TE Vfgh Erkenntnis 2001/12/6 B667/01

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Veröffentlicht am 06.12.2001
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Index

L3 Finanzrecht
L3703 Lustbarkeitsabgabe, Vergnügungssteuer

Norm

B-VG Art7 Abs1 / Verordnung
B-VG Art7 Abs1 / Verwaltungsakt
FAG 1993 §14 Abs1 Z9
FAG 1993 §15 Abs3 Z1
F-VG 1948 §7 Abs5
Krnt VeranstaltungsG 1994 §1 Abs3 lita
Krnt VergnügungssteuerG 1982 §1
Krnt VergnügungssteuerG 1982 §2 Abs4
VergnügungssteuerV der Gemeinde St. Georgen am Längsee vom 27.12.95 §2 Abs1 litd

Leitsatz

Keine Verletzung verfassungsgesetzlich gewährleisteter Rechte durch Vorschreibung von Vergnügungssteuer für Burgbesichtigungen auf der Burg Hochosterwitz; finanzausgleichsrechtliche Ermächtigung der Gemeinden zur Besteuerung des Besuches von Burgen und Schlössern als Vergnügungen unabhängig vom Anknüpfen des Krnt VergnügungssteuerG 1982 an den Veranstaltungsbegriff des Veranstaltungsgesetzes; keine unsachliche Beschränkung der Abgabepflicht auf die Burg Hochosterwitz

Spruch

Die beschwerdeführende Partei ist durch den angefochtenen Bescheid weder in einem verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht noch wegen Anwendung einer rechtswidrigen generellen Norm in ihren Rechten verletzt worden.

Die Beschwerde wird abgewiesen.

Die Beschwerde wird dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung abgetreten.

Begründung

Entscheidungsgründe:

I. 1. Die im gegebenen Zusammenhang relevanten Vorschriften des (zuletzt durch die Novelle LGBl. 80/2001 geänderten) Kärntner Vergnügungsteuergesetzes 1982, LGBl. 63, im folgenden: Kärntner VergnügungssteuerG 1982, das eine Wiederverlautbarung des Gesetzes vom 28. Juni 1968 über die Vergnügungssteuern, LGBl. 73, in der Fassung der Gesetze LGBl. 11/1973, 59/1973 und 38/1982 darstellt, haben - in der hier maßgeblichen Fassung der Novelle LGBl. 106/1994 - folgenden Wortlaut:

"§1

Allgemeines

(1) Die Bestimmungen dieses Gesetzes gelten für Gemeinden, die mit Verordnung des Gemeinderates Vergnügungssteuern auf Grund bundesgesetzlicher Ermächtigung in Hundertsätzen des Eintrittsgeldes (§5 Abs1 und 2) ausschreiben.

(2) Die Gemeinden, die eine Verordnung nach Abs1 erlassen, werden ermächtigt, von den weitergehenden Ermächtigungen dieses Gesetzes Gebrauch zu machen.

(3) Die Ausschreibung und die Verwaltung der Vergnügungssteuern fallen in den eigenen Wirkungsbereich der Gemeinde.

§2

Steuergegenstand

(1) Der Vergnügungssteuer unterliegen Veranstaltungen, für die das Kärntner Veranstaltungsgesetz, LGBl. Nr. 49/1994, in seiner jeweiligen Fassung, gilt, und Filmvorführungen, die auf Grund des Kinogesetzes 1962, LGBl. Nr. 2/1963, in seiner jeweiligen Fassung, einer Berechtigung bedürfen.

(2) Der öffentliche Empfang von Rundfunk- und Fernsehübertragungen und Veranstaltungen von Glücksspielen unterliegen der Vergnügungssteuer.

(3) ...

(4) Der Gemeinderat kann in der Verordnung, mit der die Vergnügungssteuern ausgeschrieben werden, bestimmte Veranstaltungen ausnehmen oder Veranstaltungen einbeziehen, die vom Veranstaltungsgesetz ausgenommen sind. Dies gilt sinngemäß auch für Filmvorführungen, die einer Berechtigung nach dem Kinogesetz 1962 bedürfen oder davon ausgenommen sind.

(5) Veranstaltungen von Theatern, die aus Mitteln des Bundes, eines Landes oder einer Gemeinde regelmäßige Zuschüsse erhalten, unterliegen der Vergnügungssteuer nicht.

...

