TE OGH 1992/7/9 8Ob5/91

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 09.07.1992
beobachten
merken

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Hon-Prof. Dr. Griehsler als Vorsirtzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Huber, Dr. Kodek, Dr. Graf und Dr. Jelinek als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei A*****Gesellschaft mbH, ***** vertreten durch Dr. Wolfgang Mayr und Dr. Johann Eder, Rechtsanwälte in Salzburg, wider die beklagte Partei Dr. Ernst C*****, als Masseverwalter im Konkurs über das Vermögen des Walter F*****, wegen Erteilung von Informationen (Streitwert S 80.000,--) infolge Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Linz als Berufungsgerichtes vom 23.November 1990, GZ 4 R 340/89-26, womit infolge Berufung der beklagten Partei das Urteil des Kreisgerichtes Wels vom 26.September 1989, GZ 9 Cg 19/89-21, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

Spruch

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei die mit S 5.094,-- bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens (darin S 849,-- Umsatzsteuer) binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Die klagende Partei stand mit dem Schlossermeister Walter F*****, über dessen Vermögen am 7.4.1987 zu S 23/87 des Erstgerichtes der Konkurs eröffnet wurde, in Geschäftsverbindung. Sie belieferte ihn mit Metallprofilen für den Fahrzeugbau und behielt sich auch für den Fall der Verarbeitung und Weiterveräußerung der Ware das Eigentum daran bis zur völligen Bezahlung des Kaufpreises vor; aufgrund ihrer dem Vertragsverhältnis zugrundeliegenden Allgemeinen Geschäftsbedingungen (Punkt 7) ließ sie sich von Walter F***** ua versprechen, daß er ihr alle zur Prüfung und Durchsetzung des (behaupteten) "verlängerten Eigentumsvorbehaltes" erforderlichen Informationen gibt. Walter F***** blieb der klagenden Partei für die Lieferungen vom 3.12.1986 bis 4.3.1987 den Betrag von S 282.276,30 zuzüglich Zinsen schuldig. Die klagende Partei nahm daraufhin Waren im Fakturenwert von S 99.367,56 zurück und stellte Walter F***** eine Gutschrift über S 79.496,04 aus. Im Konkurs über das Vermögen Walter F*****s meldete sie dann S 287.857,76 als Konkursforderung an und der Masseverwalter anerkannte davon S 188.490,76.

Soweit Walter F***** vor Konkurseröffnung im Vorbehaltseigentum der klagenden Partei stehende Waren (nach Verarbeitung) an eigene Kunden auslieferte, erfolgte in keinem Fall vor oder nach Konkurseröffnung eine "Verständigung der jeweiligen Abnehmer des Gemeinschuldners als Drittschuldner" oder ein Buchvermerk über die (vereinbarte) Vorausabtretung der Forderungen des Vorbehaltskäufers gegen seine Abnehmer in den Geschäftsbüchern des Gemeinschuldners.

Die klagende Partei begehrte vom Beklagten als Masseverwalter im Konkurs des Walter F***** die Information darüber, an wen die von ihr an diesen seit 3.12.1986 gelieferten Waren veräußert wurden und wann die jeweiligen Erwerber welchen Betrag dafür bezahlt haben. Sie begründete ihr Begehren mit dem Hinweis auf die Vereinbarung des verlängerten Eigentumsvorbehaltes dergestalt, daß sich dieser im Falle der Weiterveräußerung der Ware oder eines Produktes, bei dem gelieferte Ware verarbeitet wurde, auch auf die hieraus resultierenden Forderungen erstreckte; diese Forderungen seien sofort nach ihrer Entstehung unwiderruflich an die klagende Partei abgetreten worden. Es sei möglich, daß zumindest ein Teil der gelieferten Ware vor oder nach Konkurseröffnung weiterveräußert wurde und noch nicht oder schon bezahlt ist. Die Kenntnis dieser Umstände sei notwendig, um das Bestehen von Aussonderungs-, Ersatzaussonderungs- und Absonderungsansprüchen prüfen und feststellen zu können. Der Masseverwalter sei an die in den Verträgen mit dem Gemeinschuldner enthaltenen Informationspflichten gebunden. Diese Verträge seien beiderseits noch nicht vollständig erfüllt und daher ungeachtet des Konkurses aufrecht. Im übrigen werde das Informationsbegehren auf jeden sonst denkbaren Rechtsgrund gestützt.

