Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Schubert als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Hofmann, Dr. Schlosser, Dr. Graf und Dr. Schiemer als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei ***** Karl J*****, vertreten durch Dr. Kurt Waneck, Rechtsanwalt in Wien, wider die beklagte Partei STADT WIEN, Rathaus, 1010 Wien, vertreten durch Dr. Johannes Hock sen. und Dr. Johannes Hock jun., Rechtsanwälte in Wien, wegen S 107.117,20 sA (Revisionsinteresse S 88.879 sA), infolge Revision der beklagten Partei gegen das Teilurteil des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgerichtes vom 2.Mai 1991, GZ 14 R 78/91-36, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Landesgerichtes für ZRS Wien vom 10.Jänner 1991, GZ 8 Cg 25/89-32, abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:
Spruch
Der Revision wird nicht Folge gegeben.
Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei die mit S 5.094 bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens (darin enthalten S 849 Umsatzsteuer) binnen vierzehn Tagen zu bezahlen.
Text
Entscheidungsgründe:
Die beklagte Partei errichtete in Wien 9.,
Marktgasse 62/Newaldgasse 10 eine Gemeindewohnhausanlage. Der Walter T***** Installationen Gesellschaft mbH (folgend kurz: T.GembH) wurde auf Grund des Anbots vom 7.Juni 1983, dem die besonderen rechtlichen Vertragsbedingungen über technische Leistungen und Lieferungen der beklagten Partei zu Grunde lagen, am 17.Oktober 1983 der Auftrag erteilt. Die besonderen rechtlichen Vertragsbedingungen der beklagten Partei enthalten unter Punkt 31 die Bestimmung, daß der Auftragnehmr sich damit einverstanden erklärt, daß bei der Auszahlung von Rechnungsbeträgen (Haftungsrücklässen) bis zu diesem Zeitpunkt fällige Abgabenforderungen sowie sonstige Forderungen der beklagten Partei aufgerechnet werden. Als auf Grund des Baufortschritts beim Bauvorhaben die Aufnahme der Arbeiten durch die T.GmbH herangestanden wäre, stellte sich heraus, daß diese nicht in der Lage war, die Arbeiten auszuführen. Bei einer Besprechung bei der MA 34 (der beklagten Partei) wurde erörtert, daß der Kläger den der T.GmbH erteilten Installationsauftrag tatsächlich ausführen soll. Der normale Weg, daß der Auftrag der T.GmbH entzogen und dem Kläger ein neuer Auftrag erteilt wird, war nicht gangbar, weil dies Beschlußfassungen und sonstige Vorgänge im Bereich der beklagten Partei erfordert hätte, die Zeit schon sehr drängte, Kostensteigerungen die Folge gewesen wären und eine rasche Ausführung der Arbeiten im Interesse der beklagten Partei lag. Es wurde daher die Vorgangsweise gewählt, daß der Kläger formell als Subunternehmer der T.GmbH auftreten sollte, wobei die Absicherung des direkten Geldverkehrs zwischen den Streitteilen durch eine Eintragung in das Verbotsbuch der beklagten Partei erfolgen sollte; nach Bekanntgabe und Eintragung der Abtretung der der T.GmbH gegen die beklagte Partei zustehenden Forderungen an den Kläger geschah dies auch. Die beklagte Partei hatte dabei darauf bestanden, daß formell die T.GmbH Auftragnehmer bleiben müsse, der Kläger als Subunternehmer einzuschreiten habe und auch Rechnungen auf Geschäftspapier der T.GmbH zu legen waren. Über die Geltung der Allgemeinen Geschäftsbedingungen der beklagten Partei wurde anläßlich dieser Vereinbarung nicht gesprochen. Der Kläger hatte allerdings im damaligen Zeitpunkt bereits mehrere Aufträge der beklagten Partei unter Geltung dieser Vertragsbedingungen durchgeführt. Nach Beendigung der Arbeiten legte der Kläger mit Geschäftspapier der T.GmbH Schlußrechnung. Auf diese leistete die beklagte Partei Zahlungen mit Ausnahme des Betrages von S 88.879, den sie auf Grund der Kompensationsklausel als im Zeitpunkt der Rechnungsbegleichung rückständige Abgabenverbindlichkeiten der T.GmbH gegenüber der beklagten Partei in Abzug brachte.
