TE OGH 1992/9/1 14Os104/92

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Veröffentlicht am 01.09.1992
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 1.September 1992 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Kral als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Lachner, Dr.Brustbauer, Dr.Massauer und Mag.Strieder als weitere Richter in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag.Schneider als Schriftführerin in der Strafsache gegen Ahmet B***** wegen des Verbrechens der Vergewaltigung nach dem § 201 Abs. 2 StGB und einer weiteren strafbaren Handlung über die Nichtigkeitsbeschwerde und Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Graz als Schöffengericht vom 19.Mai 1992, GZ 9 Vr 30/92-16, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

Spruch

Der Nichtigkeitsbeschwerde wird teilweise Folge gegeben, das angefochtene Urteil, das im übrigen unberührt bleibt, im Schuldspruch 2 wegen des Vergehens der Nötighung nach dem § 105 Abs. 1 StGB sowie im Strafausspruch aufgehoben und die Sache in diesem Umfang zu neuer Verhandlung und Entscheidung an das Erstgericht verwiesen.

Im übrigen wird die Nichtigkeitsbeschwerde zurückgewiesen.

Mit seiner Berufung wird der Angeklagte auf diese Entscheidung verwiesen.

Gemäß dem § 390 a StPO fallen dem Angeklagten die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Ahmet B***** wurde (zu 1) des Verbrechens der Vergewaltigung nach dem § 201 Abs. 2 StGB und (zu 2) des Vergehens der Nötigung nach dem § 105 Abs. 1 StGB schuldig erkannt. Darnach hat er am 27.September 1991 in Graz Sonja T***** durch Entziehung der persönlichen Freiheit und mit Gewalt zur Duldung des Beischlafes (1) und hernach durch die Äußerung, wenn sie zur Polizei oder ins Spital gehe, passiere "etwas", durch gefährliche Drohung zur Abstandnahme von der Erstattung einer Strafanzeige genötigt (2).

Rechtliche Beurteilung

Der Angeklagte bekämpft die Schuldsprüche gestützt auf die Nichtigkeitsgründe des § 281 Abs. 1 Z 5, 5 a und 9 lit. a StPO; er ist teilweise (nämlich den Schuldspruch wegen Nötigung betreffend) im Recht.

Dem Einwand der Beschwerde (Z 5 a) allerdings, die Annahme der Vergewaltigung sei angesichts der Urteilsfeststellung, daß sich das Opfer vorher in der Wohnung des Täters noch geduscht hatte, bedenklich, kann nicht gefolgt werden. Denn Sonja T***** benützte ein gesondertes, von innen verschlossenes (Bade-)Zimmer (US 4).

Die widersprüchlichen Aussagen des Angeklagten, der vor der Polizei jeglichen persönlichen Kontakt zu T***** bestritten (S 27), in der Hauptverhandlung jedoch geschlechtliche Beziehungen zugegeben hat (S 90), sind aktenkundig. Auf Grund dieses Umstandes, sowie in Würdigung der stets gleichbleibenden Verantwortung der Zeugin T***** und des von ihr gewonnenen persönlichen Eindruckes wurde deren Aussage für glaubwürdig, die Verantwortung des Angeklagten jedoch als unglaubwürdig gewertet. Damit ist das Schöffengericht seiner Begründungspflicht ausreichend nachgekommen (Z 5) und war es nicht mehr verhalten, auf die Details der für unglaubwürdig erachteten Verantwortung des Angeklagten näher einzugehen.

Soweit der Angeklagte die fehlende Beziehung eines medizinischen Sachverständigen bemängelt, ist er vorweg darauf zu verweisen, daß er in der Hauptverhandlung keinen Antrag in diese Richtung gestellt hat. Abgesehen davon waren nach den im Urteil verwerteten (US 6) und im Akt erliegenden Mitteilungen des Landeskrankenhauses Graz sichtbare Verletzungen bei T***** nicht feststellbar (S 11, ON 13).

In diesem Umfang erweist sich daher die Nichtigkeitsbeschwerde als offenbar unbegründet, weshalb sie bereits in der nichtöffentlichen Beratung sofort zurückzuweisen war (§ 285 d Abs. 1 Z 2 StPO).

Berechtigt ist die Beschwerde (Z 9 lit. a) jedoch, soweit sie Feststellungen zur inneren und äußeren Tatseite des Vergehens der Nötigung vermißt. Die gefährliche Drohung der Nötigung bestand nämlich dem Wortlaut nach nur in der Äußerung gegenüber dem Tatopfer, daß "etwas passiert", wonach inhaltlich des Urteilsspruchs "zumindest mit einer Verletzung am Körper" gedroht wurde. Doch an diese Konsequenz dachte nach den Urteilsannahmen nur das Tatopfer (US 6). Ob auch der Vorsatz des Täters darauf gerichtet war, bleibt im Urteil gänzlich unerwähnt. Angesichts des Umstandes, daß der Angeklagte die Tat überhaupt geleugnet hat, hätte es insbesondere entsprechender Feststellungen bedurft, wie er die von ihm gebrauchten Worte gemeint hat, ferner ob unter "Verletzung am Körper" im vorliegenden Fall eine Körperverletzung im Sinne des § 83 StGB und nicht bloß eine Mißhandlung zu verstehen war (siehe Leukauf-Steininger Komm.3 § 74 RN 22) und schließlich worauf sich der Vorsatz des Angeklagten bezogen hat.

Damit zeigt sich, daß eine Entscheidung des Obersten Gerichtshofes in der Sache selbst noch nicht eintreten kann und die Anordnung einer neuen Hauptverhandlung nicht zu vermeiden ist, sodaß schon bei nichtöffentlicher Beratung über die zum Vorteil des Angeklagten ergriffene Nichtigkeitsbeschwerde dieser hinsichtlich des Schuldspruches 2 sofort Folge zu geben und Verfahrenserneuerung in erster Instanz anzuordnen war (§ 285 e StPO). Die teilweise Aufhebung des Schuldspruchs führt auch zu einer Kassierung des Strafausspruchs, worauf der Angeklagte mit seiner Berufung zu verweisen war.

Anmerkung

E30503

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1992:0140OS00104.9200005.0901.000

Dokumentnummer

JJT_19920901_OGH0002_0140OS00104_9200005_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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