Der Beklagte beantragte die Abweisung des Klagebegehrens. Der Anspruch auf Informationserteilung sei im Konkurs nicht durchsetzbar. Darüber hinaus sei ein rechtliches Interesse der klagenden Partei an der begehrten Information zu verneinen, weil der nach einhelliger Rechtsauffassung zur Wirksamkeit einer mit dem verlängerten Eigentumsvorbehalt verbundenen Vorausabtretung, welcher der Charakter einer Sicherungsabtretung zukomme, erforderliche modus (Verständigung der Dritterwerber vom verlängerten Eigentumsvorbehalt oder Buchvermerk) unstrittig vor der Konkurseröffnung nicht bewirkt worden sei und nach der Konkurseröffnung nicht mehr in Wirksamkeit gesetzt werden könne.

Das Erstgericht wies das Klagebegehren im ersten Rechtsgang im wesentlichen mit der Begründung ab, daß der Informationsanspruch gemäß § 14 KO als Geldforderungsanspruch anzumelden gewesen wäre.

Das Berufungsgericht gab der Revision der klagenden Partei nicht Folge, ließ aber mit entsprechendem Bewertungsausspruch die Revision zu. Es verwarf die Rechtsansicht des Erstgerichtes und meinte, der klagenden Partei stünde der Erfüllungsanspruch auf Auskunftserteilung als Masseforderung nur zu, wenn der Masseverwalter in die Kaufverträge eingetreten wäre; dies sei aber nicht der Fall, denn er sei vielmehr vom Vertrag zurückgetreten, weil die klagende Partei ihre Ansprüche als Konkursforderung geltend gemacht und er sie als solche anerkannt habe. Der klagenden Partei stünden gemäß § 21 Abs 2 KO nur mehr Ansprüche auf Nichterfüllungsschäden zu.

Der Oberste Gerichtshof hat in Stattgebung der Berufung der klagenden Partei die Urteile der Vorinstanzen aufgehoben und die Rechtssache zur Verfahrensergänzung und neuerlichen Entscheidung in die erste Instanz zurückverwiesen.

Zur Vermeidung von Wiederholungen wird auf diese den Parteien bekannte und auch schon veröffentlichte Entscheidung vom 30.3.1989, 8 Ob 48/88 (ÖBA 1989, 918 = WBl.1989, 194) verwiesen.

Das Erstgericht gab im zweiten Rechtsgang dem Klagebegehren statt. Es stellte noch fest, daß Walter F***** die unter Verwendung der unter Eigentumsvorbehalt gekauften Waren der klagenden Partei gefertigten Produkte an seine Kunden ebenfalls unter Eigentumsvorbehalt verkauft hat, daß nach der Konkurseröffnung aus Lieferungen der klagenden Partei verarbeitete Produkte nicht verkauft wurden, aber mehrfach vor Konkurseröffnung verkaufte derartige Produkte nach Konkurseröffnung bezahlt worden sind. In seiner rechtlichen Beurteilung vertrat es die Auffassung, der Masseverwalter sei der klagenden Partei auskunftspflichtig, weil diese aufgrund des verlängerten Egentumsvorbehalts einen Absonderungsanspruch an den Kaufpreisforderungen gegen die Dritterwerber habe.

