TE OGH 1992/6/16 4Ob64/92

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Veröffentlicht am 16.06.1992
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Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Prof.Dr.Friedl als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Hon.-Prof.Dr.Gamerith, Dr.Kodek, Dr.Niederreiter und Dr.Redl als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Werner K*****, vertreten durch Dr.Arno Figl und Dr.Günther Klepp, Rechtsanwälte in Linz, wider die beklagte Partei Franz K***** Gesellschaft mbH, ***** vertreten durch Dr.Helmut Krenn, Rechtsanwalt in Wien, wegen Unterlassung und Zahlung (Gesamtstreitwert S 110.000), infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgericht vom 20.Februar 1992, GZ 1 R 255/91-15, womit infolge Berufung der beklagten Partei das Urteil des Handelsgerichtes Wien vom 17.September 1991, GZ 38 Cg 50/90-8, abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

Spruch

Der Revision wird Folge gegeben.

Das angefochtene Urteil wird dahin abgeändert, daß das Urteil des Erstgerichtes wiederhergestellt wird.

Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei die mit S 24.447 bestimmten Kosten des Rechtsmittelverfahrens (darin S 2.074,50 und S 12.000 Barauslagen) binnen 14 Tagen bei Exekution zu zahlen.

Text

Entscheidungsgründe:

Der Kläger ist Inhaber einer zu Nr. 105 185 des Österreichischen Patentamtes mit der Schutzdauer ab 15.3.1984 für die Klassen 14 (Schmuckwaren), 16 (Papier- und Papierwaren, die nicht in anderen Klassen enthalten sind; Klebeetiketten) und 39 (Vermietung von Transportfahrzeugen) eingetragenen Bildmarke folgenden Aussehens:

Abbildung nicht darstellbar!

Sowohl der Kläger als auch die Beklagte üben das Gewerbe der "Vermietung von Kraftfahrzeugen ohne Lenkerbeistellung" aus. Bis zum 31.12.1989 war der Kläger bei der Eva K***** GmbH & Co KG als Verkaufsleiter beschäftigt gewesen. Da er am Umsatz prozentuell beteiligt war, hatte er seiner Dienstgeberin während des Dienstverhältnisses die - leicht veränderte - Marke unentgeltlich zur Verfügung gestellt. In der Folge ließen sowohl seine Dienstgeberin als auch die Beklagte in verschiedenen Zeitungen***** Inserate unter Verwendung der Marke des Klägers einschalten. Auftraggeber war jeweils die Beklagte, welche über eine eigene Werbeagentur verfügt. Nach seinem Ausscheiden aus dem Dienstverhältnis mit 31.12.1989 untersagte der Kläger (auch) der Beklagten die Weiterverwendung seiner Marke. In gleichlautenden Schreiben vom 16.3.1990 behaupteten die Beklagte und die Eva K***** GmbH & Co KG, daß ihnen weiterhin die uneingeschränkte freie Verwendung der Marke zustehe. Die Beklagte ließ (ua) in den Ausgaben der "N*****Zeitung" vom 9.3., 16.3., 23.3., 22.6., 13.9. und vom 14.9.1990 folgendes Inserat veröffentlichen:

Abbildung nicht darstellbar!

Mit der Behauptung, daß die Beklagte unbefugterweise seine Marke verwende, begehrt der Kläger, sie schuldig zu erkennen,

1. es mit sofortiger Wirkung zu unterlassen, die für ihn eingetragene Marke zu verwenden und für Werbezwecke aller Art zu benützen;

2. ihm für die seit 1.1.1990 unbefugte Benützung der Marke ein angemessenes Entgelt in der Höhe von S 10.000 sA zu zahlen.

Die Beklagte beantragt die Abweisung des Klagebegehrens. Da der Kläger nicht ihr Angestellter gewesen sei, werde mangelnde Passivlegitimation eingewendet. Der Kläger habe seiner Dienstgeberin die Marke kostenlos und ohne Beschränkung zur Verfügung gestellt. Die von der Eva K***** GmbH & Co KG nach dem Ausscheiden des Klägers gemachte Werbung unterscheide sich wesentlich von der Marke; übrig bleibe nur der Umriß der Grenzen Österreichs mit einem Hinweis auf "K*****". Der Kläger habe nicht gesagt, daß die Marke für ihn registriert sei.

