Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Hon.-Prof. Dr.Kuderna als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Hon.-Prof. Dr.Gamerith und Dr.Maier sowie die fachkundigen Laienrichter Dr.Friedrich Hölzl und Dr.Gerhard Dengscherz als weitere Richter in der Arbeitsrechtssache der klagenden Partei H*****S*****, Elektriker, *****vertreten durch *****Rechtsanwälte*****, wider die beklagte Partei A*****Gesellschaft mbH, *****vertreten durch *****Rechtsanwälte***** , wegen S 225.873,82 brutto sA, infolge Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgerichtes in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 24.Jänner 1992 , GZ 33 Ra 110/91-17 , womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Arbeits- und Sozialgerichtes Wien vom 29.Jänner 1991 , GZ 15 Cga 556/90-10 , abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:
Spruch
Der Revision wird nicht Folge gegeben .
Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei die mit S10.200,70 (darin S 1.700,10 Umsatzsteuer) bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens binnen 14 Tagen bei Exekution zu ersetzen.
Text
Entscheidungsgründe:
Das Berufungsgericht hat die Frage, ob der Kläger im Sinne des § 82 lit f GewO 1859 zu Recht entlassen wurde, zutreffend gelöst. Es reicht daher aus, auf die Richtigkeit der Begründung der angefochtenen Entscheidung hinzuweisen (§ 48 ASGG).
Rechtliche Beurteilung
Ergänzend ist den Ausführungen der Revisionswerberin entgegenzuhalten, daß das Berufungsgericht nicht verkannt hat, daß die Abwesenheit des Klägers von seinem Arbeitsplatz pflichtwidrig und schuldhaft erfolgte. Es hat lediglich die Erheblichkeit der Arbeitszeitversäumnis als erste Voraussetzung des Tatbestandes nach § 82 lit f 1. Satz GewO 1859 verneint. Erheblich ist die Arbeitszeitversäumnis insbesondere dann, wenn ihr nach der Dauer der versäumten Arbeitszeit, nach Maßgabe der Dringlichkeit der zu verrichtenden Arbeit oder wegen des Ausmaßes des zufolge des Versäumnisses nicht erzielten Arbeitserfolges oder der sonstigen durch sie eingetretenen betrieblichen Nachteile besondere Bedeutung zukommt; dabei ist stets auf die Umstände des konkreten Falls abzustellen (vgl Kuderna, Das Entlassungsrecht 66 ff; Schwarz-Löschnigg, Arbeitsrecht4 453 ff; Arb 10.649, 9991, 9046 uva).
Nach den Feststellungen der Vorinstanzen verließ der Kläger, der bei der Beklagten schon fast 16 Jahre unbeanstandet beschäftigt war und eine selbständige Arbeit zu verrichten hatte, am Vormittag des 8. Februar 1990 seinen Arbeitsplatz für etwa 2 Stunden, um private Einkäufe durchzuführen. Nach dem Ende der Arbeitszeit um 15.30 Uhr arbeitete er noch bis 16.40 Uhr weiter. Eine Störung des Arbeitsablaufes trat durch die Abwesenheit des Klägers nicht ein. Bei diesem Sachverhalt ist dem Berufungsgericht beizupflichten, daß die aufgezeigten Voraussetzungen der Erheblichkeit der Arbeitszeitversäumnis nicht erfüllt sind. Es handelte sich um einen einmaligen Vorfall, der schon deshalb keinen maßgeblichen Arbeitsausfall bewirken konnte, da der Kläger einen Teil der versäumten Arbeitszeit anschließend wieder hereingebracht hat (vgl Kuderna aaO, 66). Es fehlt auch an jeglichen diesbezüglichen Behauptungen. Die Weiterbeschäftigung des Klägers wurde der Beklagten dadurch - objektiv gesehen - nicht unzumutbar.
Soweit der Betriebsleiter der Beklagten einen anderen Arbeitnehmer, der zur selben Zeit ebenfalls seinen Arbeitsplatz verlassen hatte, wegen unerlaubter Entfernung lediglich abmahnte, entsprach er auch subjektiv dieser objektiven Wertung. Auf den in der Revision erhobenen Einwand, der Kläger sei jedenfalls vertrauensunwürdig geworden, weil er versucht habe, sein Fehlverhalten zu leugnen, kommt es nicht an. Den taxativ aufgezählten Entlassungsgründen der GewO 1859 (vgl Kuderna aaO 31; Gruber, ecolex 1991, 868) ist nämlich anders als etwa aus der Bestimmung des § 27 Z 1 3. Fall AngG kein Entlassungsgrund der Vertrauensunwürdigkeit zu entnehmen.
Die Kostenentscheidung ist in den §§ 41 und 50 ZPO begründet.
Anmerkung
E30001European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:1992:009OBA00094.92.0617.000Dokumentnummer
JJT_19920617_OGH0002_009OBA00094_9200000_000