Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Hon.Prof.Dr. Griehsler als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Huber, Dr. Kodek, Dr. Graf und Dr. Jelinek als weitere Richter im Konkurs über das Vermögen A*****gesellschaft ***** ***** *****, vertreten durch den Masseverwalter Dr. Christian Konzett, Rechtsanwalt in Bludenz, infolge Revisionsrekurses der Konkursgläubigerin K***** & B***** ***** N*****, vertreten durch Dr. Eugen Amann, Rechtsanwalt in Bregenz, gegen den Beschluß des Oberlandesgerichtes Innsbruck als Rekursgericht vom 23. Jänner 1992, GZ 1 R 13/92-311, womit der Beschluß des Landesgerichtes Feldkirch vom 18. Dezember 1991, GZ S 14/84-298, teilweise abgeändert wurde, folgenden
Beschluß
gefaßt:
Spruch
Dem Revisionsrekurs wird Folge gegeben.
Die vorinstanzlichen Beschlüsse werden dahin abgeändert, daß der konkursgerichtliche Beschluß ON 298, der im übrigen unberührt bleibt,
1.) in seinem bisherigen Punkt I Abs. 2 ersatzlos aufgehoben wird und anstelle dieses Absatzes der bisherige Absatz 3 rückt;
2.) im Punkt II 3 lit.c zu lauten hat: "Fa. K***** & B*****, A-ON 317 des Anmeldungsverzeichnisses, der nachgewiesene wirkliche Ausfall von S 1,118.013,05";
3.) in seinem bisherigen Punkt II 3 lit.c die Bezeichnung II 3 lit.d erhält und
4.) im Punkt II 3 lit.d ua lautet: "Im übrigen, nämlich soweit sich aus lit.a, b und c nichts anderes ergibt ...".
Die Revisionsrekurswerberin hat die Kosten ihres Rechtsmittels selbst zu tragen.
Text
Begründung:
Die von der Konkursgläubigerin K***** & B***** nach dem Inhalt des Anmeldungsverzeichnis (ON 317) angemeldete Konkursforderung wurde in der Prüfungstagsatzung auf Grund des Anerkenntnisses des Masseverwalters in der Höhe von S 1,118.013,05 festgestellt, im Verteilungsentwurf und in der Schlußverteilung aber nicht berücksichtigt, weil die Gläubigerin nach Ansicht des Masseverwalters und des Konkursgerichtes in dem von ihr zur AZ 7 Cg 2860/85 des Landesgerichtes Feldkirch geschlossenen Vergleich nachträglich auf diesen Konkursteilnahmeanspruch verzichtet habe. Das Konkursgericht vertrat hiezu den Standpunkt, der nach der Forderungsfeststellung abgegebene Verzicht sei im Verteilungsverfahren nach § 130 KO von Amts wegen zu berücksichtigen, der Masseverwalter brauche daher nicht Oppositionsklage erheben.
Das Rekursgericht sprach in teilweiser Abänderung des konkursgerichtlichen Verteilungsbeschlusses aus, der auf die Fa. K***** & B*****, entfallende, laut Anmeldungsverzeichnis festgestellte, nunmehr aber strittige Forderungsbetrag sei mit der gemäß Punkt II Z 4 des angefochtenen Beschlusses entfallenden Quote gemäß § 131 KO bei Gericht zu erlegen; es trug der Rekurswerberin auf, ihren Anspruch im Rechtswege binnen 4 Wochen geltend zu machen, und erklärte, daß der Wert des Streitgegenstandes, über den es entschied, S 50.000,-- übersteige und der Revisionsrekurs zulässig sei.
In seiner Entscheidungsbegründung verwies das Rekursgericht auf den von den Parteien im Verfahren 7 Cg 2860/85 des Landesgerichtes Feldkirch am 6. Juni 1986 geschlossenen Vergleich folgenden Inhaltes:
"Vergleich
1.) Die beklagte Partei (Fa. K***** & B*****) verpflichtet sich, der klagenden Partei binnen 14 Tagen bei sonstiger Exekution auf das Massekonto der *****bank, ***** den Betrag von S 300.000,-- zu bezahlen.
2.) Damit sind sämtliche gegenseitigen Ansprüche - welcher Art auch immer - verglichen."
Dieser Vergleich könne in der Frage, ob er die gegenständliche Konkursforderung erfasse, nach Ansicht des Rekursgerichtes und entgegen jener des Konkursgerichtes erst nach Erforschung der Parteienabsicht ausgelegt werden, zu welchem Zwecke im Sinne des gestellten Beweisanbotes der Zeugenbeweis durchzuführen sei. Die Klärung der strittigen Frage über den Forderungsbestand bilde nicht den Gegenstand der Verhandlung und Entscheidung des Konkursgerichtes nach § 130 KO, diese Frage stelle für den Beschluß über den Verteilungsentwurf nur eine Vorfrage dar. Zur Klärung der Frage des Erlöschens oder des Weiterbestandes einer in der Prüfungstagsatzung festgestellten Forderung der III. Klasse sei nach Ansicht des Rekursgerichtes trotz der Bestimmung des § 130 Abs. 3 KO der Rechtsweg nicht verschlossen. Dieser Entscheidung im Rechtswege könne vom Konkursgericht im Rahmen der Entscheidung über die Schlußverteilung nicht vorgegriffen werden. Hier sei dem Konkursgericht zwar darin beizupflichten, daß zumindest prima facie der Vergleich zur AZ 7 Cg 2860/85 des Landesgerichtes Feldkirch seinem objektiven Erklärungswert nach dahin auszulegen sei, daß auch die gegenständliche Konkursforderung mitverglichen wurde, soweit sie zuvor in der Prüfungstagsatzung festgestellt worden sei. Der Inhalt eines gerichtlichen Vergleiches werde aber nicht bloß nach dem gebrauchten Wortlaut, sondern nach der Absicht der Parteien, also darnach, was sie tatsächlich gewollt hatten, bestimmt. Ein Feststellungsbegehren über den wahren Inhalt eines Vergleiches werde von der Rechtsprechung für zulässig erachtet. Die Geltendmachung des Anspruches der rekurswerbenden Partei im Rechtsweg erscheine damit nicht ausgeschlossen. Hinsichtlich der Verteilung der Parteirollen sei davon auszugehen, daß gegen den (Weiter-) Bestand der im Anmeldungsverzeichnis festgestellten Konkursforderung der Rekurswerberin derzeit der klare Wortlaut des rechtswirksamen und vollstreckbaren Vergleiches spreche, die Beweislast für einen vom Wortlaut abweichenden Inhalt daher die rekurswerbende Partei treffe und demgemäß ihr die Klägerrolle zuzuweisen sei.
Gegen die Entscheidung des Rekursgerichtes richtet sich der Revisionsrekurs der Fa. K***** & B***** mit dem Antrage auf Abänderung dahin, daß ihre Konkursforderung dritter Klasse mit S 1,118.013,05 bei der Verteilung berücksichtigt werde; in eventu sei dem Masseverwalter die Klägerrolle zuzuteilen und ihm die Einbringung der Klage nach § 35 EO aufzutragen. Hiezu führt die Rechtsmittelwerberin aus, eine vom Masseverwalter anerkannte und festgestellte Forderung gelte für die Zeit des aufrechten Bestandes dieses Anerkenntnisses für das Konkursverfahren als mit bindender Wirkung festgestellt. Ohne Zustimmung des Gläubigers könne das Anerkenntnis des Masseverwalters nur bis zum Schluß der Prüfungsverhandlung zurückgenommen werden. Da die Forderungsfeststellung wie ein Urteil wirke, seien gerichtliche Vergleiche über eine festgestellte Konkursforderung unzulässig. Der gerichtliche Vergleich könne eine Einwendung des materiellen Rechtes, aber keine Prozeßeinrede begründen; er habe daher gegenüber einer Forderungsfeststellung im Konkurs keine verfahrensrechtliche Sperrwirkung. Mit der Einrede des Masseverwalters über den Verzicht auf die festgestellte Konkursforderung werde daher keine verfahrensrechtliche, sondern eine materiellrechtliche Einwendung erhoben und damit ein Tatbestand im Sinne des § 35 EO behauptet. Ob ein solcher vorliege, könne nur im Prozeßweg nach Einbringung einer Klage gemäß § 35 Abs. 2 EO beurteilt werden.
Der Revisionsrekurs ist zulässig und gerechtfertigt.
Rechtliche Beurteilung
Gemäß § 105 Abs. 3 KO hat der Masseverwalter bei jeder im Konkursverfahren angemeldeten Forderung eine bestimmte Erklärung über ihre Richtigkeit und Rangordnung abzugeben. Diese Prüfungserklärung des Masseverwalters ist nach ständiger Rechtsprechung (EvBl. 1988/102; 1 Ob 529/91; AnwBl. 1989, 759; SZ 23/145; SZ 44/111) eine an das Gericht gerichtete Prozeßerklärung, also eine Willenserklärung, die wie ein rechtskräftiges Urteil über das Bestehen und die Höhe der angemeldeten Forderung wirkt. Allerdings ist diese Erklärung weder unwiderruflich noch unanfechtbar. Mit Zustimmung des Konkursgläubigers, dessen Forderung der Masseverwalter anerkannt hat, kann das Anerkenntnis jederzeit zurückgenommen werden; ohne Zustimmung dieses Gläubigers aber nur bis zum Schluß der Prüfungsverhandlung, wenn der Anmeldende bei der Prüfungsverhandlung nicht anwesend war oder nicht verhandelte. Im übrigen kann das Anerkenntnis des Masseverwalters wegen seiner urteilsgleichen Wirkungen nach § 35 EO durch Einwendungen gegen den Anspruch oder nach §§ 529 ff ZPO angefochten werden (EvBl. 1988/102 mwN ua).
Gemäß § 105 Abs. 1 KO gilt eine Forderung im Konkurs als festgestellt, wenn sie vom Masseverwalter anerkannt und von keinem hiezu berechtigten Konkursgläubiger bestritten worden ist.
Es ist hier nicht strittig, daß diese Voraussetzungen hinsichtlich der von der Rechtsmittelwerberin im Konkursverfahren angemeldeten Forderung vorliegen. Der Masseverwalter hat die festgestellte Forderung, nur deswegen nicht in seinen Verteilungsentwurf aufgenommen, weil er der Ansicht war, daß die nunmehrige Rechtsmittelwerberin in dem mit ihm geschlossenen Vergleich auf ihren gegenständlichen Konkursteilnahmeanspruch verzichtet habe. Damit behauptet er in Wahrheit das Vorliegen eines - durch unbedenkliche Urkunden im Sinne des § 40 Abs. 1 EO nachgewiesenen - Oppositionstatbestandes. Das Konkursgericht hielt in Auslegung des Vergleiches diesen Teilnahmeanspruch für erloschen und eine Oppositionsklage des Masseverwalters nach § 35 EO daher für entbehrlich. Seiner Beurteilung, es ergebe sich bereits aus dem unbedenklichen urkundlichen Vergleichsinhalt, daß dieser auch den gegenständlichen Konkursteilnahmeanspruch erfasse, kann nicht gefolgt werden. Mangels Vorliegens der Voraussetzungen des sinngemäß anzuwendenden § 40 Abs. 1 EO ist somit aber die Berücksichtigung des vom Masseverwalter behaupteten Oppositionstatbestandes ohne Klage nicht möglich, vielmehr bedarf es wegen des hinsichtlich der Vergleichsauslegung gegenteiligen Rechtsstandpunktes der Rechtsmittelwerberin der Ermittlung und Feststellung streitiger Tatumstände. Der Masseverwalter ist daher mit seinen Einwendungen im Sinne des § 40 Abs. 2 EO auf den - ihm trotz der Bestimmung des § 130 Abs. 3 KO zur Verfügung stehenden - Rechtsweg - Klage nach § 35 EO - verwiesen.
Demgemäß war dem vorliegenden Revisionsrekurs Folge zu geben und auszusprechen, daß die festgestellte Konkursforderung der Rechtsmittelwerberin im Sinne des Punktes II 3 des konkursgerichtlichen Genehmigungsbeschlusses ON 298 ebenfalls der Schlußverteilung zu unterziehen ist. Sollte der Masseverwalter Oppositionsklage erheben, so wird bei der Schlußverteilung die Bestimmung des § 131 Abs. 1 KO zu berücksichtigen sein.
Da es gemäß § 173 Abs. 1 KO im Konkursverfahren, soweit es sich nicht um Rechtsstreitigkeiten handelt, keinen Kostenersatz gibt (SZ 4/9; SZ 17/24; 5 Ob 219, 220/73; 5 Ob 318, 319/86 ua), hat die Revisionsrekurswerberin die Kosten ihres Rechtsmittels selbst zu tragen.
Anmerkung
E30907European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:1992:0080OB00007.92.0709.000Dokumentnummer
JJT_19920709_OGH0002_0080OB00007_9200000_000