Index
001 Verwaltungsrecht allgemein;Norm
AVG §56;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident DDr. Jakusch und die Hofräte Dr. Kail, Dr. Pallitsch, Dr. Hinterwirth und Dr. Moritz als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Gubesch, über die Beschwerde der Gemeinde Koblach, vertreten durch Dr. Gottfried Waibel, Rechtsanwalt in 6850 Dornbirn, Schulgasse 7/Europapassage, gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Feldkirch vom 17. Mai 2005, Zl. BHFK-II-4151-2005/0001, betreffend eine Angelegenheit nach dem Vlbg. Gemeindegutgesetz (mitbeteiligte Partei: Elmar Meusburger in Koblach, vertreten durch Weh Rechtsanwalt GmbH in 6900 Bregenz, Wolfeggstraße 1), zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Die beschwerdeführende Gemeinde hat dem Land Vorarlberg Aufwendungen in der Höhe von EUR 381,90 und dem Mitbeteiligten Aufwendungen in der Höhe von EUR 991,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Der Mitbeteiligte richtete mit Schreiben vom 12. Februar 2004 an den Gemeindevorstand der beschwerdeführenden Gemeinde den Antrag "auf Zuteilung und Nutzung eines Gemeindeteiles des Gemeindegutes Koblach". Er gab an, dass er seinen Hauptwohnsitz in der Gemeinde habe und mit Nr. 126 im Verzeichnis gemäß § 9 Gemeindegutgesetz als Nutzungsberechtigter am Gemeindegut Koblach und Hausbesitzer erfasst sei. Er habe einen Haushalt mit vier Personen, für die er unterhaltspflichtig sei, und sein landwirtschaftlicher Betrieb umfasse 110 Großvieheinheiten, weshalb ein Haus- und Gutsbedarf von zumindest 16 ha Gemeindegut vorliege. Er beantragte die Zuteilung eines Gemeindegutes im Ausmaß von zumindest 16 ha, hilfsweise, gemäß § 9 Abs. 2 Gemeindegutgesetz für den Fall, dass die Entnahme der Erträgnisse des Gemeindegutes nicht erlaubt werde, diese in Form von Naturalbezügen aus dem Gemeindegut dem Antragsteller bereit zu stellen.
Der Antrag des Mitbeteiligten vom 13. Februar 2004 wurde in der Sitzung des Gemeindevorstandes vom 13. April 2004 behandelt. Es wurde in Aussicht gestellt, dass über die Zuteilung von landwirtschaftlichen Flächen an den Mitbeteiligten gemeinsam mit den übrigen anstehenden Verpachtungen zum 1. Jänner 2005 im Laufe des Jahres 2004 beraten und entschieden werde.
Mit Schreiben vom 25. August 2004 richtete der Mitbeteiligte an die Gemeindevertretung (das ist gemäß § 26 Gemeindegesetz der Gemeinderat) einen Devolutionsantrag. Trotz des Umstandes, dass der Mitbeteiligte nutzungsberechtigt sei und einen entsprechenden Antrag gestellt habe, sei über diesen nicht entschieden worden, sondern vielmehr mit Schreiben des Bürgermeisters der beschwerdeführenden Gemeinde vom 30. März 2004 das bestehende zivilrechtliche Pachtverhältnis betreffend einiger Grundstücke gekündigt worden. Es bestehe daher die Vermutung, dass entgegen § 7 des Gesetzes über das Gemeindegut, Nutzungsrechte zum Gegenstand von Rechtsgeschäften gemacht würden. Da der Gemeindevorstand bis zum Tag der Antragstellung nicht entschieden habe und überwiegendes Verschulden des Gemeindevorstandes vorliege, werde von der Gemeindevertretung begehrt, über den Antrag vom 12. Februar 2004 zu entscheiden.
Dem Devolutionsantrag schloss der Mitbeteiligte das Schreiben des Bürgermeisters der beschwerdeführenden Gemeinde vom 30. März 2004 an, welches die Kündigung des mit ihm bestehenden Pachtverhältnisses betraf und wie folgt lautete:
"Hiermit wird das zwischen Ihnen und der Gemeinde Koblach seit 1.1.2000 bestehende Pachtverhältnis für die im Eigentum der Gemeinde stehenden bzw. die von ihr verwalteten landwirtschaftlich genutzten Flächen zum 31.12.2004 gekündigt.