Das Erstgericht gab dem Klagebegehren statt. Es stellte noch fest, daß der Kläger bei der unentgeltlichen Überlassung seiner Marke darauf hingewiesen habe, daß diese für ihn registriert sei. Rechtlich meinte es, daß die Beklagte gegen § 9 UWG verstoßen habe. Da auch sie sich der Bildmarke des Klägers bedient habe, sei sie, wenngleich nicht Dienstgeberin des Klägers, passiv legitimiert. Nachdem ihr der Kläger die Weiterverwendung der Bildmarke untersagt habe, habe die Beklagte die Marke unbefugterweise benützt. Die Unterschiede zwischen der Marke des Klägers und den Werbeeinschaltungen der Beklagten seien so unwesentlich, daß die Gefahr von Verwechslungen bestehe. Ohne daß die Schuldhaftigkeit der Verletzung des Markenrechtes durch die Beklagte zu prüfen wäre, sei der Anspruch auf ein Entgelt für die langdauernde Benützung in der Höhe von S 10.000 gemäß § 56 MSchG iVm § 150 PatG zu bejahen.

Das Berufungsgericht wies das Klagebegehren ab und sprach aus, daß der Wert des Entscheidungsgegenstandes S 50.000 übersteige und die ordentliche Revision nicht zulässig sei. Die Marke des Klägers weise nicht nur die Umrisse Österreichs mit zwei Rädern und einem Lenkrad auf, sondern sei darüber hinaus graphisch so gestaltet, daß der Eindruck eines Oldtimers mit aufklappbarem Verdeck entstehe. Die beiden Räder und das Lenkrad seien deutlich sichtbar mit Speichen ausgestattet. Demgegenüber finde sich in den Inseraten der Beklagten innerhalb der Umrisse der - zudem vergröberten - österreichischen Staatsgrenzen keine graphische Gestaltung, sondern nur ein Werbeschriftzug. Es gebe kein Lenkrad, die Räder seien nicht mit Speichen versehen. Schon auf Grund des ersten Augenscheins könne eindeutig gesagt werden, daß die Beklagte nicht die zugunsten des Klägers registrierte Marke benütze; da aber das Klagebegehren allein auf das Verbot dieser Benützung gerichtet sei, müsse es schon aus diesem Grund abgewiesen werden. Dem Gericht sei es verwehrt, den Spruch dahin umzuformulieren, daß das Verbot etwa auf verwechselbar ähnliche Zeichen ausgedehnt werde, würde doch damit das Verbot erweitert werden. Hiezu komme, daß dem österreichischen Recht ein Motivschutz fremd sei; durch die Registrierung einer Bildmarke werde nicht deren Bildmotiv geschützt, so daß der durch dieses Zeichen dargestellte Gegenstand von niemandem anderen mehr verwendet werden könnte. Geschützt werde nicht der in dem Bildzeichen zum Ausdruck kommende Gedanke; maßgebend sei vielmehr die Verwechselbarkeit der konkreten Ausführung. Eine täuschungsfähige Ähnlichkeit der Inserate der Beklagten mit der für den Kläger registrierten Marke sei weder behauptet worden noch zu erkennen. Die Gefahr von Verwechslungen zweier Zeichen entstehe beim Durchschnittskäufer dadurch, daß sie in ein einziges Erinnerungsbild verschmelzen. Tauche aber beim Anblick der einen Marke bloß die Erinnerung an die andere auf, dann bestehe noch keine verwechselbare Ähnlichkeit. Im Hinblick auf die gravierend unterschiedliche Gestaltung der beiden Zeichen müsse die Verwechslungsgefahr verneint werden.

Gegen dieses Urteil wendet sich die außerordentliche Revision des Klägers wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung und Mangelhaftigkeit des Verfahrens mit dem Antrag, die angefochtene Entscheidung dahin abzuändern, daß das Ersturteil wiederhergestellt werde; hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.

Die Beklagte hat sich am Revisionsverfahren nicht beteiligt.

Die außerordentliche Revision ist zulässig, weil das Berufungsgericht von den Grundsätzen der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes abgewichen ist; sie ist auch berechtigt.

