TE OGH 1992/7/8 3Ob66/92

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Veröffentlicht am 08.07.1992
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofes Hon.Prof. Dr.Petrasch als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Warta, Dr.Klinger, Dr.Angst und Dr.Graf als weitere Richter in der Exekutionssache der betreibenden Partei Elisabeth M*****, vertreten durch Dr.Monika Urban-Redtenbacher, Rechtsanwältin in Wien, wider die verpflichtete Partei Dr.Erich M*****, vertreten durch Dr.Klaus Braunegg ua, Rechtsanwälte in Wien, wegen Hereinbringung von Unterhalt, infolge außerordentlichen Revisionsrekurses der verpflichteten Partei gegen den Beschluß des Landesgerichtes für ZRS Wien als Rekursgerichtes vom 30. Jänner 1992, GZ 46 R 775, 776/91-31, womit die Exekutionsbewilligung des Bezirksgerichtes Favoriten vom 27.Mai 1991, GZ 5 C 230/70-24, in der Fassung des Beschlusses vom 28. Juni 1991, GZ 5 C 230/70-29, teilweise bestätigt wurde, folgenden

Beschluß

gefaßt:

Spruch

Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.

Der Verpflichtete hat die Kosten des Revisionsrekurses selbst zu tragen.

Text

Begründung:

Mit dem rechtskräftig gewordenen Urteil des Erstgerichtes vom 24.4.1970 wurde der Verpflichtete schuldig erkannt, anstelle des mit Vergleich vom 17.4.1968 vereinbarten Betrages in der Höhe von 30 % seines jeweiligen monatlichen Nettoeinkommens ab 1.3.1970 nur einen monatlichen Unterhaltsbeitrag in der Höhe von 25 % seines jeweiligen monatlichen Nettoeinkommens zu bezahlen. Die dem Urteil beigegebenen Entscheidungsgründe enthalten ua die Feststellung, daß der Verpflichtete "unter Berücksichtigung des

13. und 14.Monatsgehaltes einen Betrag von 19.871,54 S monatlich" verdient. Der Beruf des Verpflichteten wird im Urteil mit "Angestellter" angegeben.

Die betreibende Partei stellte am 8.November 1990 den Antrag, ihr auf Grund des angeführten Urteils zur Hereinbringung der bereits fälligen Unterhaltsforderung für die Zeit vom 1.1. bis 31.10.1990 in der Höhe von 25 % des monatlichen Nettoeinkommens des Verpflichteten abzüglich geleisteter Zahlungen von 195.333 S und der ab 1.11.1990 am Ersten eines jeden Monats fällig werdenden Unterhaltsbeträge von 25 % des jeweiligen monatlichen Nettoeinkommens des Verpflichteten die Exekution durch Pfändung und Überweisung des dem Verpflichteten gegen zwei namentlich bezeichnete und einen gemäß § 294a EO zu ermittelnden Drittschuldner als Arbeitnehmer angeblich zustehende Bezüge gemäß § 290 EO zu bewilligen.

Das Erstgericht bewilligte die beantragte Exekution zunächst in Form eines Bewilligungsvermerks gemäß § 112 Abs 1 Geo, ohne das Ausmaß des für die Zeit vom 1.1. bis 31.10.1990 zu vollstreckenden Anspruchs festzustellen. Das vom Erstgericht verschiedene Exekutionsgericht, dem das Erstgericht die Entscheidung über den Überweisungsantrag vorbehalten hatte, ersucht zunächst gemäß § 294a Z 2 EO den Hauptverband der österreichischen Sozialversicherungsträger um die Bekanntgabe eines Drittschuldners und forderte den vom Hauptverband bekanntgegeben und die im Exekutionsantrag angeführten Drittschuldner durch Übersendung des EForm 278 auf, das Ausmaß der Geld- und Naturalbezüge der verpflichteten Partei bekanntzugeben.

