Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Prof.Dr.Friedl als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Hon.Prof.Dr.Gamerith, Dr.Kodek, Dr.Niederreiter und Dr.Redl als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei B***** AG, ***** vertreten durch Dr.Ernst Chalupsky und Dr.M.Gumpoldsberger, Rechtsanwälte in Wels, wider die beklagten Parteien 1. Verein "Farben-Profi" Werbegemeinschaft, *****,
2. Siegfried D*****, vertreten durch Dr.Wolfgang Putz und andere Rechtsanwälte in Wien, wegen Unterlassung und Beseitigung (Streitwert S 500.000) infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Graz als Berufungsgericht vom 5.Dezember 1991, GZ 3 R 99/91-25, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Landesgerichtes für ZRS Graz als Handelsgericht vom 22.Februar 1991, GZ 19 Cg 325/89-20, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den Beschluß
gefaßt:
Spruch
Der Revision wird Folge gegeben. Die Urteile der Vorinstanzen werden aufgehoben; die Rechtssache wird zur Ergänzung des Verfahrens und zur neuerlichen Entscheidung an das Erstgericht zurückverwiesen.
Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind weitere Verfahrenskosten.
Text
Begründung:
Die Klägerin betreibt in zahlreichen Betriebsstätten im gesamten Bundesgebiet Baumärkte. Ihr Haupttätigkeitsgebiet ist die Herstellung und der Groß- und Einzelhandel mit Baustoffen, so auch mit Farben und Lacken. Seit der Mitte der 70er Jahre verwendet die Klägerin die Bezeichnungen "Ihr Bau Profi" und "Bau Profi" zur Kennzeichnung ihres gesamten Warensortiments; seit 1983 verwendet sie für die Kennzeichnung von Farben (auch) das - nicht registrierte - Warenzeichen "Farbprofi"; für letzteres hat sie - nach den Feststellungen des Erstgerichtes "bereits zum Zeitpunkt der Registrierung der Marke des Erstbeklagten - durch den Gebrauch "in ganz Österreich Verkehrsgeltung erlangt."
Die S***** GmbH ist Inhaberin der Marke "Profi" für die Warenklassen 1 (chemische Erzeugnisse) und 2 (Farben und Lacke), deren Schutz vorläufig bis 20.1.1996 andauert. Im Jahr 1982 oder 1983 hat die Klägerin von der S***** GmbH die Lizenz an der Marke "Profi" für diese Warenklassen erworben. Feststellungen über den Tag der ordnungsgemäßen Anmeldung dieser Marke (Priorität) fehlen.
Die Klägerin meldete am 9.8.1983 die Wort-Bild-Marke "Ihr Bau Profi" beim Österreichischen Patentamt an; diese Marke ist mit Beginn der Schutzdauer 30.11.1983 für die Warenklassen 1, 2, 6, 7, 8, 11, 17, 19, 21, 27 und 37 registriert. Am 6.12.1985 meldete die Klägerin die Wort-Bild-Marke "Bau Profi" beim Österreichischen Patentamt an; diese Marke ist mit Beginn der Schutzdauer 16.5.1986 für dieselben Warenklassen registriert. Beide Marken wurden ohne Verkehrsgeltungsnachweis für den Kennzeichenbestandteil "Profi" eingetragen.
Der Erstbeklagte ist ein zufolge Nichtuntersagungsbescheides vom 19.5.1987 mit dem Namen "Farben-Profi" Werbegemeinschaft eingetragener Verein. Ihm gehören 35 Händler an, welche Farben und Lacke an 40 Standorten in Österreich - ausgenommen in den Bundesländern Burgenland und Vorarlberg - unter der Marke "Farben Profi" vertreiben. Diese Marke ist zugunsten des Erstbeklagten auf Grund der Anmeldung vom 12.10.1987 mit dem Beginn der Schutzdauer 21.9.1988 für die Warenklassen 2 und 16 (Pinsel) eingetragen. Der Zweitbeklagte ist Obmann des erstbeklagten Vereins und betreibt auch selbst den Handel mit Lacken und Farben.