§5

Ausmaß

(1) In der Verordnung über die Ausschreibung der Vergnügungssteuern auf Grund bundesgesetzlicher Ermächtigung ist ihr Ausmaß in Hundertsätzen des Eintrittsgeldes bis zum Höchstausmaß von 25 v. H. - bei Filmvorführungen bis zum Höchstausmaß von 10 v. H. festzusetzen. ...

(2) Werden Eintrittskarten nicht ausgegeben, so gilt das für die Teilnahme an der Veranstaltung entrichtete Entgelt als Eintrittsgeld.

..."

2. Die Verordnung des Gemeinderates der Gemeinde St. Georgen am Längsee vom 27. Dezember 1995, betreffend die Ausschreibung von Vergnügungssteuern, im folgenden: VergnügungssteuerVO der Gemeinde St. Georgen am Längsee, die sich nach ihrer Präambel inhaltlich auf §15 Abs3 Z1 FAG 1993, BGBl. 30, und §1 des Kärntner VergnügungssteuerG 1982 stützt, hat - auszugsweise - folgenden Wortlaut:

"§1

Ausschreibung

(1) Für Vergnügungen werden Vergnügungssteuern ausgeschrieben.

(2) Die Vergnügungssteuern sind ausschließliche Gemeindeabgaben.

§2

Steuergegenstand

(1) Der Vergnügungssteuer unterliegen:

a.) Veranstaltungen, für die das Veranstaltungsgesetz 1994, LGBl. Nr. 49, in seiner jeweiligen Fassung gilt.

b.) Filmvorführungen, die auf Grund des Kinogesetzes

1962, LGBl. Nr. 2/1963, in der jeweiligen Fassung, einer Berechtigung bedürfen, sowie Filmvorführungen, die ohne Erwerbsabsicht von Unternehmungen ausschließlich zu Reklamezwecken für ihre Erzeugnisse oder zur Fremdenverkehrswerbung veranstaltet werden.

c.) Die Veranstaltungen von Glücksspielen.

d.) Der Besuch von Burgen und Schlössern.

(2) ..."

Diese Verordnung trat am 1. Jänner 1996 in Kraft; mit Verordnung des Gemeinderates der Gemeinde St. Georgen am Längsee vom 18. Februar 1997 wurde die Bestimmung des §2 Abs1 litd mit Wirkung ab 20. Februar 1997 ersatzlos außer Kraft gesetzt.

II. 1. Mit Bescheid der Kärntner Landesregierung wurde der Vorstellung des Beschwerdeführers gegen den Bescheid des Gemeindevorstandes der Gemeinde St. Georgen am Längsee - mit dem dem Beschwerdeführer für den Zeitraum vom 1. Jänner 1996 bis 31. Oktober 1996 Vergnügungssteuer in bestimmter Höhe zur Entrichtung vorgeschrieben wurde - keine Folge gegeben. Zur Begründung führt die belangte Behörde hiezu im wesentlichen aus, daß der Beschwerdeführer auf der Burg Hochosterwitz Burgbesichtigungen durchgeführt habe, für die gemäß §2 Abs1 litd der VergnügungssteuerVO des Gemeinderates der Gemeinde St. Georgen am Längsee Vergnügungssteuer zu entrichten sei.

2. In der gegen diesen Bescheid gemäß Art144 B-VG an den Verfassungsgerichtshof erhobenen Beschwerde wird die Verletzung verfassungsgesetzlich gewährleisteter Rechte sowie die Verletzung in Rechten wegen Anwendung rechtswidriger genereller Normen behauptet und die kostenpflichtige Aufhebung des bekämpften Bescheides beantragt.

2.1. Begründend wird hiezu ausgeführt, daß der angefochtene Bescheid auf Grundlage einer verfassungswidrigen - gegen die Kompetenzbestimmung des Art10 Abs1 Z13 B-VG verstoßenden - Gesetzesbestimmung, nämlich des §2 Abs4 Kärntner VergnügungssteuerG 1982, ergangen sei:

Auf der Burg Hochosterwitz sei ein Museum (mit historischen Sammlungen und einer Waffenkammer) eingerichtet, welches von den Besuchern der Burg (mit Lösung der Eintrittskarte) besichtigt werden könne. Bei diesem Museum handle es sich zweifelsfrei um eine "wissenschaftliche Sammlung und Einrichtung", auf die die Bestimmungen des - im Beschwerdefall maßgebenden - Kärntner Veranstaltungsgesetzes 1994, LGBl. 49, im folgenden: Kärntner VeranstaltungsG 1994, wegen dessen ausdrücklicher Ausnahmeregelung in §1 Abs3 lita nicht anzuwenden seien. Mit dieser Regelung werde der in Art10 Abs1 Z13 B-VG normierten Kompetenzverteilung Rechnung getragen, wonach (u.a.) "Angelegenheiten der künstlerischen und wissenschaftlichen Sammlungen" in Gesetzgebung und Vollziehung Bundessache seien. Durch diese bestehende gesetzgeberische Bundeskompetenz werde aber die Besteuerung solcher wissenschaftlicher Sammlungen und Einrichtungen durch eine Gemeindeabgabe, wie die Vergnügungssteuer, zwingend ausgeschlossen.

Auch dem FAG (iVm §3 F-VG) ließe sich keine - von der übrigen Kompetenzverteilung unabhängige - Besteuerungskompetenz der Länder entnehmen.

Im Widerspruch zur Kompetenzverteilung des B-VG ermächtige nun §2 Abs4 Kärntner VergnügungssteuerG 1982 nach Rechtsauffassung der belangten Behörde den Gemeinderat, mittels Verordnung bestimmte Veranstaltungen (als der Vergnügungssteuer unterliegend) einzubeziehen, die vom Kärntner VeranstaltungsG 1994 (z.B. in Entsprechung und wegen der verfassungsrechtlichen Normsetzungskompetenz gemäß Art10 Abs1 Z13 B-VG) ausgenommen seien. "Damit käme auf der Grundlage eines Landesgesetzes der Gemeinde in Ansehung von wissenschaftlichen Einrichtungen und Sammlungen ein im Widerspruch zur Verfassung stehendes Normierungsrecht zu."

2.2. Der angefochtene Bescheid stütze sich überdies auf eine gesetzwidrige Verordnung:

Die Bestimmung des §2 Abs4 Kärntner VergnügungssteuerG 1982 ermächtige den Gemeinderat, in der Verordnung, mit der die Vergnügungssteuern ausgeschrieben werden, bestimmte Veranstaltungen auszunehmen oder Veranstaltungen einzubeziehen, die vom Kärntner VeranstaltungsG 1994 ausgenommen seien. Mit der VergnügungssteuerVO des Gemeinderates der Gemeinde St. Georgen am Längsee werde gemäß §2 Abs1 litd der Besuch von Burgen und Schlössern für vergnügungssteuerpflichtig erklärt.

Der Verordnungsgeber übersehe dabei, daß der Besuch von Burgen und Schlössern keine "Veranstaltung" im Sinne der Begriffsbestimmung des Kärntner VeranstaltungsG 1994 sei, sondern nur ein Aufsuchen einer im privaten oder öffentlichen Eigentum stehenden Burg oder eines Schlosses. Nach §2 Abs4 des Kärntner VergnügungssteuerG 1982 könne der Gemeinderat durch Verordnung "als vergnügungssteuerrelevant nur 'Veranstaltungen' einbeziehen, die vom Veranstaltungsgesetz ausgenommen sind, nicht aber schon allein den Besuch von Örtlichkeiten, die schon begrifflich keine Veranstaltungen darstellen".

Die VergnügungssteuerVO des Gemeinderates der Gemeinde St. Georgen am Längsee widerspreche der (wenn auch verfassungswidrigen) Zielsetzung und den Intentionen des §2 Abs4 des Kärntner VergnügungssteuerG 1982, sei es doch nicht Aufgabe dieser Gesetzesbestimmung, Besuche von Burgen und Schlössern, die keine Veranstaltungen im Sinne dieses Gesetzes darstellen, als solche der Vergnügungssteuerpflicht zu unterwerfen. "Würde man die gegenständliche Verordnung hingegen nicht als gesetzwidrig ansehen, hieße dies, dass der Gemeinderat auf dem Verordnungswege faktisch jeden x-beliebigen Tatbestand, unabhängig davon, ob dieser einen Sachbezug zum Begriff der 'Veranstaltung' im Sinne der maßgeblichen landesgesetzlichen Normen aufweist, als der Vergnügungssteuer unterliegend normieren könnte."

