TE OGH 1992/8/20 15Os56/92

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Veröffentlicht am 20.08.1992
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 20.August 1992 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Hon.Prof. Dr.Steininger als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Reisenleitner, Dr.Lachner, Dr.Kuch und Mag.Strieder als weitere Richter, in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag.Amschl als Schriftführerin, in der Strafsache gegen Christian L***** und Vladimir K***** wegen des Verbrechens des schweren Raubes nach §§ 142 Abs. 1, 143 zweiter Fall StGB und einer anderen strafbaren Handlung über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten Vladimir K*****, die Berufung des Angeklagten Christian L***** sowie über die Berufung der Staatsanwaltschaft gegen das Urteil des Geschworenengerichtes beim Landesgericht Linz vom 14.Jänner 1992, GZ 28 Vr 1598/91-50, nach öffentlicher Verhandlung in Anwesenheit des Vertreters der Generalprokuratur, Generalanwalt Dr.Fabrizy, des Angeklagten Vladimir K***** sowie der Verteidiger Dr.Langfelder und Dr.Panzer, jedoch in Abwesenheit des Angeklagten Christian L***** zu Recht erkannt:

Spruch

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird verworfen.

Der Berufung der Staatsanwaltschaft wird teilweise Folge gegeben und in Ansehung des Angeklagten Vladimir Rupert K***** der Ausspruch über die Anwendung des § 43 a Abs. 3 und 4 StGB aus dem Urteil ausgeschaltet.

Im übrigen wird dieser Berufung sowie den Berufungen der Angeklagten Vladimir Rupert K***** und Christian Johann L*****, letzteren zur Gänze, nicht Folge gegeben.

Gemäß § 390 a StPO fallen beiden Angeklagten auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurden Christian L***** und Vladimir K***** auf Grund des Wahrspruchs der Geschworenen (zu I/1) des Verbrechens des schweren Raubes nach §§ 142 Abs. 1, 143 zweiter Fall StGB sowie (zu I/2) des Vergehens der Urkundenunterdrückung nach § 229 Abs. 1 StGB, Christian L***** überdies (zu II) des Vergehens nach § 36 Abs. 1 Z 1 WaffG schuldig erkannt.

Danach haben

(zu I) Christian L***** und Vladimir K***** am 19.August 1991 in Linz in bewußtem und gewolltem Zusammenwirken

1. durch Gewalt und Drohung mit gegenwärtiger Gefahr für Leib oder Leben (§ 89 StGB) dem Hermann G***** durch Vorhalten eines Butterfly-Messers, somit unter Verwendung einer Waffe, und Festhalten von hinten sowie durch die Aufforderung, die Brieftasche herauszugeben, einen Bargeldbetrag von 509 S mit dem Vorsatz abgenötigt, sich durch dessen Zueignung unrechtmäßig zu bereichern, sowie

2. dadurch, daß sie die Scheckkarte des Hermann G***** für sich behielten, eine Urkunde, über die sie nicht verfügen durften, mit dem Vorsatz unterdrückt, zu verhindern, daß sie im Rechtsverkehr zum Beweis eines Rechtes, eines Rechtsverhältnisses oder einer Tatsache gebraucht werde;

(zu II) Christian L***** im Februar und März 1991 in Pischelsdorf, wenn auch nur fahrlässig, eine verbotene Waffe (§ 11 WaffG), nämlich eine doppelläufige Schrotflinte mit einer Gesamtlänge von 71,5 cm und einer Lauflänge von 31 cm, besessen.

Die Geschworenen hatten die 5 anklagekonform gestellten Hauptfragen (für jeden Angeklagten getrennt) einstimmig bejaht. Weitere Fragen waren ihnen nicht gestellt worden.

Rechtliche Beurteilung

Der Angeklagte K***** bekämpft - der Sache nach nur - den Schuldspruch wegen schweren Raubes (Faktum I/1) mit Nichtigkeitsbeschwerde, die auf § 345 Abs. 1 Z 5, 6 und 10 a StPO gestützt wird.

