Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat am 2.Juli 1992 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Hon.Prof.Dr.Steininger als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Reisenleitner, Dr.Lachner, Dr.Kuch und Dr.Hager als weitere Richter, in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag.Liener als Schriftführerin , in der Strafsache gegen Konrad Karl Walther D***** und Ernestine Maria D***** wegen des Verbrechens der versuchten betrügerischen Krida nach §§ 15, 156 Abs.1 und 2 StGB über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufungen beider Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichtes Salzburg als Schöffengericht vom 2. Dezember 1991, GZ 37 Vr 1071/90-41, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:
Spruch
Den Nichtigkeitsbeschwerden wird Folge gegeben, das angefochtene Urteil, teils demgemäß, teils auch gemäß § 290 Abs.1 StPO aufgehoben und die Strafsache zu neuer Verhandlung und Entscheidung an das Erstgericht zurückverwiesen.
Mit ihren Berufungen werden die Angeklagten auf diese Entscheidung verwiesen.
Text
Gründe:
Mit dem bekämpften Urteil wurden die Angeklagten Konrad Karl Walther D***** (im folgenden: Konrad D*****) und Ernestine Maria D***** (im folgenden: Ernestine D*****), die bis 2.Februar 1990 miteinander verheiratet waren, des Verbrechens der versuchten betrügerischen Krida nach §§ 15, 156 Abs.1 und 2 StGB, Ernestine D***** als Beteiligte nach § 12 dritter Fall StGB, schuldig erkannt.
Darnach haben am 2.Februar 1990 in Salzburg
(A/) Konrad D***** dadurch, daß er vor dem Bezirksgericht Salzburg zum AZ 20 Sch 10/90 mit seiner Ehefrau Ernestine D***** einen Scheidungsvergleich abschloß, einen Bestandteil seines Vermögens veräußert, "bzw." eine nicht bestehende Verbindlichkeit anerkannt und dadurch die Befriedigung seiner Gläubiger oder wenigstens eines von ihnen zu vereiteln oder zu schmälern versucht, wobei er durch die Tat einen 500.000 S übersteigenden Schaden herbeizuführen versuchte, indem er
1. unter Punkt 2 des genannten Vergleiches sämtliche bewegliche Fahrnisse, ausgenommen seine persönlichen Kleider und Toiletteartikel, die sich auf der Liegenschaft 5301 E*****, P***** 82 befanden und einen Wert von zumindest 150.000 S darstellten, in das Eigentum der Ernestine D***** übertrug,
2. unter Punkt 5 des Vergleiches sich dazu verpflichtete, an Ernestine D***** einen monatlichen Unterhalt von 53.000 S zwölfmal jährlich zu bezahlen,
3. unter Punkt 6 des Vergleiches sich verpflichtete, zum Unterhalt der gemeinsamen ehelichen Kinder Daniel D*****, geboren am 28.Juli 1984, und Laura Maria D*****, geboren am 13.September 1987, einen monatlichen Betrag von jeweils 7.500 S, insgesamt daher 15.000 S, zu Handen der Ernestine D***** zu leisten;
(B/) Ernestine D***** zur Ausführung der unter A/ beschriebenen Tathandlung des Konrad D***** dadurch beigetragen, daß sie ihn psychisch unterstützte und mit ihm diesen Scheidungsvergleich schloß.
Den gegen dieses Urteil erhobenen, von Karl D***** auf die Z 9 lit. a, der Sache nach aber auch auf die Z 5 des § 281 Abs.1 StPO und von Ernestine D***** auf die Z 5, 5 a, 9 lit. a und 10 der zitierten Gesetzesstelle gestützten Nichtigkeitsbeschwerden kommt Berechtigung zu, wobei überdies auch aus deren Anlaß nicht geltend gemachte Umstände, die das erstgerichtliche Urteil zum Nachteil der Angeklagten mit materiellrechtlicher Nichtigkeit behaftet erscheinen lassen, von Amts wegen wahrzunehmen waren.
Rechtliche Beurteilung
Zu der den Angeklagten als gläubigerschädigend angelasteten Übertragung der im bisher gemeinsamen Haus befindlichen Fahrnisse (im Scheidungsvergleich überflüssig als "beweglich" bezeichnet) unterließ das Erstgericht - was von Amts wegen aufzugreifen war - eine fallbezogen indizierte Feststellung dahin, inwieweit in diesen Fahrnissen Gegenstände enthalten sind, die gemäß § 251 Z 1 EO einer Exekution und damit einem Zugriff von Gläubigern überhaupt entzogen sind (vgl. Leukauf-Steininger Komm3 § 156 RN 7 aE). Nach den Umständen des vorliegenden Falles liegt es nahe, daß Fahrnisse, die sich in dem im Scheidungsvergleich bezeichneten Wohnhaus befanden, jedenfalls zum Teil derartige Gegenstände gewesen sein könnten, wie etwa Kleidungsstücke, Betten, Wäsche, Haus- und Küchengeräte, Öfen und gewöhnlicher Hausrat.
Dazu kommt, daß nach der Bestimmung des § 81 Abs.1 und 2 EheG das eheliche Gebrauchsvermögen unter die Ehegatten aufzuteilen und diese Aufteilung gemäß § 83 Abs.1 EheG nach Billigkeit vorzunehmen ist, wobei besonders auf Gewicht und Umfang des Beitrags jedes Ehegatten zur Anschaffung des ehelichen Gebrauchsvermögens und zur Ansammlung der ehelichen Ersparnisse sowie auf das Wohl der Kinder Bedacht zu nehmen ist.
Auch unter diesem Aspekt erscheint die uneingeschränkte Erfassung der im Punkt 2 des Scheidungsvergleiches bezeichneten Fahrnisse als Gegenstand der betrügerischen Krida unbegründet, zumal die ehelichen Kinder bei der Zweitangeklagten verblieben und diese - was im Rahmen einer Billigkeitsabwägung nach § 83 Abs.1 EheG beachtlich erscheinen könnte - vorgebracht hatte, "ihrem Ehemann Geld zugeschossen" zu haben (S. 50, 52/II). Dies blieb im erstgerichtlichen Urteil unerörtert, worauf die Beschwerdeführerin Ernestine D***** im Rahmen der Rechtsrüge (Z 9 lit. a), der Sache nach aber als Mängelrüge (Z 5), hinweist.
Nur am Rande sei in diesem Zusammenhang auf eine Inkonsequenz des erstgerichtlichen Urteils hingewiesen: Es konstatiert die vorgenommene Übertragung der Fahrnisse und damit deren Ausscheiden aus dem Schuldnervermögen, beurteilt dies aber dennoch als bloß in der Entwicklungsstufe des Versuches gebliebene betrügerische Krida (vgl. hiezu Leukauf-Steininger aaO RN 16).
Die Anerkennung und Befriedigung eines nach den konkreten Lebensumständen unter Berücksichtigung der Rechtslage nicht zustehenden oder überhöhten Unterhaltes kann an sich ein taugliches Mittel der Vermögensverringerung im Sinn des § 156 StGB sein.
Zwar ist der in der Rechtsrüge (Z 9 lit. a) der Angeklagten Ernestine D***** vertretene Standpunkt, eine Verkürzung des Vermögens sei dadurch schon im Hinblick auf die ausschließliche Regelung des § 5 LohnPfändungsG unmöglich, nicht zutreffend, denn diese Bestimmung normiert (ebenso wie die ab 1.März 1992 an ihre Stelle getretene Bestimmung des § 291a EO idF der EONov 1991) nur die Erhöhung des der Lohnpfändung entzogenen Teils des Arbeitseinkommens im Fall der Unterhaltsgewährung kraft Gesetzes und schlägt etwa dann nicht durch, wenn es dem durch einen solchen Unterhaltsvergleich Begünstigten gelingt, vor sonstigen Gläubigern Befriedigung zu finden.
Aber auch hinsichtlich der eingegangenen Unterhaltsverpflichtungen ist von Amts wegen aufzugreifen, daß sich das Erstgericht, das das Eingehen dieser Verpflichtungen uneingeschränkt als betrügerische Krida beurteilte, nicht mit der Frage befaßte, ob und in welchem Umfang der Erstangeklagte damit allenfalls gesetzliche Verpflichtungen erfüllte, und hiezu keine Feststellungen traf. Dies wäre schon deshalb geboten gewesen, weil ihn gegenüber den beiden ehelichen Kindern die gesetzliche Unterhaltspflicht trifft (§ 140 ABGB).
Zu den bisherigen Erwägungen kommt, daß eine zumindest versuchte Vermögensverringerung begriffsnotwendig das Vorhandensein eines zum Nachteil zumindest eines der Gläubiger verringerbaren Vermögens zum Tatzeitpunkt oder einer (vom Tätervorsatz umfaßten) Erwartung eines entsprechenden Vermögenszuwachses in absehbarer Zeit voraussetzt. In Ansehung der Unterhaltsverpflichtungen führte aber das Schöffengericht aus, daß beiden Angeklagten bekannt gewesen sei, daß der Erstangeklagte - der nach einem eingeholten Sachverständigengutachten spätestens seit Ende 1988 wegen des Eingehens von mit seinen Einkommens- und Vermögensverhältnissen nicht in Einklang stehenden enormen Verbindlichkeiten zahlungsunfähig war (S. 201 ff/I) - aufgrund seines Einkommens niemals in der Lage sein würde, diese Unterhaltsverpflichtungen zu erfüllen (US 22). Insoweit moniert der Erstangeklagte im Ergebnis zutreffend die mangelnde Konstatierung einer möglichen Gläubigerbenachteiligung.
Letztlich kann dem von beiden Angeklagten teils ausdrücklich, teils der Sache nach als Mängelrüge (Z 5) erhobenen Einwand, daß sich das Schöffengericht nicht mit der Tatsache auseinandergesetzt habe, daß sie ein Rechtsanwalt im Zusammenhang mit dem abzuschließenden Scheidungsvergleich beraten hat, Berechtigung nicht versagt werden. Denn eine entsprechende rechtsfreundliche Beratung könnte, auch wenn vorliegend der Vergleich vom Erstangeklagten formuliert wurde, von erheblicher Bedeutung bei Beurteilung der subjektiven Tatseite sein.
Aus den angeführten Erwägungen war daher das bekämpfte Urteil schon bei einer nichtöffentlichen Beratung zu kassieren und dem Erstgericht die Verfahrenserneuerung aufzutragen (§ 285 e StPO).
Mit ihren Berufungen waren die Angeklagten auf die kassatorische Entscheidung zu verweisen.
Anmerkung
E30066European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:1992:0150OS00016.9200007.0702.000Dokumentnummer
JJT_19920702_OGH0002_0150OS00016_9200007_000