2.3. In der Beschwerde wird sodann die Auffassung vertreten, daß eine derartige Verordnungsermächtigung dem in Art18 Abs2 B-VG normierten Verbot der formalgesetzlichen Delegation widerspreche und sohin verfassungswidrig sei:

Gemäß Art18 Abs2 B-VG dürften Verordnungen nur auf Grund der Gesetze erlassen werden. Wegen der so angeordneten Bindung der Vollziehung an das Gesetz sei das an den Gesetzgeber gerichtete Gebot abzuleiten, inhaltlich ausreichend bestimmte Regelungen zu schaffen. Nach der ständigen Judikatur des Verfassungsgerichtshofes müßten bereits aus dem Gesetz alle wesentlichen Merkmale der beabsichtigten Regelung ersichtlich sein. Diese verfassungsrechtlich geforderte Voraussetzung liege bei der in §2 Abs4 Kärntner VergnügungssteuerG 1982 normierten Verordnungsermächtigung nicht vor, enthalte sie doch weder konkrete Vorgaben, was unter dem Begriff Veranstaltungen zu verstehen sei, noch welche Veranstaltungen und unter welchen Voraussetzungen diese in zeitlicher oder örtlicher Hinsicht der Vergnügungssteuer unterworfen werden könnten, weshalb sie den Anforderungen des Art18 Abs2 B-VG nicht gerecht werde.

2.4. Selbst wenn aber davon auszugehen sei, daß der angefochtene Bescheid auf keine gesetzwidrige Verordnung gestützt sei, werde die Gesetzesbestimmung des §2 Abs4 Kärntner VergnügungssteuerG 1982 in denkunmöglicher Weise interpretiert:

Der angefochtene Bescheid stütze sich auf die VergnügungssteuerVO des Gemeinderates der Gemeinde St. Georgen am Längsee, welche implizit jeden Besuch von Burgen und Schlössern als "Veranstaltung" im Sinne des §2 Abs4 Kärntner VergnügungssteuerG 1982 iVm dem Kärntner VeranstaltungsG 1994 qualifiziere. Darin liege jedoch eine denkunmögliche Interpretation des den Vergnügungssteuertatbestand erst begründenden Begriffes "Veranstaltung" im Sinne der eben erwähnten Gesetze.

Da somit die Abgabenvorschreibung durch die Gemeinde St. Georgen am Längsee (im materiellrechtlichen Bereich) in denkunmöglicher Weise vorgenommen worden sei und die belangte Behörde in Ausübung ihres Aufsichtsrechtes dies nicht erkannt und daher auch nicht aufgegriffen habe, werde der Beschwerdeführer durch den angefochtenen Bescheid auch in seinem verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf Unversehrtheit des Eigentums verletzt.

2.5. Die VergnügunssteuerVO des Gemeinderates der Gemeinde St. Georgen am Längsee widerspreche in ihrem §2 Abs1 litd überdies dem kraft Gleichheitssatz geltenden Sachlichkeitsgebot, sei sie doch offensichtlich nur erlassen worden, um einzig und allein den Besuch der Burg Hochosterwitz der Vergnügungssteuer zu unterwerfen:

Obwohl es in der Gemeinde St. Georgen am Längsee auch andere Burgen und Schlösser gebe, die besucht werden, werde der Besuch dieser Burgen und Schlösser nicht der Vergnügungssteuer unterworfen, es sei denn, es fänden dort konkrete Veranstaltungen im Sinne der Begriffsbestimmungen des Kärntner VeranstaltungsG 1994 statt. "Die ausschließliche Schaffung und Anwendung der Bestimmung des §2 Abs1 litd der Verordnung vom 27.12.1995 auf die Burg Hochosterwitz erweist sich als eklatant unsachliche Diskriminierung durch den Verordnungsgeber und widerspricht damit dem Gleichheitsgrundsatz."

2.6. Die Beschwerde rügt überdies Vollzugsfehler, wie die gänzliche Nichtbeachtung des Parteienvorbringens und das Unterlassen jeglicher Ermittlungstätigkeit hinsichtlich der Frage, ob es sich bei dem auf der Burg Hochosterwitz eingerichteten Museum um eine "wissenschaftliche Sammlung und Einrichtung" im Sinne des Kärntner VeranstaltungsG 1994 (bzw. des Art10 Abs1 Z13 B-VG) handle, weshalb sich der Beschwerdeführer im verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz verletzt erachtet.