Den erstgenannten Nichtigkeitsgrund erblickt der Beschwerdeführer in der Ablehnung seines Antrages auf Stellung einer "Eventualfrage nach § 142 Abs. 2 StGB" (zu ergänzen: zu der ihn betreffenden zweiten Hauptfrage nach schwerem Raub gemäß §§ 142 Abs. 1, 143 zweiter Fall StGB). Damit macht er der Sache nach allerdings den Nichtigkeitsgrund nach § 345 Abs. 1 Z 6 StGB geltend, weil Verletzungen von Vorschriften über die Fragestellung auch dann diesen speziellen Nichtigkeitsgrund - und nicht jenen der Z 5 des § 345 Abs. 1 StPO - verwirklichen, wenn ein die Fragestellung betreffender Antrag einer Partei vom Schwurgerichtshof abgewiesen wurde (SSt 32/77 ua).

Da der Angeklagte K***** die Unterlassung der Stellung der begehrten Frage (ohnedies) auch aus der Z 6 rügt, wird darauf bei Erledigung dieses Nichtigkeitsgrundes eingegangen werden.

Diesbezüglich bringt der Beschwerdeführer zunächst vor, aufgrund seiner Verantwortung, wonach er keine Kenntnis davon hatte, daß sein Mittäter ein Messer bei sich trug, und er den Einsatz dieser Waffe beim Raub bei rechtzeitiger Kenntnis dieses Umstandes auch nicht gebilligt hätte, hätte die zweite ihn betreffende Hauptfrage sogleich ohne die Worte "Vorhalten eines Butterfly-Messers, somit unter Verwendung einer Waffe, und" gestellt werden müssen. Dieser (lediglich) auf den Grundtatbestand des Raubes nach § 142 Abs. 1 StGB gerichteten Hauptfrage hätte sodann eine Eventualfrage nach § 142 Abs. 2 StGB folgen müssen.

Dabei übersieht der Beschwerdeführer, daß die Hauptfrage stets die unter Anklage gestellte Tat zum Gegenstand haben und auch die in der Anklage enthaltene Qualifikation zum Ausdruck bringen muß (Mayerhofer-Rieder StPO3, E 2 zu § 312). Der Schwurgerichtshof hat daher zutreffend (auch) die zweite Hauptfrage dem Gesetz entsprechend anklagekonform, nämlich nach dem Grundtatbestand des § 142 Abs. 1 StGB samt der Deliktsqualifikation nach § 143 zweiter Fall StGB (vgl ON 25) gestellt. Da die Geschworenen auf die Möglichkeit, eine Frage nur teilweise zu beantworten (§ 330 Abs. 2 StPO), mündlich in der Hauptverhandlung (S 329) und auch in der schriftlichen Rechtsbelehrung (vgl dort S 8) sowie im StPO-Form Prot 15 (S 333) hingewiesen wurden, waren sie auch darüber unterrichtet, daß sie die den Beschwerdeführer betreffende zweite Hauptfrage nach schwerem Raub unter Ausklammerung der Worte "Vorhalten eines Butterfly-Messers, somit unter Verwendung einer Waffe, und" beantworten konnten. Damit war aber ohnehin sichergestellt, daß die Laienrichter der Verantwortung des Angeklagten K*****, wonach von seinem (bedingten) Vorsatz der Einsatz der Waffe beim Raub nicht mitumfaßt war, durch bloß teilweise Bejahung der auf schweren Raub gemäß § 142 Abs. 1, 143 zweiter Fall StGB lautenden zweiten Hauptfrage - nämlich unter Ausklammerung der die Deliktsqualifikation bezeichnenden Worte - Rechnung tragen hätten können. Da § 143 zweiter Fall StGB nur eine strafsatzändernde Deliktsqualifikation des Grundtatbestandes des (einfachen) Raubes nach § 142 Abs. 1 StGB darstellt, entsprach die mit dem Hinweis auf § 330 Abs. 2 StPO verbundene Fragestellung dem Gesetz, zumal eine einschränkende Fragebeantwortung den Wegfall der Deliktsqualifikation bewirkt und sodann ohnedies eine Tatbeurteilung nach § 142 Abs. 1 StGB zur Folge gehabt hätte (Mayerhofer-Rieder, aaO, E 8 zu § 316; EvBl 1989/126).