Mit der vorliegenden Klage begehrte der Kläger die Zahlung des restlichen Werklohns von S 88.879 samt - teilweise kapitalisierten - Zinsen, weil die beklagte Partei ihm gegenüber zum Abzug dieses Betrages nicht berechtigt gewesen sei. Für die beklagte Partei sei klar gewesen, daß er für die T.GmbH die Installationsarbeiten am Projekt erbringe, zwar formell als deren Subunternehmer auftrete, aber der gesamte geschäftliche Kontakt zwischen den Parteien selbst stattfinden sollte. Es widerspräche Treu und Glauben, gegen den gerechtfertigten Werklohn des Klägers ohne jede diesbezügliche Absprache oder Vereinbarung Abgabenverbindlichkeiten der T.GmbH aufzurechnen.
Die beklagte Partei beantragte die Abweisung des Klagebegehrens und wandte ein: Der Kläger habe nicht den Auftrag der T.GmbH durch Vertragseintritt übernommen, sondern habe als bestellter Subunternehmer der T.GmbH nicht mehr Rechte gegen die beklagte Partei als jene, die ihre Ansprüche gegen die beklagte Partei an ihn zediert habe. Die hier von der beklagten Partei angewandte Kompensationsklausel sei dem Kläger überdies aus anderen Geschäftsverbindungen der Streitteile bekannt gewesen. Die handelnden Organe der beklagten Partei seien zum Abschluß des vom Kläger behaupteten Scheingeschäftes nicht berechtigt gewesen.
Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab. Der Kläger habe nicht den von der beklagten Partei der T.GmbH erteilten Auftrag (Vertrag) übernommen, sondern sei als deren Subunternehmer eingetreten, sodaß er gegen die beklagte Partei nicht mehr Rechte habe, als die T.GmbH. Die beklagte Partei sei gegen die T.GmbH zur Aufrechnung mit Abgabenforderungen gegenüber ihrer Werklohnschuld berechtigt. Diese auch dem Kläger aus anderen Geschäftsverbindungen mit der beklagten Partei bekannte Vertragsbedingung sei nicht gemäß § 864 a ABGB nichtig, weil sie nur die gesetzlichen Aufrechnungsmöglichkeiten (etwa § 1441 Satz 1 ABGB) betreffe. Auch liege kein Irrtum des Klägers über diese Vertragsklausel oder über seine rechtliche Stellung vor.
Das Gericht zweiter Instanz gab in Abänderung des Ersturteiles mit dem angefochtenen Teilurteil dem Klagebegehren von S 88.879 samt 4 % Zinsen seit 8.11.1985 statt, erklärte insoweit die ordentliche Revision für zulässig und hob im übrigen Umfang das Ersturteil auf. Die Erklärung des Klägers, die von der T.GmbH übernommenen Werkleistungen formell als deren Subunternehmer zu erbringen, die Werklohnforderung aber direkt mit der beklagten Partei abzurechnen, wobei die Zession der Ansprüche der T.GmbH an den Kläger im Verbotsbuch der beklagten Partei eingetragen wird, habe nach § 863 ABGB nicht dahin verstanden werden können, daß der Kläger diese Werkleistungen auch dann erbringen wolle, wenn er dafür nicht den gebührenden Werklohn erhalte, sondern gegen seine Werklohnforderung Abgabenforderungen der beklagten Partei gegen die T.GmbH aufgerechnet werden könnten. Der Kläger habe sich zur Erbringung der Werkleistungen an Stelle der T.GmbH - wenn auch formell als deren Subunternehmer - nur unter der Voraussetzung verstanden, daß die beklagte Partei auf eine Aufrechnung mit Abgaben- oder sonstigen Forderungen gegen die T.GmbH (nicht gegen den Kläger selbst) verzichte.
Die gegen das Teilurteil des Berufungsgerichtes erhobene Revision der beklagten Partei ist nicht gerechtfertigt.
Rechtliche Beurteilung
Was die Ausführungen zum Revisionsgrund der Mangelhaftigkeit des Verfahrens betrifft, so bekämpft die beklagte Partei damit Feststellungen des Erstgerichtes. Dies ist zulässig, weil das Berufungsgericht zu den Ausführungen der (obsiegenden) beklagten Partei in der Berufungsbeantwortung nicht (vollständig) Stellung genommen hat, es ist jedoch die Rechtssache auch auf der Grundlage der unbekämpft gebliebenen Tatsachenfeststellungen entscheidungsreif.
Auch die beklagte Partei geht in der Rechtsrüge von der Feststellung aus, daß die Einschaltung der klagenden Partei als Subunternehmer erfolgte, weil die GmbH nicht in der Lage war, die Arbeiten auszuführen und der normale Weg einer Neuvergabe des Auftrages für die beklagte Partei wegen der damit verbundenen Verzögerung "lästig" gewesen wäre. Sie spricht selbst davon, er sei von der GmbH der klagenden Partei die von der MA 34 angebotene Lösung der Einschaltung der klagenden Partei als Subunternehmer akzeptiert worden. Zu ihrer Stellung als Subunternehmer verweist die klagende Partei darauf, daß ihr diese Stellung nur "formal" zukommen sollte, weil gleichzeitig abgesichert werden sollte, daß der Geldverkehr (und auch der sonstige Kontakt) zwischen ihr und der beklagten Partei direkt ablaufen sollte.