Die Neuverpachtung dieser Grundstücke ab 1.1.2005 erfolgt zeitgerecht durch die Gemeindevertretung."
In der Sitzung der Gemeindevertretung vom 22. November 2004 wurde zunächst festgehalten, dass die seit dem 1. Jänner 2000 mit den Landwirten bestehenden Pachtverhältnisse von der Gemeinde zeitgerecht Ende März 2004 auf Ende des Jahres 2004 gekündigt worden seien. Am 8. April 2004 habe sich der Gemeindevorstand mit der Neuverteilung der Pachtflächen befasst und eine einhellige Empfehlung an die Gemeindevertretung beschlossen. Am 9. November 2004 habe sich der Ausschuss der Nutzungsberechtigten mit den Verpachtungen befasst; die Vertreter der Nutzungsberechtigten hätten der Neuaufteilung der landwirtschaftlichen Flächen in der vorgelegten Fassung sowie der Verpachtung zum bisherigen Pachtzins zugestimmt. Der Bürgermeister führte in dieser Sitzung aus, dass Frau M. bisher mit 50 ar beteilt gewesen sei, was zu wenig sei, zumal der Sohn die Landwirtschaft weiter betreiben werde. Frau M. solle den Teil E in den "Frutzauen" mit 100 ar, der bisher dem Mitbeteiligten zugeteilt war, erhalten. Es wurde die Aufteilung der Pachtflächen auf die Landwirte nach Maßgabe der vorgelegten Zusammenstellung mehrheitlich beschlossen. Weiters wurde der Devolutionsantrag des Mitbeteiligten beraten und behandelt; nach dem Protokoll wurde "der Devolutionsantrag" mit dem unten wörtlich wiedergegeben Beschluss, der mehrheitlich gefasst wurde, abgelehnt.
Am 9. Dezember 2004 richtete der Bürgermeister der beschwerdeführenden Gemeinde nachstehendes Schreiben an die früheren Rechtsvertreter des Mitbeteiligten:
"Betrifft: Elmar Meusburger, Grund 2, 6842 Koblach;
Antrag auf Zuteilung eines Gemeindeteiles
Bezug: Devolutionsantrag vom 30.8.2004
Sehr geehrter Herr Dr. T.!
Die Gemeindevertretung hat in dieser Sache in der
öffentlichen Sitzung am 22.11.2004 folgenden Beschluss gefasst:
'Die Koblacher Gemeindevertretung weist den Antrag des Elmar
Meusburger auf Zuteilung eines Gemeindeteiles des Gemeindegutes Koblach im Ausmaß von zumindest 16 ha zurück. Ebenfalls lehnt die Gemeindevertretung den Ersatz dieser Flächen in Form von Naturalbezügen aus dem Gemeindegut der Gemeinde Koblach ab.
Die Neuaufteilung und die Neuverpachtung der landwirtschaftlichen Flächen in der Gemeinde Koblach wurde von der Koblacher Gemeindevertretung am 22.11.2004 für die kommenden fünf Jahre (bis 31.12.2009) beschlossen.
Meusburger Elmar, Grund 2 wurde bei dieser Neuverpachtung ab dem 1.1.2005 mit einer landwirtschaftlichen Fläche von 481,28 ar beteilt.'
Um Kenntnisnahme wird ersucht.
Mit freundlichen Grüßen
Der Bürgermeister"
Der Mitbeteiligte, der dieses Schreiben als Bescheid qualifizierte, erhob dagegen Vorstellung. Er bemängelte, dass die Gemeindevertretung ihren Bescheid nicht begründet habe. Da er Nutzungsberechtigter sei und einen Antrag auf Zuteilung gestellt habe, hätte die von ihm belangte Behörde ihm einen Gemeindeteil zur Nutzung zuteilen müssen. Nach § 18 des Gesetzes über das Gemeindegut seien die in diesem Gesetz geregelten Aufgaben der Gemeinden solche des eigenen Wirkungsbereiches. Dem entsprechend begehrte er von der belangten Behörde als Aufsichtsbehörde die Aufhebung des Bescheides der Gemeindevertretung.
