TE OGH 1992/8/31 8Ob10/92

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Veröffentlicht am 31.08.1992
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Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Hon-Prof Dr.Griehsler als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Huber, Dr.Graf, Dr.Jelinek und Dr.Schinko als weitere Richter in der Konkurssache der Gemeinschuldnerin P*****gesellschaft mbH, ***** infolge Revisionsrekurses des Masseverwalters Dr.Hans R*****, gegen den Beschluß des Oberlandesgerichtes Wien als Rekursgericht vom 31.März 1992, GZ 6 R 49/92-32, womit der Beschluß des Handelsgerichtes Wien vom 17.Dezember 1991, GZ 6 S 58/91-24, abgeändert wurde, folgenden

Beschluß

gefaßt:

Spruch

Dem Revisionsrekurs wird Folge gegeben.

In Abänderung des Beschlusses des Rekursgerichtes wird der Rekurs des Hans K***** gegen den Beschluß des Handelsgerichtes Wien vom 17.12.1991, GZ 6 S 58/91-24, zurückgewiesen.

Text

Begründung:

Mit Beschluß vom 19.7.1991 wurde über das Vermögen der P*****gesellschaft mbH der Konkurs eröffnet und Rechtsanwalt Dr.Hans R***** zum Masseverwlter bestellt. Ein Gläubigerausschuß wurde dem Masseverwalter nicht beigeordnet.

Mit Schriftsatz vom 16.12.1991 (ON 23) beantragte der Masseverwalter, die Mietrechte der Gemeinschuldnerin an den Bestandräumlichkeiten E***** Straße 40, *****, laut Mietvertrag vom 18.9.1990 aus der Konkursmasse auszuscheiden und in die freie Verfügung der Geschäftsführerin der Gemeinschuldnerin zu übertragen. Er brachte dazu vor, die Gemeinschuldnerin sei Mieterin dieser Geschäftsräumlichkeiten gewesen; infolge Schließung des Unternehmens der Gemeinschuldnerin bestehe kein weiteres Interesse an der Aufrechterhaltung des Bestandvertrages. Im Mietvertrag zwischen der Gemeinschuldnerin und dem Hauseigentümer Hans K***** sei vereinbart worden, daß die Mieterin das Recht habe, im Falle der Beendigung des Bestandverhältnisses einen Nachmieter namhaft zu machen; der Vermieter sei verpflichtet, mit einem der im Vertrag genannten, vom Mieter namhaft gemachten Nachmieter einen Mietvertrag abzuschließen. Der Masseverwalter habe mit einem in Frage kommenden Nachmieter die Weitergabe der Mietrechte vereinbart, damit sei jedoch der Vermieter nicht einverstanden gewesen. Der Vermieter habe am 6.9.1981 beim Bezirksgericht Liesing eine Klage auf Zahlung rückständiger Mietzinse sowie auf Räumung des Bestandobjektes eingebracht und nach Zahlung der rückständigen Mietzinse durch den Nachmieter das Klagebegehren auf Zinsen und Räumung eingeschränkt. Da die Gemeinschuldnerin aus den in Bestand gegebenen Räumlichkeiten bereits seit langem ausgezogen sei, sei die weitere Führung des Räumungsprozesses für die Konkursmasse nur mit Kosten verbunden. Selbst bei einem positiven Ausgang des Rechtsstreites könne für die Masse mit keinen finanziellen Vorteilen gerechnet werden. Anderseits sei die Weiterführung des Räumungsprozesses zur Klärung der Rechtsposition der Nachmieterin erforderlich. Es seien daher die Voraussetzungen des § 119 Abs.5 KO gegeben.

Mit Beschluß vom 17.12.1991 (ON 24) wurden die Mietrechte an den genannten Räumlichkeiten aus der Konkursmasse ausgeschieden und der Gemeinschuldnerin zur freien Verfügung überlassen. Das Erstgericht vertrat die Ansicht, die Führung des Räumungsprozesses sei für die Konkursmasse nur mit Kosten verbunden; selbst bei einem positiven Ausgang des Rechtsstreites könne nicht mit finanziellen Vorteilen für die Masse gerechnet werden.