3. Die belangte Behörde hat innerhalb der ihr gesetzten Frist die Verwaltungsakten vorgelegt und eine Gegenschrift erstattet, in der sie diesen Argumenten - nach Darstellung der Rechtslage - entgegentritt, unter Berufung auf historische und systematische Erwägungen und die Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes die Auffassung vertritt, daß der Gemeinde St. Georgen am Längsee das Recht zustehe, den "Besuch von Burgen und Schlössern" der Vergnügungssteuer zu unterwerfen, und beantragt, die Beschwerde als unbegründet abzuweisen.

3.1. Zum Begriff der "Lustbarkeit" führt die belangte Behörde - unter Berufung auf die Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes - wörtlich folgendes aus:

"In seinem Erkenntnis vom 21.2.1950, Slg. Nr. 200 (F.) bezeichnet der Verwaltungsgerichtshof als Lustbarkeiten solche Veranstaltungen, die geeignet sind, bei den Teilnehmern in irgendeiner Art Lustgefühle dadurch auszulösen, dass sie etwa den Vergnügungstrieb oder die Schaulust, die Wissbegierde oder höhere Bedürfnisse der Teilnehmer (das Bildungsstreben, das Verlangen nach Erbauung oder seelischer Aufrichtung) befriedigen.

In seinem Erkenntnis vom 13.10.1995, Zl. 92/17/0294, hat der Verwaltungsgerichtshof u.a. ausgeführt, dass die Eigenschaft einer Veranstaltung als Lustbarkeit nicht dadurch ausgeschlossen wird, dass sie auch gleichzeitig anderen nicht als Lustbarkeit anzusehenden Zwecken dient.

In seinem Erkenntnis vom 10.10.1991, Zl. 88/17-0023, hat der Verwaltungsgerichtshof ausgeführt, dass die Annahme einer Vergnügung dabei nicht dadurch ausgeschlossen wird, dass die Veranstaltung gleichzeitig auch noch erbauend und belehrend und anderen nicht als Vergnügen anzusehenden Zwecken dient. So hat er es auch nicht als gesetzwidrig angesehen, wenn in einer Verordnung einer Gemeinde Museen oder Galerien der Vergnügungssteuer unterworfen werden.

In seinem Erkenntnis vom 15.2.1967, Zl. 1654/65, hat der Verwaltungsgerichtshof ausgeführt, dass zu den als Vergnügungen geltenden Veranstaltungen alle Schaustellungen gehören, die geeignet sind, auf den Besucher durch eine Besonderheit und Attraktivität einzuwirken und ihm dadurch ein nach der Verkehrsauffassung als Vergnügen geltendes Erlebnis zu vermitteln. Dies trifft auch auf den Laxenburger Schlosspark zu, dessen Anlagen sich in ihrer Gesamtheit als Schaustellung darbieten, die geeignet sind, dem Besucher ein besonderes Vergnügen bereitendes Erlebnis zu verschaffen."

Im Hinblick darauf vertritt die Kärntner Landesregierung die Auffassung, daß die Einbeziehung des Besuches von Burgen und Schlössern in die VergnügungssteuerVO der Gemeinde St. Georgen am Längsee nicht gesetzwidrig sei, weshalb die Verletzung eines verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechtes oder die Verletzung in einem sonstigen Recht wegen Anwendung einer rechtswidrigen generellen Norm nicht zu erkennen sei.

3.2. Zur behaupteten Verletzung des verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechtes auf Unversehrtheit des Eigentums in Folge der impliziten Qualifizierung jeden Besuches von Burgen und Schlössern als "Veranstaltung" vertritt die belangte Behörde - nach Darlegung der Bedeutung des Wortes "Veranstaltung" im allgemeinen Sprachgebrauch - die Auffassung, daß der - öffentlich massiv beworbene, organisierte und entgeltliche - Besuch der Burg Hochosterwitz zweifelsfrei unter den Begriff Veranstaltung subsumiert werden könne.

3.3. Zum Vorwurf, daß durch Nichtbeachten von Parteiinteressen und Unterlassen von Ermittlungstätigkeiten der verfassungsrechtliche Grundsatz der Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz verletzt worden sei, führt sie aus, daß "sämtliche entgeltlichen Veranstaltungen in sämtlichen anderen Veranstaltungsorten in der Gemeinde St. Georgen am Längsee seitens der Abgabenbehörden der Vergnügungssteuer unterworfen wurden bzw. werden".

