Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Schubert als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Hofmann, Dr. Schlosser, Dr. Graf und Dr. Schiemer als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Ing. Peter H*****, vertreten durch Dr. Theo Feitzinger, Rechtsanwalt in Wien, wider die beklagte Partei Republik Österreich, vertreten durch die Finanzprokuratur, Wien 1., Singerstraße 17-19, wegen S 1,285.368,50, Rente und Feststellung (Gesamtstreitwert S 2,105.368,50), infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgerichtes vom 26. Mai 1992, GZ 14 R 244/91-22, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Landesgerichtes Eisenstadt vom 20. August 1991, GZ 4 Cg 34/91-18, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:
Spruch
Der Revision wird nicht Folge gegeben.
Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit S 19.502,25 bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens binnen 14 Tagen bei Exekution zu bezahlen.
Text
Entscheidungsgründe:
Durch die Kollision seines Segelbrettes mit einem Gendarmeriemotorboot am 5.7.1988 auf dem Neusiedler See wurde der Kläger schwer verletzt.
Er begehrte deshalb die Verurteilung der beklagten Partei zur Zahlung eines Schmerzengeldes von S 400.000, zum Ersatz seines Segelbrettes und der unfallbedingten Aufwendungen in Gesamthöhe von S 85.368,50 und seines mit S 800.000 bezifferten Verdienstentganges sowie zur Zahlung einer monatlichen Rente von S 20.000 und schließlich die Feststellung ihrer Haftung für alle künftigen Nachteile aus diesem Unfall. Er brachte im wesentlichen vor, der Schiffsführer, ein Gendarmeriebeamter, der zur Bergung einer in Seenot geratenen Person ausgefahren sei, hätte ihn bei gehöriger Aufmerksamkeit bemerken müssen und den Unfall daher vermeiden können, wogegen ihm wegen des hohen Wellenganges und der Segelstellung die Sicht auf das Boot verstellt gewesen sei.
Die beklagte Partei wendete vor allem ein, das Surfbrett wäre ausweichpflichtig gewesen. Der Gendarmeriebeamte habe den von rechts herankommenden Kläger nicht wahrnehmen können, sodaß ihn kein Verschulden treffe.
Bei der Verhandlungstagsatzung vom 29.5.1991 stellten die Parteien außer Streit, daß der Gendarmeriebeamte als Schiffsführer „in Vollziehung von Gesetzen unterwegs“ gewesen sei, als sich der Unfall ereignete.
Das Erstgericht wies das Klagebegehren zur Gänze ab.
Es stellte fest, zur Unfallszeit am 5.7.1988 zwischen 18 und 19 Uhr habe es im Bereich der Kollisionsstelle schönes Wetter gegeben; die Sicht sei ausgezeichnet gewesen. Auf dem offenen See habe starker Wind aus Südwesten geweht; die Windrichtung habe 215 Grad, die Windgeschwindigkeit 6 bis 7 Beaufort (etwa 50 km/h) betragen. Die Wellen hätten eine Höhe von rund 70 cm erreicht. Das Gendarmeriemotorboot sei mit einer Kajüte ausgerüstet; die durch eine Mittelstrebe geteilten Vorderfenster der Kajüte, nicht aber auch deren Seitenfenster seien mit Scheibenwischern versehen. Die Position des Schiffsführers befinde sich in der Kajüte rechts. Das vom Kläger benützte Segelbrett sei ein erst ab Windstärke 4 verwendbares Starkwindbrett, sein Segel sei mit einem Sichtfenster ausgestattet gewesen.
Der Gendarmeriebeamte sei mit dem Motorboot ausgelaufen, um eine zwischen Vogel- und Schotterinsel in Seenot geratene Person zu suchen und zu bergen. Auf der Fahrt dorthin - der in Seenot Geratene sei mittlerweile bereits geborgen worden - sei das Boot auf ein Hindernis aufgelaufen. Der Beamte habe einen Schaden an der Schiffsschraube festgestellt und die Fahrt deshalb mit harter Maschinenkraft und einer Geschwindigkeit von etwa 15 km/h in Richtung Mörbisch fortgesetzt. Etwa auf halber Höhe zwischen der Ruster Bucht und der Schotterinsel hätten der Schiffsführer und der ihn begleitende Arzt ein knallartiges Geräusch vernommen. Der Beamte habe den Motor sofort abgestellt und Nachschau gehalten. Dabei habe er einen Mann, den Kläger, der stark vom Kopf blutete, im Wasser etwa 10 m hinter dem Boot wahrgenommen. Gemeinsam mit seinem Begleiter habe er ihn geborgen und nach Rust gebracht, von wo dieser in ein Krankenhaus eingeliefert worden sei. Der Kläger sei mit seinem Surfbrett gegen die rechte hintere Kante des Boots (Steuerbord) geprallt, das Gerät habe man nach dem Unfall nicht mehr gefunden. Der Schiffsführer und der Kläger hätten einander vor der Kollision nicht wahrgenommen. Die Sichtverhältnisse seien für den Schiffsführer infolge des Spritzwassers an den Seitenscheiben, des hohen Wellengangs und des Schlingerns stark beeinträchtigt gewesen.