Das Gericht zweiter Instanz bestätigte das Ersturteil, bewertete den Entscheidungsgegenstand über S 50.000 und ließ die ordentliche Revision zu. Es äußerte folgende Rechtsansichten: Der Informationsanspruch bestehe ungeachtet der unstrittigen Tatsache, daß für die Vorausabtretung der Kaufpreisforderungen an Dritterwerber der erforderliche modus nicht gesetzt wurde, weil er vertraglich nicht nur zur Durchsetzung, sondern auch zur Prüfung des verlängerten Eigentumsvorbehalts der klagenden Partei dienen sollte. Außerdem habe das Erstgericht unbekämpft festgestellt, daß die Information auch zur Prüfung und Durchsetzung des einfachen Eigentumsvorbehalts zu erteilen sei. Die genannte Außerstreitstellung bezüglich des fehlenden modus bedeute auch noch nicht, daß die klagende Partei ihr Eigentum an allen in der fraglichen Zeit gelieferten Waren bereits verloren habe, zumal nicht festgestellt worden sei, daß sämtliche von Walter F***** unter Eigentumsvorbehalt erworbene Waren weiterverarbeitet und weiterveräußert worden wären. Tatsächlich liege hier ein Fall des - in der Lehre vertretenen, von der Rechtsprechung hingegen abgelehnten - sogenannten "nachgeschalteten Eigentumsvorbehaltes" vor, wonach der Eigentumsvorbehalt nicht ohne weiteres mit der Weiterveräußerung erlösche, sondern bei nicht vollständiger Kaufpreiszahlung des Zweiterwerbers der Vorbehaltseigentümer Miteigentümer der weiterveräußerten Ware bleibe und unter gewissen Voraussetzungen ein Aussonderungsrecht nach § 44 Abs.1 KO haben könne. Auf die Frage, ob der Anspruch nicht als Rechnungslegungsanspruch schon von Gesetzes wegen bestehe, sei nicht einzugehen.

Rechtliche Beurteilung

Die gegen das Urteil des Berufungsgerichtes erhobene Revision des Beklagten ist nicht berechtigt.

Da der Aufhebungsbeschluß des erkennenden Senates (ON 15) in der Literatur zu kritischen und von Mißverständnissen getragenen Stellungnahmen (Paul Doralt's in ÖBA 1989, 920 ff und des Beklagten in WBl.1989, 182 ff) Anlaß gegeben hat, erscheinen vorerst folgende klarstellenden Ausführungen geboten:

Schon dem ersten Absatz der Begründung des Aufhebungsbeschlusses konnte entnommen werden, daß der Informationsanspruch der klagenden Partei auf den Vertrag (die Allgemeinen Geschäftsbedingungen) der klagenden Partei mit Walter F***** zurückgeführt wurde (..."wobei sie (klagende Partei) sich versprechen ließ,..."). Da im vorangegangenen Verfahren keinerlei Feststellungen über die näheren Umstände des Weiterverkaufs der Vorbehaltsware durch den späteren Gemeinschuldner und den Eingang von Zahlungen aus solchen Verkäufen vorlagen, wurden im Aufhebungsbeschluß (zwei) vorstellbare Fallgestaltungen - ohne Anspruch auf Vollständigkeit oder Ausschließlichkeit - erwogen und im Anschluß daran für den Fall der Richtigkeit des Klagevorbringens rechtliche Erwägungen angestellt, aus denen eine Auskunftspflicht des Beklagten und ein ihr entsprechender Informationsanspruch der klagenden Partei abzuleiten sei. Daß zur Wirksamkeit der zur Sicherung des verlängerten Eigentumsvorbehalts vereinbarten Vorausabtretung der Kaufpreisforderungen gegen die Dritterwerber auch der für die Sicherungsabtretung geforderte modus bewirkt sein mußte, ist - und wurde auch - als selbstverständlich vorausgesetzt (siehe die bei Aicher in Rummel ABGB2 Rz 115 ersichtlichen Hinweise auf Rechtsprechung und Lehrmeinungen); für den vorliegenden Rechtstreit betreffend die vom Beklagten bisher verweigerte Information über die betroffenen Geschäftsfälle ist dies aber ebensowenig entscheidend wie die im Aufhebungsbeschluß ausdrücklich offen gelassene, wenngleich im kritischen Sinn aufgeworfene Frage, inwieweit § 21 KO im Sinn der bisherigen Rechtsprechung und herrschenden Lehrmeinung auch für den unter Eigentumsvorbehalt erfolgten Verkauf von Gegenständen (Waren) anwendbar ist.