Der Eintritt für die Burg Hochosterwitz setze sich aus dem Eintritt für die Burg und dem Eintritt für das Museum zusammen. Besteuert werde - so die belangte Behörde weiter - "in concreto rein die Veranstaltung 'Besuch der Burg Hochosterwitz'"; die Vergnügungssteuer sei ausschließlich vom Hundertsatz des Eintrittsgeldes für den Zutritt zu dieser Dauerveranstaltung "Besuch der Burg Hochosterwitz" bemessen worden. Damit sei "die exakte Gewichtung der Umsätze in den Teilbereichen Burg bzw. Museum vorgenommen" und der dem Steuerrecht innewohnenden wirtschaftlichen Betrachtungsweise unzweifelhaft entsprochen worden.

Der Besuch des Museums sei nicht Abgabengegenstand nach der VergnügungssteuerVO der Gemeinde St. Georgen am Längsee. Die Fragen, ob es sich beim Museum um eine wissenschaftliche Sammlung und Einrichtung handle und ob sich die in §2 Abs4 Kärntner VergnügungssteuerG 1982 eingeräumte Verordnungsermächtigung auf die Besteuerung von Museumsbesuchen erstrecke, seien somit völlig unbeachtlich.

4. Die Gemeinde St. Georgen am Längsee hat von der Erstattung einer Äußerung Abstand genommen.

III. Der Verfassungsgerichtshof hat über die - zulässige - Beschwerde erwogen:

1.1. Nach §15 Abs3 des - im Beschwerdefall maßgebenden - FAG 1993, BGBl. 30, sind die Gemeinden u.a. ermächtigt, durch Beschluß des Gemeinderates, vorbehaltlich weitergehender Ermächtigung durch die Landesgesetzgebung, die folgenden Abgaben auszuschreiben:

"1. Lustbarkeitsabgaben (Vergnügungssteuern) gemäß §14 Abs1 Z9, die in Hundertteilen des Eintrittsgeldes erhoben werden, allgemein bis zum Ausmaß von 25 vH, bei Filmvorführungen bis zum Ausmaß von 10 vH des Eintrittsgeldes mit Ausschluß der Abgabe. Ausgenommen sind Lustbarkeitsabgaben für Veranstaltungen von Theatern, die aus Mitteln des Bundes, eines Landes oder einer Gemeinde regelmäßige Zuschüsse erhalten;"

Gemäß §14 Abs1 leg.cit. sind ausschließliche Landes(Gemeinde)abgaben u.a.

"9. Lustbarkeitsabgaben (Vergnügungssteuern) ohne Zweckwidmung des Ertrages;".

Bei der im Beschwerdefall vorgeschriebenen Vergnügungssteuer der Gemeinde St. Georgen am Längsee handelt es sich um eine solche, die nach §14 Abs1 Z9 FAG 1993 vom Bundesgesetzgeber als Landes- bzw. Gemeindeabgabe qualifiziert ist und nach der Spezialvorschrift des §15 Abs3 Z1 FAG 1993 in das freie Beschlußrecht der Gemeinden fällt. Es handelt sich somit um eine Gemeindeabgabe kraft freien Beschlußrechtes, die auf einer bundesgesetzlichen Ermächtigung beruht (§7 Abs5 F-VG 1948).

Zu dieser Vorschrift hat der Verfassungsgerichtshof in ständiger Rechtsprechung die Auffassung vertreten, daß sie die Gemeinde ohne Erfordernis einer landesgesetzlichen Regelung zur Schaffung materiellen Steuerrechts ermächtige, die Gemeinden also befugt seien, die für die Abgabenerhebung erforderlichen materiellrechtlichen Grundlagen selbst im Wege von (selbständigen) Verordnungen zu schaffen (VfSlg. 5359/1966, 5559/1967, 7227/1973, 10.738/1985, 14.642/1996, 15.583/1999 u.a.) und daß eine allfällige landesgesetzliche Regelung die bundesgesetzlich erteilte Ermächtigung nur konkretisieren oder erweitern, nicht aber einschränken dürfe (VfSlg. 2170/1951, 8099/1977, 10.738/1985, 11.273/1987, 11.294/1987, 15.583/1999 u.a.).