In ihrer Stellungnahme zu dieser Vorstellung führte die beschwerdeführende Gemeinde u.a. aus, das Schreiben vom 9. Dezember 2004 sei eine formlose Mitteilung gewesen, der Bescheidcharakter fehle.
Mit dem angefochtenen Bescheid gab die belangte Behörde der Vorstellung des Mitbeteiligten Folge, hob die als Bescheid bezeichnete Erledigung der Gemeindevertretung der beschwerdeführenden Gemeinde vom 9. Dezember 2004 auf und verwies die Angelegenheit zur neuerlichen Entscheidung an die Gemeindevertretung der beschwerdeführenden Gemeinde. Sie stellte fest, dass der Mitbeteiligte einen Antrag auf Zuteilung eines Gemeindeteils des Gemeindegutes im Ausmaß von zumindest 16 ha gestellt habe. Nachdem über diesen Antrag innerhalb von sechs Monaten nicht entschieden worden sei, habe der Vorstellungswerber einen Devolutionsantrag an die Gemeindevertretung gerichtet. Die Gemeindevertretung habe in ihrer Sitzung vom 22. November 2004 den Antrag auf Zuteilung eines Gemeindeteils zurückgewiesen. Dieser Beschluss sei durch das Schreiben des Bürgermeisters vom 9. Dezember 2004 ausgefertigt worden.
Zur Frage, ob die Erledigung vom 9. Dezember 2004 ein Bescheid oder eine formlose Mitteilung sei, verwies die belangte Behörde darauf, dass es auf die ausdrückliche Bezeichnung als Bescheid nicht ankomme. Entscheidend sei, dass der Antrag des Mitbeteiligten auf Zuteilung eines Gemeindeteiles des Gemeindegutes, also sein erhobener öffentlich-rechtlicher Anspruch, durch eine Verwaltungsbehörde hoheitlich erledigt worden sei, sodass eine rechtsgestaltende Entscheidung der Gemeindevertretung vorliege. Aus dem Wortlaut dieses Beschlusses und damit auch aus der diesen Beschluss ausfertigenden Erledigung gehe der eindeutige Wille der Behörde hervor, über die gegenständliche Verwaltungssache hoheitlich und rechtsgestaltend abzusprechen. Außerdem sei dieser Verwaltungsakt gegenüber einer individuell bestimmten Person erlassen worden. Damit handle es sich um einen mittels Vorstellung bekämpfbaren Bescheid.
Die gänzlich fehlende Begründung dieser Entscheidung stelle einen wesentlichen Verfahrensfehler dar, durch den der Vorstellungswerber in seinem subjektiv-öffentlichen Recht verletzt worden sei. Ergänzende Ausführungen in einer Gegenäußerung könnten fehlende Erörterungen und Feststellungen im Bescheid selbst nicht ersetzen.
Die Gemeindevertretung sei zur Entscheidung zuständig gewesen, weil mit der Einbringung des Devolutionsantrages vom 25. August 2004 die Zuständigkeit auf die Gemeindevertretung als sachlich in Betracht kommende Oberbehörde übergegangen sei. Die Gemeindevertretung habe den Devolutionsantrag auch nicht abgewiesen, sondern in der Sache entschieden. Da es die Gemeindeinstanzen verabsäumt hätten, den für die Entscheidung maßgeblichen Sachverhalt umfassend zu erheben, könne nicht beurteilt werden, ob durch den bekämpften Bescheid im materiellen Recht begründete subjektiv-öffentliche Rechte des Vorstellungswerbers verletzt wurden. Es wurden verschiedene Punkte aufgezeigt, zu denen das Ermittlungsverfahren mangelhaft geblieben sei.
In ihrer dagegen erhobenen Beschwerde erachtet sich die beschwerdeführende Gemeinde in ihrem Recht gemäß § 2 Abs. 1 und 2 Vorarlberger Gemeindegesetz, LGBl. Nr. 40/1985 in der geltenden Fassung, darauf verletzt, dass die Vorstellung des Mitbeteiligten zurück- oder abgewiesen werde, insbesondere nicht das Vorliegen einer Säumnis eines Gemeindeorgans festgestellt und die Vorgangsweise der Organe der Gemeinde Koblach als rechtskonform beurteilt würden. Die Beschwerdeführerin macht inhaltliche Rechtswidrigkeit und Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend.