Nachdem das Rekursgericht infolge Rekurses des Verpflichteten die Exekutionsbewilligung des Erstgerichtes aufgehoben und diesem eine neue Entscheidung nach Verfahrensergänzung aufgetragen hatte, bewilligte das Erstgericht zur Hereinbringung der vollstreckbaren Unterhaltsforderung für die Zeit vom 1.1. bis 31.10.1990 in der Höhe von 995.759,01 S und der ab 1.11.1990 am Ersten eines jeden Monats fällig werdenden Unterhaltsbeträge von 25 % des jeweiligen Nettoeinkommens des Verpflichteten die Exekution durch Pfändung der dem Verpflichteten gegen die beiden im Exekutionsantrag angeführten und gegen den vom Hauptverband der österreichischen Sozialversicherungsträger bekanntgegeben Drittschuldner angeblich zustehenden Forderungen auf in Geld zahlbares Arbeitseinkommen oder auf einen diesen gleichgestellten Bezug und behielt die Überweisung der gepfändeten Forderungen dem Exekutionsgericht vor. Diese Exekutionsbewilligung, die keine Entscheidung über die Höhe der Kosten des Exekutionsantrags enthielt, ergänzte es in der Folge dahin, daß es die Kosten des Exekutionsantrags mit 4.247,92 S bestimmte. Das Erstgericht ging auf Grund der beim Exekutionsgericht eingelangten Erklärungen der Drittschuldner und einer von ihm veranlaßten Ergänzung von folgendem Sachverhalt aus:

Der Verpflichtete bezog im Oktober 1990 einschließlich von Kinderzuschüssen in der Höhe von 1.300 S und Familienbeihilfen in der Höhe von 3.100 S eine vorzeitige Alterspension von 21.604,10 S netto und erhielt außerdem in diesem Monat vom Träger der Pensionsversicherung eine Sonderzahlung, die einschließlich der Kinderzuschüsse von 1.300 S 14.581 S betrug. Von seinem früheren Arbeitgeber bezog der Verpflichtete in der Zeit vom 1.1. bis 31.10.1990 kein laufendes Einkommen, er erhielt aber eine gesetzliche und außerdem eine freiwillige Abfertigung jeweils von 12 Monatsgehältern in der Höhe von zusammen 4,101.156 S. Die Abfertigung wurde im Februar und Juli 1990 ausbezahlt, wobei sie vereinbarungsgemäß vom Verpflichteten versteuert werden mußte, sodaß das "Nettoeinkommen" dem Drittschuldner daher nicht bekannt ist. Im Dezember 1989 erhielt der Verpflichtete von seinem Arbeitgeber ein im Nachhinein ausbezahltes Nettogehalt von 67.530,92 S. Von dem dritten Drittschuldner erhielt der Verpflichtete in dem im Exekutionsantrag angeführten Zeitraum keine Bezüge.

Rechtlich beurteilte das Erstgericht diesen Sachverhalt dahin, daß die Abfertigung bei der Ermittlung des zu vollstreckenden Anspruchs zur Gänze zu berücksichtigen sei, weil der Unterhaltsanspruch der betreibenden Partei mit der Auszahlung fällig werde. Da dem Verpflichteten der Bruttobetrag ausbezahlt worden sei, sei der Unterhaltsanspruch von diesem Betrag zu berechnen. Der Verpflichtete könne im Rahmen des Verfahrens nach § 10a EO nicht zur Bekanntgabe der von ihm zu zahlenden Steuer aufgefordert werden. Der zu vollstreckende Anspruch setze sich daher aus 25 % der Bruttoabfindung, der Nettopension einschließlich der Kinderzuschüsse und Familienbeihilfe und des im Nachhinein ausbezahlten Nettogehalts für Dezember 1989 abzüglich der im Exekutionsantrag angeführten Zahlungen zusammen.

Das Rekursgericht änderte infolge Rekurses des Verpflichteten die Exekutionsbewilligung nur dahin ab, daß es den vollstreckbaren Unterhaltsrückstand mit 990.059,01 S feststellte und das "Mehrbegehren", die Exekution auch zur Hereinbringung eines weiteren Unterhaltsrückstands von 5.700 S zu bewilligen, abwies. Es sprach aus, daß der (gemeint: ordentliche) Revisionsrekurs nicht zulässig sei. Die Abfertigung sei zur Gänze in die Berechnungsgrundlage einzubeziehen, weil es nur darauf ankomme, was der Verpflichtete vom Dienstgeber erhalten habe; die vom Verpflichteten an das Finanzamt abzuführenden Abgaben könnten nicht berücksichtigt werden. Es sei auch richtig, daß das Erstgericht die Abfertigung in voller Höhe im Monat der Auszahlung berücksichtigt habe. Das Erstgericht habe aber zu Unrecht den Kinderzuschuß und die Familienbeihilfe in die Berechnungsgrundlage einbezogen.

