Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Prof.Dr. Friedl als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes
Hon.Prof.Dr. Gamerith, Dr. Kodek, Dr. Niederreiter und Dr. Redl als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei "f*****" ***** Gesellschaft mbH & Co., ***** vertreten durch Dr. Leonhard Lindner, Rechtsanwalt in Dornbirn, wider die beklagte Partei S*****-Aktiengesellschaft, Zweigniederlassung D*****, vertreten durch Dr. Peter Raits, ua, Rechtsanwälte in Salzburg, wegen Unterlassung und Urteilsveröffentlichung (Gesamtstreitwert: S 500.000,--; Revisionsinteresse:
S 83.333,33), infolge außerordentlicher Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Innsbruck als Berufungsgerichtes vom 13. Februar 1992, GZ 2 R 341/91-19, den Beschluß
gefaßt:
Spruch
Die außerordentliche Revision der beklagten Partei wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen (§ 510 Abs 3 ZPO).
Rechtliche Beurteilung
Begründung:
Nach ständiger Rechtsprechung wird die Beurteilung einer Werbeankündigung auf die angesprochenen Verkehrskreise als Rechtsfrage angesehen, soweit dazu - wie hier - die Erfahrungen des täglichen Lebens genügen (ÖBl 1990, 176 mwN). Schon im Hinblick auf die zweimalige Einschaltung des beanstandeten Slogans "Alles billiger" in einer Vorarlberger Tageszeitung konnte er von den flüchtigen Lesern nur dahin verstanden werden, daß die Beklagte "billiger" sei als sämtliche anderen örtlichen Supermärkte. Ein Verständnis der Werbeankündigung dahin, daß diese (nur) auf die Preise des Vorgängermarktes am selben Standort abstellt, lag hingegen für das angesprochene Publikum so fern, daß sie praktisch von niemandem auch nur in Betracht gezogen werden konnte.
Richtig ist aber, daß sich die Meinung des Berufungsgerichtes, bei Wertung des beanstandeten Slogans als marktschreierische Ankündigung enthalte er den - mit seiner wörtlichen Auslegung jedoch identischen (!) - "Tatsachenkern", daß im Markt der Beklagten "alle angebotenen Waren gegenüber vergleichbaren Mitkonkurrenten billiger seien", nicht auf die Entscheidungen ÖBl 1984, 97 und ÖBl 1989, 45 stützen kann; sie steht auch im Widerspruch zur weiteren Auffassung des Berufungsgerichtes, eine solche Ankündigung sei nur dann richtig, wenn sie zumindest für den weit überwiegenden Teil des Warenangebotes zutrifft. In ÖBl 1984, 97 war nämlich der Slogan "Wir sind immer billiger" nur deshalb als marktschreierische Ankündigung qualifiziert worden, weil er mit der eindeutig als Übertreibung erkennbaren Behauptung "Österreich kauft bei H" verbunden gewesen war. Demgegenüber wurde in ÖBl 1989, 45 die Frage, ob auch die nur mit der Bekanntgabe einer Fülle von Einzelpreisen verbundene Werbebehauptung "Wir sind immer billiger" vom Verkehr als marktschreierisch qualifiziert wird, ausdrücklich offen gelassen. In beiden Fällen wurde aber ausgesprochen, daß der Werbende für die Richtigkeit des in seiner Reklame enthaltenen "Tatsachenkerns", nämlich die Behauptung einer im Vergleich zu den Mitbewerbern besonders günstigen Einkaufsmöglichkeit, einstehen muß. Eine solche Behauptung wäre jedoch nur dann richtig, wenn die Preise des Werbenden nur bei einigen wenigen Produkten gleich hoch oder höher als bei Konkurrenzunternehmungen sind. Als deutlich erkennbare marktschreierische Anpreisung mit dem "Tatsachenkern" einer im Vergleich zu Mitbewerbern besonders günstigen Einkaufsgelegenheit wurden auch die Ankündigungen, daß der "Preisboxer DOGRO" jeden Preis schlage und "DOGRO-Preise alle absolut sensationell in Österreich" seien, gewertet (ÖBl 1990, 158).
Dennoch ist aber die Rechtsfrage im Ergebnis richtig gelöst worden, weil die Ankündigungen der Beklagten "Alles billiger" und "Superpreise bei allen Waren" im Zusammenhang mit der Werbung für die Eröffnung eines neuen Supermarktes gemacht wurden und schon deshalb nicht von jedermann sofort als nicht ernst gemeinte reklamehafte Übertreibung erkannt werden konnten. Aus Anlaß der Neueröffnung eines Supermarktes und auch in der Anlaufphase danach sind nämlich - mitunter sogar durchaus
extreme - Preisherabsetzungen ein übliches und dem Publikum daher bekanntes Werbemittel; im Zweifel ist demnach immer - so auch hier - eine ernstgemeinte Tatsachenbehauptung anzunehmen (Hohenecker-Friedl, Wettbewerbsrecht 26; ÖBl 1990, 113 mwN). Dann genügt es aber für die Annahme der Unrichtigkeit der Werbebehauptung schon, daß die Beklagte - abgesehen von nur vereinzelten "Ausreissern" - auch nur bei einem einzigen weiteren Artikel ihres Warenangebotes einen gleich hohen oder höheren Preis verlangt hat als Konkurrenzunternehmungen. Das ist aber durch die festgestellten Preisvergleiche bereits erwiesen, weil sie durchaus gängige Waren eines Supermarktes betroffen hatten, von denen aber die Beklagte mit 113 Artikeln teurer oder doch gleichpreisig war. Mit dem von ihr formulierten Unterlassungsbegehren hat die Klägerin demnach weniger verlangt, als ihr hätte zugesprochen werden können.
Anmerkung
E29276European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:1992:0040OB01040.92.0616.000Dokumentnummer
JJT_19920616_OGH0002_0040OB01040_9200000_000