TE OGH 1992/6/25 6Ob534/92

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Veröffentlicht am 25.06.1992
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Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Vogel als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Schobel, Dr. Redl, Dr. Kellner und Dr. Schiemer als weitere Richter in der Rechtssache der Antragstellerin Maria Beatrix F*****, vertreten durch Dr. Harry Zamponi ua Rechtsanwälte in Linz, wegen Ausfolgung von Aktenablichtungen gemäß § 89 i GOG aus der Urkundensammlung infolge Revisionsrekurses der Antragstellerin gegen den Beschluß des Landesgerichtes Linz als Rekursgerichtes vom 27.Februar 1992, GZ 18 R 35/92-7, womit der Beschluß des Bezirksgerichtes Linz vom 2.Dezember 1991, GZ 27 Nc 1095/91-4, bestätigt wurde, folgenden

Beschluß

gefaßt:

Spruch

Der Revisionsrekurs wird zurückgewiesen.

Text

Begründung:

Mit Eingabe vom 13.August 1991 an das Erstgericht begehrte die Antragstellerin die Übermittlung einer gebührenfreien Ablichtung des Kaufvertrages vom 17.Dezember 1963, TZ 6818/1964. Sie stützte ihr Begehren auf § 89 i GOG und TP 15 Anm 7 GGG. Das Erstgericht sandte den Antrag - der ohne Entrichtung einer Gebühr nach dem GGG wieder vorgelegt wurde - mehrmals urschriftlich mit dem Hinweis zurück, daß gemäß TP 15 GGG für jede angefangene Seite der Abschrift aus der Urkundensammlung S 10 an Gerichtskostenmarken beizubringen seien, ohne den Antrag durch Beschluß zu erledigen. Auf Grund eines Fristsetzungsantrages, in welchem die Antragstellerin auf ihr Recht auf eine Entscheidung hinwies, trug das Landesgericht Linz dem Erstgericht die Entscheidung über den Antrag auf.

Mit Beschluß vom 2.Dezember 1991 wies das Erstgericht den Antrag auf gebührenfreie Übermittlung von Ablichtungen aus der Urkundensammlung mit der wesentlichen Begründung ab, § 170 Abs 5 GeO normiere, daß für die Einsicht in das Grundbuch und die dazu gehörigen Akten und Behelfe sowie für die Erteilung von Auszügen, Abschriften und Amtsbestätigungen besondere Vorschriften bestünden. Nach § 584 GeO (§ 77 GV) sei zwar jedermann berechtigt, vom Fachdienst im Grundbuch die Erteilung von Abschriften und Amtsbestätigungen aus dem Hauptbuch und der Urkundensammlung nach Maßgabe des § 5 GUG zu begehren; würden aber die Gerichtskostenmarken nicht oder nur in einem zu geringen Betrag beigebracht, sei die Partei gemäß Abs 3 zu verständigen, daß die Ausfertigung erst nach Beibringen der Marken stattfinden werde. Diese Verständigung sei (mehrfach) erfolgt. Nach Anmerkung 6 zu TP 15 GGG seien Abschriften aus der Urkundensammlung erst nach Beibringen der Gebühr auszufertigen. Ob diese beglaubigt seien oder nicht, sei unerheblich, weil die Beglaubigung von Abschriften gesondert in TP 11 b GGG geregelt sei. § 89 i GOG betreffe nur Akten und Aktenteile. Die Urkundensammlung sei weder Akt noch Aktenteil, sondern nach § 1 GBG ein integrierender Bestandteil des Grundbuches.

§ 89 i GOG ist daher hier nicht anwendbar.

Das Rekursgericht gab dem Rekurs der Antragstellerin keine Folge. Es führte aus, die Entscheidung sei nicht der Justizverwaltung, sondern der Gerichtsbarkeit zuzuordnen, weil die Entscheidung über die Gewährung von Akteneinsicht, Amtshilfe und Auskunftspflicht zur Gerichtsbarkeit gehöre. § 584 Abs 3 GeO sei nur eine besondere "Verbesserungsbestimmung", die bei Nichteinhaltung eine Entscheidungspflicht des Gerichtes auslöse. Ohne gerichtliche Entscheidung würde sonst dem Antragsteller die Möglichkeit genommen, seinen Anspruch anders als durch Zahlung der Gebühren durchzusetzen.

Die Änderung des GOG durch Einfügung des § 89 i habe den Zweck verfolgt, den Parteien und Beteiligten einen verbesserten Zugang zum Recht auch dadurch zu verschaffen, daß ihnen Ablichtungen von Akten und Aktenteilen zur Verfügung gestellt werden müßten. Die Urkundensammlung sei ein integrierender Bestandteil des Grundbuches; sie könne auch im weitesten Sinne nicht als Gerichtsakt angesehen werden. Die darin erliegenden Verträge stellten somit auch keine Aktenteile dar, auf welche § 89 i GOG anzuwenden wäre. Dies sei aber hier nicht wesentlich, weil der Rekurswerberin keine (Parteien- oder) Beteiligtenstellung im Sinne des § 89 i GOG zukomme. Jemand, dem das Recht auf Akteneinsicht zukomme, müsse keinesfalls zwingend als Beteiligter angesehen werden. Durch das jedermann zustehende Recht auf Einsicht in die Urkundensammlung werde nicht eine Beteiligtenstellung geschaffen. Diese sei aber Voraussetzung für das Recht, unbeglaubigte Aktenablichtungen gebührenfrei zu erhalten.

Das Rekursgericht sprach aus, daß der Wert des Entscheidungsgegenstandes S 50.000 nicht übersteigt - gemäß TP 15 a GGG seien für jede angefangene Seite der Abschrift aus der Urkundensammlung (lediglich) S 10 an Gerichtskostenmarken beizubringen; selbst bei einer umfangreichen Urkunde würden S 50.000 bei weitem nicht erreicht - und der Revisionsrekurs dabei jedenfalls unzulässig sei.

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsrekurs ist entgegen den Ausführungen der Antragstellerin unzulässig.

Wenn der Entscheidungsgegenstand nicht ausschließlich in einem Geldbetrag besteht, wenn er aber rein vermögensrechtlicher Natur ist, hat das Rekursgericht gemäß § 13 Abs 1 Z 1 AußStrG auszusprechen, ob der Wert des Entscheidungsgegenstandes insgesamt S 50.000 übersteigt oder nicht. Bei diesem Ausspruch sind die §§ 54 Abs 2, 55 Abs 1 bis Abs 3, 56 Abs 3, 57, 58 und 60 Abs 2 JN sinngemäß anzuwenden.

Das Grundbuch dient nur der Dokumentation von Vermögensrechten; andere als vermögensrechtliche Ansprüche kommen hier nicht in Betracht. Der Anspruch auf Einsicht in das Grundbuch und auf Abschriften oder Ablichtungen aus dem Grundbuch bzw der Urkundensammlung kann keinen anderen Charakter haben und muß somit ebenfalls als Anspruch rein vermögensrechtlicher Natur angesehen werden.

Es entspricht der ständigen Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes, daß die Bewertung des Entscheidungsgegenstandes durch die zweite Instanz bindend ist, soferne keine zwingenden Bewertungsvorschriften verletzt werden. Da eine solche Verletzung hier nicht vorliegt (§ 60 Abs 2 JN ist auf den Anspruch auf Ablichtungen nicht anwendbar, vgl SZ 55/186 ua) und das Rekursgericht ausgesprochen hat, daß der Wert des Entscheidungsgegenstandes S 50.000 nicht übersteigt, ist der vorliegende Revisionsrekurs gemäß § 14 Abs 2 Z 1 AußStrG jedenfalls unzulässig und daher zurückzuweisen.

Anmerkung

E28895

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1992:0060OB00534.92.0625.000

Dokumentnummer

JJT_19920625_OGH0002_0060OB00534_9200000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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