Rechtliche Beurteilung

Der vom Verpflichteten gegen diesen Beschluß des Rekursgerichtes erhobene außerordentliche Revisionsrekurs ist zulässig, weil zu der inihrer Bedeutung über den Einzelfall hinausgehende, im Revisionsrekurs bezeichneten Frage, wie vorzugehen ist, wenn der Drittschuldner nur die Bruttobezüge beganntgibt, eine Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes fehlt; er ist aber nicht berechtigt.

Der hier zufolge Art XXXIV Abs 1 (vgl auch den Abs 4) der EONov 1991 noch anzuwendende § 10a EO regelt die Bewilligung der Exekution, wenn ein Unterhalt "in einem Bruchteile der Bezüge des Verpflichteten aus einem Dienst- oder Arbeitsverhältnis geschuldet" wird. Auf Grund dieses Wortlauts hat der Oberste Gerichtshof in mehreren Entscheidungen die Ansicht vertreten, daß die Exekution nach § 10a EO auf Grund eines gerichtlichen Unterhaltsvergleiches nur bewilligt werden dürfe, wenn nach dem klaren Wortlaut des Titels der Unterhalt in einem bestimmten Bruchteil der Bezüge des Verpflichteten aus einem Dienst- oder Arbeitseinkommen geschuldet werde (EvBl 1962/170; JBl 1963, 271). In der Entscheidung EvBl 1967/66 = RZ 1967, 73 wurde ausgeführt, daß dem Erfordernis des § 10a EO Genüge getan sei, wenn aus einem Vergleich oder einer gerichtlichen Entscheidung hervorgehe, daß sich der Prozentsatz, durch den die Unterhaltshöhe festgesetzt werde, ausschließlich auf ein Arbeits- oder Diensteinkommen beziehe. Dies sei der Fall, wenn in dem den Exekutionstitel bildenden Beschluß als Beruf des Verpflichteten "Angestellter" angeführt und festgehalten sei, daß er zur Leistung eines Unterhalts in Höhe eines bestimmten Prozentsatzes seines jeweiligen "Nettoeinkommens" verpflichtet sei. In der Entscheidung EFSlg 36.838 = RPflSlgE 1980/147 wurde ausgeführt, es müsse dem Exekutionstitel selbst zu entnehmen sein, daß der Unterhalt in einem Bruchtteil der Bezüge des Verpflichteten aus einem Dienst- oder Arbeitsverhältnis geschuldet wird, und es wurde unter Hinweis auf die Entscheidungen JBl 1963, 271, EvBl 1967/66 und EvBl 1971/166 die Bewilligung der Exekution auf Grund eines Titels abgelehnt, dem zu entnehmen war, daß sich der vereinbarte Bruchteil nicht ausschließlich auf ein Arbeits- oder Dienstverhältnis, sondern auch auf Einkünfte als Auftragnehmer gegenüber anderen Personen als Arbeit- oder Dienstgebern beziehe. In der Entscheidung SZ 58/46 = EFSlg 49.439 = RPflSlgE 1985/111 hat der Oberste Gerichtshof betont, daß die Leistungsverpflichtung nur auf einen Bruchteil der Bezüge aus einem Dienst- oder Arbeitsverhältnis, nicht aber auch eines Einkommens aus einem sonstigen Erwerb lauten dürfe. In der Entscheidung EFSlg 55.141 hat der Oberste Gerichtshof schließlich die Meinung vertreten, daß auch ein Bruchteilstitel, der neben dem Einkommen aus unselbständiger Erwerbstätigkeit noch ein solches aus selbständiger Erwerbstätigkeit zum Gegenstand habe, vollstreckbar sei, soweit er sich auf das Einkommen aus der unselbständigen Erwerbstätigkeit bezieht.

Das hier dem Exekutionsverfahren zugrundeliegende Urteil bildet daher nicht nur im Sinn der zuletzt angeführten, jüngeren Rechtsprechung, sondern auch im Sinn der Entscheidung EvBl 1967/66 = RZ 1967, 73 (vgl auch EFSlg 25.438) und im Sinn des damit übereinstimmenden Schrifttums (Heller-Berger-Stix I 255 f) einen Exekutionstitel, weshalb auf die Unterschiede der jüngeren zur älteren Rechtsprechung nicht weiter eingegangen werden muß.

Handelt es sich um einen Bruchteilstitel gemäß § 10a EO, so bestimmt gemäß dessen Abs 2 die Erklärung des Dienstgebers den Umfang des zu vollstreckenden Anspruchs, solange ihn nicht das Gericht, bei dem die Bewilligung der Exekution in erster Instanz beantragt wurde, und nach Beginn des Exekutionsvollzugs das Exekutionsgericht auf Antrag nach mündlicher Verhandlung in anderer Weise rechtskräftig feststellt. Bei einem Bruchtteilstitel, dem entgegen § 7 Abs 1 EO der Umfang der geschuldeten Leistung nicht zu entnehmen ist, sieht das Gesetz zur Bestimmung des zu vollstreckenden Anspruch somit ein zweistufiges Verfahren vor. In der ersten Stufe, die mit der Exekutionsbewilligung abgeschlossen wird, ist hiefür die Erklärung des Dienstgebers maßgebend. Entspricht der in der Exekutionsbewilligung angeführte zu vollstreckende Anspruch zwar dieser Erklärung, nicht aber dem aus dem Wortlaut des Exekutionstitels hervorgehenden Unterhaltsanspruch, so ist der zu vollstreckende Anspruch in der zweiten Stufe des Verfahrens auf Antrag einer Partei in einer weiteren, nach mündlicher Verhandlung zu fällenden Entscheidung festzustellen.

Das Gesagte bedeutet mit anderen Worten, daß bei der Bewilligung der Exekution für die Höhe der Bezüge, die bei Ermittlung des Unterhaltsanspruchs zu berücksichtigen sind, ausschließlich die Erklärung des Dienstgebers maßgebend ist. Von dieser Erklärung kann über die Entscheidung bei der Bewilligung der Exekution nur abgewichen werden, wenn es darum geht, ob ein bestimmter Bezug oder Bezugsteil dem Grunde nach zu berücksichtigen ist. Steht dies fest, so bildet die vom Dienstgeber bekanntgegebene Höhe der Bezüge die Grundlage für die Bewilligung der Exekution. Der Partei, die durch eine unrichtige Erklärung des Dienstgebers benachteiligt wird, bleibt nur der Antrag nach § 10a Abs 2 EO. Dabei macht es keinen Unterschied, aus welchem Grund die Höhe der Bezüge in der Erklärung des Dienstgebers unrichtig angegeben ist. Es kommt in Betracht, daß der Drittschuldner nicht alle Bezüge oder Bezugsteile oder daß er sie zu nieder oder zu hoch bekanntgegeben hat, wobei wieder nicht entscheidend ist, ob dies etwa darauf zurückgeht, daß er die abzuziehenden Steuern, Sozialversicherungsbeiträge und anderen öffentlichen Abgaben unrichtig oder überhaupt nicht berechnete. In all diesen Fällen ist die Exekution in dem auf Grund der Erklärung des Dienstgebers sich ergebenden Umfang zu bewilligen.

Die dargestellte, in § 10a EO deutlich vorgezeichnete Auffassung findet eine Stütze in der Überlegung, daß der betreibende Gläubiger nicht deshalb einen Nachteil erleiden soll, weil der Drittschuldner - möglicherweise im Zusammenwirken mit dem Verpflichteten - die Bezüge nicht in der für den Unterhaltsanspruch maßgebenden Höhe bekanntgibt. Dies allein darf nicht dazu führen, daß der Bruchteilstitel nicht vollstreckbar ist und der betreibende Gläubiger sich einen weiteren Titel beschaffen muß. Es hindert daher die Bewilligung der Exekution nicht, wenn der Erklärung des Dienstgebers nur die Bruttobezüge zu entnehmen sind. Entgegen der im Revisionsrekurs vertretenen Meinung darf die Höhe der Abzüge vor der Bewilligung der Exekution jedenfalls dann nicht ermittelt werden, wenn hiefür weitere Tatsachenfeststellungen nötig sind. Dies wird nämlich durch § 3 Abs 2 und § 55 Abs 2 EO ausgeschlossen. Gemäß § 3 Abs 2 EO ist über den Antrag auf Bewilligung der Exekution, sofern in der EO nicht etwas anderes angeordnet ist, ohne vorhergehende mündliche Verhandlung und ohne Einvernehmung des Gegners Beschluß zu fassen. Im § 55 Abs 2 EO wird bestimmt, daß das Gericht, "ausgenommen den Antrag auf Bewilligung der Exekution" auch vor Beschlußfassungen, für die es das Gesetz nicht verlangt, zur Feststellung der erheblichen Tatsachen Erhebungen durchführen darf. Beide Bestimmungen lassen es daher nicht zu, daß vor der Entscheidung über den Exekutionsantrag andere Erhebungen als die im § 10a Abs 1 EO vorgesehene Einholung der Erklärung des Dienstgebers durchgeführt werden. Solchen Erhebungen steht überdies entgegen, daß sie zu einer nicht gerechtfertigten Verschlechterung des Ranges des Befriedigungsrechtes des betreibenden Gläubigers führen könnten.