Die belangte Behörde legte die Verwaltungsakten vor und erstattete, wie auch die Vorarlberger Landesregierung und der Mitbeteiligte, jeweils eine Gegenschrift.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Die Beschwerdeführerin verweist in ihrer Beschwerde zunächst auf ihre im Vorstellungsverfahren erstattete Stellungnahme. Nach ihrer Auffassung handle es sich beim Schreiben des Bürgermeisters vom 9. Dezember 2004 um keinen Bescheid, sondern um eine bloße Mitteilung. In ihrer Stellungnahme im Vorstellungsverfahren habe die Beschwerdeführerin dargelegt, dass dann, wenn der Mitbeteiligte auf eine bescheidmäßige Erledigung bestehe, der Bürgermeister bereit sei, einen Intimationsbescheid zu erlassen. Dem Schreiben vom 9. Dezember 2004 fehle die Bescheidbezeichnung und die Rechtsmittelbelehrung. Dass die Gemeindeorgane keinen Bescheid erlassen wollten, ergebe sich vor allem auch daraus, dass der Mitbeteiligte - jedenfalls in der Sache - um "Verpachtung" von Grundflächen angesucht habe. Über ein solches Begehren habe aber niemals ein Bescheid zu ergehen. Vielmehr wäre - bei übereinstimmendem Willen - ein entsprechender Vertrag abzuschließen. Die belangte Behörde hätte daher bei richtiger rechtlicher Beurteilung die Vorstellung zurückweisen müssen.
Der Verwaltungsgerichtshof hat in seinem Erkenntnis vom 16. Mai 2001, Zlen. 2001/08/0046, 0047, seine bisherige Judikatur zur Bescheidqualität von Erledigungen, denen die ausdrückliche Bezeichnung als Bescheid fehlt, wie folgt zusammengefasst, wobei bezüglich der dortigen Zitate auf dieses Erkenntnis verwiesen wird:
"Enthält eine an eine bestimmte Person gerichtete Erledigung die Bezeichnung der Behörde, den Spruch und die Unterschrift oder auch die Beglaubigung, dann ist das Fehlen der ausdrücklichen Bezeichnung als Bescheid für den Bescheidcharakter der Erledigung unerheblich. Auf die ausdrückliche Bezeichnung als Bescheid kann aber nur dann verzichtet werden, wenn sich aus dem Spruch eindeutig ergibt, dass die Behörde nicht nur einen individuellen Akt der Hoheitsverwaltung gesetzt hat, sondern auch, dass sie normativ, also entweder rechtsgestaltend oder rechtsfeststellend eine Angelegenheit des Verwaltungsrechtes entschieden hat. In jedem Fall, in dem der Inhalt einer Erledigung Zweifel über den Bescheidcharakter entstehen lässt, ist die ausdrückliche Bezeichnung als Bescheid für den Bescheidcharakter der Erledigung essenziell. Die Rechtskraftfähigkeit der Erledigung ist kein neben der normativen Natur derselben selbstständig anzuführendes Merkmal eines Bescheides, weil die Rechtskraftfähigkeit nicht Ursache, sondern Folge der normativen Natur der Erledigung ist ... . Für die Beurteilung als Bescheid sind jedenfalls die objektiven Merkmale eines Schriftstückes maßgebend und nicht die subjektive Absicht der Behörde, von der das Schriftstück ausgegangen ist ..."
Die Äußerungen der Lehre zu dieser Frage wurden wie folgt zusammengefasst:
"Ob ein (nicht in Bescheidform im Sinne der §§ 56 ff AVG ergangener) Akt einer Behörde (dennoch) ein Bescheid ist, hängt nach herrschender Lehre im Wesentlichen davon ab, ob er nach seinem Inhalt (dh. nach dem aus der Erledigung hervorleuchtenden Willen der Behörde ...) eine normative Erledigung im Einzelfall (also gegenüber einem individuell bestimmten Personenkreis) darstellt und ob die Behörde nach der anzuwendenden Rechtslage einen Bescheid zu erlassen hatte ..."