Das Begehren auf Stellung einer Eventualfrage nach § 142 Abs. 2 StGB hinwieder ist schon vom Ansatz her verfehlt. Denn § 142 Abs. 2 StGB umschreibt nicht ein eigenes Delikt, sondern (lediglich) strafsatzändernde Umstände, bei deren Vorliegen ein Raub nach § 142 Abs. 1 StGB einer milderen Strafdrohung unterliegt. Der Sache nach zielt das Begehren daher auf die Stellung einer (für den Fall der einschränkenden Bejahung der Hauptfrage nach Raub iS § 142 Abs. 1 StGB zu beantwortenden) uneigentlichen Zusatzfrage (§ 316 StPO) nach den Voraussetzungen des § 142 Abs. 2 StGB ab (vgl abermals EvBl 1989/126). Eine solche Fragestellung war indes nicht indiziert.

Damit ein Raub als "minderschwer" iS § 142 Abs. 2 StGB beurteilt werden kann, müssen - kumulativ (EvBl 1976/116) - folgende Voraussetzungen gegeben sein: Die angewendete Gewalt darf nicht erheblich sein, der Raub darf nur an einer Sache geringen Wertes begangen worden sein, die Tat darf nur unbedeutende Folgen nach sich gezogen haben und sie darf nicht nach § 143 StGB qualifiziert sein (vgl Leukauf-Steininger Komm3 § 142 RN 28-33). Vorliegend waren jedenfalls die Tatfolgen nicht gering. Denn dem Raubopfer wurde nicht nur der gewiß noch geringwertige Bargeldbetrag von 509 S weggenommen, sondern auch noch dessen Scheckkarte abgenötigt und entfremdet (vgl auch den Schuldspruch wegen des Vergehens nach § 229 Abs. 1 StGB). Eine Scheckkarte stellt aber ebenso wie ein Führerschein oder ein Reisepaß eine derart wichtige Urkunde dar, daß deren - wenn auch nur kurzfristiger - Verlust für den Betroffenen eine beträchtliche Tatfolge darstellt, sodaß von bloß unbedeutenden Folgen des Raubes nicht mehr gesprochen werden kann (vgl JBl 1990/805).

Dazu kommt, daß nach dem Gesetzeswortlaut Voraussetzung für die Beurteilung einer Tat als minderschwerer Raub gemäß § 142 Abs. 2 StGB unter anderem (auch) ist, daß es sich um keinen schweren Raub nach § 143 StGB handelt. Wie eingangs dargestellt hatten die Geschworenen die Möglichkeit, durch einschränkende Beantwortung der den Angeklagten K***** betreffenden II.Hauptfrage im Sinn des § 330 Abs. 2 StPO auszusprechen, daß der Beschwerdeführer von der Verwendung des Butterfly-Messers bei der Tatausführung durch L***** keine Kenntnis hatte. Vorliegend aber sind die Laienrichter ausdrücklich davon ausgegangen, daß der Angeklagte K***** von der Verwendung dieser Waffe durch den Angklagten L***** gewußt hat, wie sich aus der Niederschrift der Geschworenen über die Erwägungen, von denen sie bei der Beantwortung der Fragen ausgegangen sind, ergibt (S 345). Demnach kam eine rechtliche Unterstellung der Raubtat des Beschwerdeführers als minderschwerer Raub gemäß § 142 Abs. 1 und Abs. 2 StGB auch auf Grund der Art der Beantwortung der II.Hauptfrage nicht in Betracht. Der Angeklagte K***** kann sich daher (schon deshalb) durch das Unterbleiben einer Frage nach den Voraussetzungen des § 142 Abs. 2 StGB nicht für beschwert erachten, weil unzweifelhaft erkennbar ist, daß eine diesbezügliche Formverletzung auf die Entscheidung keinen diesem Angeklagten nachteiligen Einfluß üben konnte (§ 345 Abs. 3 StPO).