Entgegen der im Revisionsrekurs vertretenen Meinung steht diese - schon von den Vorinstanzen vertretene - Auffassung mit der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes nicht im Widerspruch. Der Oberste Gerichtshof hat zwar in den Entscheidungen ZBl 1936/224, EvBl 1952/268, SZ 30/6 = EvBl 1957/184 und EFSlg 25.455 ua ausgesprochen, daß unter "Nettoeinkommen" das Einkommen nach Abzug der hievon zu entrichtenden Steuern, Sozialversicherungsbeiträgen und anderen öffentlichen Abgaben zu verstehen sei. Dies gilt nach den Entscheidungen SZ 12/102 und GH 1934, 27 sogar dann, wenn im Exekutionstitel nur der Ausdruck "Bezüge", und nach der Entscheidung SZ 44/153, wenn darin der Ausdruck "Gehalt" verwendet wird. Diese Entscheidungen betrafen aber entweder die Frage, welche Bezüge oder Bezugsteile in die Berechnungsgrundlage einzubeziehen sind, oder die Frage der Bestimmtheit des Exekutionstitels. Der Oberste Gerichtshof beschäftigte sich darin aber nicht mit der Frage, wie vorzugehen ist, wenn die vorzunehmenden Abzüge der Erklärung des Dienstgebers nicht entnommen werden können. Die Entscheidungen bieten also für diesen Fall nur einen Anhaltspunkt, wie der zu vollstreckende Anspruch auf Grund eines Antrages nach § 10a Abs 2 EO festzustellen ist. Sie sagen aber zu der hier im Vordergrund stehenden Frage der Bewilligung der Exekution nichts aus. Heller-Berger-Stix führen zwar, wie im Revisionsrekurs zutreffend bemerkt wird, zunächst aus (I 267 Mitte), daß die Berechnung des quotenmäßig geschuldeten Unterhaltsbetrages nur dann im Sinn des § 10a EO durchgeführt werden könne, wenn aus der Erklärung des Dienstgebers das tatsächliche Einkommen, nämlich das Nettoeinkommen, zu errechnen sei. Sie erwähnen in diesem Zusammenhang aber Beispiele, die hier nicht in Betracht kommen. Außerdem weisen sie am Ende dieser Seite für den mit dem hier zu entscheidenden vergleichbaren Fall, daß dem Verpflichteten mehrere Bezüge (offensichtlich: Bezüge von mehreren Dienstgebern) zustehen, darauf hin, daß der "Exekutionsrichter" nur erheben könne und müsse, was der Verpflichtete von seinem Dienst- oder Arbeitgeber bekommt (zu bekommen hat), und daß die vom Verpflichteten an das Finanzamt abzuführenden Abgabenbeträge demnach bei der Berechnung der Unterhaltsforderung nicht berücksichtigt werden könnten. Die Ausführungen von Heller-Berger-Stix sind daher in dem hier zu erörternden Punkt nicht eindeutig, und der erkennende Senat vermag sich ihnen aus den dargelegten Gründen jedenfalls nicht anzuschließen, soweit sie mit der von ihm vertretenen Rechtsansicht nicht im Einklang stehen.

Gegen die Ansicht der Vorinstanzen, daß eine Abfertigung an sich in die Berechnungsgrundlage für den Unterhaltsanspruch einzubeziehen ist, wird vom Verpflichteten im Revisionsrekurs nichts vorgebracht; sie ist auch nach Ansicht des Obersten Gerichtshofs zutreffend (vgl SZ 15/127, dort allerdings unter Berufung auf den nicht mehr geltenden § 289e EO idF der EO-Nov 1922). Entgegen der im Revisionsrekurs vertretenen Meinung steht es nach dem Gesagten der Einbeziehung der hier dem Verpflichteten ausbezahlten Abfertigung auch nicht entgegen, daß sich aus der Erklärung des Dienstgebers die hievon abzuführende Lohnsteuer nicht ergibt. Die Höhe dieser Steuer kann auch nicht auf Grund des Revisionsrekurses berechnet werden, weil hiefür weitere Tatsachenfeststellungen notwendig sind (Anzahl der gemäß § 67 Abs 1 EStG für die Ermäßigung des Steuersatzes maßgebenden Kinder; Höhe der laufenden Bezüge der letzten 12 Monate und Dauer der Dienstzeit für die Besteuerung der freiwilligen Abfertigung gemäß § 67 Abs 6 EStG), und die vom Verpflichteten in diesem Zusammenhang für notwendig angesehene mündliche Verhandlung darf vor der Entscheidung über den Exekutionsantrag nicht durchgeführt werden (s.oben).