Dagegen erhob der Vermieter Rekurs, in dem er geltend machte, dadurch beschwert zu sein, daß ihm nunmehr nicht der Masseverwalter als Vertragspartner gegenüberstehe, sondern die hoch verschuldete Gemeinschuldnerin; von dieser seien keinerlei Zahlungen zu erwarten. Weiters habe sich die Gemeinschuldnerin zu erheblichen Sanierungs- und Adaptierungsmaßnahmen verpflichtet, diese Verpflichtungen seien durch Eintritt des Masseverwalters auf diesen übergegangen, es hafte hiefür die Masse. Schließlich seien diverse Bauaufträge gegen die Gemeinschuldnerin ergangen, für die der Vermieter hafte und zu deren Ersatz die Gemeinschuldnerin verpflichtet sei. Durch Ausscheidung des Mietrechtes würde diese Haftung die hoch verschuldete Gemeinschuldnerin treffen, von dieser könne die Durchführung der Arbeiten nicht erwartet werden.

Das Rekursgericht gab diesem Rechtsmittel statt und wies den Antrag des Masseverwalters, die Mietrechte an den genannten Bestandräumlichkeiten aus der Konkursmasse auszuscheiden und in die freie Verfügung der Geschäftsführerin der Gemeinschuldnerin zu übertragen, ab; es bewertete den Entscheidungsgegenstand mit über 50.000 S und erklärte den Revisionsrekurs für zulässig.

Zur Zulässigkeit des Rechtsmittels des Vermieters führte das Rekursgericht aus, der Vermieter sei nicht Konkursgläubiger, sondern Vertragspartner der Konkursmasse. Der angefochtene Beschluß betreffe die Abwicklung eines konkreten Vertragsverhältnisses der Masse mit diesem Partner. Mit der vorliegenden Gerichtsentscheidung werde in dieses Rechtsverhältnis mit rechtsgestaltender Wirkung eingegriffen. Es könne keinem Zweifel unterliegen, daß derartige Beschlüsse für die unmittelbar davon Betroffenen anfechtbar sein müßten. Der Rechtsmittelwerber erachte sich durch diesen Beschluß in seinen Rechten verletzt, sodaß sein Rekursinteresse gegeben sei.

Der Rekurs sei aber auch berechtigt, weil die Voraussetzungen des § 119 Abs.5 KO nicht gegeben seien. Unter "Sachen unbedeutenden Wertes" im Sinne der zitierten Gesetzesstelle seien nur körperliche Sachen zu verstehen; die Übertragung der Rechtsstellung des Mieters in ihrer Gesamtheit von der Masse an die Gemeinschuldnerin bedeute keine Überlassung von bloßen "Forderungen" im Sinne des § 119 Abs.5 KO.

Rechtliche Beurteilung

Der ordentliche Revisionsrekurs wurde mit der Begründung zugelassen, daß zur Frage einer Ausscheidung von Mietrechten des Gemeinschuldners gemäß § 119 Abs.5 KO keine Rechtsprechung vorliege.

Dagegen richtet sich der Revisionsrekurs der Masseverwalters mit dem Antrag, die angefochtene Entscheidung aufzuheben und den Beschluß des Erstgerichtes wiederherzustellen; hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.

Der Revisionsrekurs ist zulässig, weil zur Frage der Rechtsmittellegitimation des Vermieters im Falle einer Ausscheidung von Mietrechten keine höchstgerichtliche Rechtsprechung vorliegt.

Das Rechtsmittel ist auch berechtigt.