Entgegen den weiteren Beschwerdeausführungen zur Z 6 des § 345 Abs. 1 StPO war nach dem Tatsachenvorbringen in der Hauptverhandlung auch die Stellung einer (eigentlichen) Zusatzfrage zur zweiten Hauptfrage nach Zurechnungsunfähigkeit gemäß § 11 StGB und daran anschließend die Stellung einer Eventualfrage nach § 287 Abs. 1 StGB (zu ergänzen: mit Bezugnahme auf §§ 142 Abs. 1, 143 zweiter Fall StGB) nicht indiziert. Der Beschwerdeführer hat sich selbst nicht mit voller Berauschung verantwortet, sondern lediglich den Genuß erheblicher Mengen alkoholischer Getränke und auch die Einnahme mehrerer Tabletten eines nicht näher bekannten Medikamentes behauptet, jedoch das Tatgeschehen und sein Verhalten vor der Tat ausführlich geschildert (S 303 ff) und über ausdrückliches Befragen seines Verteidigers auch eingeräumt, am Tattag gewußt zu haben, was er tut (S 327). Damit hat er im wesentlichen das Ergebnis des in der Hauptverhandlung verlesenen (S 326) schriftlichen Gutachtens des medizinischen Sachverständigen Dr.H***** bestätigt, der zum Ausdruck brachte, daß keine Anhaltspunkte für das Vorliegen einer vollen Berauschung des Angeklagten K***** zur Tatzeit gegeben sind (ON 19).

In Ausführung der Tatsachenrüge (Z 10 a) wendet sich der Beschwerdeführer schließlich in Ansehung des Schuldspruches wegen schweren Raubes erneut unter Berufung auf seine eigene Verantwortung, wonach von seinem (bedingten) Vorsatz der Einsatz einer Waffe beim Raub durch seinen Mittäter L***** nicht mitumfaßt war, gegen die Richtigkeit der bezüglichen Tatsachenfeststellungen im Wahrspruch der Geschworenen. Damit vermag er aber sich aus den Akten ergebende erhebliche Bedenken gegen die Richtigkeit der von den Laienrichtern in Verdikt festgestellten (entscheidenden) Tatsache seiner Kenntnis vom mitgeführten Messer des Mittäters nicht zu erwecken.

Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher zu verwerfen.

Das Geschworenengericht verhängte über Christian L***** unter Anwendung des § 28 StGB sowie unter Bedachtnahme gemäß §§ 31, 40 StGB auf das Urteil des Kreisgerichtes Ried im Innkreis vom 14.November 1991, AZ 7 Vr 573/91 - mit welchem L***** zu einem Jahr Freiheitsstrafe verurteilt wurde - nach dem ersten Strafsatz des § 143 StGB eine zusätzliche Freiheitsstrafe in der Dauer von viereinhalb Jahren. Der Angeklagte K***** hingegen wurde nach dem ersten Strafsatz des § 143 StGB unter Anwendung der §§ 28 und 41 Abs. 1 Z 3 StGB zu einer Freiheitsstrafe in der Dauer von drei Jahren verurteilt, wobei gemäß § 43 a Abs. 3 und 4 (richtig: Abs. 4) StGB ein Teil in der Dauer von zwei Jahren unter Bestimmung einer Probezeit von drei Jahren bedingt nachgesehen wurde.