Das hier zu beurteilende Schreiben ist an den Mitbeteiligten gerichtet; es nimmt Bezug auf seinen verfahrenseinleitenden Antrag und auf seinen Devolutionsantrag. Es enthält einen ausdrücklichen Abspruch sowohl über den (Haupt-)Antrag als auch über den Eventualantrag.
Das Gesetz über das Gemeindegut, LGBl. Nr. 49/1998, lautet
auszugsweise:
"§ 1
Allgemeines
Dieses Gesetz regelt die Feststellung, Nutzung und Erhaltung,
Verwaltung und Aufhebung des Gemeindegutes.
§ 2
Begriffe
(1) Gemeindegut ist jenes land- oder forstwirtschaftlich genutzte Gemeindeeigentum, an dem nach Maßgabe der bisherigen rechtmäßigen Übung gemeinschaftliche Nutzungsrechte bestehen. Zum Gemeindegut zählen auch die auf solchen Grundstücken errichteten Anlagen wie Gebäude, Lagerplätze und Wege, soweit sie land- oder forstwirtschaftlichen Zwecken dienen.
(2) Nutzungsrechte sind öffentlich-rechtliche Ansprüche auf eine Teilnahme an der Nutzung des Gemeindegutes. Sie können entweder an eine bestimmte Person oder an eine bestimmte Liegenschaft (Stammsitzliegenschaft) gebunden sein.
(3) Bisherige rechtmäßige Übung ist die auf Grund von Satzungen in allgemein verbindlicher Form geregelte oder sonst nach altem Herkommen erfolgte, rechtmäßige Nutzung des Gemeindegutes.
(4) Nutzungsberechtigte sind Personen, denen Nutzungsrechte am Gemeindegut entweder als persönliches Recht oder als Eigentümer einer Stammsitzliegenschaft zustehen.
(5) Soweit in diesem Gesetz personenbezogene Begriffe verwendet werden, kommt ihnen keine geschlechtsspezifische Bedeutung zu. Sie sind bei der Anwendung auf bestimmte Personen in der jeweils geschlechtsspezifischen Form zu verwenden.
§ 6
Nutzungsberechtigte
(1) Nutzungsberechtigte können nur natürliche Personen sein, die in der betreffenden Gemeinde ihren Hauptwohnsitz haben und österreichische Staatsbürger oder diesen nach dem Recht der Europäischen Union gleichgestellt sind.
(2) Die Satzungen (§ 8) bestimmen nach Maßgabe dieses Gesetzes die Voraussetzungen für den Erwerb und den Verlust von Nutzungsrechten. Sie bestimmen besonders auch, welche Nachkommen von Nutzungsberechtigten Nutzungsrechte erwerben.
(3) Die Satzungen (§ 8) können bestimmen, dass Personen nach Abs. 1, die keine Nutzungsberechtigten sind, durch Entrichtung einer von den Satzungen festgelegten oder durch die Gemeindevertretung nach Maßgabe der Satzungen festzulegenden Leistung als Nutzungsberechtigte aufgenommen werden können.
(4) Die Satzungen haben Vorsorge zu treffen, dass der Kreis der zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Gesetzes Nutzungsberechtigten in Zukunft keine wesentliche Ausweitung erfährt.
(5) Wer die Aufnahme als Nutzungsberechtigter begehrt, hat das Vorliegen der dafür maßgeblichen Voraussetzungen nachzuweisen.
§ 8
Satzungen
(1) Die Gemeindevertretung hat durch Verordnung Satzungen über die Nutzung des Gemeindegutes zu erlassen.
(2) Die Satzungen haben insbesondere Bestimmungen zu enthalten über
a)
den Erwerb und Verlust von Nutzungsrechten,
b)
die Rechte der Nutzungsberechtigten,
c)
...
(3) ...
§ 18
Eigener Wirkungsbereich der Gemeinde
Die in diesem Gesetz geregelten Aufgaben der Gemeinden sind
solche des eigenen Wirkungsbereiches."
Die gemäß § 8 Gemeindegutgesetz erforderliche Satzung wurde von der Gemeindevertretung der beschwerdeführenden Gemeinde mit Beschluss vom 29. Oktober 2001 erlassen; deren § 7 lautet:
"§ 7
Gemeindeteile
(1) Wer einen Gemeindeteil nutzen will, hat dies schriftlich zu beantragen.