Schließlich ist der dem Verpflichteten als Abfertigung zustehende Betrag auch nicht etwa entsprechend der Anzahl der Monate, die seiner Berechnung zugrundegelegt wurden, aufzuteilen. Eine solche Ansicht wird von den Gerichten zweiter Instanz nur für die Bemessung des Unterhalts bei Schaffung eines auf bestimmte Unterhaltsbeträge lautenden Unterhaltstitels vertreten (vgl MGA ABGB33 § 140/115). Da ein solcher Fall hier nicht vorliegt, muß zu dieser Rechtsprechung nicht Stellung genommen werden. Bei einem Bruchteilstitel sind die Verhältnisse jedenfalls anders, weil der darin festgelegte Unterhaltsanspruch veränderlich ist und sich grundsätzlich nach der Höhe der Bezüge richtet, die dem Unterhaltsschuldner tatsächlich zugeflossen sind oder die ihm der Dienstgeber ausbezahlt hätte, wenn sie nicht gepfändet worden wären. Eine Ausnahme wurde im Schrifttum (Heller-Berger-Stix I 263 f) und in der (jüngeren) Rechtsprechung (SZ 42/81; EFSlg 25.444; anders noch Rsp 1936/172 mit zustimmender Besprechung von Kollroß und SZ 19/204) nur gemacht, wenn die Bezüge vom Dienstgeber trotz Fälligkeit nicht ausbezahlt wurden. Damit ist aber noch nichts für den umgekehrten Fall gesagt, in dem der Unterhaltsschuldner die Bezüge schon vor Fälligkeit erhält, weshalb sich der Verpflichtete zu Unrecht auf die Ausführungen von Heller-Berger-Stix bezieht (vgl vielmehr dort S 264 zweiter Abs.). Der Unterhaltsschuldner kann die Bezahlung des Unterhalts von Bezügen, die ihm bereits zugeflossen sind, nicht mit der Begründung hinausschieben, daß sie erst später fällig wurden oder die Bedürfnisse eines größeren Zeitraums decken sollen. Es besteht kein Grund, die Abfertigung in diesem Punkt anders als andere Bezüge zu behandeln. Wird die Exekution zur Hereinbringung auf künftig fällig werdende Leistungen gemäß § 291c EO idF der EO-Novelle 1991 (früher § 6 Abs 3 LPfG) geführt, so spricht für diese Ansicht noch, daß der Drittschuldner andernfalls die dem betreibenden Gläubiger gebührenden Zahlungen einbehalten müßte, weil er bei Auszahlung an den Verpflichteten Gefahr liefe, daß er noch zu einer Zeit Leistungen erbringen muß, in der der Verpflichtete keinen oder nur einen geringeren Anspruch auf Entgelt hat. Für die Einbehaltung durch den Drittschuldner bietet das Gesetz aber keine Handhabe, und es wäre überdies auch auf diese Weise nicht gewährleistet, daß der betreibende Gläubiger die ihm gebührenden Zahlungen tatsächlich erhält.

Gegen die Berechnung des Unterhaltsrückstands auf Grund der dem Verpflichteten bezahlten Abfertigung und sonstigen Bezüge und gegen deren Einbeziehung in die Berechnungsgrundlage wird im Revisionsrekurs nichts vorgebracht. Die Behauptung, höhere als die im Exekutionsantrag angeführten Zahlungen geleistet zu haben, ist wegen des Neuerungsverbotes nicht zielführend.

Der Ausspruch über die Kosten des Revisionsrekurses beruht auf § 78 EO iVm den §§ 40 und 50 ZPO.

Anmerkung

E29238

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1992:0030OB00066.92.0708.000

Dokumentnummer

JJT_19920708_OGH0002_0030OB00066_9200000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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