Die Klägerin beantragt,
1. den Erstbeklagten schuldig zu erkennen, binnen acht Wochen seinen Vereinsnamen so abzuändern, daß das Wort "Profi" nicht mehr Bestandteil seines Namens ist;
2. den Zweitbeklagten schuldig zu erkennen, es im geschäftlichen Verkehr zu unterlassen, unter der Verwendung des Namens "Profi" aufzutreten sowie die registrierte Marke "Profi" auf den Ausstattungen der von ihm vertriebenen Produkte zu verwenden. Zweck der Tätigkeit des Erstbeklagten sei die Förderung seiner Mitglieder durch Schaffung besserer Einkaufskonditionen sowie durch gemeinsame Werbemaßnahmen; er biete seinen Mitgliedern ein ausgereiftes Marketing-Konzept an. Die einzelnen Mitglieder träten unter dem Namen "Farben Profi" auf und vertrieben - im Groß- und auch im Einzelhandel - Farben, Lacke, Verdünnungen und entsprechendes Zubehör unter der Bezeichnung "Farben Profi". Durch die Verwendung dieses Kennzeichens als Name und als Warenkennzeichen griffen die Beklagten in die prioritätsälteren Kennzeichenrechte der Klägerin an ihren Marken "Bau Profi" und "Ihr Bau Profi", an ihrem nichtregistrierten Warenzeichen "Farbprofi" sowie an ihrem ausschließlichen Lizenzrecht an der Marke "Profi" ein. Das Wort "Profi" gehöre zwar dem allgemeinen Sprachgebrauch an, habe aber dennoch markenrechtliche Unterscheidungskraft; außerdem hätten sich sämtliche Zeichen als Kennzeichen der Klägerin im Verkehr durchgesetzt. Diese Kennzeichen würden nicht nur in den 10 Niederlassungen der Klägerin, sondern auch von einer Reihe weiterer, der sogenannten "Bauprofi"-Gruppe angehörenden Unternehmen in zahlreichen Standorten in Österreich benützt. Die Kennzeichen der Streitteile seien einander - auch in Ansehung des Schriftzuges - verwechselbar ähnlich; es bestehe aber auch die Gefahr von Verwechslungen im weiteren Sinn.
Die Beklagten beantragen die Abweisung der Klage. Schon seit Anfang des Jahres 1986 seien die später zum Erstbeklagten zusammengeschlossenen Farbenhändler unter dem Schlagwort "Farben Profi" aufgetreten. Das Wort "Profi" sei wegen seiner Zugehörigkeit zum allgemeinen Sprachgebrauch für sich allein markenrechtlich überhaupt nicht schützbar; es gewinne erst durch die Kombination mit anderen Wörtern Kennzeichnungskraft. Da jedoch die Klägerin nur den Schutz der Wortmarke "Profi" in Anspruch nehme, könne sie den Verkehrsgeltungsnachweis nicht antreten. Schließlich sei die Marke des Erstbeklagten "Farben Profi" zufolge der Markenameldung vom 12.10.1987 und der Verwendung als Warenkennzeichen schon seit dem Jahr 1986 prioritätsälter als sämtliche Kennzeichenrechte der Klägerin. Eine Ähnlichkeit zwischen den Wort-Bild-Marken "Bau Profi" sowie "Farbprofi" und der Bezeichnung "Farben Profi" sei - insbesondere auch in bezug auf den Schriftzug - nicht gegeben.
Das Erstgericht wies die Klage ab. Das von der Klägerin verwendete, nicht registrierte Warenzeichen "Farbprofi" sei zwar infolge Erlangung der Verkehrsgeltung für die Klägerin vor der Registrierung der Marke der Beklagten prioritätsälter. Darauf komme es aber im vorliegenden Fall nicht an, weil die Klägerin nicht etwa die Unterlassung der Verwendung der Wort-Bild-Marke des Erstbeklagten "Farben Profi" begehre; sie strebe vielmehr die Beseitigung des Wortes "Profi" aus dem Vereinsnamen des Erstbeklagten sowie die Unterlassung der Verwendung des Zeichens "Profi" als Name oder als Warenkennzeichen durch den Zweitbeklagten an. Dieses Wort allein, welches dem allgemeinen Sprachgebrauch angehöre und erst in Kombination mit anderen Wörtern die Bedeutung erlange, in dem dadurch bezeichneten Sachgebiet "professionell" zu sein, genieße keinerlei Kennzeichnungskraft und sei markenrechtlich absolut unschützbar. Außerdem sei die Marke des Erstbeklagten den Kennzeichen der Klägerin nicht verwechselbar ähnlich.
Das Berufungsgericht bestätigte das Urteil des Erstgerichtes und sprach aus, daß der Wert des Entscheidungsgegenstandes S 50.000 übersteige und die Revision zulässig sei. Es verneinte das Vorliegen von Verfahrensmängeln und hielt die vom Erstbeklagten gegen die Feststellung über die Erlangung der Verkehrsgeltung für das nicht registrierte Warenzeichen "Farbprofi" vor der Registrierung seiner Marke erhobene Tatsachenrüge für unberechtigt. Das der Umgangssprache angehörende Wort "Profi" sei markenrechtlich absolut unschützbar; an ihm könnten einzelne Wettbewerber auch keinen wettbewerbsrechtlichen Schutz erlangen. Nicht einmal der Kombination mit irgendwelchen anderen Wörtern, wie etwa "Farb(en) Profi", komme Unterscheidungskraft zu, würde doch damit nur zum Ausdruck gebracht, daß sich der Zeichenbenützer mit einer bestimmten Tätigkeit oder einer Warengattung in fachmännischer Art und Weise befasse. Welche Unterscheidungskraft ein derartiges Zeichen haben sollte, sei nicht ersichtlich. Den Beklagten könne daher auch die Verwendung des Warenkennzeichens "Farben Profi" nicht untersagt werden; im übrigen wäre ein solches Gebot im Vergleich zum tatsächlich erhobenen Begehren nicht bloß ein Minus, sondern ein Aliud, habe doch die Klägerin im Prozeß ausdrücklich den Standpunkt vertreten, daß ihr die Verwendung des Wortes "Profi" im geschäftlichen Verkehr allein zustehe.
Gegen dieses Urteil richtet sich die wegen Mangelhaftigkeit und unrichtiger rechtlicher Beurteilung erhobene Revision der Klägerin mit dem Antrag, die Entscheidung im Sinne der Stattgebung der Klage abzuändern; hilfsweise werden auch Aufhebungsanträge gestellt.
Die Beklagten beantragen, der Revision nicht Folge zu geben.
Die Revision ist berechtigt.
Rechtliche Beurteilung
Die gerügte Mangelhaftigkeit des Verfahrens liegt schon deshalb nicht vor, weil die Klägerin in unzulässiger Weise nur einen bereits vom Berufungsgericht verneinten Mangel des Verfahrens erster Instanz geltend macht (EvBl 1989/165 uva).
Absolut schutzunfähig als Marke - und auch als sonstige Bezeichnung von Waren oder Dienstleistungen - sind nur solche Zeichen, die zur Bezeichnung bestimmter Gattungen von Waren oder Dienstleistungen im Verkehr allgemein üblich sind (§ 4 Abs 1 Z 3 MSchG); sie können nicht als Marke registriert werden (§ 4 Abs 2 MSchG) und genießen auch keinen Schutz nach § 9 UWG (ÖBl 1991, 254 mwN). Die Kennzeichen "Profi", "Farbprofi" oder "Farben Profi" sind jedoch keineswegs eine, geschweige denn die einzige allgemein gebräuchliche Bezeichnung für Farben oder Lacke. Zu Unrecht sind daher die Vorinstanzen davon ausgegangen, daß an dem Wort "Profi" (zur Kennzeichnung von Farben und Lacken) ein absolutes Freihaltebedürfnis bestehe. Darüber hinaus sind sie aber auch der Meinung, daß sowohl das Wort "Profi" als auch die Wortverbindungen "Farbprofi" oder "Farben Profi" keine Unterscheidungskraft hätten.
Unterscheidungskraft haben - bei Wortmarken - grundsätzlich nur frei erfundene, keiner Sprache angehörende Phantasiewörter (ieS) oder solche Wörter, die zwar dem allgemeinen Sprachgebrauch angehören, jedoch mit der Ware (Dienstleistung), für die sie bestimmt sind, in keinem Zusammenhang stehen; entscheidend ist dabei, ob die Wörter im Verkehr als Phantasiebezeichnungen aufgefaßt werden (ÖBl 1991, 254 mwN; ÖBl 1990, 24). Auch der Kennzeichenbestandteil "Profi" hängt jedoch mit den damit von der Klägerin gekennzeichneten Waren, insbesondere Farben und Lacken, unverkennbar zusammen, wird doch durch ihn der Eindruck hervorgerufen, daß diese Waren von einem "Profi", also einem besonderen Fachmann, erzeugt oder gehandelt würden oder doch für eine "professionelle" Verarbeitung bestimmt seien. Auch im Zusammenhang mit den weiteren Bestandteilen der Kennzeichen der Klägerin "Farb", "Bau" oder "Ihr Bau" ergibt sich kein anderer (neuer) Bedeutungszusammenhang; das Wort "Profi" enthält vielmehr auch in Kombination mit diesen Wörtern nur beschreibende Angaben über die Art der Herstellung, die Bestimmung oder die Beschaffenheit der damit bezeichneten Waren oder Dienstleistungen iS des § 4 Abs 1 Z 2 MSchG. Alle diese Wertverbindungen sind somit keine eigentümlichen sprachlichen Neubildungen, in denen die sonst übliche Bedeutung der einzelnen Wörter so in den Hintergrund tritt, daß die Wortverbindung geeignet wäre, auf ein bestimmtes Unternehmen hinzuweisen und es von anderen zu unterscheiden (vgl dazu etwa ÖBl 1979, 77; ÖBl 1981, 104; ÖBl 1986, 127).
Kennzeichnungskraft kann eine beschreibende Angabe allerdings unter der Voraussetzung der Verkehrsgeltung erlangen. Dabei reicht es für den wettbewerbsrechtlichen Schutz nicht registrierter Warenzeichen iS des § 9 Abs 3 UWG aus, wenn sie innerhalb beteiligter Verkehrskreise als Kennzeichen eines Unternehmens gelten. Für den markenrechtlichen Schutz ist es hingegen gemäß § 4 Abs 2 MSchG erforderlich, daß das Zeichen in den beteiligten Verkehrskreisen als Kennzeichen der Waren oder Dienstleistungen des Unternehmens des Anmelders gilt. Auch als Bestandteil einer registrierten Wort-Bild-Marke (hier: "Bau Profi" und "Ihr Bau Profi") kann eine beschreibende Wortangabe - als nicht registriertes Warenzeichen - nur unter den Voraussetzungen des § 9 Abs 3 UWG Kennzeichnungskraft erlangen.
Auch aus der Lizenz (vgl zur Klageberechtigung des Lizenznehmers an einer Marke wegen Ansprüchen aus § 9 UWG SZ 17/87; SZ 23/143; SZ 50/47; ÖBl 1987, 63 ua) an der für die Warenklassen 1 (chemische Produkte) und 2 (Farben und Lacke) registrierten Wortmarke "Profi" könnte die Klägerin nur unter der Annahme ihrer Verkehrsgeltung einen wettbewerbsrechtlichen Anspruch ableiten. Die Gerichte sind dabei - soweit es um Rechtsfragen geht - an die Beurteilung des Patentamtes nicht gebunden; vielmehr haben sie die Verwendung der Marke unter dem Gesichtspunkt des Wettbewerbsrechtes selbständig zu beurteilen (SZ 52/192 uva). Die Registrierung einer Marke durch das Patentamt schafft nur dann einen prima-facie-Beweis für die Verkehrsgeltung eines Zeichens, das nur auf Grund eines Verkehrsgeltungsnachweises eingetragen werden kann, wenn ein solcher Nachweis tatsächlich Grundlage der Eintragung war (ÖBl 1982, 160; ÖBl 1986, 7; ÖBl 1991, 254). Derartiges hat aber die Klägerin für die Registrierung der Marke "Profi" nicht behauptet.
Alle Kennzeichenrechte, auf die sich die Klägerin beruft, sind daher nur unter der Voraussetzung der Verkehrsgeltung für die Klägerin (bei der registrierten Marke "Profi" für die Firma S*****) rechtsbeständig. Ob eine bestimmte Bezeichnung Verkehrsgeltung iS des § 9 Abs 3 UWG erlangt hat, ist keine reine Beweisfrage, sondern eine - auf Grund der hiefür in Betracht kommenden tatsächlichen Grundlagen zu beurteilende - Rechtsfrage (ÖBl 1971, 101; ÖBl 1978, 40). Verkehrsgeltung liegt dann vor, wenn ein Zeichen "in beteiligten Verkehrskreisen" als Hinweis auf ein Unternehmen oder dessen Waren oder Dienstleistungen bekannt ist. Sie braucht durchaus nicht in allen beteiligten Kreisen - Großhändler, Einzelhändler, Verbraucher - zu bestehen; vielmehr genügt es, wenn auch nur ein nicht unbeträchtlichter Teil einer der im konkreten Fall angesprochenen Gruppen in der Bezeichnung einen Hinweis auf ein bestimmtes Unternehmen sieht (ÖBl 1986, 25; ÖBl 1989, 162). Der Bekanntheitsgrad eines Zeichens - also die Angabe, wie weit die beteiligten Verkehrkreise das Zeichen überhaupt kennen - sagt über seine Verkehrsgeltung noch nichts aus. Entscheidend ist vielmehr in erster Linie der Kennzeichnungsgrad; er gibt an, wie weit das Zeichen innerhalb beteiligter Verkehrskreise als Hinweis auf ein bestimmtes Unternehmen, eine bestimmte Ware oder Leistung angesehen wird. Das Unternehmen selbst muß dabei nicht bekannt sein; es genügt, wenn an die Waren oder Leistungen des Zeichenträgers, nicht aber an diesen selbst, gedacht wird. Der Zuordnungsgrad - also die Angabe, wie weit das Unternehmen, mit dem das Zeichen in Zusammenhang gebracht wird, namentlich bekannt ist - ist keine notwendige Voraussetzung für die Verkehrsgeltung; nach ihm muß nur dann gefragt werden, wenn die Frage nach dem entsprechenden Kennzeichnungsgrad zu keinem eindeutigen Ergebnis geführt hat (ÖBl 1989, 162; ÖBl 1991, 251; vgl auch SZ 58/54). Eindeutige Feststellungen, die eine solche Beurteilung ermöglichen, fehlen hier aber. Die einzige "Feststellung", daß die Klägerin durch den Gebrauch des nicht registrierten Warenkennzeichens "Farbprofi" in ganz Österreich Verkehrsgeltung erlangt hat, ist in Wahrheit eine - noch nicht