Der Kläger, ein ausgezeichneter Surfer, habe sich auf „Halbwindkurs“ (also quer zum Windsegel) befunden und eine Geschwindigkeit von 40 bis 45 km/h eingehalten. Der Winkel der beiden Annäherungsrichtungen könne auf 60 bis 95 Grad eingegrenzt werden. Gehe man davon aus, daß der Kläger bereits innerhalb eines Sichtwinkels von 68 Grad für den Schiffsführer erkennbar gewesen sei, hätte der Beamte seinen Kopf zumindest um 45 Grad nach rechts drehen müssen, um den Surfer wahrzunehmen. Bei einer mittleren Annäherungsgeschwindigkeit von 40 km/h und einen Annäherungswinkel von 60 Grad wäre der Kläger für den Schiffsführer nur dann sichtbar geworden, wenn dieser „schräg nach rechts hinten“ geblickt hätte. Es liege im Wesen des Surfens, sei aber auch Folge der hohen Wellen gewesen, daß sich der Kläger nicht in gerader Linie genähert habe. Es sei für einen Schiffsführer bei den gegebenen Verhältnissen - dem Wellengang, der Geschwindigkeitsdifferenz und der Fahrlinie des Surfers - „geradezu unmöglich“, festzustellen, ob sich das Segelbrett auf Kollisionskurs befinde oder gefahrlos kreuzen werde; der Schiffsführer sei dann aber außerstande abzuschätzen, ob er die zu befürchtende Kollision nur durch Beibehaltung von Kurs und Geschwindigkeit oder durch Anhalten oder durch Beschleunigung des Boots vermeiden könne. Bei den gegebenen Windverhältnissen wäre auch ein akustisches Warnsignal für den Kläger kaum hörbar gewesen. Dieser hätte das Boot bei gehöriger Aufmerksamkeit ohne weiteres erkennen und ihm durch ein einfaches Manöver ausweichen können; er hätte sein Gefährt auch sofort anhalten können.
Rechtlich meinte das Erstgericht, der Kläger habe den Unfall allein verschuldet, weil er ausweichpflichtig gewesen sei. Der Beamte hätte schräg rechts nach hinten blicken müssen, um den Surfer wahrzunehmen; außerdem wäre es selbst bei rechtzeitiger Wahrnehmung kaum erkennbar gewesen, ob sich der Kläger überhaupt auf Kollisionskurs befunden habe.
Das Berufungsgericht bestätigte dieses Urteil, sprach aus, daß die ordentliche Revision zulässig sei, übernahm die erstinstanzlichen Feststellungen und führte in Erledigung der Rechtsrüge aus, der Gendarmeriebeamte habe in erster Instanz die vor ihm liegende Wasserfläche genau beobachten müssen, um Schwimmer bzw. gekenterte Bootsfahrer rechtzeitig zu erkennen und seine Fahrweise darauf einzurichten. Die eingeschränkte Sicht aus der Kajüte und der starke Wellengang hätten eine erhöhte Konzentration auf die Fahrtrichtung erfordert. Zu dieser Vorgangsweise seien auch die sonstigen vor allen Fahrzeugen bevorrangten Fahrzeuge des öffentlichen Sicherheitsdienstes im Einsatz durch die Bestimmung des § 5 Abs 1 der Seen- und Fluß-Verkehrsordnung verpflichtet. Auch wenn der unbedingte Vorrang nur Gendarmeriebooten mit Blaulicht zukomme, hätte der Schiffsführer nur allen Fahrzeugen, nicht aber auch den als „Schwimmkörper“ einzustufenden Windsurfern ausweichen müssen. Auch die Ausweichregel für diejenigen, der den anderen auf seiner Steuerbordseite hat, komme nur zwischen gleichrangigen Fahrzeugen zur Anwendung. Der Kläger hätte daher dem Gendarmerieboot ausweichen müssen. Mit einem regelwidrig agierenden Windsurfer habe der Gendarmeriebeamte aber solange nicht rechnen müssen, als er diesen nicht wahrgenommen habe. Um den Vorrang anderer Fahrzeuge beachten zu können, hätte der Kläger gerade der durch sein Segel verdeckten Wasserfläche besondere Aufmerksamkeit widmen müssen. Zur Abgabe akustischer Warnsignale sei der Schiffsführer nicht verpflichtet gewesen. Auf den Betrieb eines Motorbootes sei das Eisenbahn- und Kraftfahrzeughaftpflichtgesetz auch nicht sinngemäß anzuwenden.