Rechtliche Beurteilung

Zutreffend hat das Gericht zweiter Instanz ausgeführt, daß dem österreichischen Markenrecht ein Motivschutz in dem Sinn fremd ist, daß durch die Registrierung der Marke auch ein Recht an dem Bildzeichen in abstracto, also an seinem Bildmotiv, begründet würde (Hohenecker-Friedl, Wettbewerbsrecht 46; SZ 25/63; ÖBl 1973, 39 mit krit. Anmerkung von Barger; dazu auch Schönherr in WRP 1974, 12). Geschützt ist nur das konkrete Zeichen in seiner besonderen Ausgestaltung; wird das Motiv aus der Marke eines anderen so benützt, daß dadurch Verwechslungen mit dem anderen Unternehmen herbeigeführt werden können, dann ist allerdings das Entlehnen des Motives unzulässig (SZ 25/63; ÖBl 1973, 39; ÖBl 1986, 129). Das trifft aber hier zu. Der Auffassung des Berufungsgerichtes, daß keine Gefahr von Verwechslungen zwischen der Marke des Klägers und dem von der Beklagten in Inseraten verwendeten Bild bestehe, kann nämlich nicht gefolgt werden:

Bei der Beurteilung der Verwechslungsgefahr ist nach Lehre (Hohenecker-Friedl aao 50 f; Koppensteiner, Wettbewerbsrecht2,

158) und ständiger Rechtsprechung (ÖBl 1985, 105 mwN; ÖBl 1991, 213 uva) auf den Gesamteindruck der Bezeichnungen abzustellen und nicht etwa eine zergliedernde Betrachtung vorzunehmen; dabei ist auch zu berücksichtigen, daß der Durchschnittskunde Vorbild und Nachahmung fast nie gleichzeitig sieht, sondern in der Regel ein Wahrnehmungsbild mit einem Erinnerungsbild vergleicht, wobei an die Aufmerksamkeit und Urteilsfähigkeit des Publikums in der Eile des Geschäftsverkehrs regelmäßig nur geringe Anforderungen gestellt werden können. Die vom Berufungsgericht hervorgehobenen Unterschiede zwischen den verglichenen Zeichen der Streitteile fallen aber nur bei einem zergliedernden Betrachten der einzelnen Elemente der beiden Bilder ins Auge und bleiben lediglich bei näherer Befassung im Gedächtnis haften. Dem flüchtigen Betrachter der für den Kläger registrierten Marke wird nur auffallen, daß das Kartenbild Österreichs zur Darstellung eines Kraftfahrzeuges benützt wird, in dem Österreich auf Räder gestellt wird. Nichts anderes zeigt aber die Beklagte in den beanstandeten Inseraten. Daß dabei die Umrisse Österreichs etwas vereinfacht wurden und sich die Bilder in den vom Berufungsgericht aufgezählten Einzelheiten unterscheiden, wird nur wenigen Betrachtern auffallen und in Erinnerung bleiben. Hat jemand die Marke des Klägers gesehen und den damit zum Ausdruck gebrachten Zusammenhang zwischen Österreich und Auto erfaßt, dann besteht in höchstem Maß die Gefahr, daß er, wenn er das Werbebild der Beklagten sieht, dies für die ihm bekannte Marke des Klägers hält. Verwechslungsgefahr zweier Bezeichnungen kann auf der Gleichheit oder Ähnlichkeit ua ihres Bildes oder ihres Sinnes beruhen (Hohenecker-Friedl aaO; Koppensteiner aaO; ÖBl 1986, 129 uva). Im vorliegenden Fall sind die Bilder durchaus ähnlich; der von ihnen vermittelte Sinn ist der gleiche. Die Gefahr von Verwechslungen ist demnach zu bejahen.

Damit sind aber alle Voraussetzungen für den Tatbestand des § 9 Abs 1 und 3 UWG verwirklicht: Der Kläger ist Inhaber einer registrierten Marke; die Beklagte benützt dieses Zeichen in einer zur Verwechslung geeigneten Weise. Der Einwand der Beklagten, daß sie dazu befugt sei, weil der Kläger dieses Zeichen der Eva K***** GmbH & Co KG auf Grund des Dienstverhältnisses - ohne gesonderte Entlohnung - zur Verfügung gestellt habe, ist nicht berechtigt. Der von den Vorinstanzen festgestellte Sachverhalt, daß der Kläger seiner Dienstgeberin die Marke während seines Dienstverhältnisses im Hinblick auf seine Umsatzbeteiligung unentgeltlich zur Verfügung gestellt hatte, läßt nicht den rechtlichen Schluß zu, daß er sich dazu auf Dauer - also auch für die Zeit nach Beendigung des Dienstverhältnisses - verpflichtet hätte. Mangels gegenteiliger Anhaltspunkte kann die Erklärung des Beklagten nach der Übung des redlichen Verkehrs (§ 914 ABGB) nur dahin ausgelegt werden, daß er die Marke bloß für die Dauer seines Dienstverhältnisses der Dienstgeberin überlasse.