Der Masseverwalter macht in seinem Rechtsmittel unter anderem geltend, der Vermieter sei zur Anfechtung des Beschlusses des Erstgerichtes nicht berechtigt gewesen, sein Rechtsmittel sei unzulässig. Der Vermieter habe keinen Konkursteilnahmeanspruch, seine Rechtsposition werde durch den Beschluß des Erstgerichtes auch nicht berührt. Dem Vermieter stehe nämlich nicht der Masseverwalter als Vertragspartner gegenüber, sondern vielmehr die Gemeinschuldnerin; nach herrschender Lehre und Rechtsprechung sei die Konkursmasse keine juristische Person. Aufgrund der Ausscheidung der Mietrechte trete daher kein Wechsel der Vertragsparteien ein, sondern werde lediglich die Verfügungsbefugnis über die Mietrechte übertragen. Dies führe aber zu keiner Verschlechterung der Rechtsposition des Vermieters. Daß von der Gemeinschuldnerin keine Zahlungen zu erwarten seien, berühre nur die wirtschaftlichen Interessen des Vermieters, daraus könne aber eine Rekurslegitimation nicht abgeleitet werden.

Diese Ausführungen sind im wesentlichen zutreffend.

Zutreffend hat das Rekursgericht bereits ausgeführt, daß nach der

neueren Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes der einzelne

Konkursgläubiger in Fragen der Verwertung der Konkursmasse

grundsätzlich kein Mitwirkungsrecht hat; nicht er, sondern die Organe

des Konkursverfahrens und - zur Wahrung des Minderheitenschutzes im

Kreise der Gläubiger - die einzelnen Mitglieder des

Gläubigerausschusses sind antrags- und mitwirkungsberechtigt (8 Ob

33/88). Auch ein Ausscheidungsbeschluß nach § 119 Abs.5 KO ist für

den einzelnen Konkursgläubiger nicht bekämpfbar (8 Ob 33/90). Der

Vermieter ist daher nur dann rekurslegitimiert, wenn er durch den

angefochtenen Beschluß in seinen Rechten verletzt wird (SZ 43/51 =

EvBl.1970/269 = JBl.1973, 47); ein bloß wirtschaftliches Interesse an

der Rekurserhebung genügt allerdings nicht (EvBl.1987/196 = JBl.1987,

327).

Eine Verletzung von Rechten des Vermieters trat aber durch den Beschluß des Konkursgerichtes (Ausscheidung von Mietrechten und Überlassung an die Gemeinschuldnerin) nicht ein; Vertragspartner des Vermieters ist unverändert der Gemeinschuldner, sodaß das Argument des Vermieters, durch die "Ausscheidung der Mietrechte" stünde ihm nunmehr nicht mehr der Masseverwalter als Vertragspartner gegenüber sondern die hoch verschuldete Gemeinschuldnerin, nicht zutreffend ist. Der Masseverwalter war nicht Mieter der Bestandsache und wurde es auch nicht durch die Konkurseröffnung. Soweit aber aus Rechtshandlungen des Masseverwalters Ansprüche abgeleitet werden, werden diese durch die "Ausscheidung" der Bestandrechte aus der Konkursmasse ohnedies nicht berührt. Die vom Rekursgericht zitierte Lehrmeinung von Rechberger, (Einige Fragen beim Ausscheidungsbeschluß nach § 119 Abs.5 KO, JBl.1973, 457 ff, 459) bezieht sich nicht auf die hier zu beurteilende Frage; Rechberger führt dort lediglich aus, daß der Ausscheidungsbeschluß eine rechtsgestaltende Verfügung darstellt, die auch aufgrund späterer tatsächlicher Änderungen nicht mehr angreifbar ist. Rechtsgestaltend ist der Ausscheidungsbeschluß aber nur in dem Sinn, daß der Masseverwalter nicht mehr über die ausgeschiedene Sache oder Forderung verfügen kann, nicht aber in dem Sinne, daß es zu einem Wechsel in den Parteien des Bestandverhältnisses käme. Der Beschluß des Erstgerichtes hat sohin die Rechte des Vermieters nicht verletzt, weshalb dem Revisionsrekurs des Masseverwalters Folge zu geben und der unzulässige Rekurs des Vermieters zurückzuweisen war.

Anmerkung

E30188

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1992:0080OB00010.92.0831.000

Dokumentnummer

JJT_19920831_OGH0002_0080OB00010_9200000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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