Die Revision des Klägers ist nicht berechtigt.
Rechtliche Beurteilung
Die behauptete Mangelhaftigkeit des Berufungsverfahrens liegt, wie der Oberste Gerichtshof geprüft hat, nicht vor (§ 510 Abs 3 ZPO).
Vor Erledigung der Rechtsrüge ist zu prüfen, auf welchen Haftungsgrund der Kläger seinen Ersatzanspruch stützt. Berief er sich zunächst noch auf die allgemeinen schadenersatzrechtlichen Bestimmungen, stellten die Parteien schließlich außer Streit, daß der Gendarmeriebeamte „als Lenker des Unfallsbootes in Vollziehung von Gesetzen unterwegs“ gewesen sei. Ist diese Außerstreitstellung auch unwirksam, weil sie nicht Tatsachen (etwa den Anlaß des Bootseinsatzes), sondern nur die rechtliche Qualifikation der Patrouillenfahrt als Akt der Hoheitsverwaltung zum Gegenstand hatte (MietSlg 32.689/36; MietSlg 20.250/6 ua; Fasching, LB2 Rz 840), so kann sie doch nur so verstanden werden, daß der Kläger aus dem Unfall Amtshaftungsansprüche ableiten will (und dem die beklagte Partei nicht entgegentritt).
Der Einsatz des Gendarmeriebeamten mit dem von ihm gesteuerten Motorboot ist auch in der Tat der Hoheitsverwaltung des beklagten Rechtsträgers zuzurechnen. Der Beamte war beauftragt, eine in Seenot geratene Person zu suchen und zu bergen; daß diese noch während der Fahrt des Bootes zum Einsatzort von einem anderen Boot aufgenommen wurde, ändert nichts an der Tatsache, daß sich das Gendarmerieboot auch noch zur Unfallszeit im Einsatz befand; auch die Rückfahrt zum Heimathafen bzw. - wie hier - die Weiterfahrt zur Reparaturwerkstätte sind für die Beendigung des Bootseinsatzes unerläßlich.
Der Schiffsführer des Motorbootes war bei der Fahrt als Organ der Bundesgendarmerie tätig, deren Aufgaben grundsätzlich hoheitlicher Natur sind. Daher sind auch zu deren Wahrnehmung erforderliche Vorkehrungen als in Vollziehung der Gesetze erfolgt anzusehen, sofern sie nur in einem ausreichend engen und inneren Zusammenhang mit den hoheitlichen Aufgaben der Gendarmerie stehen (SZ 55/82 ua; Schragel, AHG2 Rz 337). Dieser enge innere Zusammenhang der Bootsfahrt mit den der Gendarmerie übertragenen hoheitlichen (polizeilichen) Aufgaben kann im vorliegenden Fall gar nicht zweifelhaft sein, ging es doch dabei um einen Einsatz zur Bergung einer in Seenot geratenen Person und damit um einen Einsatz in Wahrnehmung von schiffahrtspolizeilichen Aufgaben, die auf anderen Gewässern als Wasserstraßen - und damit auch auf dem Neusiedler See - von den Organen des öffentlichen Sicherheitsdienstes (und im fraglichen Bereich von der Bundesgendarmerie) wahrzunehmen waren (§ 32 Abs 6 SchPG) und auch noch derzeit wahrzunehmen sind (§ 37 Abs 2 Z 2 des am 1.1.1990 in Kraft getretenen Schiffahrtsgesetzes 1990). Da die Durchführung des dem Schiffsführer erteilten schiffahrtspolizeilichen Auftrags ohne den Bootseinsatz gar nicht möglich gewesen wäre, fügte der Gendarmeriebeamte dem Kläger dessen Schaden jedenfalls in Vollziehung der Gesetze zu, sodaß dieser seine Ersatzansprüche, soweit er sie auf schuldhaftes Organhandeln stützt, zu Recht im Amtshaftungsweg gegen den beklagten Rechtsträger, als dessen Organ der Beamte im Einsatz war (Art 10 Abs 1 Z 9 iVm Art 11 Abs 1 Z 6 B-VG) geltend machte (§ 1 Abs 1 AHG iVm § 32 Abs 1, 4 und 6 SchPG).