Soweit die Beklagte erstmals in der Berufung geltend gemacht hat, daß der Kläger beim Erwerb der Marke noch kein Unternehmen innegehabt habe und daher keinen Schutz beanspruchen könne (S. 61), ist darauf im Hinblick auf das Neuerungsverbot (§ 482 Abs 1 ZPO) nicht Bedacht zu nehmen.

Aber auch der vom Berufungsgericht in erster Linie herangezogene Abweisungsgrund liegt nicht vor. Das vom Kläger beantragte Verbot, die für ihn eingetragene Marke "zu verwenden und für Werbezwecke aller Art zu benützen" ist nämlich nicht auf die Verwendung der Marke in völlig unveränderter Form beschränkt. Der Kläger hat schon in der Klage - zwar ohne nähere Beschreibung der Einzelheiten, aber doch durch den Hinweis auf die gleichzeitig vorgelegten Zeitungsausschnitte mit den Werbeeinschaltungen - die Verwendung des in den Inseraten gezeigten Bildes durch die Beklagte beanstandet. Das hat er dann in Erwiderung auf die Klagebeantwortung noch deutlicher durch Hinweise auf die unterschiedliche Gestaltung herausgestrichen (S. 11). Schon aus diesem Grund kann das Unterlassungsbegehren nicht im Sinne des Berufungsgerichtes verstanden werden. Die vom Kläger gewählte Fassung des Unterlassungsgebotes ist aber auch nicht als fehlerhaft anzusehen, umschreibt doch das Gesetz selbst in § 9 Abs 1 UWG das mißbräuchliche Nachahmen eines fremden Kennzeichens

mit den Worten: "Wer ... einen Namen ... in einer Weise benützt,

die geeignet ist, Verwechslungen mit dem Namen ... hervorzurufen

...". Gebraucht die Beklagte eine der Marke des Klägers ähnliche - und damit zur Verwechslung geeignete (§ 14 MSchG) - Abbildung, dann verwendet sie diese Marke. Es besteht daher auch kein Grund, dem Spruch eine andere, deutlichere Fassung zu geben.

Das Gericht zweiter Instanz hat die von der Beklagten geltend gemachte Mangelhaftigkeit verneint. Daß es auf die Ausführungen zum Berufungsgrund der unrichtigen Beweiswürdigung und unrichtigen Tatsachenfeststellung nicht eingegangen ist, schadet nicht. Damit hat nämlich die Beklagte - soweit erkennbar - nur die Feststellung angegriffen, daß der Kläger bei Überlassung seiner Marke auf die Registrierung zu seinen Gunsten hingewiesen habe. Ganz abgesehen davon, daß sie ihre Beweisrüge wiederum nur mit dem - vom Gericht zweiter Instanz

verneinten - Verfahrensmangel der unterlassenen Vernehmung ihres Geschäftsführers begründet hat (S. 58), kommt auch der gerügten Feststellung keine rechtliche Bedeutung zu, steht doch dem Kläger der geltend gemachte Unterlassungsanspruch auch dann zu, wenn er seinerzeit auf seine Marke nicht ausdrücklich verwiesen haben sollte.

Da die Beklagte in der Berufung ihre Verurteilung zur Zahlung von S 10.000 mit keinem Wort behandelt hat, ist hierauf nicht mehr einzugehen (EvBl 1985/154 ua).

Aus diesen Erwägungen war in Stattgebung der Revision das Ersturteil wiederherzustellen.

Der Ausspruch über die Kosten des Rechtsmittelverfhrens gründet sich auf §§ 41, 50 ZPO.

Anmerkung

E29267

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1992:0040OB00064.92.0616.000

Dokumentnummer

JJT_19920616_OGH0002_0040OB00064_9200000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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