TE OGH 1992/8/4 14Os85/92

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Veröffentlicht am 04.08.1992
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 4.August 1992 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Kral als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Lachner, Hon.Prof. Dr.Brustbauer, Dr.Massauer und Dr.Strieder als weitere Richter, in Gegenwart des Richteramtsanwärters Dr.Götsch als Schriftführer, in der Strafsache gegen Albert R***** wegen des Verbrechens des gewerbsmäßigen schweren Betruges nach §§ 146, 147 Abs. 1 Z 1 und Abs. 3, 148 zweiter Fall StGB über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Wien als Schöffengericht vom 26.März 1992, GZ 3 c Vr 2545/90-48, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluß

gefaßt:

Spruch

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufung werden die Akten dem Oberlandesgericht Wien zugemittelt.

Gemäß § 390 a StPO fallen dem Angeklagten auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde Albert R***** des Verbrechens des schweren gewerbsmäßigen (richtig: gewerbsmäßigen schweren) Betruges nach §§ 146, 147 Abs. 1 Z 1 und Abs. 3, 148 zweiter Fall StGB schuldig erkannt.

Darnach hat er in Wien in der Absicht, sich durch die wiederkehrende Begehung der Tat eine fortlaufende Einnahme zu verschaffen, Angestellte der C***** durch die Vorspiegelung, ein redlicher Verfügungsberechtigter des Kontos Nr. 0011-48212/00 zu sein, mithin durch Täuschung über Tatsachen, zu Handlungen, nämlich zur Ausfolgung eines Unterschriftenprobenblattes veranlaßt und unter Fälschung der Unterschrift des Kontoinhabers Youssef E*****, sohin unter Benützung einer falschen Urkunde (mit unrechtmäßigem Bereicherungsvorsatz - vgl US 7), zu Überweisungen bzw Barauszahlungen von dem bezeichneten Konto verleitet und hiedurch das genannte Bankinstitut bzw Youssef E***** am Vermögen geschädigt, und zwar

1. am 28.August 1985 zur Quittierung eines Schecks über 978.000 S;

2. am 16.September 1985 zur Überweisung von 30.000 englischen Pfund (das entspricht 819.000 S) sowie zur Quittierung zweier Schecks über insgesamt 2,682.000 S;

3. am 6.April 1988 zur Überweisung von 5.500 US-Dollar;

4. am 7.Juli 1988 zur Überweisung von 208.000 US-Dollar;

5. am 27.September 1988 zur Überweisung von 5.000 US-Dollar; und

6. am 9.August 1989 zur Überweisung von 2.000 US-Dollar;

Schaden insgesamt: 220.500 US-Dollar und 4,479.000 S.

Rechtliche Beurteilung

Der Angeklagte bekämpft den Schuldspruch mit einer auf die Z 4, 5, 5 a, 9 lit b und 11 des § 281 Abs. 1 StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde, der keine Berechtigung zukommt. Der vom Beschwerdeführer außerdem behaupteten Verletzung von Grundsätzen der MRK, insbesondere des Gebotes des "fair trial" nach Art 6 MRK, die als Interpretationsmaßstab für die Beurteilung behaupteter Verfahrensmängel heranzuziehen ist, kann nur mit dem Instrumentarium der geltenden Strafprozeßordnung, im Rechtsmittelverfahren - wie vorliegend ohnedies geschehen - nur mit dem Katalog der Nichtigkeitsgründe begegnet werden (vgl SSt 57/47; 14 Os 58/91 ua).

Eine (Nichtigkeit nach § 281 Abs. 1 Z 4 StPO bewirkende) Beeinträchtigung seiner Verteidigungsrechte erblickt der Beschwerdeführer in der Abweisung (S 358) der von seinem Verteidiger zunächst im Schriftsatz vom 27.Februar 1991 (ON 24) formulierten und sodann in der (gemäß § 276 a StPO neu durchgeführten) Hauptverhandlung vom 26.März 1992 (S 357) gestellten Beweisanträge auf zeugenschaftliche Vernehmung von fünf in Syrien lebenden Personen, nämlich Nadra R*****, Abdul-Halim K*****, Rezkallah H*****, Dr.Ali G***** und Issa Z*****, sowie auf Einholung des Gutachtens eines Buchsachverständigen.

Die Vernehmung der genannten Zeugen wurde zum Beweis dafür begehrt, daß der Angeklagte berechtigt gewesen sei, über das C*****-Konto zu verfügen und daß er über dieses Konto entsprechend den Weisungen des Youssef E***** und seiner Bevollmächtigten verfügt habe; durch den beantragten Buchsachverständigen sollte dargetan werden, "daß die Fehlbeträge auf Grund der durch die von Herrn R***** bekanntgegebenen Zahlungen an dritte Personen sowie durch die Wechselkursdifferenzen und Bankspesen entstanden sind".

Das Schöffengericht lehnte die beantragten Beweisaufnahmen mit der Begründung ab, daß die Einvernahme weiterer in Syrien wohnhafter Zeugen deshalb entbehrlich sei, weil durch das Gutachten des Schriftsachverständigen P***** und die Aussage des Zeugen Youssef E***** ausreichend dargelegt worden sei, daß der Angeklagte nicht berechtigt war, vom Konto des Youssef E***** Abhebungen vorzunehmen; die Einholung des Gutachtens eines Buchsachverständigen erachtete es für entbehrlich, weil bei einer Schadenssumme von 220.500 US-Dollar und 4,479.000 S klar ersichtlich sei, daß keine komplette Schadensgutmachung erfolgte.

Die reklamierte Beeinträchtigung von Verteidigungsrechten haftet dem bekämpften Zwischenerkenntnis nicht an.

Das Erstgericht ist hinsichtlich der - das Innenverhältnis betreffenden - Frage, ob der Angeklagte berechtigt war, über das Konto des Youssef E***** bei der C***** zu verfügen, auf Grund dessen für glaubwürdig erachteten Zeugenaussage, wonach er eine derartige Ermächtigung nie erteilt habe, im Zusammenhalt mit dem als unbedenklich gewerteten Gutachten des Schriftsachverständigen P*****, demzufolge die auf dem der C***** vom Angeklagten vorgelegten Unterschriftenprobenblatt aufscheinende Unterschrift nicht von der Hand des E***** stamme, sondern eine Nachahmefälschung vorliege, unter weiterer Berücksichtigung der Aussage des Zeugen Dr.K***** über das Verhalten des Angeklagten im Zusammenhang mit von der C***** unter Beiziehung des Zeugen E***** vereinbarten Gesprächsterminen unter Ablehnung der Verantwortung des Angeklagten, er habe sämtliche Kontoabhebungen im Auftrag des Youssef E***** vorgenommen, der das in Rede stehende Unterschriftenprobenblatt eigenhändig unterschrieben habe, zur Überzeugung gelangt, daß der Zeuge E***** dem Angeklagten eine derartige Ermächtigung nie erteilt, letzterer vielmehr den Umstand, daß Youssef E***** vom 8.April 1985 bis 30.Juni 1986 in Damaskus in Haft war und in der Folge Syrien bis November 1989 nicht verlassen durfte, ausgenützt hat, um an das Konto des E***** heranzukommen (US 4, 6 ff). Das Vorliegen einer vom Angeklagten behaupteten Ermächtigung wurde solcherart vom Erstgericht gestützt auf die Beweisergebnisse in Ablehnung seiner Verantwortung mit zureichender Begründung verneint. Versagt jedoch das Gericht - wie hier - mit unbedenklicher Begründung einem Angeklagten den Glauben an die Richtigkeit der von ihm aufgestellten Behauptungen, so ist es nicht gehalten, Beweise aufzunehmen, für deren Erheblichkeit die Richtigkeit dieser als unglaubwürdig abgelehnten Behauptung Voraussetzung wäre (ÖJZ-LSK 1977/356; Mayerhofer-Rieder StPO3 ENr 67 zu § 281 Z 4). Da die hier aktuelle Frage der Ermächtigung (über das Konto zu verfügen) das Innenverhältnis zwischen dem Angeklagten und dem Zeugen E***** betraf und der Angeklagte jedenfalls beauftragt war, die Kontoauszüge für E***** bei der C***** zu beheben (wo er aufgrund dieser "Botendienste" bereits gut bekannt war), wäre es zudem erforderlich gewesen darzutun, aufgrund welcher konkreten Umstände die beantragten Zeugen überhaupt in der Lage sein sollten, über eine dem Angeklagten erteilte Verfügungsermächtigung Auskunft zu geben.

Aus den gleichen Erwägungen brauchte das Schöffengericht aber auch dem Begehren auf Einholung des Gutachens eines Buchsachverständigen nicht nähertreten. Denn abgesehen davon, daß die in der Verfahrensrüge insoweit behauptete Relevanz ersichtlich vom Vorliegen einer Ermächtigung des Angeklagten durch den Zeugen E***** und einem Handeln in Befolgung dessen Weisungen ausgeht, können die dem Angeklagten hier zur Last liegenden Verfügungen über das Konto des Youssef E***** schon vom Umfang her jedenfalls nicht mit "Fehlbeträgen" aus "Wechselkursverlusten und Bankgebühren" erklärt werden. Auch vom Antrag auf Beiziehung eines Buchsachverständigen war somit bei der gegebenen Sachlage keine (weitere) sachdienliche Aufklärung über erhebliche Tatsachen (vgl § 254 Abs. 1 StPO) zu erwarten.

Aber auch die Mängelrüge (Z 5) ist nicht zielführend.

Entgegen dem Beschwerdevorbringen finden die Urteilsfeststellungen, wonach die Verhaftung für Youssef E***** am 8.April 1985 in Damaskus für diesen überraschend erfolgte und ihm auch nach der am 30.Juni 1986 erfolgten Enthaftung die Ausreise aus Syrien durch längere Zeit untersagt war, in der vom Schöffensenat (gemäß § 258 Abs. 2 StPO) für glaubwürdig befundenen Aussage des Genannten eine ausreichende Stütze, er hätte im Falle des Erkennens seiner bevorstehenden Verhaftung Syrien fluchtartig verlassen, zumal ihm seine Vermögenslage ein Leben im Ausland ermöglicht hätte (US 6).

Bei dem Einwand hinwieder, die Urteilsannahme, daß die Unterschrift auf dem Unterschriftenprobenblatt jedenfalls nicht von der Hand des Youssef E***** stammt, stehe im Widerspruch mit dem Gutachten des Sachverständigen in der Hauptverhandlung vom 26.März 1992, wonach nicht festgestellt werden könne, von wem die Unterschrift stamme und nicht auszuschließen sei, daß Youssef E***** "seine eigene Unterschrift selbst nachgemacht habe", übergeht die Beschwerde, daß das Gutachten des Schriftsachverständigen P*****, dem das Schöffengericht volle Beweiskraft zuerkannt hat, in seiner Gesamtheit (vgl ON 25 und 38, ferner S 226 ff, 335 f) keinen Zweifel daran läßt, daß die in Rede stehende Unterschrift auf dem Unterschriftenprobenblatt mit Sicherheit nicht von Youssef E***** stammt. Die in der Mängelrüge aufgezeigte Einschränkung des Sachverständigen bezieht sich auf die vom Verteidiger in der Hauptverhandlung an den Sachverständigen gerichtete Frage, welchen Einfluß es auf seine Begutachtung nähme, würde er "dem Kontoinhaber eine Schriftprobe abnehmen, die (über Aufforderung) Nachahmefälschungen der eigenen Unterschrift enthält (S 335).

Es liegt aber auch der von der Beschwerde behauptete Widerspruch zwischen der Urteilsfeststellung, wonach Dr.S***** keinen Anspruch auf Honorar hatte und dem Schreiben des Zeugen E***** an Dr.S***** vom 1.Februar 1988 (S 275) nicht vor. Denn das Schöffengericht konnte die in Rede stehende Konstatierung auch insoweit auf die für glaubwürdig erachtete Aussage des Zeugen Youssef E***** stützen, wonach er von den drei 1988 und 1989 an Dr.S***** geleisteten Zahlungen (von 5.500, 5.000 und 2.000 US-Dollar) keine Ahnung hatte und diese mit der in dem Schreiben enthaltenen Vereinbarung in keinem Zusammenhang stünden (US 7 iVm S 351). Hinzu kommt, daß das Schöffengericht auch in diesem Zusammenhang die Aussage des als Zeugen vernommenen Dr.S***** einer eingehenden Erörterung unterzogen, ihr jedoch mit ausführlicher Begründung den Glauben versagt hat (US 7, 8).

Die Mängelrüge erschöpft sich demnach im Kern in einer Bekämpfung der erstrichterlichen Beweiswürdigung. Daß aus den vom Beschwerdeführer ins Treffen geführten Verfahrensergebnissen nicht jene Schlüsse gezogen wurden, die der Beschwerdeführer gezogen wissen will, stellt einen Akt freier tatrichterlicher Beweiswürdigung dar, der aus dem Nichtigkeitsgrund der Z 5 des § 281 Abs. 1 StPO nicht angefochten werden kann.

Mit der Tatsachenrüge (Z 5 a) hinwieder vermag der Beschwerdeführer keine sich aus den Akten ergebenden erheblichen Bedenken gegen die Richtigkeit der dem Ausspruch über die Schuld zugrunde gelegten entscheidenden Tatsachen aufzuzeigen. Weder der Hinweis auf die zwischen ihm und dem Angeklagten früher bestandene Freundschaft, die ihm (ab) 1985 vom Angeklagten erteilte Ermächtigung, die Bankauszüge betreffend das gegenständliche Konto von der C***** abzuholen, das Eintreten des Angeklagten im August 1989 für eine Visumerteilung an den Zeugen E***** betreffend dessen Einreise nach Österreich, das in Syrien gegen E***** ergangene - im Urteil ohnedies erörterte (US 8) - Strafurteil noch die von Youssef E***** seinen Angaben zufolge über Anraten seines rechtsfreundlichen Vertreters - im September 1988 vor dem Präsidenten des Zivilgerichtes in Damaskus unter Eid abgegebene Erklärung, auf Grund seiner finanziellen Verhältnisse nicht in der Lage zu sein, eine aktorische Kaution in der Höhe von 100.000 S beim Kreisgericht Wiener Neustadt zu erlegen, sind geeignet, intersubjektiv begründete Zweifel an der Glaubwürdigkeit des Zeugen Youssef E***** zu erwecken. Insgesamt stellen sich die bezüglichen Beschwerdeausführungen abermals nur als Bekämpfung der erstrichterlichen Beweiswürdigung dar, worauf aber eine Tatsachenrüge nicht gestützt werden kann.

Nicht anders verhält es sich mit dem - als Rechtsrüge nach § 281 Abs. 1 Z 9 lit b StPO deklarierten - Vorwurf, "das Gericht habe die Prüfung der Frage der Ermächtigung des Angeklagten über das Konto zu verfügen, völlig außer Acht gelassen, womit die Schädigungsabsicht und somit die Voraussetzungen der §§ 146 ff StGB weggefallen wären". Auf diese Weise sucht der Beschwerdeführer nämlich nicht, so wie dies das Gesetz für die Darstellung des angerufenen materiellrechtlichen Nichtigkeitsgrundes fordert, einen Rechtsirrtum aus dem Vergleich des gesamten urteilsmäßig als erwiesen angenommenen relevanten Sachverhalts mit den in Betracht kommenden Vorschriften des materiellen Strafrechts abzuleiten. Er rollt vielmehr in Wahrheit neuerlich die Tatfrage auf, greift dabei faktisch auf die formalen Einwände zurück und bemüht sich - abermals ohne Dartuung von Begründungsmängeln (Z 5) - der Sache nach unter Umwertung der vom Erstgericht herangezogenen Beweisergebnisse Rückschlüsse auf die Richtigkeit seiner im Urteil abgelehnten Verantwortung zu ziehen.

Schließlich läßt auch die Strafbemessungsrüge (Z 11) eine prozeßordnungsgemäße Ausführung vermissen. Denn mit ihr wendet der Beschwerdeführer unter Bezugnahme auf das bisher erörterte Beschwerdevorbringen lediglich ein, daß "bei richtiger Beweiswürdigung und insbesondere der Vernehmung der vom Angeklagten beantragten Zeugen und Einholung eines Buchsachverständigengutachtens, der vom Erstgericht als Erschwerungsgrund herangezogene Mißbrauch eines Vertrauensverhältnisses unter Ausnützung einer Notlage des Geschädigten nicht haltbar" wäre. Mit diesem Vorbringen wird sohin gar keine gesetzwidrige Strafbemessung in dem Sinn reklamiert, daß das Schöffengericht die für die Strafbemessung maßgebenden entscheidenden Tatsachen offenbar unrichtig beurteilt (Z 11 zweiter Fall) oder in unvertretbarer Weise gegen Bestimmungen über die Strafbemessung verstoßen (Z 11 dritter Fall) habe (JBl 1992, 264 u. a.).

Aus den angeführten Gründen war daher die Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten gemäß § 285 d Abs. 1 StPO schon bei einer nichtöffentlichen Beratung zurückzuweisen.

Die Kompetenz zur Entscheidung über die Berufung des Angeklagten fällt demzufolge dem Oberlandesgericht Wien zu (§ 285 i StPO).

Anmerkung

E30029

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1992:0140OS00085.9200006.0804.000

Dokumentnummer

JJT_19920804_OGH0002_0140OS00085_9200006_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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