Das Geschworenengericht wertete bei der Strafbemessung als erschwerend bei L***** die Tatenmehrheit, die gravierenden einschlägigen Vorstrafen und den raschen Rückfall, bei K***** die Tatenmehrheit und zwei einschlägige Vorstrafen, als mildernd hingegen bei L***** das umfassende Geständnis und die objektive Schadensgutmachung und bei K***** das überwiegende Geständnis sowie die objektive Schadensgutmachung.

Mit ihren Berufungen begehren der Angeklagte L***** die Herabsetzung der zusätzlichen Freiheitsstrafe unter Anwendung des § 41 StGB, der Angeklagte K***** hingegen eine weitere Strafreduzierung, die Herabsetzung des nicht bedingt nachgesehenen Teils der Freiheitsstrafe sowie die gänzliche bedingte Nachsicht der Freiheitsstrafe. Die Berufung der Staatsanwaltschaft wendet sich lediglich gegen den Angeklagten K***** und zielt auf die Ausschaltung der Anwendung der §§ 41 und 43 a Abs. 4 StGB sowie auf eine Straferhöhung ab.

Die elf einschlägigen Vorstrafen des Angeklagten L***** stehen der Annahme begründeter Aussicht, er werde auch bei Verhängung einer das gesetzliche Mindestmaß unterschreitenden Freiheitsstrafe keine weiteren strafbaren Handlungen begehen, entgegen, sodaß für eine außerordentliche Strafmilderung in bezug auf seine Person kein Raum ist.

Dem weiteren Berufungsvorbringen dieses Angeklagten, er habe die Tat unter Alkohol- und Medikamenteneinfluß begangen, ist zu entgegnen, daß ihm dieser Umstand nicht als mildernd zugutekommen kann, wurde er doch schon in der Vergangenheit unter dem Einfluß von Alkohol und Medikamenten straffällig, womit ihm die nunmehr abermals dadurch bewirkte verminderte Zurechnungsfähigkeit im Sinne des § 35 StGB vorzuwerfen ist.

Entgegen der Ansicht dieses Berufungswerbers kommt seinen einschlägigen Vorverurteilungen sehr wohl beachtliches Gewicht zu, wurde er doch sowohl als Jugendlicher, als auch als Erwachsener wegen strafbarer Handlungen gegen fremdes Vermögen (unter anderem auch wegen schweren Raubes) zu beträchtlichen Freiheitsstrafen verurteilt (vgl die Akten 24 Vr 1357/80 und 24 Vr 2556/84 des Landesgerichtes Linz sowie 7 Vr 573/91 des Kreisgerichtes Ried im Innkreis).

Daß der vorliegende Raub von beiden Angeklagten nicht ausführlich geplant war, stellt einen besonderen Milderungsgrund nicht dar.

Die Berufung des Angeklagten L***** erweist sich daher zur Gänze als unbegründet.

Auch die Berufung des Angeklagten K***** ist nicht im Recht.

Da dieser Angeklagte im Verfahren 30 E Vr 2804/87 des Landesgerichtes Linz im alkoholisierten Zustand gegen das Rechtsgut fremdes Vermögen straffällig geworden ist, ist auch ihm die Alkoholisierung zur Zeit der Tatbegehung im gegenständlichen Verfahren vorwerfbar und seine (auch) auf Alkoholkonsum beruhende verminderte Diskretions- und Dispositionsfähigkeit nicht als strafmildernd zuzurechnen.

Die Tat wurde vom Angeklagten K***** weder aus Unbesonnenheit, noch aus besonders verlockender Gelegenheit begangen. Unbesonnenheit liegt vor, wenn die Tathandlung auf eine augenblickliche Eingebung zurückzuführen ist, auf einen Willensimpuls, der aus besonderen Gründen der Lenkung durch das ruhige Denken entzogen ist und nach der charakterlichen Beschaffenheit des Täters in der Regel unterdrückt worden wäre (vgl Leukauf-Steininger, Komm3, § 34, RN 13). Anhaltspunkte dafür, daß K***** den Raub auf Grund eines derartigen Willensimpulses ausgeführt hat, ergab das Beweisverfahren nicht. Dummheit, fehlender Geldmangel oder mangelnde Geldgier sind mit Unbesonnenheit nicht gleichzusetzen.

