsrekurs nicht zulässig sei. Da der Sachwalter zur Vertretung in den im § 154 Abs 3 ABGB genannten Angelegenheiten gemäß § 282 iVm § 254 (gemeint wohl: 245) dieses Gesetzes der gerichtlichen Genehmigung bedürfe und die Genehmigung sowohl der Versteigerungsbedingungen als auch des Zuschlags versagt worden sei, sei "das Geschäft" ungültig und der Zuschlag daher aufzuheben.

Rechtliche Beurteilung

Der vom Verpflichteten gegen diesen Beschluß des Rekursgerichtes erhobene, inhaltlich nur gegen den abändernden Teil gerichtete außerordentliche Revisionsrekurs ist gemäß § 78 EO iVm § 528 Abs 1 ZPO zulässig, weil zu der zu entscheidenden, in ihrer Bedeutung über den Einzelfall hinausgehenden Frage der Notwendigkeit einer pflegschaftsbehördlichen Genehmigung eine Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes fehlt; er ist auch berechtigt.

Auszugehen ist davon, daß auch im Verfahren zur Versteigerung einer gemeinschaftlichen Liegenschaft nach § 352 EO die Versteigerungsbedingungen vom Gericht festzustellen sind. Dies kann entweder schon im Teilungsverfahren oder erst im Exekutionsverfahren geschehen (vgl SZ 47/119; SZ 48/41; MietSlg 33.065 ua). Für den Inhalt der Versteigerungsbedingungen ist in erster Linie die Einigung der Parteien maßgebend. Wird eine Einigung nicht erzielt, so hat das Gericht die Versteigerungsbedingungen von sich aus festzustellen (SZ 40/52 = JBl 1968, 205), wobei erforderlichenfalls geeignete Beweise aufzunehmen sind, vor allem also auch die Schätzung der Liegenschaft anzuordnen ist (Heller-Berger-Stix III 2540).

Hat das Exekutionsgericht die Versteigerungsbedingungen schon durch Beschluß festgestellt, so ist für eine pflegschaftsbehördliche Genehmigung auf keinen Fall mehr Raum. Die vom Rekursgericht vertretene abweichende Auffassung würde zu einem unzulässigen Eingriff in die bindende Wirkung einer gerichtlichen Entscheidung führen. Dies gilt nicht nur für die Versteigerungsbedingungen, die schon im Teilungsverfahren festgestellt wurden, sondern muß in gleicher Weise für die erst im Exekutionsverfahren festgestellten Versteigerungsbedingungen gelten.

In dem der Entscheidung GlUNF 4032 zugrundeliegenden Fall hat das Exekutionsgericht allerdings nach Feststellung der Versteigerungsbedingungen die Genehmigung des Pflegschaftsgerichtes eingeholt und das Rekursgericht hat diese Vorgangsweise gebilligt. Der Entscheidung lag aber zum einen ein anderer Sachverhalt zugrunde, weil es sich für den Pflegebefohlenen um eine freiwillige Feilbietung handelte, bei der die Versteigerungsbedingungen von den Parteien immer einvernehmlich festgelegt werden müssen (SZ 40/52 = JBl 1968, 205). Überdies hat der Oberste Gerichtshof in dieser Entscheidung die Ansicht des Rekursgerichtes nicht als richtig, sondern nur als nicht offenbar gesetzwidrig im Sinn des § 16 Abs 1 AußStrG in der damals noch anzuwendenden Fassung vor der WGN 1989 bezeichnet. Aus dieser Entscheidung ist daher für den hier zu entscheidenden Fall nichts zu gewinnen.

