TE OGH 1992/8/20 15Os82/92

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Veröffentlicht am 20.08.1992
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 20.August 1992 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Hon.Prof. Dr.Steininger als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Reisenleitner, Dr.Lachner, Dr.Kuch und Mag.Strieder als weitere Richter, in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag.Amschl als Schriftführerin, in der Strafsache gegen Karl H***** wegen Unterbringung in einer Anstalt für geistig abnorme Rechtsbrecher gemäß § 21 Abs. 1 StGB über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Betroffenen gegen das Urteil des Kreisgerichtes Korneuburg als Schöffengericht vom 9.April 1992, GZ 11 d Vr 729/91-25, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluß

gefaßt:

Spruch

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufung (§ 290 Abs. 1 letzter Satz StPO) werden die Akten dem Oberlandesgericht Wien zugeleitet.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde Karl H***** gemäß § 21 Abs. 1 StGB in eine Anstalt für geistig abnorme Rechtsbrecher eingewiesen, weil er - zu ergänzen: unter dem Einfluß eines die Zurechnungsfähigkeit ausschließenden Zustandes, der auf einer geistigen oder seelischen Abartigkeit von höherem Grad beruht - am 28.September 1991 in Marchegg Brigitte F***** mit Gewalt, nämlich durch Schläge gegen ihren Körper, die Kratzverletzungen im Gesicht zur Folge hatten, und durch Drohung mit gegenwärtiger Gefahr für Leib und Leben, nämlich durch die Äußerung: "Hör sofort auf zum Schreien, sonst hau ich dir eine in die Goschn" zur Vornahme eines Oralverkehrs, sohin zu einer dem Beischlaf gleichzusetzenden geschlechtlichen Handlung zu nötigen versucht hat, wobei es nur wegen der Gegenwehr der Genannten und der Dazwischenkunft der Friederike H***** beim Versuch geblieben ist, sohin eine Tat - Verbrechen der versuchten Vergewaltigung nach §§ 15, 201 Abs. 2 StGB - begangen hat, die mit einer ein Jahr übersteigenden Freiheitsstrafe bedroht ist.

Dieses Urteil bekämpft der Betroffene mit einer auf § 281 Abs. 1 Z 5, 9 lit a und 11 StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde.

Rechtliche Beurteilung

In der Mängelrüge (Z 5) behauptet der Beschwerdeführer eine Undeutlichkeit der Entscheidungsgründe dahin, daß nicht deutlich genug festgestellt sei, ob - wie dies die Anordnung der Maßnahme nach § 21 Abs. 1 StGB erfordere (SSt 50/28) - zwischen seiner Abartigkeit und der ihm zur Last gelegten versuchten Vergewaltigung ein untrennbarer kausaler Zusammenhang besteht.

Wenngleich das Urteil nicht ausdrücklich (unter Verwendung der verbia legalia) ausspricht, daß der Beschwerdeführer die dem Urteil zugrundeliegende Tat unter dem Einfluß eines die Zurechnungsfähigkeit ausschließenden Zustandes, der auf einer seelischen oder geistigen Abartigkeit von höherem Grad beruht, begangen hat, so hat das Schöffengericht aber doch - dem Sachverständigengutachten folgend - konstatiert, daß der Eifersuchtswahn, an dem der Betroffene leidet, in Schüben verläuft (US 2 unten). und daß der Betroffene, als er wieder einen (derartigen) Krankheitsschub hatte, die inkriminierte Tat begangen hat (US 3 unten, US 4 oben). Daraus ergibt sich mit (noch) ausreichender Deutlichkeit, daß die Abartigkeit die Tatbegehung jedenfalls beeinflußt hat, was für die Anordnung einer Anstaltsunterbringung gemäß § 21 Abs. 1 StGB genügt (Leukauf-Steininger, Komm3 § 21 RN 11). Dabei ist nicht entscheidend, wie der Beschwerdeführer vermeint, daß auch ein gesunder Mensch die dem Betroffenen zur Last gelegte Tat begehen könnte; relevant ist vielmehr, ob Karl H***** die im Spruch angeführte Tat unter dem Einfluß einer höhergradigen geistigen oder seelischen Abartigkeit verübte.

Mit dem Vorbringen zum Nichtigkeitsgrund des § 281 Abs. 1 Z 9 lit a StPO wird ein Feststellungsmangel dahin geltend gemacht, daß nicht konstatiert wurde, die Tat sei unter dem Einfluß eines Zustandes begangen worden, der auf einer Abartigkeit von höherem Grad beruht. Damit wird aber nicht ein Rechtsirrtum bei der Beurteilung der inkriminierten (Anlaß-)Tat behauptet, sondern es wird eine materiellrechtliche Voraussetzung für die Anordnung der Anstaltsunterbringung in Zweifel gezogen und solcherart der Sache nach der Nichtigkeitsgrund der Z 11 des § 281 Abs. 1 StPO zur Darstellung gebracht.

Der Rüge ist indes zu erwidern, daß die Tatrichter ihr Urteil u.a. auf das schlüssige Gutachten des Sachverständigen Prim.Dr.G***** gestützt haben, wonach die beim Beschwerdeführer bestehende schizoaffektive Defektpsychose eine schwere Persönlichkeitsstörung vom Range einer seelischen Abartigkeit höheren Grades darstellt (S 109), wobei sie des weiteren feststellten, daß diese Erkrankung in Schüben verläuft (US 2 unten) und daß der Betroffene die Anlaßtat setzte, als er "gerade wieder einen Krankheitsschub" hatte (US 3 unten). So gesehen kann kein Zweifel bestehen, daß das Erstgericht bei seiner Entscheidung davon ausgegangen ist, daß der Betroffene die Anlaßtat unter dem Einfluß eines Zustandes begangen hat, der auf einer Abartigkeit von höherem Grade beruht.

Soweit der Beschwerdeführer weiters die Voraussetzungen für die Einweisung in eine Anstalt gemäß § 21 Abs. 1 StGB mit der Behauptung bekämpft, im Urteil fehlen Feststellungen dahin, daß zu befürchten sei, er werde sonst unter dem Einfluß seiner geistigen oder seelischen Abartigkeit eine mit Strafe bedrohte Handlung mit schweren Folgen begehen, ist er auf die Konstatierung in US 7 zu verweisen, wonach zu befürchten ist, daß er - falls er nicht behandelt wird - mit Wahrscheinlichkeit nicht bloß geringen Grades "einweisungsrelevant" straffällig wird, nämlich daß es wieder zu "solchen Handlungen", gemeint demnach die Tathandlung gemäß § 201 Abs. 2 StGB - welche unzweifelhaft eine strafbare Handlung mit schweren Folgen ist - kommen kann.

Mit dem weiteren Vorbringen zum Nichtigkeitsgrund der Z 11 des § 281 Abs. 1 StPO rügt der Betroffene die Annahme seiner Gefährlichkeit iS des § 21 Abs. 1 StGB. Die Beurteilung der Gefährlichkeitsprognose iS des § 21 Abs. 1 Ende StGB ist aber als Ermessensentscheidung ausschließlich mit Berufung zu bekämpfen (EvBl 1977/8). Mit den bezüglichen Ausführungen wird daher eine Berufung ausgeführt (§ 290 Abs. 1 letzter Satz StPO) über die gemäß § 285 i StPO das Oberlandesgericht Wien zu entscheiden haben wird.

Da die Nichtigkeitsbeschwerde - wie oben dargelegt - unbegründet ist (§ 285 d Abs. 1 Z 2 StPO), war schon bei der nichtöffentlichen Beratung spruchgemäß zu entscheiden.

Anmerkung

E30488

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1992:0150OS00082.9200006.0820.000

Dokumentnummer

JJT_19920820_OGH0002_0150OS00082_9200006_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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