Das Vorliegen einer besonders verlockenden Gelegenheit setzt voraus, daß dieser auch ein ansonsten rechtstreuer Mensch unterliegen könnte. Eine solche liegt jedoch bloß deswegen, weil ein Räuber dem Tatopfer zufällig begegnet, nicht vor.

Dem Umstand schließlich, daß K***** am Raub nicht führend beteiligt war, wurde durch die Anwendung des § 41 StGB ohnedies gebührend Rechnung getragen. Daß die Tat einen sehr geringen Unrechtsgehalt aufweist, ist schlichtweg unrichtig.

Das Strafherabsetzungsbegehren des Angeklagten K***** ist daher unbegründet.

Sofern dieser Berufungswerber die Herabsetzung des nicht bedingt nachgesehenen Teils der Freiheitsstrafe sowie die gänzliche bedingte Nachsicht der Freiheitsstrafe begehrt, ist er auf die Ausführungen zur Berufung der Staatsanwaltschaft zu verweisen.

Die Anklagebehörde begehrt die Erhöhung der über K***** verhängten Freiheitsstrafe, weil seinem Geständnis und der objektiven Schadensgutmachung geringes Gewicht zukomme. Dem ist zu entgegnen, daß auch K***** den Raub - abgesehen von der Qualifikation durch Verwendung einer Waffe - eingestanden hat und die Raubbeute sichergestellt wurde. Diesen Milderungsgründen kommt zwar nicht gravierendes, aber doch einiges Gewicht zu. Da an K***** nunmehr zum ersten Mal eine Freiheitsstrafe tatsächlich vollzogen wird, fallen seine bisherigen Vorverurteilungen nicht besonders erschwerend ins Gewicht. Demnach erweist sich die vom Geschworenengericht über ihn unter Anwendung des § 41 StGB verhängte Freiheitsstrafe als nicht erhöhungsbedürftig, das diesbezügliche Berufungsbegehren der Staatsanwaltschaft ist demnach nicht im Recht.

Begründet ist jedoch die Bekämpfung der Anwendung des § 43 a Abs. 3 und Abs. 4 StGB durch die Anklagebehörde. Voraussetzung für die Anwendung dieser Gesetzesstelle ist, daß eine hohe Wahrscheinlichkeit (und nicht bloß begründete Aussicht) besteht, der Rechtsbrecher werde keine weiteren strafbaren Handlungen begehen. Dies setzt ein eindeutiges und beträchtliches Überwiegen jener Umstände voraus, die auf Seite des Täters dafür sprechen, daß es sich im Hinblick auf sein bisheriges Vorleben, seine Persönlichkeit und sein soziales Verhalten um eine nach menschlichem Ermessen einmalige Verfehlung gehandelt hat, wie dies etwa auf Straftaten aus Konflikts- und Krisensituationen zutreffen kann (vgl Leukauf-Steininger aaO § 43 a RN 16). Der Angeklagte K***** ist bisher bereits dreimal wegen strafbarer Handlungen gegen Leib und Leben sowie gegen fremdes Vermögen abgestraft worden. Dieser Umstand läßt die Annahme eines extremen Ausnahmefalls, wie dieser für die Anwendung des § 43 a Abs. 4 StGB gefordert wird, nicht zu. Demnach war der Ausspruch über die teilbedingte Strafnachsicht aus dem Urteil auszuschalten, der Berufung der Staatsanwaltschaft mithin in diesem Umfang Folge zu geben.

Es war daher insgesamt spruchgemäß zu erkennen.

Anmerkung

E30119

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1992:0150OS00056.9200013.0820.000

Dokumentnummer

JJT_19920820_OGH0002_0150OS00056_9200013_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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