Im zweiten Rechtsgang hat sich - zwar auf einer von der klagenden Partei bekämpften, aber doch für die Sachentscheidung ausreichenden Feststellungsgrundlage - ergeben, daß jedenfalls vor Konkurseröffnung weiterverarbeitete und verkaufte Vorbehaltsware der klagenden Partei in manchen Fällen erst nach der Konkurseröffnung bezahlt wurde; dies entspricht dem im Aufhebungsbeschluß ON 15 dargestellten zweiten Fall, aus dem dort Absonderungsansprüche an Kaufpreisforderungen gegen den Dritterwerber - und daraus folgend der geltend gemachte Informationsanspruch - abgeleitet wurden. Weil der vom Masseverwalter in Erfüllung der vertraglichen Pflichten des Gemeinschuldners zu erfüllende - von § 14 Abs 1 KO nicht betroffene - Informationsanspruch (vgl. Kuhn-Uhlenbruck dKO10 § 6 Rz 53) nicht nur zur Durchsetzung eines Aus- oder Absonderungsanspruches, sondern auch zur Prüfung eines von der klagenden Partei behaupteten (verlängerten) Eigentumsvorbehaltes besteht, kann nicht bloß aufgrund der Außerstreitstellung, daß ein modus für die Vorausabtretung nicht gesetzt wurde, der klagenden Partei das Rechtsschutzbedürfnis für den vertraglich begründeten Auskunftsanspruch aberkannt werden. Neben den vom Berufungsgericht genannten, eine nähere Information zur Klärung allfälliger Ansprüche der klagenden Partei aus dem Eigentumsvorbehalt erfordernden Umständen ist auch denkbar, daß der Masseverwalter die nach Konkurseröffnung geleisteten Entgelte aus der Weiterveräußerung von verarbeiteter Vorbehaltsware entsprechend der dafür zu fordernden Verpflichtung nicht mit den übrigen Massebeständen vermengt, sondern gesondert aufbewahrt hat, sodaß ein Zugriffsrecht der klagenden Partei auf diese Masseteile durchaus vorstellbar ist. Gegenstand des Prozesses auf Erteilung der zugesagten Informationen war also nicht etwa der von der klagenden Partei zu erbringende Nachweis ihr aus der Eigentumsvorbehaltsvereinbarung mit Walter F***** zustehender Aussonderungs- oder Absonderungsansprüche, weil damit gleichsam das Informationsinteresse der klagenden Partei "wegprozessiert" worden wäre, sondern die Erteilung von vertraglich zustehenden Informationen über konkrete Geschäftsfälle, aus denen die klagende Partei ihre weiteren Ansprüche gegenüber der Konkursmasse prüfen und erforderlichenfalls auch durchsetzen kann. Die Entscheidung der Vorinstanz erweist sich demnach als zutreffend, sodaß die Revision des Beklagten erfolglos bleibt, ohne daß auch die weiteren Argumente der zweiten Instanz (nachgeschalteter Eigentumsvorbehalt, gesetzliche Rechnungslegungspflicht) einer Klärung zugeführt werden müßten.

Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 41 und 50 ZPO.

Anmerkung

E30201

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1992:0080OB00005.91.0709.000

Dokumentnummer

JJT_19920709_OGH0002_0080OB00005_9100000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten