TE OGH 1992/7/7 4Ob528/92

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Veröffentlicht am 07.07.1992
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Prof. Dr.Friedl als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Hon.-Prof. Dr.Gamerith, Dr.Egermann, Dr.Kodek und Dr.Redl als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Ferdinand E*****, wider die beklagte Partei Sadni S*****, vertreten durch Dr.Josef Broinger und andere Rechtsanwälte in Eferding, wegen S 40.000 sA, infolge Rekurses der klagenden Partei gegen den Beschluß des Kreisgerichtes Wels als Berufungsgericht vom 26. März 1992, GZ R 251/92-34, womit die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Bezirksgerichtes Eferding vom 16.September 1991, GZ 2 C 954/89i-18, zurückgewiesen wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluß

gefaßt:

Spruch

Die Akten werden dem Erstgericht mit dem Auftrag zurückgestellt, ein Verfahren zur Verbesserung des vom Kläger eingebrachten Rekurses durchzuführen.

Text

Begründung:

Gegen das vom Erstrichter in Anwesenheit beider Parteien am 16.9.1991 verkündete Urteil auf Abweisung des Klagebegehrens meldete der damalige Vertreter des Klägers, Rechtsanwalt Dr.Hans-Peter Just, sofort Berufung an; die schriftliche Urteilsausfertigung wurde ihm am 24.10.1991 zugestellt. Schon am 17.9.1991 hatte der Kläger eine selbst geschriebene "Berufung" zur Post gegeben (ON 17). Am 5.11.1991 teilte er dem Erstgericht mit, daß er seinem Rechtsvertreter die Vollmacht entzogen habe (ON 19). Am 14.11.1991 langte beim Erstgericht eine weitere "Berufungsschrift" des Klägers ein (ON 20). Am 22.11.1991 beantragte der Kläger die Bewilligung der Verfahrenshilfe zur Erhebung der Berufung (ON 22). Diesen Antrag wies der Erstrichter mit Beschluß vom 4.12.1991 ab (ON 23); das Gericht zweiter Instanz bestätigte diesen Beschluß am 29.1.1992 (ON 31). Der Beschluß des Rekursgerichtes wurde dem Kläger am 12.2.1992 zugestellt.

Mit Beschluß vom 2.12.1991 hatte der Erstrichter die "Berufungen" des Klägers ON 17 und 20 zur Unterfertigung durch einen Rechtsanwalt binnen vier Wochen zurückgestellt und dabei auf § 467 Abs 5 ZPO, wonach Berufungen der Unterfertigung durch einen Rechtsanwalt bedürfen, hingewiesen (ON 24). Am 19.2.1992 überreichte der Kläger beim Erstgericht einen weiteren Schriftsatz, in welchem er - neben Polemiken gegen den Erstrichter und den Gerichtsvorsteher - behauptete, daß er beim "Oberlandesgericht" um Verfahrenshilfe angesucht habe; es sei daher abzuwarten, "was von dort kommt" (ON 32).

Mit am angefochtenen Beschluß wies das Berufungsgericht die Berufung zurück. Die gemäß § 464 Abs 3 ZPO mit 12.2.1992 neuerlich in Lauf gesetzte Frist zur Einbringung einer anwaltlich gefertigten Berufung sei ergebnislos verstrichen; das Rechtsmittel sei daher zurückzuweisen.

Diesen Beschluß bekämpft der Kläger mit einem am 1.6.1992 zur Post gegebenen Schriftsatz (ON 35), in welchem er ausführt, daß der "rechtswidrige Beschluß des Berufungsgerichtes" werde "nicht zur Kenntnis genommen" werde, und sich zugleich über die Richter des Erstgerichtes beschwert.

Der Erstrichter lud den Kläger für den 12.6.1992 vor, um ihn - wie auf der Ladung bekanntgegeben wurde - zu diesem Schreiben zu befragen; der Kläger ist trotz der Ladung ausgeblieben. Daraufhin legten die Vorinstanzen den Akt dem Obersten Gerichtshof vor.

Über den - als Rekurs aufzufassenden - Antrag des Klägers kann noch nicht entschieden werden:

Rechtliche Beurteilung

Nach § 520 Abs 1 ZPO können zwar bei Bezirksgerichten Rekurse von Parteien, die nicht durch einen Rechtsanwalt vertreten sind, auch mündlich zu Protokoll angebracht werden; schriftliche Rekurse müssen aber mit der Unterschrift eines Rechtsanwaltes versehen sein. Da der Kläger von der Möglichkeit, den Rekurs zu Protokoll zu geben, nicht Gebrauch gemacht hat, mußte daher sein schriftlicher Rekurs von einem Rechtsanwalt unterfertigt sein, widrigens das Rechtsmittel als unzulässig zurückzuweisen wäre. Nach § 84 Abs 1 ZPO hat jedoch das Gericht grundsätzlich die Beseitigung von Formgebrechen, welche die ordnungsmäßige geschäftliche Behandlung eines überreichten Schriftsatzes zu hindern geeignet sind, von Amts wegen anzuordnen; das gilt insbesondere auch dann, wenn die erforderliche Unterschrift eines Rechtsanwaltes unterbleibt. Davon kann allerdings dann Abstand genommen werden, wenn eine absichtliche oder mißbräuchliche Verletzung von Vorschriften vorliegt (RZ 1985/25; SZ 58/17 ua). Diese Voraussetzung ist aber hier nicht zu erkennen: Wohl wurde der Kläger im Zuge des Verfahrens darüber belehrt, daß Berufungen der Unterschrift eines Rechtsanwaltes bedürfen (ON 24). Daß dies auch für Rekurse zutrifft, muß dem Kläger nicht bekannt sein, zumal über seinen selbst verfaßten Rekurs gegen die Abweisung des Antrages auf Bewilligung der Verfahrenshilfe - im Hinblick auf die Ausnahmevorschrift des § 72 Abs 3 ZPO zutreffend - sachlich entschieden wurde und er mit seinem - gleichfalls nicht von einem Rechtsanwalt unterschriebenen - Rekurs gegen den Verbesserungsauftrag vom 2.12.1991 auf die Entscheidung über den Verfahrenshilfeantrag verwiesen wurde. Daß das Erstgericht dem Kläger zugleich mit dem angefochtenen Beschluß eine Rechtsmittelbelehrung übermittelt hätte, kann dem Akt - wo eine entsprechende Verfügung fehlt - nicht entnommen werden.

Aus diesen Erwägungen mußte der Akt dem Erstgericht mit dem Auftrag zurückgestellt werden, das Verbesserungsverfahren durchzuführen, also dem Kläger den Schriftsatz mit der Aufforderung zurückzustellen, innerhalb einer Frist (§ 85 Abs 2 ZPO) mit anwaltlicher Unterschrift versehen wieder vorzulegen.

Anmerkung

E30575

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1992:0040OB00528.92.0707.000

Dokumentnummer

JJT_19920707_OGH0002_0040OB00528_9200000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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