Zu prüfen ist allerdings noch, ob nicht gegebenenfalls die Erklärung des Einverständnisses zum Inhalt der Versteigerungsbedingungen der pflegschaftsbehördlichen Genehmigung bedarf. Der erkennende Senat ist jedoch der Meinung, daß auch dies zu verneinen ist. Gegenstand der Genehmigung ist nämlich nur der Vertrag, der die Veräußerung zum Gegenstand hat (Pichler in Rummel, ABGB2 I Rz 16 zu §§ 154, 154a). Einen solchen Vertrag bilden die Versteigerungsbedingungen aber noch nicht, weil sie bloß ein Anbot zum Abschluß des Vertrages enthalten. Es ist auch nicht sinnvoll, schon für die Zustimmung zu den Versteigerungsbedingungen die Genehmigungspflicht anzunehmen, weil die Versteigerung gegenüber den Versteigerungsbedingungen zu einem für den Pflegebefohlenen günstigeren Ergebnis führen kann.

Das Rekursgericht durfte somit den Zuschlag nicht deshalb aufheben, weil das Pflegschaftsgericht die Versteigerungsbedingungen nicht genehmigte; die Entscheidung des Pflegschaftsgerichtes konnte auf die schon festgestellten Versteigerungsbedingungen keinen Einfluß mehr haben. Ebensowenig durfte der Zuschlag aufgehoben werden, weil das Pflegschaftsgericht der Erteilung des Zuschlags an den Verpflichteten nicht zugestimmt hat. Aus dem Gesetz läßt sich nicht ableiten, daß der Zuschlag für eine im Eigentum eines Pflegebefohlenen stehende Liegenschaft erst erteilt werden darf, wenn die Genehmigung des Pflegschaftsgerichtes vorliegt. Hier kommt dazu noch, daß auf die Versagung der Genehmigung auch deshalb nicht Bedacht genommen werden durfte, weil für die Überprüfung des Beschlusses des Erstgerichtes die Verhältnisse maßgebend sind, die zum Zeitpunkt der Erlassung des Beschlusses gegeben waren; die Genehmigung wurde aber erst nach diesem Zeitpunkt versagt.

Da auch sonst Hindernisse gegen die Erteilung des Zuschlags an den Verpflichteten als Meistbietenden nicht bestehen und von der betreibenden Partei in ihrem Rekurs auch nicht geltend gemacht wurden, war der Beschluß des Erstgerichtes wiederherzustellen. Der Oberste Gerichtshof sieht sich jedoch noch zu folgenden Bemerkungen veranlaßt:

Bei der Versteigerung einer gemeinschaftlichen Liegenschaft nach § 352 EO wird das Eigentum nicht auf Grund eines staatlichen Hoheitsaktes erworben, sondern es liegt ein Kauf vor (Heller-Berger-Stix III 2546; SZ 52/61 = MietSlg 31.819/26 = RZ 1980/2; MietSlg 33.065). Ist daran ein Pflegebefohlener beteiligt, so setzt die Eintragung im Grundbuch wie bei jedem anderen Kaufvertrag gemäß § 154 Abs 3 ABGB voraus, daß das Rechtsgeschäft vom Pflegschaftsgericht genehmigt wird. In diesem Sinn ist dem Rekursgericht darin beizupflichten, daß der Zuschlag der Genehmigung des Pflegschaftsgerichtes bedarf. Dies bildet entgegen der im Rekurs vertretenen Meinung keine unzulässige Überprüfung der Entscheidung des Exekutionsgerichtes, weil sie unberührt bleibt. Darin wird nämlich nur festgestellt, daß ein Kaufvertrag zwischen den Eigentümern und dem Ersteher zustande gekommen ist. Auf die Frage der Genehmigungspflicht dieses Rechtsgeschäftes ist die Entscheidung des Exekutionsgerichtes aber ohne Einfluß. Der Oberste Gerichtshof vermag sich daher den Ausführungen von Sabaditsch (in ÖJZ 1949, 262) nicht anzuschließen, soweit daraus etwas anderes abzuleiten ist. Daß der Teilungsanspruch gegen den Willen des Pflegebefohlenen durchsetzbar ist, hat keinen Einfluß darauf, daß die Interessen des Pflegebefohlenen weiterhin beachtet werden müssen, soweit damit die Durchsetzung des Anspruchs nicht vereitelt wird.

Das Pflegschaftsgericht ist bei der Entscheidung über die Genehmigung des Zuschlags an den Inhalt der Versteigerungsbedingungen im allgemeinen nicht gebunden, weil damit nur festgelegt wurde, auf welche Weise die Versteigerung durchzuführen ist. Es wurde mit der Feststellung der Versteigerungsbedingungen aber noch nicht darüber entschieden, ob durch die durchgeführte Versteigerung die Interessen des Pflegebefohlenen in ungerechtfertigter Weise verletzt werden. Die Prüfung dieser Frage fällt ausschließlich in den Aufgabenbereich des Pflegschaftsgerichtes. Eine Bindung wird daher nur zu bejahen sein, soweit das Pflegschaftsgericht - etwa durch Genehmigung der die Versteigerungsbedingungen enthaltenden Teilungsklage - über die Versteigerungsbedingungen schon entschieden hat.

Ist der Verkauf und damit die Erteilung des Zuschlags genehmigungspflichtig, so darf das Exekutionsgericht die im § 278 Abs 2 AußStrG vorgesehene Amtsurkunde erst ausfertigen, wenn die Genehmigung vorliegt, weil der Verkauf erst dann gültig wird (§ 865 ABGB). Daran ändert es entgegen der im Revisionsrekurs vertretenen Auffassung nichts, wenn für das Teilungsverfahren die Genehmigung des Pflegschaftsgerichtes vorliegt. Selbst wenn man diese Genehmigung in erweitender Auslegung des § 154a Abs 2 ABGB auf das Exekutionsverfahren ausdehnt, ist für die Einverleibung des Eigentumsrechtes des Erstehers eine besondere Genehmigung erforderlich, weil der Verkauf der Liegenschaft zu den im § 154 Abs 3 ABGB genannten "verfahrensrechtlichen Verfügungen, die den Verfahrensgegenstand an sich betreffen", gehört.

Hier wurde die Genehmigung des Zuschlags allerdings noch nicht rechtskräftig versagt. Es ist zwar ständige Rechtsprechung, daß der Vertragspartner oder Prozeßgegner des Pflegebefohlenen kein Rekursrecht wegen der Versagung der Genehmigung hat (EFSlg 18.963, 44.440, 58.192 ua). Im Falle einer Exekution zur Aufhebung der Eigentumsgemeinschaft ist aber zu bedenken, daß alle Parteien des Exekutionsverfahrens den Anspruch auf Teilung haben (MGA EO12 § 351/6). In diesen Anspruch wird eingegriffen, wenn der Zuschlag nicht genehmigt wird. Aus diesem Grund haben gegen den Beschluß, mit dem dem Zuschlag die Genehmigung versagt wird, auch jene Parteien des Exekutionsverfahrens das Rekursrecht, die nicht Pflegebefohlene sind.

Da dem Verpflichteten der Beschluß des Pflegschaftsgerichtes über die Versagung der Genehmigung des Zuschlags noch nicht zugestellt wurde, steht ihm der Rekurs gegen diesen Beschluß noch offen. Er ist daher durch die hier angefochtene Entscheidung des Rekursgerichtes noch beschwert, weshalb sein Revisionsrekurs nicht mangels eines Rechtsschutzinteresses (vgl EvBl 1984/84 uva) unzulässig ist.

Die Revisionsrekursbeantwortung der betreibenden Partei ist unzulässig, weil sich der Revisionsrekurs nicht gegen einen der im § 521a Abs 1 ZPO angeführten Beschlüsse richtet.

Anmerkung

E29230

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1992:0030OB00056.92.0527.000

Dokumentnummer

JJT_19920527_OGH0002_0030OB00056_9200000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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