überprüfbare - rechtliche Beurteilung; die dafür erforderlichen Tatsachengrundlagen fehlen. Maßgebend für die Priorität nicht registrierter Warenzeichen ist der Zeitpunkt, in dem diese Verkehrsgeltung erlangt worden ist (Hohenecker-Friedl, Wettbewerbsrecht 54); auch darüber hat aber das Erstgericht im Hinblick auf die vorstehenden Ausführungen bisher noch keine Feststellungen getroffen. Schließlich haben die Beklagten auch behauptet, die am 12.10.1987 angemeldete Marke "Farben Profi" schon "seit dem Jahr 1986" benützt zu haben; auch darüber fehlen Feststellungen. Diese wären deshalb von Bedeutung, weil ein zwar nicht registriertes, aber bereits längere Zeit verwendetes und Verkehrsgeltung besitzendes Warenzeichen im Rahmen des wettbewerbsrechtlichen Schutzes eine später registrierte Marke nur dann verdrängen oder in ihrer Gebrauchsmöglichkeit einschränken kann, wenn es dem Inhaber des nicht registrierten Warenzeichens gelingt, den früheren befugten Gebrauch und die Verkehrsgeltung seines Zeichens nachzuweisen; § 31 Abs 1 MSchG ist bei Unterlassungsklagen nach § 9 Abs 3 UWG sinngemäß anzuwenden (SZ 55/43; Hohenecker-Friedl, Wettbewerbsrecht 54).
Das Erstgericht wird daher im fortgesetzten Verfahren nach Erörterung der für Priorität und Verkehrsgeltung (insbesondere den Kennzeichnungsgrad) maßgebenden Tatsachen Feststellungen im vorstehenden Sinn zur Beurteilung der Fragen zu treffen haben, an welchen der in Frage kommenden Kennzeichen und in welchem Zeitpunkt die Klägerin (bzw ihre Lizenzgeberin) zur Kennzeichnung von Farben und Lacken Verkehrsgeltung erlangt hat. Sollte sich herausstellen, daß die Klägerin (bzw ihre Lizenzgeberin) gegenüber der Marke der Beklagten prioritätsältere Kennzeichenrechte erworben hat, dann wären sowohl der gegen den Erstbeklagten erhobene Beseitigungsanspruch als auch die gegen den Zweitbeklagten gerichteten Unterlassungsansprüche berechtigt. Die Verwechslungsgefahr steht bei identischer Übernahme des (einzigen) prägenden Wortes "Profi" zur Kennzeichnung gleicher oder ähnlicher Waren außer Frage (SZ 57/88; ÖBl 1980, 157). Beim Zusammentreffen mehrerer Schutzrechte (hier das nicht registrierte Warenzeichen "Farbprofi", der durch die Registrierung von Wort-Bild-Marken allein noch nicht markenrechtlich geschützte Wortbestandteil "Profi" und die Marke "Profi" mit dem Namen und der Marke des Erstbeklagten) entscheidet nur der zeitliche Vorrang (Hohenecker-Friedl aaO 53 f; SZ 55/43). Daß der Erstbeklagte als Werbegemeinschaft von Farbenhändlern im geschäftlichen Verkehr tätig ist, kann ebensowenig zweifelhaft sein.
Aus den dargelegten Gründen waren daher die Urteile der Vorinstanzen aufzuheben; die Rechtssache mußte zur Verfahrensergänzung und neuerlichen Entscheidung an das Erstgericht zurückverwiesen werden.
Die Entscheidung über die Kosten des Rechtsmittelverfahrens gründet sich auf § 52 Abs 1 ZPO.
Anmerkung
E29268European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:1992:0040OB00026.92.0616.000Dokumentnummer
JJT_19920616_OGH0002_0040OB00026_9200000_000