Der Kläger steht nach wie vor auf dem Standpunkt, der Schiffsführer haben den Unfall allein verschuldet. Die Vorinstanzen verneinten dagegen zutreffend die Rechtswidrigkeit des Fahrverhaltens des Gendarmeriebeamten. In welcher Weise das Fahrverhalten auf Gewässern zur Abwendung der Gefahr des Zusammenstoßes einzurichten ist, bestimmten zur Unfallszeit die Fahrregeln (§§ 37 bis 52) der Seen- und Fluß-Verkehrsordnung (BGBl 1979/163 - in der Folge kurz SFVO). An sich ordnet § 39 Abs 3 SFVO an, daß das Fahrzeug, das das andere auf seiner Steuerbordseite hat, ausweichen muß, wenn zwei Fahrzeuge so auf kreuzenden Kursen fahren, daß die Gefahr eines Zusammenstoßes nicht auszuschließen ist. Abweichend davon mußten gemäß § 40 SFVO bei Begegnen und Überholen Fahrzeuge mit Maschinenantrieb allen anderen Fahrzeugen und gemäß § 42 Abs 1 SFVO Schwimmkörper allen Fahrzeugen ausweichen. Daraus folgt, daß das Gendarmeriemotorboot nur dann ausweichpflichtig gewesen wäre, wenn das Segelbrett des Klägers als Fahrzeug zu beurteilen wäre, hatte das Motorboot diesen doch auf seiner Steuerbordseite und war es als Fahrzeug mit Maschinenantrieb darüber hinaus ohnehin verpflichtet, allen begegnenden Fahrzeugen auszuweichen.
Zu Recht haben die Vorinstanzen jedoch das Surfbrett des Klägers nicht als (Segel-)Fahrzeug, sondern als Schwimmkörper eingestuft: Gemäß § 2 Z 11 SFVO galten als solche „Flöße, schwimmende Anlagen und andere einzeln oder in Verbindung fahrtauglich gemachte Gegenstände mit und ohne Maschinenkraft - zB Segelbretter (Windsurfer), unbemannte Schlepp- und Wasserskischleppgeräte -, soweit sie nicht Fahrzeuge sind“. Die in Parenthese angeführten Segelbretter sind somit ausdrücklich als Beispiel für die Schwimmkörper genannt. Der Klammerausdruck „Windsurfer“ kann entgegen der Auffassung des Klägers in dessen Revision - wie sich aus § 43 SFVO (davon gleich unten) eindeutig ergibt - nur dahin verstanden werden, daß Segelbretter auch dann als Schwimmkörper gelten, wenn sie sich unter Segel stehend auf Fahrt befinden. War demnach das Gefährt des Klägers nicht als „Segelfahrzeug“ (§ 2 Z 6 SFVO) anzusehen, so hätte er gemäß § 42 Abs 1 SFVO beim Begegnen mit dem Gendarmerieboot auf kreuzenden Kursen zur Vermeidung einer Kollision ausweichen müssen. Soweit der Kläger in diesem Zusammenhang aus der Bestimmung des § 43 SFVO, nach der auf das Verhalten von Segelbrettern (Windsurfern) untereinander § 41 SFVO (der das Verhalten von Segelfahrzeugen untereinander regelte) sinngemäß anzuwenden war, ableiten will, daß Segelbretter Segelfahrzeugen gleichzuhalten seien, ist ihm in Widerlegung dieser Behauptung zu erwidern, daß diese Verweisung im Gegenteil die unterschiedliche Einordnung von Segelfahrzeugen und Segelbrettern besonders hervorhebt und sich ausdrücklich auf das Verhalten der Windsurfer untereinander beschränkt.