1.2. Maßgebend für die Beurteilung des Beschwerdevorbringens ist somit nicht, daß das Kärntner VergnügungssteuerG 1982 die Vergnügungssteuerbarkeit grundsätzlich an den Begriff der Veranstaltung knüpft, weil die dort in §2 Abs4 den Gemeinden eröffnete Möglichkeit, andere Veranstaltungen in die Steuerpflicht einzubeziehen, in verfassungskonformer Weise so gelesen werden kann, daß die Gemeinde damit jedenfalls nicht gehindert ist, die in §15 FAG 1993 erteilte Ermächtigung auszuschöpfen. Der Gerichtshof muß sich daher nicht abschließend mit der Frage befassen, ob der Besuch von Burgen und Schlössern unter den Begriff der Veranstaltung im Sinn des Kärntner VeranstaltungsG 1994 subsumiert werden kann. Entscheidend ist vielmehr allein der Umfang der den Gemeinden durch §15 iVm §14 FAG 1993 auf dem Gebiet der Vergnügungssteuer erteilten bundesgesetzlichen Ermächtigung, das heißt konkret, ob der Begriff der Lustbarkeit bzw. Vergnügung auch den Besuch von Burgen und Schlössern umfaßt. Sollte dies nämlich der Fall sein, so wäre die Gemeinde unmittelbar auf Grund der durch das FAG 1993 erteilten Ermächtigung berechtigt, diesen Tatbestand auf Grund eines Beschlusses der Gemeindevertretung zu besteuern, und es wäre dem Landesgesetzgeber verwehrt, diese Ermächtigung einzuschränken.

1.3. Der Abgabentypus der Lustbarkeitsabgaben (Vergnügungssteuern) findet sich in der Zweiten Republik erstmals im FAG 1948, BGBl. 46, war jedoch schon im Finanzausgleichsrecht der Ersten Republik bekannt (vgl. z.B. Pfaundler, Der Finanzausgleich in Vsterreich, Wien 1931, 56). In derartigen Fällen hat der Verfassungsgerichtshof schon wiederholt zur Erschließung der Bedeutung der im FAG 1948 verwendeten Abgabenkategorien als Auslegungshilfe jenes Rechtsmaterial herangezogen, mit dem der damalige Finanzausgleichsgesetzgeber aktuell oder auch als historische Erscheinungsform konfrontiert war (vgl. VfSlg. 14.269/1995; ferner schon VfSlg. 10.947/1986; sowie das hg. Erkenntnis vom 4. Oktober 2000, B1459/99).

1.4. Nun hat bereits der Verwaltungsgerichtshof in dem von der belangten Behörde erwähnten Erkenntnis vom 21. Februar 1950, Zl. 1361/47, VwSlg. (F) 200 darauf hingewiesen, daß gemäß Abschnitt I, ArtI der 21. EinfVO steuerrechtlicher Vorschriften in der Ostmark vom 2. Dezember 1939, DRGBl. I. 2351, die Gemeinden vom 1. Jänner 1940 an für die Vergnügungssteuer die im ArtII dieses Abschnittes enthaltene Steuerordnung (die sog. Mustersteuerordnung) anzuwenden hatten und von dieser nur unter besonderen Voraussetzungen abweichen durften. Als steuerpflichtige Veranstaltungen führte §1 der Mustersteuerordnung in seinem ersten Absatz "Vergnügungen" an und enthielt in seinem zweiten Absatz eine in 10 Punkte gegliederte beispielsweise Aufzählung von Veranstaltungen, die "insbesondere" als Vergnügungen galten. Punkt 2 dieser Aufzählung nannte neben Volksbelustigungen, Veranstaltungen zum Ausspielen von Geld oder Gegenständen u.a. ausdrücklich auch "Schaustellungen jeglicher Art sowie Ausstellungen und Museen, soweit sie Erwerbszwecken dienen

...".

Der dritte Absatz des §1 der Mustersteuerordnung hielt ausdrücklich fest, daß die Annahme einer Vergnügung im Sinne der Steuerordnung nicht dadurch ausgeschlossen werde, daß die Veranstaltung gleichzeitig auch noch erbauenden, belehrenden oder anderen, nicht als Vergnügung anzusehenden Zwecken dient oder daß der Unternehmer nicht die Absicht hat, eine Vergnügung zu veranstalten. Wörtlich hält der Verwaltungsgerichtshof in der zitierten Entscheidung zu dieser Rechtslage zusammenfassend fest:

"Die Aufzählung läßt jedoch erkennen, daß unter den steuerpflichtigen Veranstaltungen solche zu verstehen sind, die bei den Teilnehmern jedenfalls in irgendeiner Art Lustgefühle dadurch auszulösen geeignet sind, daß sie entweder den eigentlichen Vergnügungstrieb oder die Schaulust oder aber die Wißbegierde oder höhere Bedürfnisse der Teilnehmer (das Bildungstreben, das Verlangen nach Erbauung oder seelischer Aufrichtung) befriedigen."