(2) Über die Örtlichkeit, die Größe, die Zuteilung und den Entzug entscheidet der Gemeindevorstand auf Vorschlag des Ausschusses.
(3) Der Gemeindeteil ist als Acker, Garten oder Wiese durch den Nutzungsberechtigten unmittelbar zu bewirtschaften. Das Pflanzen von Bäumen jeder Art ist nicht gestattet. Ebenso ist eine Bebauung, das Erstellen von Einfriedungen und die Überlassung des Nutzens an andere Personen verboten. Allfällig vorhandene Bäume, Einfriedungen oder Bauwerke können von der Gemeinde auf Kosten des Nutzungsberechtigten sofort entfernt werden.
(4) Sollte der Gemeindeteil über zwei aufeinander folgende Jahre durch den Nutzungsberechtigten nicht bewirtschaftet werden, geht das Recht der Nutzung am zugeteilten Gemeindeteil verloren."
Der Mitbeteiligte hat mit seinem Antrag vom 12. Februar 2004 Nutzungsrechte geltend gemacht; Nutzungsrechte sind nach § 2 Abs. 2 Gemeindegutgesetz öffentlich-rechtliche Ansprüche auf eine Teilnahme an der Nutzung des Gemeindegutes. § 7 der Satzung sieht vor, dass die Nutzung schriftlich zu beantragen ist und dass über die Örtlichkeit, die Größe, die Zuteilung und die Nutzung der Gemeindevorstand zu entscheiden hat.
Die materielle Rechtslage erfordert einen Antrag, über den die ausdrücklich dazu bestimmte Behörde zu entscheiden hat. Da es um einen öffentlich-rechtlichen Anspruch geht, kommt nur eine Entscheidung mittels Bescheid in Betracht. Die - wie noch darzustellen ist, kraft Devolution anstelle des Gemeindevorstandes zuständige - Gemeindevertretung hat am 22. November 2004 über den Antrag des Mitbeteiligten entschieden, wobei diese Entscheidung nach der oben wiedergegebenen hg. Rechtsprechung die Kriterien eines Bescheides erfüllt; dieser Bescheid wurde durch den Bürgermeister mit Schreiben vom 9. Dezember 2004 intimiert.
Weiters rügt die Beschwerdeführerin, die belangte Behörde hätte nicht geprüft, ob die Voraussetzungen für eine Devolution vorgelegen seien. Auf Grund des gegenständlichen Antrages des Mitbeteiligten habe die Beschwerdeführerin den Mitbeteiligten informiert, dass über die Neuverpachtung der landwirtschaftlichen Flächen im Laufe des Jahres 2004 beraten und entschieden werde. Ende März 2004 sei das Pachtverhältnis mit dem Mitbeteiligten beendet worden, er habe die Voraussetzungen für diese Kündigung bestritten. Zwei Tage nach dem gegenständlichen Devolutionsantrag habe er Liegenschaftswünsche für die Neuverpachtung ab 1. Jänner 2005 angemeldet. Damit sei der Antrag vom 12. Februar 2004 "obsolet" geworden. Es liege kein ausschließliches Verschulden der Behörde vor, weil sich der Gemeindevorstand laufend mit der Angelegenheit befasst und den Mitbeteiligten informiert habe. Hätte die belangte Behörde dies geprüft, dann hätte sie zur Überzeugung kommen können und müssen, dass dem Gemeindevorstand eine schuldhafte Verletzung der Entscheidungspflicht nicht vorgeworfen werden könne; der Mitbeteiligte habe seine Meinung wiederholt geändert. Die Vorstellung hätte auch aus diesem Grund abgewiesen werden müssen. Allenfalls hätte die Sache zur neuerlichen Entscheidung nicht an die Gemeindevertretung, sondern an den Gemeindevorstand zurückverwiesen werden müssen; durch die Bindung an die im bekämpften Bescheid zum Ausdruck kommende Rechtsanschauung der belangte Behörde in diesem Punkt werde die beschwerdeführende Gemeinde in ihrem Recht darauf verletzt, dass sich zwei Instanzen mit den auftretenden schwierigen Tat- und Rechtsfragen befassen können.
Dazu ist zunächst auf den unstrittigen Sachverhalt zu verweisen, wonach auf Grund des gegenständlichen Antrages der gemäß § 7 Abs. 2 der Satzung zuständige Gemeindevorstand den Antrag, wie aus dem Sitzungsprotokoll vom 13. April 2004 hervorgeht, "zur Kenntnis genommen" hat. Nach Ablauf von sechs Monaten richtete der Mitbeteiligte seinen Devolutionsantrag an die Gemeindevertretung, die gemäß § 50 Abs. 1 Z. 14 Gemeindegesetz die in den verwaltungsverfahrensgesetzlichen Vorschriften vorgesehenen oberbehördlichen Befugnisse ausübt. In der Sitzung dieser Oberbehörde vom 22. November 2004 wurde festgehalten, dass nach Ablauf von sechs Monaten wegen noch nicht entschiedener Sache am 30. August 2004 ein Devolutionsantrag eingegangen sei, über den nun die Gemeindevertretung zu beschließen habe. Darauf wurde der im Schreiben des Bürgermeisters vom 9. Dezember 2004 wiedergegebene Beschluss gefasst.
Gemäß § 73 Abs. 2 AVG geht, wenn der Bescheid nicht innerhalb der Entscheidungsfrist erlassen wird, auf schriftlichen Antrag der Partei die Zuständigkeit zur Entscheidung auf die sachlich in Betracht kommende Oberbehörde über; der Devolutionsantrag ist bei der Oberbehörde einzubringen, er ist abzuweisen, wenn die Verzögerung nicht auf ein überwiegendes Verschulden der Behörde zurückzuführen ist. Eine solche Abweisung des Devolutionsantrages, weil die Verzögerung nicht auf ein überwiegendes Verschulden der Behörde zurückzuführen gewesen wäre, ist hier nicht erfolgt; vielmehr hat die Oberbehörde über den verfahrenseinleitenden Antrag entschieden und damit die Voraussetzungen der Devolution, also insbesondere auch das überwiegende Verschulden der Behörde an der Verzögerung, bejaht.
Der angefochtene Bescheid soll nun rechtswidrig sein, weil es die Vorstellungsbehörde unterlassen habe, die (implicite) erfolgte Stattgebung des Devolutionsantrages einer Überprüfung zu unterziehen. Es kann hier dahingestellt bleiben, ob die Gemeinde dadurch in ihrem in Art. 119a Abs. 9 B-VG gewährleisteten Recht auf Selbstverwaltung (vgl. Oberndorfer, Die Österreichische Verwaltungsgerichtsbarkeit, 72) verletzt sein kann; dahingestellt bleiben kann auch, ob die belangte Vorstellungsbehörde, die nach § 81 Abs. 1 Gemeindegesetz (nur) zur Prüfung befugt war, ob der Mitbeteiligte durch den bei ihr bekämpften Bescheid in seinen Rechten verletzt wurde, auch zur Wahrnehmung dieses behaupteten Verfahrensfehlers verpflichtet war. Ein überwiegendes Verschulden der Behörde an der Verzögerung im Sinne des § 73 Abs. 2 AVG, liegt nämlich nur dann nicht vor, wenn die zur Entscheidung berufene Behörde durch schuldhaftes Verhalten der Partei oder durch unüberwindliche Hindernisse an der Entscheidung gehindert war (siehe die Nachweise bei Walter-Mayer, Verwaltungsverfahrensrecht8, Rz. 646). Unüberwindliche Hindernisse werden in der Beschwerde nicht behauptet; wieso das Verhalten des Mitbeteiligten, er hätte die Voraussetzungen für die Kündigung des Pachtverhältnisses bestritten, verzögernd gewesen sein soll, ist nicht erkennbar. Wenn er nach dem Devolutionsantrag, mit dem ja ex lege bereits die Zuständigkeit übergegangen ist, Wünsche für die Neuverpachtung angemeldet hat, wie dies in der Beschwerde dargestellt wird, dann wurde damit weder sein Antrag vom 12. Februar 2004 "obsolet" noch konnte dies irgendeine Verzögerung des Verfahrens vor dem Gemeindevorstand herbei führen.
Bemerkt sei noch, dass das Schreiben vom 27. August 2004 den Verwaltungsakten nicht beigelegt wurde; in der Beschwerde wird aber der Wortlaut wie folgt wiedergegeben: "Sollte mein Antrag vom 12.2.2004 nicht positiv für mich erledigt werden, auf Grund des Schreibens vom 12. August des Jahres melde ich für die Neuverpachtung der landwirtschaftlichen Gründstücke folgende Wünsche an: ..." Es ist ausgeschlossen, diese Worte dahingehend zu deuten, dass der Mitbeteiligte seinen Antrag vom 12. Februar 2004 damit zurückgezogen hätte.
Schon auf Grund des Vorbringens in der Beschwerde vermag der Verwaltungsgerichtshof somit nicht zu erkennen, dass die Verzögerung nicht auf ein überwiegendes Verschulden des Gemeindevorstandes zurückzuführen war. Soweit die Beschwerdeführerin in diesem Zusammenhang weiters rügt, die Vorstellungsbehörde hätte die Sache zur neuerlichen Entscheidung nicht an die Gemeindevertretung, sondern an den Gemeindevorstand zurückverweisen müssen, ist auf Art. 119a Abs. 5 B-VG wie auch auf § 83 Abs. 7 Gemeindeordnung zu verweisen, wonach die Aufsichtsbehörde den Bescheid aufzuheben und die Angelegenheit zur neuerlichen Entscheidung an die Gemeinde zurück zu verweisen hat. Durch die hier tatsächlich erfolgte Zurückverweisung an die Gemeindevertretung ist eine Verletzung von Rechten der Beschwerdeführerin aber nicht erkennbar, weil ein Bescheid des Gemeindeorgans "Gemeindevertretung" aufgehoben wurde, was eine neuerliche Entscheidungspflicht des - wie oben ausgeführt, zuständigen - Gemeindeorgans "Gemeindevertretung", keinesfalls aber des Gemeindevorstandes, herbeiführt. Zur Frage, ob der Devolutionsantrag hätte abgewiesen werden sollen, enthält der angefochtene Bescheid keine Ausführungen.
Auf den von der belangten Behörde zur Recht gerügten Verstoß gegen § 58 Abs. 2 AVG hat es auch keinen Einfluss, ob die Beschwerdeführerin am 10. Dezember 2004 bei der Vorarlberger Landesregierung einen Antrag auf Feststellung des Gemeindegutes, gestützt auf § 3 Abs. 1 lit. a und b des Gemeindegutgesetzes, eingebracht hat. Es wird Sache der Gemeindebehörden sein, im fortgesetzten Verfahren zu beurteilen, ob diesbezüglich die Voraussetzungen des § 38 AVG vorliegen; der angefochtene Bescheid behandelt diesen Antrag nicht und enthält diesbezüglich insbesondere keine bindende Rechtsansicht.
Die Beschwerde erweist sich somit insgesamt als unbegründet, weshalb sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen war.
Der Ausspruch über den Kostenersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 333/2003.
Gemäß § 39 Abs. 2 Z 6 VwGG kann der Verwaltungsgerichtshof ungeachtet eines Parteienantrages von einer Verhandlung absehen, wenn die Schriftsätze der Parteien des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens und die dem Verwaltungsgerichtshof vorgelegten Akten des Verwaltungsverfahrens erkennen lassen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt und wenn Art. 6 Abs. 1 EMRK dem nicht entgegensteht.
Diese Voraussetzungen liegen hier vor; in Anbetracht des tragenden Aufhebungsgrundes, dass ein Organ der Beschwerdeführerin einen Parteienantrag ohne Begründung abgewiesen hat, ist eine Berührung von "civil rights" nicht erkennbar.
Wien, am 31. Jänner 2006
Schlagworte
Bescheidcharakter Bescheidbegriff Bescheidcharakter Bescheidbegriff Formelle Erfordernisse Bescheidcharakter Bescheidbegriff Inhaltliche Erfordernisse Individuelle Normen und Parteienrechte Rechtswirkungen von Bescheiden Rechtskraft VwRallg9/3 Rechtskraft Umfang der Rechtskraftwirkung Allgemein Bindung der BehördeEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2006:2005050202.X00Im RIS seit
01.03.2006