Für den Subunternehmer ist kennzeichnend, daß ihm die Herstellung des Werks vom Unternehmer ganz oder teilweise delegiert wird, was meist in der Form des Abschlusses eines weiteren Werkvertrages geschieht (SZ 27/106; Krejci in Rummel2 Rz 82 zu §§ 1165, 1166). Die Heranziehung eines Dritten zur Erbringung des Werks steht dem Unternehmer stets frei, wenn er nicht zur persönlichen Ausführung des Werks verpflichtet ist. Bleibt der Unternehmer trotz Weitergabe von Arbeiten an Dritte alleiniger Vertragspartner des Bestellers - wie dies auch hier der Fall sein sollte - sind die Dritten, deren sich der Unternehmer zur Herstellung bedient, dem Besteller gegenüber Erfüllungsgehilfen (§ 1313 a), wie immer ihre Rechtsbeziehung zum Unternehmer gestaltet ist (Krejci a.a.O. Rz 76). Der Subunternehmer steht zum Besteller grundsätzlich in keinem Vertragsverhältnis (vgl JBl 1992, 387, JBl 1990, 587 betreffend die Rechtsbeziehung des Subunternehmers zum Generalunternehmer). Grundsätzlich hat demnach der Leistungsbeziehung entsprechend der Subunternehmer Entgeltansprüche gegenüber dem Unternehmer und dieser gegenüber dem Besteller. Eine Zession des dem Unternehmer gegenüber dem Besteller zustehenden Entgeltanspruchs an den Subunternehmer ist für die Vertragskonstellation nicht typisch. Im vorliegenden Fall wurde aber, offenbar deshalb, weil die GmbH schon im Insolvenzverdacht stand, die "Absicherung des direkten Geldverkehrs" des der klagenden Partei als Subunternehmer zustehenden Entgeltanspruchs gegenüber der beklagten Partei angestrebt und durch Zession der Entgeltforderung der GmbH - diese hatte weiterhin die von der klagenden Partei erbrachten Leistungen zu verrechnen - sowie einen entsprechenden Vermerk im Verbotsbuch der beklagten Partei vollzogen. Durch diese Zession des Entgeltanspruchs der GmbH gegenüber der beklagten Partei wollte sich die klagende Partei offenbar gegen das Insolvenzrisiko absichern. Die Absicherung des direkten Geldverkehrs war auch vereinbarte Grundlage für die erfolgte Zession. Dies rechtfertigt aber die Annahme des Berufungsgerichtes, daß die beklagte Partei auf das ihr gegenüber der GmbH zustehende Recht zur Aufrechnung mit Gegenforderungen verzichtet hat. Ein Aufrechnungsverzicht kann auch stillschweigend erfolgen und sich grundsätzlich auch aus dem Zweck eines Vertrages ergeben, vor allem, wenn dies nach den besonderen Umständen des Falls den Grundsätzen von Treu und Glauben entspricht (SZ 50/127; SZ 47/9 u.a.). Von der vereinbarungsgemäß angestrebten Sicherung des direkten Geldverkehrs konnte naturgemäß dann keine Rede sein, wenn der beklagten Partei das Recht zustehen sollte, mit Abgabenrückständen gegen die der klagenden Partei zedierte Werklohnforderung der T.GmbH aufzurechnen. Unter den gegebenen Umständen hätte die beklagte Partei daher, wollte sie sich das Recht zur Aufrechnung von Forderungen gegen die im Insolvenzverdacht stehende T.GmbH auch gegenüber der klagenden Partei wahren, nach Treu und Glauben auf diesen Umstand hinweisen müssen. Es trifft zu, wie die beklagte Partei ausführt, daß ein allgemeiner Rechtssatz des Inhalts, der debitor cessus sei nicht berechtigt, gegenüber dem Zessionar gegen die abgetretene Werklohnforderung mit Gegenforderungen gegen den Zedenten aufzurechnen, nicht besteht. Unter den besonderen Umständen des vorliegenden Falls ist jedoch ein solcher Aufrechnungsverzicht schlüssig (§ 863 ABGB) anzunehmen.
Demzufolge ist spruchgemäß zu entscheiden.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 41, 50 ZPO.
Anmerkung
E29143European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:1992:0010OB00589.91.0624.000Dokumentnummer
JJT_19920624_OGH0002_0010OB00589_9100000_000