1.5. Vor dem Hintergrund dieser Rechtslage erscheint es dem Gerichtshof nicht zweifelhaft, daß der Begriff der Vergnügungen im Sinne der hier zu beurteilenden finanzausgleichsrechtlichen Ermächtigung auch den Besuch von Schlössern oder Burgen einschließlich dort eingerichteter Museen umfaßt, und zwar unabhängig davon, ob dieser Besuch der Befriedigung von Schaulust oder von fachspezifischen Interessen dient. Demgemäß war die Gemeinde jedoch bereits auf Grund der erwähnten Bestimmungen des FAG 1993 ermächtigt, ihre Vergnügungssteuerverordnung auf den Besuch von Burgen und Schlössern auszudehnen. Einer landesgesetzlichen Ermächtigung hiezu bedurfte sie nicht.

2. Das Vorbringen, die Gemeinde dürfe nicht einen Vorgang besteuern, der in den Kompetenzbereich des Bundes fällt, übersieht die in der Bundesverfassung angelegte strenge Trennung von Sachkompetenzen und Abgabenerhebungskompetenzen und die daraus abzuleitende prinzipielle Kompetenzneutralität des Abgabenwesens (vgl. etwa VfSlg. 4205/1962; hiezu Ruppe, Art13 Abs1 B-VG, in:

Korinek/Holoubek (Hrsg), Bundesverfassungsrecht, Rz. 4). Ein Verstoß gegen das der bundesstaatlichen Kompetenzverteilung immanente Berücksichtigungsgebot (vgl. VfSlg. 10.292/1984) wurde weder behauptet noch ist er dem Gerichtshof erkennbar.

3. Dem Vorwurf, §2 Abs1 litd der VergnügungssteuerVO der Gemeinde St. Georgen am Längsee verstoße gegen das Sachlichkeitsgebot, weil die Bestimmung nur erlassen worden sei, um (allein) den Besuch der Burg Hochosterwitz der Vergnügungssteuer zu unterwerfen, ist entgegenzuhalten, daß die zitierte Verordnungsbestimmung eine solche Einschränkung nicht erkennen läßt. Im übrigen wird von der Beschwerde selbst darauf hingewiesen, daß sich im Gemeindegebiet noch weitere Burgen und Schlösser befinden. Sollte deren Besuch - obwohl ein vergnügungssteuerpflichtiger Tatbestand vorliegt - der Vergnügungssteuer nicht unterworfen werden, so wäre damit lediglich ein Fehler auf der Vollzugsebene dargetan; eine Gesetzwidrigkeit der Norm hätte dies nicht zur Folge.

4. Insofern die Beschwerde Vollzugsfehler wie die gänzliche Nichtbeachtung des Parteivorbringens und das Unterlassen jeglicher Ermittlungstätigkeit rügt, zeigt sie schon deshalb keine in die Verfassungssphäre reichende Rechtswidrigkeit auf, weil - wie bereits dargelegt - auch der (entgeltliche) Besuch von Museen und Ausstellungen vom Tatbestand "Vergnügungssteuern" gedeckt ist, weshalb durch das Unterlassen diesbezüglicher Ermittlungsschritte keine Willkür geübt werden konnte.

5. Die beschwerdeführende Partei wurde sohin weder in den von ihr geltend gemachten verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechten noch wegen Anwendung einer rechtswidrigen generellen Norm in ihren Rechten verletzt.

6. Das Beschwerdeverfahren hat auch nicht ergeben, daß dies aus anderen, in der Beschwerde nicht dargelegten Gründen der Fall gewesen wäre.

7. Die Beschwerde war daher abzuweisen und antragsgemäß dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung darüber abzutreten, ob der Beschwerdeführer in sonstigen Rechten verletzt wurde.

IV. Dies konnte gemäß §19 Abs4 erster Satz VerfGG ohne mündliche Verhandlung in nichtöffentlicher Sitzung beschlossen werden.

Schlagworte

Finanzverfassung, Abgabenwesen, Abgaben Gemeinde-, Beschlußrecht, Finanzausgleich, Kompetenz Bund - Länder, Berücksichtigungsprinzip, Vergnügungssteuer

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VFGH:2001:B667.2001

Dokumentnummer

JFT_09988794_01B00667_2_00
Quelle: Verfassungsgerichtshof VfGH, http://www.vfgh.gv.at
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