Auch aus der allgemeinen Sorgfaltspflicht und dem unter besonderen Umständen vorgeschriebenen Verhalten (§ 4 und 5 SchPG = §§ 5 und 6 SFVO), die übrigens in vermehrtem Ausmaß den ausweichpflichtigen Kläger trafen, kann kein rechtswidriges Verhalten des Schiffsführers abgeleitet werden. Nach den Feststellungen des Erstgerichtes - gegen die sich die Revisionsausführungen in Wahrheit über weite Strecken in unzulässiger Weise wenden - hätte der Schiffsführer, um den Kläger wahrnehmen zu können, den Kopf schräg nach rechts hinten wenden müssen; dazu kam noch, daß der Auffälligkeitswert des Surfers wegen des hohen Wellenganges verringert war. War der Schiffsführer - wie das Berufungsgericht zutreffend hervorhebt - in erster Linie zur Beobachtung aller Vorgänge unmittelbar und seitlich vor ihm verpflichtet, weil sich das Motorboot auf diesen Bereich zubewegte, so kann in der mangelnden Wahrnehmung des Klägers vor der Kollision kein Aufmerksamkeitsfehler erkannt werden, der dem Gendarmen als meßbares Verschulden zugerechnet werden müßte. Es wäre vielmehr Sache des ausweichpflichtigen Klägers gewesen, die Kollision durch ein für ihn als geübten Surfer leicht durchführbares Manöver zu vermeiden, zumal er das Motorboot schon längere Zeit in dessen voller Breite vor Augen hatte.
Auch zur Abgabe akustischer Warnsignale, die der Kläger bei den herrschenden Windverhältnissen zudem auch kaum gehört hätte, war der Gendarmeriebeamte nicht verpflichtet, weil solche Schallzeichen gemäß § 50 Abs 1 SFVO nur bei beschränkten Sichtverhältnissen (also etwa bei Nebel oder bei starkem Niederschlag) als „Nebelzeichen“ zu geben waren.
Die Amtshaftung der beklagten Partei haben die Vorinstanzen deshalb zu Recht mangels schuldhaft rechtswidrigen Organhandelns abgelehnt.
Da die amtswegige Berücksichtigung der Gefährdungshaftung der beklagten Partei nicht dadurch ausgeschlossen wird, daß der Kläger sein Schadenersatzbegehren bloß auf Verschulden der beklagten Partei gestützt hat (SZ 46/36 uva) sowie die Amtshaftung und die Gefährdungshaftung (etwa nach dem Eisenbahn- und Kraftfahrzeughaftpflichtgesetz) einander nicht ausschließen (Schragel aaO Rz 9), hat das Gericht zweiter Instanz zwar zu Recht das Ersatzbegehren auch unter dem Gesichtspunkt der Gefährdungshaftung des beklagten Rechtsträgers geprüft, jedoch zutreffend verneint. Der Oberste Gerichtshof hat die Haftung des Halters eines Motorbootes in Analogie zu den Haftpflichtgesetzen unter Berufung auf Koziol (Haftpflichtrecht2 II 576 FN 3) gleichfalls abgelehnt; daran ist festzuhalten:
Die Analogie zum Gefährdungshaftungsrecht ist ausgeschlossen, wenn die Haftung des Halters (Betriebsinhabers) gesetzlich in ganz bestimmter Weise geregelt wird. (Koziol führt hiezu Art 2 des Übereinkommens vom 15.3.1960, BGBl 1966/204, zur Vereinheitlichung einzelner Regeln über den Zusammenstoß von Binnenschiffen als Beispiel an, in dem die Haftung ausdrücklich auf Verschulden eingeschränkt wird.) Das trifft insbesondere auch auf die außervertragliche Haftung des Schiffseigners zu, die nicht nur gemäß § 3 Abs 1 des Gesetzes betreffend die privatrechtlichen Verhältnisse der Binnenschiffahrt vom 20.5.1898 dRGBl 868 idF d V dRGBl I 2394, das auch auf Gendarmeriepatrouillenboote anzuwenden ist (vgl Vortisch-Zschucke, Binnenschiffahrts- und Flößereirecht3, 12, 373) ausdrücklich auf den Schaden, den eine Person der Schiffsbesatzung einem Dritten durch ihr Verschulden in Ausführung ihrer Dienstverrichtungen zufügt, beschränkt ist, sondern der gemäß § 4 Abs 1 Z 3 BinnSchG nicht persönlich, sondern nur mit Schiff und Fracht haftet. Mit dieser eingeschränkten Verschuldenshaftung, die im vorliegenden Fall allerdings durch die gleichfalls auf Verschulden beruhende Amtshaftung verdrängt wird (vgl nur SZ 47/120), muß es dem Schiffseigner gegenüber sein Bewenden haben; eine darüber hinausgehende Gefährdungshaftung trifft ihn nicht.
Das Klagebehren wurde von den Vorinstanzen deshalb zu Recht abgewiesen, weshalb der Revision ein Erfolg zu versagen ist.
Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 41 und 50 ZPO.
Textnummer
E30666European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:1992:0010OB00032.92.0825.000Im RIS seit
15.06.1997Zuletzt aktualisiert am
21.02.2013