Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes HonProf. Dr. Kuderna als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes HonProf. Dr. Gamerith und Dr. Bauer sowie die fachkundigen Laienrichter Dr. Friedrich Hölzl und Dr. Gerhard Dengscherz als weitere Richter in der Arbeitsrechtssache der klagenden Partei B***** Gesellschaft mbH, *****, vertreten durch ***** Rechtsanwälte *****, wider die beklagte Partei R***** W*****, Konsulent, ***** vertreten durch ***** Rechtsanwälte *****, wegen 64.181,28 S sA, infolge Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 27. Jänner 1992, GZ 34 Ra 96/91-23, womit infolge Berufung der beklagten Partei das Urteil des Arbeits- und Sozialgerichtes Wien vom 10.Jänner 1991, GZ 13 Cga 507/90-17, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:
Spruch
Der Revision wird nicht Folge gegeben.
Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei die mit 4.248,80 S bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens (darin enthalten 724,80 S Umsatzsteuer) binnen 14 Tagen bei Exekution zu ersetzen.
Text
Entscheidungsgründe:
Da die Begründung des Berufungsgerichtes zutreffend ist, genügt es hierauf zu verweisen (§ 48 ASGG).
Ergänzend ist auszuführen:
Der Transport des Unterwagens wie auch die Unterbringung mehrerer Personen im Hotel erfolgten nicht im Interesse der Gesellschaft (der klagenden Partei), sondern dienten ausschließlich persönlichen Interessen des Beklagten. Dies hat er durch die Veranlassung der Ausstellung falscher Rechnungen durch die in Anspruch genommenen Vertragspartner verschleiert, sodaß bei Durchsicht der vorhandenen Unterlagen der Eindruck entstehen mußte, diese Kosten seien für Zwecke der Gesellschaft aufgelaufen. Im Zeitpunkt der Erteilung der Entlastung und des Abschlusses der Vereinbarung, in der unter anderem ein wechselseitiger Verzicht auf alle finanziellen Ansprüche erklärt wurde, waren der für die Gesellschaft handelnden Person diese Umstände nicht bekannt; erst einige Monate nach dem Ausscheiden des Beklagten als Geschäftsführer der klagenden Partei kam der wahre Sachverhalt zu Tage.
Rechtliche Beurteilung
Unter Entlastung ist die einseitige Erklärung der GmbH zu verstehen, mit der sie ihre Geschäftsführer von Schadenersatzansprüchen befreit, die aus Verstößen der Geschäftsführer erwachsen könnten. Die Befreiung bezieht sich nur auf solche Schadenersatzansprüche, die die Gesellschaft bei sorgfältiger Prüfung aller vorgelegten und vollständigen Unterlagen erkennen konnte. Die Entlastung hat in der Regel eine ähnliche Wirkung wie ein Verzicht auf Ersatzansprüche oder ein Anerkenntnis des Nichtbestehens solcher Ansprüche. Von der Entlastung ist die Generalbereinigung aller wechselseitigen Ansprüche der GmbH und ihrer ausgeschiedenen Organmitglieder zu unterscheiden. Diese bedeutet einen Verzicht auch auf nicht erkennbare Ersatzansprüche (Reich-Rohrwig, GmbH-Recht, 325 f).
Auf die Erteilung der Entlastung kann sich der Beklagte nicht mit Erfolg berufen, weil aus den Unterlagen ein Hinweis auf die schädigende Vorgangsweise des Beklagten nicht erkennbar war. Daraus, daß einzelne seiner Untergebenen, die von ihm zum Teil in die Malversationen eingebunden und zu Stillschweigen verpflichtet wurden, von den Vorgängen Kenntnis hatten, kann eine Kenntnis der anspruchsberechtigten Gesellschaft nicht abgeleitet werden.
Die wechselseitige Erklärung der für die Gesellschaft handelnden Personen einerseits und des Geschäftsführers andererseits, auf alle gegenseitigen Ansprüche zu verzichten (sog. Generalbereinigung), ist als Vergleich (Generalvergleich), zu qualifizieren (idS auch Koppensteiner in Rowedder GmbHG2, § 43, Anm.35) und unterliegt den gesetzlichen Regeln des Vergleiches. Gemäß § 1389 Satz 2 ABGB sind allgemeine, auf alle Streitigkeiten lautende Vergleiche auf solche Rechte nicht anwendbar, die geflissentlich verheimlicht wurden oder auf welche die sich vergleichenden Personen nicht denken konnten. Geflissentlich wird ein Anspruch dann verschwiegen, wenn dem Vergleichspartner bewußt ist, daß ein entsprechender Anspruch der Gegenseite besteht, und er es dennoch unterläßt, die Gegenseite auf diesen Anspruch aufmerksam zu machen. Es ist nicht einmal notwendig, daß er den Anspruch der Gegenseite in seinem vollen Umfang, also bei einer Geldforderung die ziffernmäßige Höhe kennt; vielmehr genügt es, wenn der Vergleichspartner weiß, daß der andere Teil aus einem bestimmten Rechtsgrund etwas zu fordern berechtigt ist, und er den im Generalvergleich enthaltenen Verzicht auf diesen Anspruch in der Absicht entgegennimmt, selbst hiedurch von seiner Schuld befreit zu werden (EvBl 1969/304). Muß ihm klar sein, daß der Partner von der Forderung keine Kenntnis hatte, so tritt in diesem Umfang die Bereinigungswirkung des Vergleiches nicht ein; der im Generalvergleich ausgesprochene Verzicht erstreckt sich nicht auf diese Forderung.
Nach diesen Grundsätzen kann der Beklagte aus dem Inhalt der Vereinbarung vom 28.6.1988 für seinen Standpunkt nichts ableiten. Er hat seine für die beklagte Partei schädigende Vorgangsweise durch die Vorlage von unrichtigen Rechnungen verdeckt und sie darüber, daß es sich in Wahrheit um in seinem persönlichen Interesse gelegene Aufwendungen handelte, listig in Irrtum geführt. Bei Abschluß des Generalvergleiches war ihm klar, daß die beklagte Partei bzw die für diese handelnde Person vom Bestehen der Forderung auf Ersatz dieses von ihm vorsätzlich zugefügten Schadens keine Kenntnis hatte. Unter diesen Umständen erstreckte sich die Wirkung des in der Vereinbarung abgegebenen Verzichtes nicht auch auf den Ersatz dieses Schadens.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf §§ 41, 50 ZPO.
Anmerkung
E28951European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:1992:009OBA00105.92.0617.000Dokumentnummer
JJT_19920617_OGH0002_009OBA00105_9200000_000